22. Februar 2017

Marokko: lieber reich als sexy

Errachidia. Die Morgensonne scheint mir ins Gesicht, als ich die rote Sosse aus den klebrigen Kochtöpfen von gestern Abend auswasche. Heute ist wieder ein strahlend schöner Tag und wir wollen bis zu den ersten Sanddünen fahren. Frank kränkelt ein wenig und so schieben wir einen Pausentag ein.

Schon bald kommen wir an den Oued Ziz, der sich hier tief in die Felsen hinein gefressen hat. Vom Fluss sieht man kaum etwas, aber die Gärten ziehen sich wie  „grünes Band“ kilometerweit durch die karge Landschaft.

Noch vor Erfoud gibt es links der Strasse ein kleines Dünenfeld. Wir fahren etwa einen Kilometer weit hinein und lagern zwischen den Sanddünen. Es ist ein richtig netter Platz und man könnte denken, man sei in der Sahara.
Den restlichen Tag verbringen wir abwechselnd mit Essen, Schlafen und blöd daherreden. Der intelektuelle Höhepunkt des heutigen Tages bildet dem Ü seine Aussage «Ich wäre auch lieber reich als sexy gewesen».

Gegen Abend kommt zuerst der Wind und dann die grauen Wolken. Und dann auch noch die bissige Kälte. Heute kocht schon zum zweiten Mal der Frank. Es gibt Tomaten-Spaghetti mit Pilzen. Und weil der Sandwind so arg bläst, essen alle bei mir im Möbelwagen drinnen. Richtig gemütlich.

21. Februar 2017

Marokko: Gourama und die Juden

Ksar Timnay. Es war eine kalte Nacht, aber jetzt scheint die Morgensonne und erwärmt unsere steifen Glieder.
Erst fahren wir nach Midelt zum Einkaufen und dann weiter nach Süden. Kurz nach Er-Risch zweigen wir ab und fahren nach Osten. Hier war bis in die 90-er Jahre das „Camp de Tazmamart“, ein geheimes Militärgefängnis und ein Schandfleck in Marokkos Geschichte.

Heute ist das KZ nur noch eine Ruine. Doch kaum sind wir da, kommt auch schon ein Wächter gelaufen und schickt uns weg.
Wir fahren weiter ostwärts bis zum Dorf Gourrama. Hier war einst der bekannte Schriftsteller Friedrich Glauser als Legionär stationiert. Und so heisst auch sein bekanntestes Buch: „Gourrama“. Wir schauen uns die alte Kasba an (n32.34167, w4.08587). Viel ist von der alten Lehm-Stadt nicht mehr da, bloss noch ein paar Mauern und Stümpfe.

In Gourrama lebten damals vor allem Juden. Ganz versteckt im Häusergewühl finde ich noch den alten jüdischen Friedhof. Zwar sind dreiviertel davon jetzt ein Obstgarten, aber ganz hinten gibt es noch viele Gräber.

Im nahen Toulal befindet sich auch das Grab von Rabbi Itshak Abehssera (n32.30967, w3.98579). Zum Jahrestag versammeln sich hier Juden aus der ganzen Welt um zu beten und zu feiern. Und dieser Tag war – gestern!
Als wir heute am abgelegenen Wallfahrtsort ankommen ist grad das grosse Aufräumen im Gange und zahllose Polizisten und Soldaten stehen herum. Etwas zuviel Kasernen-Charme für meinen Geschmack, so lassen wir das mit dem Grabbesuch und fahren weiter.
Die Strasse kurvt durch ein hübsches Flusstal mit schönen alten Lehmdörfern. Richtig malerisch. Am Ende des Tales bauen sie aber grad eine Staumauer; und wies ausschaut wird das Tal schon bald im See untergehen.

Am späteren Nachmittag bläst der Wind immer stärker und hüllt alles in eine Staubwolke ein. Es sieht aus wie Bodennebel. Wir fahren noch ein Stück und übernachten auf dem nagelneuen „Salma Palm’s Camping“ (n31.8652, w4.2668). Hier bläst der Wind zwar auch, aber die Olivenbäume und Dattelpalmen bieten ein bisschen Schutz davor.
Zum z’Nacht essen wir mein zuhause eingekochtes Bœuf Stroganoff. Gefrässiges Schweigen und wohliges Grunzen rundum.

20. Februar 2017

Marokko: Meknès und danach der Schnee

Meknès. Schon am frühen Vormittag stapfen wir zur Altstadt von Meknès. Wie erwartet ist noch nicht viel los und das meiste noch zu. Aber die Morgensonne wirft ein tolles Licht auf die trübgelben Hauswände. Da und dort eilen Lieferanten mit ihren Handkarren durch die Gassen, andernorts werden kopflose Schafe in eine Metzgerei getragen.

