30. April 2016

Iran: Stanley war vor uns hier

Die geheimnisvolle Ruinenstadt Persepolis hat auch schon früher allerlei Wissenschaftler, Kunstsinnige und Abenteurer angelockt. Und fast jeder hat sich in den zweieinhalbtausend Jahre alten Monumenten verewigt.

Ganz in der Nähe des Eingangsportals entdeckte ich die Inschrift vom berühmten Afrikaforscher Henry Morton Stanley. Er war 1870 hier, bevor er zu seiner grossen Afrika-Expedition aufbrach, um den verschollenen Afrikaforscher David Livingstone zu suchen. Den er dann ja auch am Tanganjikasee fand.
Aber das ist eine andere Geschichte.

29. April 2016

Iran: salzige Wüste

Abadeh: Das heutige Frühstück hält keine Überraschungen parat; Fladenbrot, Käse, Gurken, Tomaten und so. Dazu Tee oder Pulverkaffee - Frau G. sucht ihr Glück in der Kombination von Tee und Pulverkaffe!
Das Wetter ist grossartig und weil wir noch Nordwesten fahren, haben wir heute die Sonne im Rücken. Perfekt.

Nach 100 Kilometer auf der Überlandtrasse zweigen wir nach Osten ab. Nun fahren wir auf der kleinen Nebenstrasse schnurstracks in die Wüste hinaus. Kein Mensch weit und breit, nur einige Schafe. Bald sehen wir am Horizont die erste Sanddünen. Obwohl es nach Meeresstrand aussieht, sind wir doch auf etwa 2‘000 Meter über Meer unterwegs.

Nach insgesamt etwa zwei Stunden Fahrt erreichen wir das karge Dorf Khara. Von hier führt eine holprige Piste auf den Gavkhuni-Salzsee hinaus. Schon bald türmen sich beidseits der Piste grandiose Sanddünen. Goldgelb vor tiefblauem Himmel und bestimmt 100 Meter hoch.

Unsere Seefahrt endet am Tor zur Khara-Saline. Jetzt nach den Winter-Regen ist der Salzsee leider schlammig und unansehlich braun. Im Herbst ist er dann wieder schneeweiss und steinhart - so wie es sich gehört. Dann wird hier auch wieder im grossen Stil Salz geerntet. Jetzt finden wir nur in einigen Salzpfützen. Auf der Wasseroberfläche schwimmt das bei Feinschmeckern begehret „Fleur du sel“.

Vor dem Salinen-Tor steht ein Auto. Der iranische Fahrer erzählt uns, er sei mit zwei Schweizern hier! Und so kommt es, dass wir auf einem völlig unbekannten Salzsee im Zentraliran Landsleute treffen. Zwei nette Kerle. Wir plaudern einwenig, dann müssen wir weiter und wir fahren weiter nach Osten.

28. April 2016

Iran: Rostam – in Stein gemeisselt

Gar nicht weit von Persepolis sind die Felsengräber „Naqsh-e-Rostam“. Diese Gräber sind aber nicht Erdlöcher, wie wir das kennen, sondern gigantisch grosse, aus der Felswand gemeisselte Kreuze.
Die Kreuz-Fassaden sind mit allerlei Figuren und Ornamenten geschmückt. Aus der Distanz lassen die sich aber nur schwer erkennen. Die eigentliche Grabkammer war hinter der offenen Tür mitten im Kreuz.

Hinter Frau G. sieht man zwei der vier Felsreliefs aus dem 3. Jahrhundert vor Christus, die unterhalb der Grabkreuze aus dem Fels gehauen wurden. Sie zeigen verschiedene Herrscher mit ihren Günstlingen oder Kampfszenen. Auch sie sind gigantisch gross.

Heute wollen wir noch einige Kilometer nach Norden fahren. Die Strasse ist gut und der Verkehr wenig, also lassen wir’s rollen. Die Landschaft ist grossartig, Wüste und am Horizont Schneeberge. Über lange Strecken ist die Gegend menschenleer. Nur ab und zu sehen wir Schafherden oder einen kümmerlichen Bauernhof.

Das „Laleh Hotel“ in Abadeh (n31.1523, 52.6624) ist das einzige auf den 500 Kilometern zwischen Shiraz und Isfahan. Wir bekommen ein nettes Doppelzimmer für 44 Dollar. Im Bad hat es zwei Toiletten nebeneinander; eine zum Sitzen, eine zum Hocken. Bei beiden geht die Spülung nicht, muss ich erst reparieren.

