23. Februar 2017

Marokko: Kamele im Erg Chebbi

Schon beim Frühstück beginnt schon wieder dieser kalte Wind. Für die Jahreszeit ist der nicht ungewöhnlich, aber beim Frühstück stört er trotzdem. Wir fahren nach Erfoud zum Einkaufen. Raja hält aber erst am anderen Stadtrand bei einem Fossilien-Händler. Der verkauft viele – öööhm – Fossilien.
Im Hof hinter seinem Laden kleben seine Mitarbeiter die Bruchstücke zu grosse Steinplatten zusammen. Heute sind grad fossile Seeanemonen für ein amerikanisches Museum in Arbeit.

Im Hinterzimmer zeigt mir der Chef seine Meteoriten. Die meisten sind nuss- bis faustgross. Ein Eisenmeteorit ist aber 350 Kilo schwer, grösser als ein Schachtdeckel und soll eine halbe Million kosten – Euro.

Hinter Rissani sehen wir schon bald in der Ferne den Erg Chebbi, die grosse Sanddüne an der algerischen Grenze. Eigentlich unser Ziel, doch im Verlauf des Tages wird aus dem morgendlichen Wind ein richtiger Sandsturm.
In der Hoffnung auf etwas Windschutz fahren wir zum Camping „Les Pyramides“ (n31.0868, w4.0075) südlich von Merzouga. Der Platz liegt wunderschön bei einer Baumgruppe am Rand der Dünen - und er ist eine Empfehlung vom Taurus.

Der Sandwind wird immer stärker und stört jetzt sogar beim Essen. Alles wird paniert und es knirschen die Zähne.
Zwischendurch spaziere ich ein wenig über die Sanddünen. Da und dort wachsen „Cistanche“. Eigentlich blühen die knallgelb, diese hier sind aber voller Wanzen und schauen deshalb etwas zerzaust aus.

Neben seltsamen Blumen gibt es in den Dünen auch Kamele in allen Farben und Formen; weisse, braune, schwarze; mit und ohne Zottelfell. Sie liegen da untätig in der Gegend herum und warten auf reitwillige Sanddünen-Sonnenuntergangs-Touristen. Doch wegen des Sandsturmes sind heute keine gekommen.

Am Abend essen wir im Restaurant, denn da ist es windstill und einigermassen staubfrei. Es gibt Reissalat und Berber-Omelette, die zwar etwas eigenartig aussieht, dafür aber aber ausgezeichnet schmeckt.

22. Februar 2017

Marokko: lieber reich als sexy

Errachidia. Die Morgensonne scheint mir ins Gesicht, als ich die rote Sosse aus den klebrigen Kochtöpfen von gestern Abend auswasche. Heute ist wieder ein strahlend schöner Tag und wir wollen bis zu den ersten Sanddünen fahren. Frank kränkelt ein wenig und so schieben wir einen Pausentag ein.

Schon bald kommen wir an den Oued Ziz, der sich hier tief in die Felsen hinein gefressen hat. Vom Fluss sieht man kaum etwas, aber die Gärten ziehen sich wie  „grünes Band“ kilometerweit durch die karge Landschaft.

Noch vor Erfoud gibt es links der Strasse ein kleines Dünenfeld. Wir fahren etwa einen Kilometer weit hinein und lagern zwischen den Sanddünen. Es ist ein richtig netter Platz und man könnte denken, man sei in der Sahara.
Den restlichen Tag verbringen wir abwechselnd mit Essen, Schlafen und blöd daherreden. Der intelektuelle Höhepunkt des heutigen Tages bildet dem Ü seine Aussage «Ich wäre auch lieber reich als sexy gewesen».

Gegen Abend kommt zuerst der Wind und dann die grauen Wolken. Und dann auch noch die bissige Kälte. Heute kocht schon zum zweiten Mal der Frank. Es gibt Tomaten-Spaghetti mit Pilzen. Und weil der Sandwind so arg bläst, essen alle bei mir im Möbelwagen drinnen. Richtig gemütlich.

