30. Juni 2013

Benelux: Mönche, Männer und so

Das Wetter ist nach wie vor unschön. Also fahren wir weiter, nach Belgien. Ist nicht weit und vielleicht scheint da ja die Sonne?
Kurz nach der Grenze lockt uns ein Schild zur Abtei von Orval. Das ist ein grosses Kloster mit einer eigenen Bierbrauerei. Hinter den neueren Gebäuden beschauen wir die Ruinen des alten Klosters; teilweise romanisch, das meiste aber gotisch.

Das heutige Kloster ist nicht zugänglich, jedenfalls nicht für uns. Und hinein gewollt hätten wir sowieso nicht. Der einsetzende Regen treibt uns weiter. Schon bald kommen wir nach Bouillon, der Stadt, die wie eine Suppe heisst. Ganz anders als bei unserem letzten Besuch ist es heute dumpf und öd. Damals war es sonnig und Sonntag und es herrschte quirliges Treiben. Heute nicht.

Wir fahren zum Übernachten zum Tschuttiplatz und trinken erst einmal ein Orval-Bier. Als dann für einen Moment die Sonne scheint, pedalen wir gschwind mit dem Velo in die Stadt. Schaufensterbummel. In einem kleinen Laden verkaufen sie den Tabak gleich kübelweise. Das habe ich heute schon andernorts gesehen. Und die Leute kaufen den auch kübelweise!

Dann kommen wieder die grauen Wolken und wir setzen uns in eine Bar mit Internet. In dem Lokal namens „Le-Saint-Arnould“ verkehren auffallend viele schicke Männer, die sich zur Begrüssung auffallend ausgiebig küssen. Ich vermute, die sind alle miteinander verwandt.

29. Juni 2013

Benelux: zu zweit duschen und viel Giessharz

Seit dem ersten Tag ist unserer Wasserpumpe kaputt. Am Druckschalter ist ein elektrischer Kontakt abgefault. Der erste Reparaturversuch ging schief, ich habe drum den Druckschalter überbrückt. Seither mussten wir immer zu zweit duschen. Einer duschte und der andere war der Maschinist und bediente die Pumpe.

Das klappte soweit ganz gut, aber jetzt will ich sie flicken. Aus einem Metallstreifen, dem Anschluss einer Blockbatterie, fertige ich einen neuen Kontakt. Dann feile ich das Schaltergehäuse passend und verklebe alles mit Giessharz. Als alles fest ist, funktioniert es – nicht. Dauerkontakt. Das ist nicht der Sinn eines Schalters!
Alles auseinander nehmen und noch einmal machen. Und viel Kunstharz. Dann – hurrrra - funktioniert er wieder; wie neu. Ich habe mit der Reparatur einen halben Nachmittag verplempert, aber was kann man bei dem Wetter denn sonst tun.

28. Juni 2013

Benelux: schwanzlos hinter dicken Mauern

Gestern Abend sind wir in Fond-de-Gras geblieben und haben ganz malerisch am Bahnhof übernachtet. Heute Morgen weckt mich der Regen, der aufs Dach prasselt. Das mag ich.
Nach dem Frühstück fahren wir ein paar Kilometer - und sind schon wieder in Belgien, dann in Frankreich. Einkaufen. Ich gönne mir so ein Dreierpack Pommes-Chips: Geschmacksrichtung „Poulet“, „Bolonaise“ und noch was. Warum tun die nicht einfach Salz dran?

Weiter geht’s auf kleinen Landstrassen, immer der belgischen Grenze entlang. Die Landschaft ist – öööhm – anwesend. Unaufdringlich und eher flach. Nicht weit und in der Ferne taucht die Festung von Montmédy auf. Die wollen wir uns anschauen.

Montmédy ist so eine typische barocke Festung, eine Zitadelle, wie sie Vauban überall hat bauen lassen. Allerdings befindet sich hier innerhalb der Mauern ein kleines Dorf. Ein paar Häuser, eine viel zu grosse Kirche und Bauruinen. Überall Einschusslöcher, obwohl der letzte Krieg doch schon ein paar Jahrzehnte her ist. Alles wie ausgestorben, Wir begegnen bloss einem alter Mann und einem schwanzlosen Hund an. Den Hund ernenne ich zu unserem Wachhund. Er rennt weg.

Wir passen grad noch so durch das Tor hindurch; 2,20 mal 2,70 Meter. Knapp, aber es reicht. Also wohnen wir heute gut geschützt innerhalb der dicken Mauern. Am Abend kommen Leute und spielen auf einem Kiesplatz Boul. Ich schaue zu. Boul ist wie Sport, aber in Zeitlupe. Und ohne Schweiss.

27. Juni 2013

Benelux: übergeschnappt, und viel bahnfahren

Rumelange. Beim Frühstück erzählt Frau G. vom Feuerwerk in der vergangenen Nacht. Ich habe geschlafen und nichts davon mitbekommen. War alles bestimmt bloss ein Traum! Sie beharrt aber auf dem Feuerwerk und versucht ihre Träumerei sogar mit Fotos zu belegen. Jetzt fotografiert sie schon ihre Träume - ist Frau G. nun übergeschnappt?