Abadeh ist so eine typische gesichtslos Stadt in der Einöde; eigentlich mehr ein breitgeschlagenes Dorf. Ohne erkennbare Sehenswürdigkeit, aber mit ganz freundlichen Leuten und wirrem Strassenverkehr. Gleich gegenüber zeigt uns der Metallbauer seine kolossalen Eisentore; und die „Delshad Confectionery“ lockt uns mit vielerlei Süsskram.

Nachtessen im Hotel-Restaurant. Es gibt Dschudscheh Kabab, also Hühnchenspiess mit gedämpftem Reis und sauereingelegtem Gemüse. Dazu gibt es einen gemischten Salat mit viel Mayonnaise. Isch richtig gut.

27. April 2016

Iran: Persepolis – kaputt und wunderschön

Wer nun denkt, meine Frühstücksbilder sähen immer gleich aus, der täuscht sich nicht – es liegt am immer gleichen Frühstück. Heute: Die Variante mit Ei und Saft.

Etwa 60 Kilometer nördlich von Shiraz liegen die Ruinen von Persepolis. Bevor Alexander der Grosse mit seinem Heer hier zu Besuch kam, war das die vielleicht prächtigste Stadt im Orient. Nun sind davon allerdings nur noch die Trümmer übrig. Unglaublich viele Trümmer auf mehreren Hektaren Ruinengelände.

Von den hölzernen Dächern ist nichts mehr übrig und die noch vorhandenen Lehmmauern sind neu. Die Sandstein-Monumente aber sind aus dem 3. Jahrhundert vor Christus, sie sind somit etwa 900 Jahre älter als der Islam.

Ganz besonders gefallen uns die Reliefs überall an den Wänden. Ganz feine Darstellungen von den Delegationen aus vielen verschiedenen Ländern, die dem König die Aufwartung machen. Man kann sie an den unterschiedlichen Frisuren, Waffen und Gastgeschenken gut unterscheiden. Manche bringen Kamele, Löwen oder Affen mit, andere fahre mit Streitwagen vor oder reiten auf Eseln.

Als ich vor fünfundzwanzig Jahren das erste Mal hier war, waren da bloss ein Kassenhäuschen und ein staubiger Platz. Später standen ein paar Souvenir-Buden da und heute gibt es ein Visitor-Centre und mehrsprachige Info-Schilder.

Zur 2‘500-Jahre-Feier Persiens lud der Shah von Persien damals Staatsmänner aus der ganzen Welt hierhin ein. Das war 1972. Die Tribüne und die Gästezelte von damals kann man heute noch sehen. Eigentlich wollte ich etwas Zeltplane nachhause mitnehmen. Seit meinem letzten Besuch ist sie aber inzwischen komplett verschwunden, heute stehen nur noch die Gerippe der Zelte.

Es ist heiss und die Sonne blendet. Nach einer erfrischenden Himbo-Limonade suchen wir unter all den weissen Autos auf dem riesigen Parkplatz unseres und fahren weiter.

26. April 2016

Iran: Lustgarten, Hamburger und Hipster

Shiraz. Im Bazar versuche ich ein mir unbekanntes Getränk aus einem grossen Topf. Es ist recht süss und darin schwimmen kleine Körner herum. Es heisse „Hadjir“ und werde aus „Irgendwas“ gemacht, sagt der Verkäufer.

Der „Baq-e-Narenjestan“ ist ein alter Palast mit einem wunderbaren Garten. Wasserspiele, Orangenbäume, Palmen und Frühlingsblumen. Wir setzen uns in den Schatten und essen persische Eiscreme. Die zieht Fäden wie Fondue, im Mund schmilzt sie dann aber ganz normal. Isch unglaublich gut.

Nach der Siesta gehen wir noch einmal in den Bazar; das heisst in die verschiedenen Bazare, denn es gibt drei davon. Es ist herrlich. Die Händler sitzen in ihren Warenbergen und warten auf Kundschaft. Erstaunlicherweise sind sie dabei ganz ruhig und quatschen keine Passanten an. Nichts mit dem «luki luki ganz billig» der türkischen Basare.

Teppiche, Gewürze, Kupferwaren, Schuhe, Kleider und viiiel Schmuck. Dazwischen die Süssigkeiten, Nüsse und Trockenfrüchte. Da und dort dürfen wir kosten – meistens ist es sehr süss und klebrig.

