5. Juni 2020

Nordostschweiz – Pink Käse und wenig Fernblick

9 Urnäsch. Wir haben wunderbar geschlafen. Doch leider schwächelt heute das Wetter. Wir machen uns zeitig auf den Weg und verlassen Appenzell. Auf kurvigen Nebenstrassen fahren wir kreuz und quer durch die Hügellandschaft hinüber ins Toggenburg. Dann weiter talauswärts bis nach Ganterschwil.

Hier in Ganterschwil besuchen wir die Käserei Stadelmann. Die Stadelmannen sind Käse-Weltmeister und machen unter der Marke Swiss Cheese Factory einen ganz besonderen Käse: Nämlich die Pink Queen – einen rosaroten Käse. Der einzigartige Käse haben sie extra für den chinesischen Markt entwickelt. Jürg Stadelmann erzählt uns, wie es zu dem pinken Käse kam und wie schwierig es war, farbigen Käse herzustellen.

Ein paar Hügel weiter und nahe an der Dreiländerecke der Kantone St. Gallen, Thurgau und Zürich fahren wir nach St. Iddaburg (n47.388, e8.979) hinauf. Öööhm, nein - nicht noch ein Kloster. Diesmal ist es eine Wallfahrtskirche und ein Gasthaus ganz oben auf einer Felsrippe. Wäre es nicht so trüb, so könnte man von hier oben weit hinunter schauen. Aber heute nicht.
Wir besuchen noch gschwind die heilige Idda in der Wallfahrtskirche. Die schaut ganz traurig und versteinert. Meine Begeisterung hält sich aber in Grenzen. Also trinken wir noch ein Café und machen uns dann auf den Heimweg. Bei Rapperswil über den Seedamm und dann schnurstracks nach Hause.

Die Corona-Schonzeit scheint definitiv vorbei zu sein – auf den Strassen ist die Idioten-Dichte wieder so hoch wie davor!

3. Juni 2020

Nordostschweiz – alte Porsche, tiefe Brücke und keine lila Würste

8 Appenzell. Heute ist wieder wunderbares Sommerwetter. Wir rollen gemütlich durchs Appenzellerland. In Stein (n47.373, e8.345) gibt es die Appenzeller Käse Schaukäserei und ein Volkskunde Museum. Wir sehen uns ein wenig um und kaufen einige lokale Käsespezialitäten.

Auf dem Parkplatz vor dem Volkskunde Museum stehen mehr als ein Dutzend Porsche 914. Früher als „Volksporsche“ verspottet, heute eine Rarität. Und auch ein wenig Volkskunde.

Ganz in der Nähe von Stein führt die bald hundert Jahre alte Haggenbrücke (n47.398, e9.339) über eine fast hundert Meter tiefe Schlucht. Sie ist eine filigrane Eisenbrücke; so filigran, dass sie schon damals für den Autoverkehr viel zu schwach war. Deshalb lobt man sie Brücke als den „höchsten Fussgängersteg Europas“.

Mit unserem Möbelwagen stehen wir den vielen Spaziergänger und Wanderer im Weg. Also fahren wir gschwind weiter, bevor uns die Ausflügler lynchen.
Auf der andern Talseite ist eine weitere Exklave, nämlich das innerrhoder Kloster Wonnenstein (n47.386, e9.363).

Über Hundwil fahren wir nach Urnäsch, da wir hier übernachten wollen. Es ist ein lauer Abend. Die Grillen zirpen und die Bauern fahren mit Heuwagen durchs Dorf. Am Abend flanieren wir ein wenig durchs Dorf und essen „Südwörscht und Chäshörnli mit Bölleschweizi“ - Siedwürste* und Käse-Makkaroni mit Röstzwiebeln. Ein Traum im prallen Darm…

*Dass die Eingeborenen die Siedwürste vor dem Essen schälen, erfahren wir leider erst nach dem Essen!
Und: Die Siedwürste sind nicht lila - aber die rote Markise hat alles lila eingefärbt.