Der Bäcker frittiert diese feinen Teigkringel und zum allerersten Mal sehe ich eine Kondomautomaten in Marokko. Eigentlich wollten wir das Mausoleum vom Moulay Ismail anschauen, aber das wird grad Renoviert. Zumindest wurde schonmal das Prunkvolle Torgebäude abgebaut.

Nach dem Mittag verlassen wir Meknès und fahren weiter südwärts. Bis Afrou besteht die Landschaft vor allem aus Gegend. Dann beginnen die Berge des Mittleren Atlas mit den üppigen Zedernwäldern. Und den berühmten Affen. Die hocken hier praktischerweise direkt am Strassenrand und warten auf ein paar Touristen-Häppchen.

Die Strasse führt, manchmal recht steil, immer höher hinauf. Die Schattenhänge sind immer noch mit reichlich Schnee bedeckt. Überall kann man Schlitten oder Skis mieten und damit die Schneefelder hinunter rutschen.

Der Col du Zad ist mit 2’200 Meter der höchste Punkt. Nun geht es wieder bergab. Die Landschaft ist nun deutlich kahler. Kaum noch Gras und gar keine Bäume mehr. Die Strasse ist oft schnurgerade und wir kommen gut voran.

In Ksar Timnay (n32.7524, w4.9196), zwanzig Kilometer nördlich von Midelt, stellen wir uns auf dem Campingplatz. Wir sind hier immer noch auf 1’500 Meter Höhe und ausserhalb der Umfassungsmauern bläst ein eisiger Wind.
Ü. kocht ein herbstliches Nachtessen; Sauerkraut, Kartoffeln und Speck. Die kaum 5° trüben ein wenig das Picknick-Ambiente. Deshalb verkrieche ich mich schon früh in meine molligwarmen Möbelwagen und geniesse das WiFi.

19. Februar 2017

Marokko: Esel und Schnecken unterwegs

Chefchaouen. Gestern Abend warf ich gedankenlos eine Bananenschale ins Gebüsch. Frank fand das unpassend! – und eigentlich hat er damit ja auch Recht. Aber wir drei alten Wüstenfüchse behaupteten natürlich sofort und übereinstimmend, dies sei hier so üblich und ausserdem würde die Bananenschale eh von den Eseln gefressen. Ja, sie sei sogar einen gewichtigen Beitrag zur Ernährung der hiesigen Haustiere. Odr so.

Und beim Frühstück kommt doch tatsächlich ein Esel heran geschlurft und gesellt sich zu uns. Und er frisst liebendgerne all unsere Resten frisst – ausser die Bananenschalen, die mag er überhaupt nicht.

Wir verlassen Chefchaouen und fahren weiter südwärts. Die Hügel sind grasgrün und die Bäume blühen – und es so gar nicht nach Wüste aus. Ganz vorne fährt auch heute wieder der Raja mit seinem Mowag-Ungetüm. Immer wenn er bergauf schneckt, kommt aus dem Auspuff ein dermassen stinkiger Qualm, dass keiner von uns hinter ihm herfahren will. Der Rauch kommt übrigens daher, weil Raja aus Kostengründen ab und zu Heizöl tankt.

Am Mittag picknicken Frank und ich an einem schönen Fluss. Schon bald kommen ein paar Schulkinder aus dem nahen Dorf um die komischen Touristen anzuschauen. Und auch gleich nach einem Bonbon fragen. Wir zeigen ihnen stattdessen wie man flache Steine übers Wasser hüpfen lässt.

Irgendwann am Nachmittag kommen wir bei den römischen Ruinen von Volubilis vorbei. Auch wenn ich schon öfters hier war, will ich mir die alten Steine gerne ein weiteres Mal ansehen. Vielleicht wurde ja zwischenzeitlich was Neues gebaut oder entdeckt. Aber nein, immer noch alles wie neulich.

Im dichten Feierabendverkehr müssen wir quer durch Meknès fahren. Meinen Lieblingsplatz unter den Olivenbäumen an der Stadtmauer (n33.8899, w5.5658) gibt es immer noch. Zwar ist er noch schmutziger und lärmiger als letztes Mal, aber mir gefällt es hier trotzdem.

Im Sonnenuntergand schlendern wir zum Place el Hedim. Ein wuseliges Durcheinander von Marktstände, Gaukler, Musikanten, Schlangenfänger und Ess-Ständen.