Verteilt im Basar gibt es mehrere Innenhöfe, einstige Herbergen. Wahre Paradiese mit Brunnen und Orangenbäume. In einem der Höfe gibt es nun ein Café. Wir sitzen lange da, horchen den Vögeln und schauen zu, wie der Wind Blütenblätter herumwirbelt. Uns ist vögeliwohl.

Auf dem Nachhauseweg sonnenuntergangt es heftig. Die Mauern der Zitadelle glühen goldig und der Turm scheint heute noch etwas schiefer als sonst. Alle Shirazi scheinen unterwegs zu sein, Feierabendverkehr und Abendverkauf in einem. Die Leuchtreklamen der Ladengeschäfte blinken und flimmern in allen Farben. Im Dunkeln schaut sogar unser Hotel schön aus. Wir würden noch gerne länger bleiben, aber morgen wollen wir weiter.

Zum z’Nacht gibt es heute Hamburger und Pepsi, beides aus original iranischer Produktion. Isch gut und preiswert. Und völlig frei von Vitaminen.
Im Iran grassieren zurzeit die Hipster − Bart, dicke Brille, Schmachtlocke, enge Hosen. Und immer ein iPhone am Ohr.

25. April 2016

Iran: Frauen wie Quallen

Strahlendblauer Himmel über Shiraz. Wir schlendern zur Vakil-Moschee und schauen uns im Morgenlicht die prachtvollen Fayencen an. Ganz anders als in der übrigen islamischen Welt gibt es hier nicht nur Ornamente, sondern auch Blumen- und Tierdarstellungen. Und statt der üblich Farben blau und türkis, gibt es hier auch gelb und rosa.

Zahllose spiralförmig kannelierte Steinsäulen tragen das Kuppeldach des Gebetssaales. Im hinteren Teil arbeitet ein Steinmetz an neuen Sandsteinplatten. Da wir grad die einzigen Besucher sind, dürfen wir über den Bauzaun klettern und ihm zuschauen. Er arbeitet genau so, wie schon damals die Ägypter beim Pyramidenbau.

Gleich neben der Vakil-Moschee ist der Seiteneingang zum Vakil-Bazar. Jetzt am Morgen sind viele Läden erst am grad aufmachen und noch kaum Besucher da. Wir geniessen die Ruhe und bewundern die Auslagen. Ich kaufe mir eine neue Mütze, weil mir die alte entlaufen ist. Diesmal eine graue mit einem Alte-Männer-Fischgrät-Muster.

Gleich hinter dem Vakil-Bazar kommen wir zum Shah-e-Cheragh-Schrein, dem Grabmal eines hochverehrten, schiitischen Imams. Um in die Anlage hinein zu kommen, müssen wir zuerst durch eine Sicherheitsschleuse. Frau G. bekommt zudem einen Besucher-Tschador übergestülpt, einen schwarz-weiss gesprenkelten. Damit sieht das Tschadori zwar aus wie ein psychedelische Qualle. Skurril, aber die religiösen Vorschriften verlangen es so.

Zusammen mit einem Fremdenführer und einer Fremdenführerin dürfen wir die Anlage betreten. Zuerst besuchen wir die nigelnagelneue Moschee. Sie ist schneeweiss und gross und ganz modern, aber nicht sonderlich lieblich. Undd as letzte Mal war sie noch nicht da!
Direkt vom Gebetsraum gelangen wir in den eigentlichen „Shah-e-Cheragh-Schrein“. Der Unterschied könnte nicht grösser sein. Die Wände und Kuppeln sind komplett mit Spiegel-Mosaiken verkleidet. Wenn wir uns bewegen, funkelt und glitzert es um uns herum wie verrückt. Überwältigend. Unbeschreiblich.

Im Zentrum des Schreins steht das Mausoleum des Imams. Die Besucher küssen das silberne Gitter und spähen hindurch zum Sarkophag im Inneren. Ausser einem mit grünem Samt bedeckten Stein kann ich nichts erkennen. Doch, der Boden ist mit Geldscheinen übersät, die von den frommen pilgern durch das Gitter geworfen werden.
Draussen in einem prächtigen Hof treffe ich auch Frau G. wieder. Sie hat den Schrein auf der Frauen-Route durchquert.

Der Schrein sieht aber auch von aussen beeindruckend aus. Das Gebäude hat eine hölzerne Vorhalle und darüber eine birnenförmige Kuppel. Türkis mit weiss-schwarzen Ornamenten und gelben Blumen dazwischen.
Und zuoberst auf der Kuppel stehen zwei Elektriker und montieren Lampen. Da oben würde ich jetzt auch gerne stehen.