21. Februar 2017

Marokko: Gourama und die Juden

Ksar Timnay. Es war eine kalte Nacht, aber jetzt scheint die Morgensonne und erwärmt unsere steifen Glieder.
Erst fahren wir nach Midelt zum Einkaufen und dann weiter nach Süden. Kurz nach Er-Risch zweigen wir ab und fahren nach Osten. Hier war bis in die 90-er Jahre das „Camp de Tazmamart“, ein geheimes Militärgefängnis und ein Schandfleck in Marokkos Geschichte.

Heute ist das KZ nur noch eine Ruine. Doch kaum sind wir da, kommt auch schon ein Wächter gelaufen und schickt uns weg.
Wir fahren weiter ostwärts bis zum Dorf Gourrama. Hier war einst der bekannte Schriftsteller Friedrich Glauser als Legionär stationiert. Und so heisst auch sein bekanntestes Buch: „Gourrama“. Wir schauen uns die alte Kasba an (n32.34167, w4.08587). Viel ist von der alten Lehm-Stadt nicht mehr da, bloss noch ein paar Mauern und Stümpfe.

In Gourrama lebten damals vor allem Juden. Ganz versteckt im Häusergewühl finde ich noch den alten jüdischen Friedhof. Zwar sind dreiviertel davon jetzt ein Obstgarten, aber ganz hinten gibt es noch viele Gräber.

Im nahen Toulal befindet sich auch das Grab von Rabbi Itshak Abehssera (n32.30967, w3.98579). Zum Jahrestag versammeln sich hier Juden aus der ganzen Welt um zu beten und zu feiern. Und dieser Tag war – gestern!
Als wir heute am abgelegenen Wallfahrtsort ankommen ist grad das grosse Aufräumen im Gange und zahllose Polizisten und Soldaten stehen herum. Etwas zuviel Kasernen-Charme für meinen Geschmack, so lassen wir das mit dem Grabbesuch und fahren weiter.
Die Strasse kurvt durch ein hübsches Flusstal mit schönen alten Lehmdörfern. Richtig malerisch. Am Ende des Tales bauen sie aber grad eine Staumauer; und wies ausschaut wird das Tal schon bald im See untergehen.

Am späteren Nachmittag bläst der Wind immer stärker und hüllt alles in eine Staubwolke ein. Es sieht aus wie Bodennebel. Wir fahren noch ein Stück und übernachten auf dem nagelneuen „Salma Palm’s Camping“ (n31.8652, w4.2668). Hier bläst der Wind zwar auch, aber die Olivenbäume und Dattelpalmen bieten ein bisschen Schutz davor.
Zum z’Nacht essen wir mein zuhause eingekochtes Bœuf Stroganoff. Gefrässiges Schweigen und wohliges Grunzen rundum.

20. Februar 2017

Marokko: Meknès und danach der Schnee

Meknès. Schon am frühen Vormittag stapfen wir zur Altstadt von Meknès. Wie erwartet ist noch nicht viel los und das meiste noch zu. Aber die Morgensonne wirft ein tolles Licht auf die trübgelben Hauswände. Da und dort eilen Lieferanten mit ihren Handkarren durch die Gassen, andernorts werden kopflose Schafe in eine Metzgerei getragen.

Der Bäcker frittiert diese feinen Teigkringel und zum allerersten Mal sehe ich eine Kondomautomaten in Marokko. Eigentlich wollten wir das Mausoleum vom Moulay Ismail anschauen, aber das wird grad Renoviert. Zumindest wurde schonmal das Prunkvolle Torgebäude abgebaut.

Nach dem Mittag verlassen wir Meknès und fahren weiter südwärts. Bis Afrou besteht die Landschaft vor allem aus Gegend. Dann beginnen die Berge des Mittleren Atlas mit den üppigen Zedernwäldern. Und den berühmten Affen. Die hocken hier praktischerweise direkt am Strassenrand und warten auf ein paar Touristen-Häppchen.

