Meknes: Heute müssen wir zeitig aufstehe, denn wir wollen einen
Ausflug nach Fés machen. Selbstverständlich mit der Eisenbahn. Ein kleines
hellblaues Taxi kutschiert uns zum Bahnhof von Meknès; gut 2 Euro für etwa fünf Kilometer
Fahrt. Die Bahn kostet genau so viel.
Pünktlich geht’s los. Ein Fernzug mit einer mächtigen
Elektrolok vorne und etwa zehn Wagen mit hellblauer Innenausstattung hinten dran.
Wir geniessen die Aussicht auf die Vororte und Felder. Bereits nach einer
halben Stunde sind wir schon in Fés. Mit dem Petit-Taxi, diesmal einem roten, lassen
wir uns an den Place Rsif mitten in der Medina rasen.
Gleich links durch das Tor und schon sind wir im Souk. In
den Marktgassen brodelt das Leben. Unzählige Verkaufsbuden, Strassenhändler und
Passanten füllen die schmalen Gassen komplett aus. Wir lassen uns treiben. Schauen
da und dort hinein oder zu. Schuhmacher, Fleischhauer, Silberschmiede, alle
jeweils in einer Gasse und dicht beieinander. Ladengeschäfte in der Grösse von
Telefonzellen, randvoll mit Waren und mittendrin ein lachender Händler.
In einem schmalen Hof werden schwülstige Riesensofas
feilgehalten. Wie der Thron einer Märchenkönigin, bloss noch grösser und noch üppiger
dekoriert. Weisse Kunstseide, kitschiger Glitzerkram und schwungvolle
Ornamente. Jedes so gross wie ein VW-Bus.
Die brauche man fürs Hochzeitfest, sagt der Verkäufer. So
ein Teil koste gut und gerne 2‘000 Euronen. Und: nein, mieten tue man die
nicht, immer kaufen.
Zur Beruhigung brauche ich einen Kaffee. Am Nebentisch sitze
ein adretter Herr, der immer wieder von Passanten angeglotzt wird. Er sei hier
in Marokko ein sehr prominenter Schauspieler, deshalb die Gaffer.
Ganz in der Nähe steigen wir auf ein Dach und schauen in
einen Baustellenhof hinunter. Hier wären die berühmten Gerbereien, doch diese
werden zurzeit gerade neu aufgebaut. Mir ist‘s recht, ich mag sowieso lieber
Baustellen.
Ein offenes Tor, mal hinein schauen, vielleicht gibt es was
zu sehen? Im Halbdunkel erkennen wir einen Prunksaal von schier unanständiger
Grösse. Schnitzereien, bunte Majolika und prächtige Marmorsäulen. Das sei das Palais
M’Nebni, sagt der Pförtner. Wir treten ein und schauen und staunen. Zudem ist
es hier herrlich kühl und dämmrig, wunderbar angenehm.
Es ist heiss und mir glüht der Kopf. Ich habe heute meine
Mütze im Zug liegenlassen und mein neuer Kurzhaarschnitt ist da auch nicht grad
hilfreich. Da hülfe nur ein kühler Park mit grossen Schattenbäumen,
Wasserspielen und einem plätschernden Bächlein.
Zum Glück hat es sowas gleich um die Ecke rum. Wir flanieren
durchs milde Licht, schauen den Pärchen zu, die sich verträumt aneinander
kuscheln.
Mitten im Park treffen wir
Micheal, einen leidenschaftlichen
Theologe und Ostpreussen. Beides in meinen Augen nicht besonders Erstrebenswertes.
Aber: wie sich zeigt ist er ein äusserst anregender Gesprächspartner. Wir plaudern
den halben Nachmittag über Gott und die Welt und Marokko. Dann müssen wir los.
Fünf vor sechs fährt unser Zug zurück nach Meknès. Wie
gewohnt pünktlich und klimatisiert. In Meknès nehmen wir wieder ein Petit Taxi
nachhause. Es ist brütend heiss, mindestens 35° im Schatten, aber solcher ist
rar. Unser Taxifahrer trägt über seinem
Pullover dennoch eine rote Strickjacke.