Gegenüber gibt es noch einen zweiten, ganz ähnlichen Schrein. Er enthält gleich mehrere Mausoleen und auch eine Spiegel-Ausstattung. Etwas kleiner zwar, aber nicht minder beeindruckend. Oder kitschig. Die Bauten um den Hof und der Springbrunnen wurden erst kürzlich gebaut. Als ich vor fünfzehn Jahren das letzte Mal hier war, standen die beiden Schreine noch ganz alleine da.
Als Abschluss unseres Besuches werden wir vom „Direktor für Fremdenbeziehungen“ zum Tee eingeladen. Wir plaudern und essen Kekse. Dann gibt Frau G. am Ausgang ihren Leih-Tschador zurück und wir tauchen wieder in den weltlichen Alltag ein.

23. April 2016

Iran: der Schlitz zum Seelenheil

Überall im Iran haben wir sie gesehen - die Spendenboxen fürs Armenhilfswerk. Die auffälligsten sind die blauen mit den gelben Händen. Hier kann jeder Muslim dem vorgeschriebenen Almosengebot nachkommen. Sehr praktisch - spenden, jederzeit und überall.

Es gibt zahlreiche weitere Spendenboxen in allen Farben und Formen. Auch in Briefkasten- oder Gasflaschenform.

Selbst solche mit Kreditkarten-Leser haben wir gesehen.

22. April 2016

Iran: Frühlingserwachen

Pünktlich um acht schlendern wir quer durch die Grünanlage zum Frühstücks-Pavillon. Mitten im Raum steht ein riesiges Cheminée, daneben das Buffet. Ein Kellner ist grad dabei den Ofen in Betrieb zu nehmen - vergebens. Gut dass wir den Faserpelz anhaben.

Der Frühlingshimmel ist tiefblau und die Schneeberge glasklar zu sehen. Wir fahren stadtauswärts. Obwohl es noch früh ist, hat es schon viel Verkehr. Das liegt daran, dass heute Norouz, der wichtigste iranische Feiertag ist. Heute fahren alle hinaus in die Natur zum Picknicken. Viele Autos haben eine Schale mit Rasen aufs Dach geschnallt. Und aus dem Inneren lachen uns ganze Grossfamilien an.

Der Strassenverkehr ist heute wieder ganz besonders – öööhm – individuell. Jeder fährt wie und wo er will. Wir werden rechts überholt und gleichzeitig von links geschnitten. Ab und zu kommt uns ein Auto auf unsere Spur entgegen oder eines hält mitten auf der Strasse an. Der Start an der grünen Ampel erinnert jeweils an ein Formel1-Rennen. Alle stürmen los und wühlen sich nach vorn an die Spitze. Wenn man das wie ich, mag, dann ist das Autofahren im Iran das reinste Vergnügen. Wenn nicht, dann weniger.

Die Strasse kurvt mit uns durch eine grossartige Berglandschaft. Steile Felsen, weite Täler und immer wieder Obstgärten. Und am Horizont Schneeberge.
Schon vor dem Mittag erreichen wir die Bishabur. Die archäologische Ausgrabung lassen wir links liegen und schauen uns stattdessen die Felsrelief gleich daneben an. Die riesigen Könige wurden hier vor etwa 2‘200 Jahren aus dem Fels gemeisselt und sehen auch heute noch grossartig aus. Da könnte manch ein Grafitti-„Künstler“ noch was lernen. So macht man das, wenn‘s etwas länger halten soll!

Heute sind viele Feiertags-Ausflügler hier. Das Flussufer wird von Picknickern gesäumt, manche haben Zelte und Sonnendächer werden wie Prominente von überall her gegrüsst, eingeladen und müssen für Erinnerungsfotos posieren.
Für die Weiterfahrt nehmen wir eine Abkürzung durch die Schlucht. Zuerst ist das Strässlein ganz gut, dann wird es zu einer Schlaglochpiste, führt durch ein Bachbett endet dann kurz vor dem Ende der Schlucht an einem Geländeabsatz. Für unsern Tondar unüberwindlich.