Die Strasse führt, manchmal recht steil, immer höher hinauf. Die Schattenhänge sind immer noch mit reichlich Schnee bedeckt. Überall kann man Schlitten oder Skis mieten und damit die Schneefelder hinunter rutschen.

Der Col du Zad ist mit 2’200 Meter der höchste Punkt. Nun geht es wieder bergab. Die Landschaft ist nun deutlich kahler. Kaum noch Gras und gar keine Bäume mehr. Die Strasse ist oft schnurgerade und wir kommen gut voran.

In Ksar Timnay (n32.7524, w4.9196), zwanzig Kilometer nördlich von Midelt, stellen wir uns auf dem Campingplatz. Wir sind hier immer noch auf 1’500 Meter Höhe und ausserhalb der Umfassungsmauern bläst ein eisiger Wind.
Ü. kocht ein herbstliches Nachtessen; Sauerkraut, Kartoffeln und Speck. Die kaum 5° trüben ein wenig das Picknick-Ambiente. Deshalb verkrieche ich mich schon früh in meine molligwarmen Möbelwagen und geniesse das WiFi.

19. Februar 2017

Marokko: Esel und Schnecken unterwegs

Chefchaouen. Gestern Abend warf ich gedankenlos eine Bananenschale ins Gebüsch. Frank fand das unpassend! – und eigentlich hat er damit ja auch Recht. Aber wir drei alten Wüstenfüchse behaupteten natürlich sofort und übereinstimmend, dies sei hier so üblich und ausserdem würde die Bananenschale eh von den Eseln gefressen. Ja, sie sei sogar einen gewichtigen Beitrag zur Ernährung der hiesigen Haustiere. Odr so.

Und beim Frühstück kommt doch tatsächlich ein Esel heran geschlurft und gesellt sich zu uns. Und er frisst liebendgerne all unsere Resten frisst – ausser die Bananenschalen, die mag er überhaupt nicht.

Wir verlassen Chefchaouen und fahren weiter südwärts. Die Hügel sind grasgrün und die Bäume blühen – und es so gar nicht nach Wüste aus. Ganz vorne fährt auch heute wieder der Raja mit seinem Mowag-Ungetüm. Immer wenn er bergauf schneckt, kommt aus dem Auspuff ein dermassen stinkiger Qualm, dass keiner von uns hinter ihm herfahren will. Der Rauch kommt übrigens daher, weil Raja aus Kostengründen ab und zu Heizöl tankt.

Am Mittag picknicken Frank und ich an einem schönen Fluss. Schon bald kommen ein paar Schulkinder aus dem nahen Dorf um die komischen Touristen anzuschauen. Und auch gleich nach einem Bonbon fragen. Wir zeigen ihnen stattdessen wie man flache Steine übers Wasser hüpfen lässt.

Irgendwann am Nachmittag kommen wir bei den römischen Ruinen von Volubilis vorbei. Auch wenn ich schon öfters hier war, will ich mir die alten Steine gerne ein weiteres Mal ansehen. Vielleicht wurde ja zwischenzeitlich was Neues gebaut oder entdeckt. Aber nein, immer noch alles wie neulich.

Im dichten Feierabendverkehr müssen wir quer durch Meknès fahren. Meinen Lieblingsplatz unter den Olivenbäumen an der Stadtmauer (n33.8899, w5.5658) gibt es immer noch. Zwar ist er noch schmutziger und lärmiger als letztes Mal, aber mir gefällt es hier trotzdem.

Im Sonnenuntergand schlendern wir zum Place el Hedim. Ein wuseliges Durcheinander von Marktstände, Gaukler, Musikanten, Schlangenfänger und Ess-Ständen.

Als wir dann zufällig beim Schneckenkocher vorbeikommen, wusste ich sofort. Heute versuche ich die Schnecken im Cola farbigen Sud.
Ich hätte es nicht für möglich gehalten, aber die gekochten Schnecken und der Schneckensud schmecken ausgezeichnet. Bloss dass einem die Tiere beim Essen auch noch zuschauen, irritiert mich dann doch ein bisschen.