2. Juni 2020

Nordostschweiz – zweimal Appenzell

7 Heiden. Unsere Fahrt über durch die hügelige Landschaft gefällt uns. Es geht immer rauf und runter und hin und – öööhm, ja genau.
Blühende Wiesen mit feisses Vieh. Und überall einzelne Bauernhöfe, wie Streusel auf einem Kuchen. Fast genau so, wie die Streusiedlungen bei uns zuhause.

Schon bald erreichen wir Appenzell, den Hauptort vom Kanton Appenzell Innerrhoden. Hier sind die Häuser fast genau gleich gebaut wie in Heiden, doch sie sind über und über bunt. Hier ist man eben üppig katholisch.

Die Religion war der Grund, warum sich damals im 16. Jahrhundert der Kanton Appenzell in Appenzell Innerrhoden und Appenzell Ausserhoden geteilt hat. Die Innerrhoder wollten katholisch bleiben, während die Ausserrhoder sich der Reformation anschlossen. Erst gab es Streit, dann die Scheidung.

Wir schauen uns das neue Kunstmuseum Appenzell an. Aber nur von aussen, denn Corona sei Dank, ist es geschlossen. Denn bei dem schönen Wetter ist uns eh nicht nach Kunstgenuss.

Mein liebster Appenzeller ist schon seit viiielen Jahren der Künstler Roman Signer. Er macht Kunst mit Explosionen und Irritationen. Hier in Appenzell hat er am Eingang zur Altstadt einen „Drehscheibe“ installiert. Wer drüber läuft, wechselt automatisch die Richtung! Und wer stehen bleibt kann einen Rundblick geniessen.

Am Fluss steht Roman Signers „Tisch“, der alle paar Minuten für eine spritzige Überraschung sorgt!

1. Juni 2020

Nordostschweiz – vom Bodensee ins Appenzell

6 Arenenberg. Wir brummen gemütlich am Bodensee entlang. Die Landschaft ist schön und das Wetter auch. Beim Flughafen Altenrhein fahren wir rechts, den Berg hinauf in den Kanton Appenzell Ausserrhoden. Für mich ist das Terra incognita – unbekanntes Land.

Das Kloster Grimmenstein (n47.443, e9.612) ist an sich nicht so sehr sehenswert. Besonders ist einzig seine Lage. Das Kloster ist nämlich eine Exklave und liegt weit entfernt in einem fremden Kanton, nämlich im Kanton Appenzell Ausserrhoden. Das Klostergebäude und der Garten selber gehören zum Kanton Innerrhoden, die Zufahrt und die Nebengebäude aber schon nicht mehr.

Über Walzenhausen fahren wir weiter bis nach Heiden. Das Dorf strahlt etwas mondänes Flair der vergangenen Jahrhunderte aus. Hier im Dorf gibt es einen Park, einen Kursaal und sehr vornehme Bürgerhäuser.
Nicht weniger interessant sind die weissen Holzhäuser mit ihren gerasterten Fassaden. Hier erkennt man die protestantische Kargheit.

Hier in Heiden verbrachte Henry Dunant, der „Erfinder“ des Roten Kreuzes, seine letzten Lebensjahre. Er ist vermutlich der Schweizer mit dem grössten Einfluss auf die Weltgeschichte. Heutzutage ist Dunant leider etwas in Vergessenheit geraten; und das Rote Kreuz nimmt man als etwas Selbstverständliches wahr.
Von Dunant-Denkmal aus hat man einen grandiosen Ausblich über den Bodensee; bis hinüber ins bayrische Lindau und ins vorarlbergische Bregenz. Schön hier. Das hätte ich nicht erwartet. Dachte ich doch immer, die beiden Appenzell seien bloss Hügel, Schluchten und Wälder.

31. Mai 2020

Nordostschweiz – Paris am Bodensee

5 Frauenfeld. Zeitig verlassen wir die Thurgauer Hauptstadt und fahren hinüber zum Seerücken, wie man hier die Hügelkette zwischen der Thur und dem Bodensee nennt. Es ist etwas wolkig und wir wissen nicht so recht, wie der Tag werden wird. Aber egal, uns zieht es weiter.