Jetzt am Nachmittag sind die Strassen fast leer. Kaum ein Auto ist unterwegs, dafür sehen manche Wiesen wie Zeltplätze aus. Wie’s scheint sind alle Iraner am Picknicken.
Auch Shiraz ist wie ausgestorben, die Strassen leer und alle Ladengeschäfte zu. Wir fahren mitten ins Stadtzentrum und bekommen ein Zimmer im Sasan Hotel (n29.6199, e52.5377). Hier haben wir auf früheren Reisen immer gerne übernachtet. Das Doppelzimmer kostet 49,50 Dollar, das letzte Mal waren es noch 6 Dollar.

Wir machen gleich einen ersten Stadtspaziergang. Alles zu, auch der Bazar. Einzig ein Fresskiosk bietet Falafel-Sandwichs mit allerlei sauer eingelegtem Gemüse an.
Erst nach Sonnenuntergang kommt das Leben zurück in die Stadt. Die Ausflügler kommen heim und es dröhnt, scheppert und hupt.

21. April 2016

Iran: Schnee und ein Wasserfall in der Wüste

Unser Hotel-Appartement war sehr bequem und das Frühstück landestypisch. Fladenbrot, Käse, Gurke, Tomaten und Karotten-Konfitüre. Aus dem Aquarium glotzen uns Goldfische an und am Nebentisch kichern einige schwarzverhüllte Frauen.
Um neun legen wir ab, lassen volltanken und fahren weiter in Richtung Westen. Vor uns stehen verschneite Berge. Die Strasse geht stetig bergauf, dann durch einen langen Tunnel und nun quer über ein fruchtbares Tal. Und obwohl wir schon auf 2‘400 Meter Höhe sind, geht es immer weiter bergauf. Die Berge vor uns sind sogar über 4‘000 Meter hoch.

Irgendwo in der Gegen soll eine wildromantische Schlucht mit einem Wasserfall sein. Unser Navi kennt keine Strasse dahin und allfällige Hinweisschilder können wir nicht lesen. Nach etwa eineinhalb Stunden Fahrt kommen wir an eine Abzweigung, die zum Wasserfall führen müsste. Wir versuchen es.

Nach 13 Kilometern sind wir da (n30.6274, e52.0513). Und wir sind nicht alleine, einige Dutzend iranische Familien sitzen am Bach und picknicken. Einige haben Zelte aufgestellt, Teppiche ausgerollt und Feuerstellen eingerichtet. Überall köchelt Tee und brutzelt Fleisch. Die Wasserpfeifen schmurgeln und die Kinder rennen umher.

Etwas weiter hinten beginnt die Schlucht. Und da ist auch der besagte Wasserfall. Ein Rinnsal tropft von einem Felsen. Für uns ist das jetzt nicht sooo beeindruckend, da sind wir von zuhause besseres gewohnt. Aber ich kann schon verstehen, dass die Leute hier in dieser kargen Wüstenlandschaft daran Gefallen finden.
Am Kiosk werden wir von einigen Leuten angesprochen, ja richtiggehend interviewt. Wie es uns im Iran gefalle und wo wir herkommen, und so? Und man bittet uns, zuhause vom Iran zu berichten und zu erzählen, dass man sich hier sehr über Touristen freue.

Unsere Fahrt geht quer über das Zagros-Gebirge. Durch weite Täler und immer wieder über Bergrücken hinüber. Seit gestern sind wir nun immer auf über 2‘000 Meter Höhe unterwegs. Die Luft ist furztrocken und erfrischend kühl. Und es geht weiter bergauf.
Irgendwann erreichen wir die Passhöhe; 2‘700 Metern über dem Meer. Es ist kalt und windig. Das „Dena Ski Resort“ ist geschlossen, der Skilift steht still. Wir hätten gerne die Skifahrerinnen im Tschador fotografiert – aber heute sind wir leider hier oben ganz alleine!

Nun geht es abwärts bis Yasuj. Da wo unser Wunschhotel steht, haben sie zwischenzeitlich eine Baulücke hingebaut. Aber im „Tourist Inn“ auf einem Hügel am Stadtrand finden wir dann Unterschlupf. Wir bekommen einen eigenen Bungalow mit einem schönen Blick ins Tal. Unser Ferienhaus kostet 1,62 Millionen Rial pro Nacht, also etwa 45 Franken und sieht sehr, sehr amerikanisch aus. Vermutlich wurde es noch vor der Revolution von den Amis gebaut.

Das erste offen Restaurant, das wir finden ist eine Pizzeria. Die Speisekarte gibt es nur in Farsi. Ich bestelle Pizza mit Wurst. Der Kellner findet das Wort „Wurst“ unglaublich witzig. Immer noch kichernd bringt er uns eine Pizza mit Hackfleisch. Dazu empfiehlt der Chef iranisches Red Bull, ich nehme aber Duq – Sauermilch mit Pfefferminzgeschmack. Das hört sich jetzt aber besser an, als es schmeckt.

