Der Frau G. ihr Sturz hatte nun doch schlimmere Folgen als ich damals vermutet habe. Der Mittelhandknochen vom kleinen Finger ist gebrochen. Saubere Schrägfraktur mittendurch.
Trotzdem Glück im Unglück, es hätte viel schlimmer kommen können: Schlüsselbein oder Rippe oder - öööhm - Arbeitslosigkeit.
Ein Bergler auf Abwegen. Der Schweizer Weltenbummler, Klugscheisser und Sapperlot berichtet von weltweit und zuhause. Ein Reiseblog.
11. April 2015
10. April 2015
Marokko: Wasserfall, Regenbogen und blöder Aff
Wir fahren weiterhin durch die „Atlas-Voralpen“; hügelauf
und ab. Bis nach Ouzoud mit seinen berühmten Wasserfällen (N32.01532, W6.71931). Bei Wasserfällen im Ausland bin ich ja immer etwas vorsichtig:
Entweder fällt kein Wasser oder es fällt bloss hüfttief. Doch hier soll das anders sein!
Die Wasserfälle befinden sich praktischerweise gleich hinter den Souvenir- und Fress-Ständen. Ein gemauerter Pfad führt dem Hang entlang und schon bald hören wir die Wasserfälle tosen. Und dann sehen wir sie.
Es sind einige Touristen hier, aber alles Marokkaner, vor
allem Schulklassen. Wir schlendern auf die andere Seite der Schlucht und
schauen uns das Spektakel auch von hier an. Wenn man ganz an den Rand steht,
kann man ganz weit nach unten schauen.
In der Schlucht leben auch Berberaffen, eine Makaken-Art.
Man kennt diese possierlichen Tierli vom Fernsehen, doch diese hier sind blöde
Affen. Nie halten sie still für ein Foto; immer nur rumzappeln, wegschauen oder
rennen. Bloss einer der Affen hockt seelenruhig da und fingert an seinem Pfiffli herum. Sowas mag doch keiner fotografieren! Ein
anderer macht immerzu Grimassen, als ob er mich verspotten wollte.
9. April 2015
Marokko: wer hat die Dinosaurier eingemauert?
Gestern Nacht hörte ich plötzlich seltsame Geräusche vom
Bach unten herauf. Ich ging nachschauen: Ein betagter Peugeot war mitten im
Bach „en panne“ und wurde grad herausgezerrt. Nix für mich – schlafen gehen.
Im Morgenlicht sieht die Landschaft unglaublich schön aus.
Grasgrün, rote Mohnblumen, Schneeberge und tintenblauer Himmel. Die Strasse
schlängelt sich gemütlich durch die Hügellandschaft. Wir ihr nach.
Vom Strassencafé aus schauen wir dem Treiben der Leute zu.
Alle sind unterwegs. Und hier auf dem Land gibt es auch noch viele alte
Fahrzeuge. Manche fallen schon fast auseinander, andere wurden liebevoll und
bunt angemalt. Alte Ford Transen und uralte Bedford. Und alle Arten von
Mercedes.
Am Mittag erreichen wir den Felsbogen von Imi n‘ifri (N31.72407, W6.97123). Hier hat sich der Bach
durch die Felsen gefressen, und die Marokkaner haben obendrüber eine Strasse
gebaut. Und daneben einige Restaurants für die Touristen. Doch wir sind die
einzigen hier.
Da wir wegen des ungünstigen Lichtes und dem Hochwasser den Felsbogen
nicht fotografieren können, zeige ich euch stattdessen unser Mittagessen:
Omlette bérbère für Frau G. und für mich einen Eimer Spaghetti.
Über die Felsplatten laufen zwei Spuren von Dreizehen
Dinosauriern: Einem zweibeinigen Fleischfresser mit einer Schrittweite von fast
drei Meter und mit Schuhnummer 60. Wie ein riesiger Strauss, aber eben viiiel
älter und ausgestorbener.
8. April 2015
Marokko: die geilste Strasse über den Atlas
Ich sag’s gleich im voraus; heute war ein wunderschöner Tag
– und ich meine damit nicht nur das Wetter. Angefangen hat alles an unserem
Übernachtungsplatz in Taroudannt. In der Palme über uns hockt ein Vogel und
pfeift die Nokia-Wecker-Melodie. Also stehen wir auf und frühstücken.
Die Sonne scheint und es weht ein lauer Wind. Heute wollen
wir über den Hohen-Atlas drüber und dann bis in die Gegend von Marrakesch
fahren. Und zwar über den Tizi-n-Test, den spektakulärsten der Atlas-Pässe.