Als wir dann zufällig beim Schneckenkocher vorbeikommen, wusste ich sofort. Heute versuche ich die Schnecken im Cola farbigen Sud.
Ich hätte es nicht für möglich gehalten, aber die gekochten Schnecken und der Schneckensud schmecken ausgezeichnet. Bloss dass einem die Tiere beim Essen auch noch zuschauen, irritiert mich dann doch ein bisschen.

18. Februar 2017

Marokko: Maultaschen oder Ohrfeigen

Martil. Heute ist wieder ein strahlendblauer Morgen. Die Tauben gurren und auf der Baustelle nebenan fräst einer Balken zurecht. Heute Vormittag sollten mich meine Reisekumpel hier abholen kommen, aber noch sind sie nicht da. Dafür sind aber in der Nachte noch Neuankömmlinge aus Luzern und aus Zürich hier eingetroffen. Wir plaudern ein wenig, dann stehen aufs Mal Ü, Raja und Frank neben mir. Grosses Hallo und eine grosse Erleichterung meinerseits.

Einer hinter dem anderen fahren wir mitten durch Tétouan und dann über die Hügel im Hinterland. Raja fährt voran, denn sein Mowag ist, zumindest bergauf, der langsamsten von uns vier.
Schon bald ist es Mittag und Zeit für eine kleine Rast. Wir setzen uns in eine Gaststätte am Strassenrand und bestellen Tajine, diesen marokkanischen Eintopf aus dem typischen Tongeschirr. Noch ein Tee und dann geht’s schon wieder weiter nach Chefchaouen. Die Landschaft ist nett und der Weg dahin nicht weit.

Das Städtchen Chefchaouen liegt am Hang und ist wegen seiner blauen Häuser bekannt. Wir schlendern durch die verwinkelten Gassen und bestaunen die blauen Häuser mit ihren blauen Türen und blauen Treppen.

Die Ladengeschäfte bieten allerhand Waren an, Gebrauchsgegenstände und kitschige Souvenirs. Creme-Schnitten in handlichen 100-er Schachteln und einzelne Zigaretten.
Direkt neben einem Polizisten fragt mich ein junger Kerl, ob wir Haschisch kaufen möchte? Will ich nicht. Stattdessen setzen wir uns in ein Café und trinken Tee.

Gegen Abend fahren wir zum Camping Azila (n35.1756, w5.2667) oberhalb der Stadt und lassen uns da häuslich nieder. Zum z’Nacht kocht Frank schwäbische Maultaschen mit Zwiebeln und Eiern. So kannte ich die bisher noch nicht und sie mundet wunderbar. Für ein Foto ist es leider schon viel zu finster.
Und dann kommt ein kalter Wind und ich muss mich in die Wärme des Möbelwagens verkriechen.

17. Februar 2017

Marokko: Strandurlaub in Martil

Martil ist so ein typischer Mittelmeer-Touristenort. Palmen und weisse Häuser, und entlang der Promenade eine schier endlose Reihe von Restaurants und Cafés. Doch jetzt am Morgen ist hier kaum etwas los. Die Lokale haben zwar auf, aber sind kaum Leute unterwegs. Ich weiss nicht, liegt es an der Jahreszeit oder an der Tageszeit.
Ich setze mich zu den alten Männern ins Café. Hier gibt es schnelles Internet und ich habe da noch einiges zu erledigen.

Um viertel vor eins ruft der Muezzin und ich schlendere nachhause. Unterwegs will ich noch einkaufen, doch hier im Neubaugebiet gibt es anscheinend keine Läden. Oder sie sind alle zu, oder ich finde sie nicht?


Den ganzen Nachmittag sitze ich Schatten und lese. Bald setzen sich meine beiden neuen Freund dazu, eine dreifarbige Katze und die Schildkrötendame von gestern.

Dann kommt ein älteres Paar und stellt ihr Wohnmobil, obwohl der ganze Campingplatz leer ist, genau hinter mein Wohnzimmer. Der Zwischenraum ist weniger als ein Meter, somit grad noch gross genug, dass ich meine Tür öffnen kann. Dieser Platz sei wegen des Fernsehempfangs optimal, erklärt mir die Dame.
Kurz darauf kommt ein weiteres Wohnmobil und ich schaue zu, wie sie mit allen vier Rädern auf Ausgleichskeile fahren! Was gar nicht so einfach, aber völlig sinnlos ist.
Ich hab es ja schon immer gesagt: Kaum wo ist die Idioten-Dichte höher als auf Campingplätzen!