Erst besuchen wir das Schloss Herdern (n47.604, e8.910), dann schauen wir uns das Schloss Liebenfels (n47.631, 8.926) an. Beide sind einen Blick wert.

Später kommen wir nach Steckborn (n47.668, e8.983). Zum ersten Mal in diesem Jahrtausend gibt es hier heute selbst mitten im Zentrum freie Parkplätze – der Virus hat also auch seine guten Seiten!
Wir schlendern zur Schifflände und geniessen die Menschenleere. Neben dem Fussweg brüten zwei Schwäne und wir setzen uns in das einzige geöffnete Café und plaudern mit den paar anwesenden Einheimischen. Erst wenn die Bodenseeschiffe wieder fahren täten, kämen wieder die Touristen – hoffentlich. Jetzt sei totale Flaute, erzählen sie.

Vom Schloss Arenenberg (n47.672, e9.059) geniesst man einen grandiosen Ausblick über den Bodensee und bis hinüber nach Deutschland. Früher hiess das Anwesen „Narrenberg“, doch das gefiel den adligen Bewohnern nicht und sie tauften es in „Arenenberg“ um.

Aber deswegen sind wir nicht hierhergekommen. Denn das Schloss Arenenberg hatte einen sehr berühmten Bewohner; Napoleon III. Er verbrachte hier einen Teil seiner Kindheit und Jugendjahre. Später wurde er sogar Schweizer Bürger und dann schlussendlich Kaiser von Frankreich.
Heute ist seine Schloss Arenenberg ein Museum. Wir schauen uns aber lieber Napolens Garten an. Zedern, Mammutbäume und viele andere aus der ganzen Welt. Alles vom berühmten Landschaftsarchitekten Hermann von Pückler-Muskau gestaltet. Und heute alles für uns ganz allein.

28. Mai 2020

Nordostschweiz – im Thurgau

4 Wilen bei Neunforn. Nur ein paar Hügel und Kilometer weiter erreichen wir die Kartause Ittingen (n47.583, e8.866) im Kanton Thurgau. Einst war das ein Kloster der Kartäusermönche. Und diese haben hier nicht nur gebetet, sondern auch viele Jahrhunderte lang einen riesengrossen Gutshof betrieben.

Heute ist die Anlage mönchfrei und für Besucher offen. Hier gibt es grosse Gärten mit unzähligen Kräutern und Heilpflanzen. Dazu eine schöne Wirtschaft und ein spannendes Kunstmuseum.

Anders als in anderen Bruderschaften lebte jeder Kartäuser-Mönch ganz für sich allein in seinem Häuschen. Hier arbeitet er tagsüber einsam und schweigsam. Zwischendurch mussten alle Mönche aber immer wieder zum Gebet in der Klosterkirche eilen; mehrmals zwischen dem frühen Morgen und bis nach Mitternacht.

Das Kloster und der Gutshof gefallen uns sehr gut. Wir schauen und staunen – und entdecken überall neue skurrile Kleinigkeiten. Und Baukunst aus dem Barock und Rokoko. Aber die Anlage ist recht weitläufig und ich kann deswegen kaum gescheite Fotos machen.

Später fahren wir nach Frauenfeld. Hier verbrachte ich damals viele Monate Militärdienst. Davon hat mir kein einziger Tag gefallen, aber seither mag ich Frauenfeld.

Frauenfeld hat eine kleine, interessante Altstadt und sehr viele banale Häuser drum herum. In den letzten Jahren hat man sich zwar bemüht die Stadt etwas aufzuhübschen, doch so richtig erfolgreich war man damit offensichtlich nicht. Aber die Thurgauer sind nett und wir hatten heute ein paar sehr interessante Plaudereien.

Wir übernachten beim Schwimmbad. Da das Schwimmbad wegen der Pandemie immer noch geschlossen ist, ist es hier sehr ruhig. Ja, fast schon gemütlich.