Der Aufstieg zur Passhöhe ist kurz und kurvenreich, nur 35
Kilometer für die 1‘500 Höhenmeter. Ein Teil der Strasse wurde seit dem letzten
Mal stark verbreitert und verbessert worden, doch der obere Teil ist immer noch
herrlich – öööhm – herzhaft.
In den Spitzkehren kann man wunderbar in den Abgrund
blicken. Oder zu den Schneebergen weiter oben. Oder über das Souss-Tal hinüber
zum Anti-Atlas, wo wir gestern waren. Nebelschwaden ziehen den Hang hinauf und
die Dohlen kreisen im Aufwind.
An den Schattenhängen liegt immer noch etwas Schnee. Und die
Viertausender gegenüber sind schneeweiss. Wir fahren gemütlich bergab. Die
Abfahrt ist mit weit über hundert Kilometer wesentlich länger als der Anstieg.
Vom Winter kommen wir nach und nach in den Frühling. Alles blüht und grünt. Auf
einem Stein hocken sogar zwei Wiedehopfe. Oder heisst das Wiedehöpse?
Wir fahren durch grandiose Schluchten. Immer wieder sehen
wir am Gegenhang kleine Dörfer. Kümmerlich und aus Lehm gebaut. Zitterige
Holzstege führen über den Bach.
Die Regenfälle der letzten Woche haben unzählige Felsstürze,
Steinschläge und Murgänge ausgelöst. Wir fahren durch Schlammpfützen und
Geröllfelder. Irgendwo liegt ein Stein so gross wie ein Smart auf der Strasse;
daneben ein Einschlagkrater in derselben Grösse.
Gegen Abend kommen wir ins Flachland hinter Marrakesch. Wir
fahren in ein Dorf hinaus und finden einen lauschigen Schlafplatz (N31.345397,
W7.894189) zwischen Olivenbäumen und blühenden Kakteen. In der Ferne kläfft ein
Köter. Aufziehende Wolken verhindern einen ordentlichen Sonnenuntergang.
Gleich hinter uns geht der Weg über ein Bächlein, das „Hochwasser“ führt. Nur dreissig Zentimeter Wasser, doch die haben ausgereicht um die Furt wegzuschwemmen. Der Weg ist seit fünf Tagen unbefahrbar. Die Leute müssen nun durch den Bach waten und alles bis zu ihrem Dorf hinauf tragen.
7. April 2015
Marokko: Sonne im Herzen und Datteln auch
Tafraoute: Heute, ja heute sollte das schöne Wetter kommen. Und
tatsächlich; die Wolken haben blaue Löcher. Kurz darauf hält das Bäcker-Velo
bei uns und ich kaufe knusprige Baguettes und Anis-Brioches.
Wir frühstücken an der milden Morgensonne und fahren danach
in die Stadt, wo heute Wochenmarkt ist. Obwohl schon halb elf, sind noch nicht
sooo viele Besucher da. Wir schlendern den Ständen entlang und erledigen unsere
Einkäufe; Gemüse, Nüssli, Schachtelkäse – und einen neuen Badzimmer-Teppich.
Nach dem Mittag verlassen wir Tafraoute und fahren in die
Berge des Anti-Atlas. Immer auf kleinen Nebenstrassen winden wir uns in die
Höhe. Die Berge sind karg und rotbraun. Ab und zu kommen wir durch kleine
staubige Dörfer.
Irgendwann geht’s tendenziell wieder etwas herunter. Argan-
und Mandelbäume bringen wieder etwas Leben in die Landschaft. Frau G. möchte
die Ziegen in den Arganbäumen fotografieren, doch es hat immer nur Ziegen oder
Bäume. Nie beides zusammen.
Gegen vier Uhr sehen wir aufs Mal weit unten das Souss-Tal
(N30.17648, W8.96797). Eine mehrere Dutzend Kilometer breite und sehr
fruchtbare Ebene. Und dahinter die Berge des Hohen-Atlas.
Taroudannt gefällt uns auf Anhieb. Eine quirlige Stadt mit
einer hohen Lehmmauer rundherum. Nette Strassencafés und sehr freundliche
Leute. Wir spazieren durch die engen Altstadtgassen und sind überrascht, dass
es hier nur Wohnhäuser und kaum Geschäfte gibt. Diese befinden sich in den
anderen Stadtteilen.
Wir übernachten in Taroudannt direkt an der Stadtmauer
(N30.47375, W8.87047). Es sind noch drei Wohnmobile da; sie schneeweiss, wir eher - öööhm - rustikal und erdfarbig.
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