Mal vom Nieselregen und dem eisigen Wind abgesehen, ist das Wetter ganz gut. Wir fahren einige Kilometer weiter, bis zum alten Bahnhof „Fond-de-Gras“. Er ist erstaunlich gross und liegt in einem abgelegenen Wald. Einst war hier das Zentrum der umliegenden Eisenerzgruben, bis diese in den 1960-er Jahren eingingen.
Ausgerechnet heute fahren auf den alten Geleisen wieder die Züge. Da wollen wir – ich- natürlich dabei sein. Unsere erste Fahrt geht mit dem Schienenbus nach Pétange.

Zurück nach Fond-de-Gras mit dem Dampfzug; wir reisen 1. Classe.

Die dritte Fahrt mit der Schmalspur Grubenbahn und einer Dampflok nach Doihl.

Die vierte Fahrt mit der elektrischen Grubenbahn durch die Erzgrube hindurch nach Lasauvage.

Dann weiter mit einer Diesel-Grubenbahn nach Lasauvage Eglise und Saulnes in Frankreich.

Die sechste Fahrt geht wieder durch den Stollen zurück nach Doihl, Elektro-Grubenlok.

Und wieder zurück nach Fond-de-Gras mit der Dampflok.

Im Bahndepot stehen noch mindestens ein Dutzend Lokomotiven. Einige sind fahrbar, andere schwer krank.

Nach drei Tagen mit alter Eisenbahnen ist jetzt genug. Frau G. zeigt sich zwar nach wie vor nachsichtig, doch ich will ihre Geduld keinesfalls überstrapazieren. Die nächsten Tage sollen frei von müden Maschinen sein. Ausser der Zufall sollte es anders wollen…

26. Juni 2013

Benelux: im Bauch von Luxemburg

So – unsere erste Reisewoche ist um und der Tank leer. Und wir sind in Luxemburg. In Rumelange, direkt an der französischen Grenze. Die Sonne und der Regen wechseln sich regelmässig ab. Rumelange ist ein nettes Städtchen, das einst vom Bergbau lebte. Bis dann 1981 Erzgrube endgültig zu machte.


Das „nationale Museum der luxemburgischen Eisenerzgruben“ befindet sich in einem ehemaligen Erzbergwerk. Wir bekommen gelbe Plastikhelme und holpern dann mit der Grubenbahn einige Kilometer weit in den Berg hinein. Es ist kühl, feucht und düster. Überall zweigen Stollen ab, viele eingestürzt oder zugemauert. Da und dort stehen rostige Gerätschaften herum.

Über einen halben Kilometer Länge sind alte Bergbaumaschinen und Grubenbahnen ausgestellt. Müde Technik von einst, rostig und zerschunden. Das gefällt mir, mein Herz hüpft.

Und sonst? Die Landschaft rundherum ist eher schlicht; Felder und Wälder; manchmal auch umgekehrt. Und Hügel. Manchmal ein Dorf.

25. Juni 2013

Benelux: Metz mag ich, müde Züge auch

Der Wind jagt Wolkenfetzen über den Himmel. Wir schlendern den ganzen Vormittag durch die Altstadt von Metz. Schaufenstergucken und Strassencafétrinken. Es ist herrlich hier.

Die kulinarische Spezialität hier in Metz ist ein Küchlein namens „Paris-Metz“. Zwischen zwei bunten Bisquits ist eine Füllung aus einer weissen Creme und dazu Himbeeren.

Gegen Mittag kommt der Regen und wir müssen uns in eine Gaststätte flüchten. Eine „Guiche Lorraine“ muss dran glauben; natürlich ausschliesslich aus kulturellem Interesse.

Wir möchten heute ausserhalb von Metz übernachten. In der Karte sehe ich eine Ortschaft mit dem schönen Namen „Vry“, scheint mir gut geeignet zum Schlafen. Frau G. schlägt hingegen „Vigy“ vor, weil es da eine stillgelegte Bahn geben soll. Also fahren wir hin. Vry ist zu verschlafen. Aber welch eine freudige Überraschung meinerseits; in Vigy ist das Depot einer Museumsbahn.

Die Bahn heisst "ALEMF - Chemin de Fer Touristique de la Vallée de la Canner“. Auf dem Bahnhofsgelände und in der Werkstatthalle stehen einige interessante Fahrzeuge; Bahnperlen. Gut - rostige Perlen in einem erbärmlichen Zustand, aber Perlen.

Die Bahn befährt laut Fahrplan die Strecke Vigy – Hombourg. Abfahrt jeweils um 14:15, doch leider steht nirgends, an welchen Tagen sie das tut? Und  die Bahnmechaniker kann ich auch nicht fragen, die haben Feierabend. Vielleicht morgen, wir übernachten jedenfalls gleich an Ort und Stelle.