20. April 2016

Iran: dem Kamel fehlt sein Bein

Wir sind die ersten am Frühstücksbuffet. Es gibt alles was man sich vorstellen kann, ausser Kaffee, Speck, Käse und Brot. Dafür aber Milchreis und allerlei Kuchen und so. Wir fahren zeitig los. Das Wetter ist gut, der Himmel tintenblau und es weht ein lauer Wind.
Am Stadtrand schauen wir uns die „Türme des Schweigens“ an. Hier haben früher die Zoroastrier ihre Verstorbenen bestattet, rspektive von den Vögel fressen lassen. "Himmelsbestattung" nennt sich das. Wer's genauer wissen will – öööhm – guugelt mal danach.

Wir steigen aber nicht hinauf, denn ich glaube, dass man die Türme aus der Ferne besser sieht, als von oben. Eine Touristengruppe ist anscheinend aber anderer Meinung.

Von Yazd fahren wir nach Westen. Die Landschaft gefällt uns sehr. Rote Berge und kahle Wüsten. Ab und zu sehen wir in der Ferne ein Dorf, aber meistens ist nur viel Gegend um uns herum. Die Strasse steigt immer leicht bergan. Ich merke es nur, weil unser Auto nur wiederwillig vorwärts surrt.
Auf den Berggipfeln liegt immer noch Schnee. Irgendwann kommen wir auf eine Passhöhe, das Schild verkündet 2‘540 Meter über Meer. Ab nun geht es spürbar bergab, allerdings nicht sehr weit. Die ganze Region hier liegt auf 2‘000 Meter Höhe.

Am Mittag erreichen wir Abarkuh. Hier bewundern wir die weitherum bekannte Zypresse (n31.1227, e53.2794). Drei Franken kostet uns das Vergnügen, den 4'000 Jahre alten Baum anzuschauen. Den iranischen Ausflüglern scheint es hier ganz besonders gut zu gefallen. Alle halten ihre Smartphones in die Luft und fotografieren sich vor dem weltberühmten Baum.

In Abarkuh gibt es auch noch so ein runder Lehmturm (n31.1246, e53.2594). Er ist vielleicht zehn Meter hoch und reicht fast ebenso weit in den Boden hinein. Früher hat man hier im Winter Eis hineingeschaufelt und im Sommer die die Kälte genutzt. Sozusagen ein Kühlschrank aus dem 14. Jahrhundert. Jetzt ist er bis auf zwei Touristen komplett leer. Und die Touristen sind wir.

Bis zu unserem Etappenziel ist nicht mehr weit. Deshalb halten wir unterwegs an einer Fernfahrer-Raststätte und essen gemütlich ein Hühner-Sandwich. Zwei lustige Kerle betreiben den Laden. Wir haben viel Spass und machen Fotos voneinander. Die Kneipe hat statt Tischen und Stühlen eine Art Betten, wo man sich herrlich drauf fläzen kann. Sehr angenehm. Und das Brot schmeckt auch.

Heute übernachten wir im „Kian Hotel“ (n30.8881, e52.6816) in Eqlid. Es stellt sich heraus, dass unser Zimmer eine ganze Wohnung ist; Küche, Wohnzimmer und ein Schlafzimmer mit fünf Betten. Sie kostet bloss 1‘200‘000 Rial, was etwa 30 Franken entspricht.
Eqlid ist eine quirlige Kleinstadt mit etwa 50‘000 Einwohnern und ohne jede Sehenswürdigkeiten. Obwohl man hier auf über 2‘200 Meter Höhe ist, leben die Leute von der Landwirtschaft. Das Stadtzentrum besteht aus zwei Ladenstrassen, die sich bei einem eigenartigen Denkmal treffen.

Am Abend rollen wir mit unserem Tondar noch ein bisschen durch die Innenstadt. Die ist eine Kombination aus Durchgangsstrasse, Fussgängerzone und überfülltem Parkplatz. Der Feierabendverkehr quillt aus allen Löchern und nutzt jeden freien Quadratmeter. Gut wer sich rechtzeitig in Sicherheit bringt.
Beim Metzger steht ein Kamelbein vor der Tür. Praktisch; so weiss jeder gleich, was das aktuelle Tagesangebot ist.