24. Juni 2013

Benelux: Plattfuss in Metz

Das „Centre Pompidou-Metz“ ist der neue Kulturpalast von Metz. Ein hölzernes Gitterwerk überspannt drei Ausstellungshallen, fast wie ein Zelt. Oder Grossmutters Steppdecke ihre knochigen Knie. Entworfen wurde es vom japanischen Architekten Shigeru Ban. Wir schauen uns das Gebäude und die Gastronomie an, die Kunstausstellungen lassen wir aus; zu schönes Wetter heute.

Metz zeigt sich heute von der schönsten Seite. Prächtige Plätze und grossartigen Pärke, verlockende Strassencafés und schöne Leutinnen. Wir flanieren bis uns die Füsse glühen.

Vom Portal der Kathedrale Saint-Etienne lächeln unzählige Sandstein-Figuren milde zu uns herunter. Dabei kleben die seit achthundert Jahren mit dem Rücken an der Wand, da wär‘s mir nicht ums Lächeln zumute!

Wir haben gleich beim Centre Pompidou einen idealen Parkplatz gefunden. Eine riesige Industriebrache, wo künftig das neue Quartier de l’Amphithéâtre entstehen soll. Jetzt sind wir sozusagen die ersten Bewohner hier; uns gefällts.

Am Abend mache ich noch eine Velofahrt in die Stadt. Schaue mir dies und das an. Den nagelneuen „Parc de la Seille“, den Bahnhof und den ganz alten Bahnhof. Die Luft ist lau und die Abendsonne mild. Mein Resthaar weht im Fahrtwind. Wunderbar – und dann habe ich vorne einen Plattfuss und muss mein Velo nachhause schieben. Merde.

23. Juni 2013

Benelux: heisses Kuscheln mit Belgiern

Der heutige Wetterbericht droht erneut mit einem schwülheissen Tag. Wir wollen deshalb den Fahrtwind nutzen und ein wenig nordwärts fahren. Und zwar auf den kleinen Landstrassen, die wir so mögen.

Rund um uns viel Landschaft, hügelig und herzallerliebst schön. In Baume-les-Dames und Lure machen wir bloss eine kurze Rast. Wir kennen die Städtchen von früheren Reisen, zudem ist es deutlich zu heiss für Kültür.

Kurz hinter Luxeuil-les-Bains erreichen wir unser erstes Ziel: die Mosel. Hier in Lothringen noch ganz niedlich „la Moselle“ genannt. Wir moseln ihrem Ostufer entlang. In Epinal sehen wir die ersten Flussschiffe, denn parallel zur Mosel gibt es auch noch den Vogesen-Kanal. Und der ist schiffbar.

Im Hafen von Charmes finden wir ein schönes Plätzchen zum Übernachten. Eigentlich - denn es sind schon einige Millionen Wohnmobile hier. Fast alle aus Belgien! Eng beieinander – Kuschelcamping. Wir stellen uns etwas abseits hin. Hier ist es erheblich gemütlicher, zumindest  als dann der Mann mit der Schleifmaschine Feierabend machte.

Charmes hat wenig von demselbigen. Dafür aber eine gehaltvolle Geschichte. In den vergangenen Jahrhunderten wurde es bei fast jedem Krieg zerstört, gebrandschatzt oder zerbombt. Zwischen den Kriegen zogen noch einige Seuchen und Hungersnöte drüber. Und so darf man sich heute nicht wundern, wenn das Städtchen so aussieht, wie es aussieht.

22. Juni 2013

Benelux: Bahnradeln im Jura

Die Bahnlinie „Ligne du Saugeais“ verlief einst dem Doubs entlang, von Pontarlier nach Gilley. Aber eigentlich war sie vor allem eine Querverbindung zwischen zwei parallelen internationalen Bahnlinien. Jedenfalls wurde sie 1888 eröffnet und genau 101 Jahre später wieder stillgelegt.

Die alte Bahntrasse ist jetzt ein Radweg. Gut 20 Kilometer lang und mit bahntypisch mässigen Steigungen. Obwohl es schon am Morgen affig heiss ist, schwingen wir uns in den Sattel und reiten los.

Von der einstigen Bahn ist kaum noch etwas zu sehen, selbst die Bahnhöfe wurden bis zur Unkenntlichkeit renoviert. Einzig einige Bahnbrücken sind noch intakt. Die Sonne brennt gleissend grell vom Himmel. Wer klug ist, geht in den Schatten.

Gegen Mittag erreichen wir Gilley Gare; gegart und weichgekocht. Wir pausieren im Schatten. In gut zwei Stunden käme der nächste Zug, solange mag ich nun aber doch nicht warten. Fahren wir halt zurück, ohne einen Zug gesehen zu haben.

Auf dem Rückweg geht’s tendenziell bergab, dafür haben wir jetzt Gegenwind. Es wird immer heisser - und zäher. Irgendwann am Nachmittag sind wir zurück in Pontarlier. In der Kühle des McDonalds erholen wir uns von den Strapazen und nutzen das Internet und Klo.

Zum Übernachten fahren wir an den Doubs. Gegen Abend stossen mächtige Gewitterwolken auf, vielleicht gibt es einen kühlen Regen?