28. Oktober 2019

Costa Dorado: die Kirche im See

11 Torredembarra. Seit langem haben wir diese Nacht wieder zuhause in unserem Möbelwagen geschlafen. Dies weil wir am frühen Morgen los wollen, denn wir müssen nachhause.
Unsere erste Etappe führt und nach Vilanova i la Geltru. Hier war ich ja vor zwei Jahren; und hier hat es mir damals so gut gefallen. Heute ist es hier diesig-schwül und die Stadt wirkt recht schäbig. Wir schlendern zur Markthalle. Aber auch hier ist es ungemütlich.

Wenigstens kann ich dieses Mal das örtliche Flugzeugmuseum besuchen. Das Museum ist zwar längst eingegangen und ausser zwei Flugzeugen auf dem Dach - eine Hispano Aviación HA-200D und eine Beechcraft Musketeer aus den 1960-er Jahren - und viel Gestrüpp drum herum ist wenig zu sehen.

Nun habe ich genug von Städten, verstopften Strassen und hässlichen Häusern. Wir verlassen Vilanova nordwärts. Vorbei an allerlei Einkaufszentren, Pneuhändlern, Schnellfresser und Schrottplätzen kommen wir schon bald in eine hüglige Landschaft. Das Wetter wird besser und die schwüle Hitze bleibt hinter uns.

Mitten zwischen mächtigen, roten Felsen liegt der Stausee Pantà de Sau. Als er damals aufgestaut wurde, versanken vier Dörfer komplett im See. Heute schaut nur noch der Kirchturm vom ehemaligen Dorf Sant Romà de Sau aus dem Wasser (n41.9764, e2.3964). Bei Niedrigwasser kommt die ganze Kirche zum Vorschein, bei Hochwasser sieht man bloss noch die Spitze des Kirchturmes.

Solche versunkenen Dörfer gibt es überall. Zum Beispiel im Reschensee in Italien oder im Stausee in Bulgarien. Und ein wenig auch bei uns im Lungerersee, wo jeden Winter die Reste des überfluteten Ortsteiles auftauchen.

Wir übernachten direkt am Stausee. Am Abend beginnt es zu stürmen. Der Regen auf dem Dachfenster hört sich an wie Applaus.

25. Oktober 2019

Costa Dorado: zwei Geisterstädte in den Bergen

10 Torredembarra. Heute frühstücken wir auf dem Sonnendeck unseres Segelschiffes. Es weht ein warmer Morgenwind und ich fühle mich ein wenig wie so ein neureicher Schnösel.
Heute ist wieder einmal perfektes Segelwetter. Frau G. und ich machen deshalb einen Ausflug ins Landesinnere. Zuerst fahren wir nach El Catllar (n41.1759, e1.3248), weil wir hier noch was Geschäftliches zu tun haben.
Später kraxeln wir auf einer schmalen Bergstrasse nach L'Albiol und weiter ins verlassene Bergdorf La Mussara (n41.2521, e1.0283). Bis 1960 wohnten hier noch eine Handvoll Leute, seit sie weggezogen sind, verfällt das Dorf.

Die Kirche wird schon mit Krücken gestützt und auf dem alten Friedhof wuchert das Gestrüpp überwachsen. In einigen Jahren wird von La Massura wohl kaum mehr etwas übrig sein.

Hier oben auf gut 1'000 Meter Höhe wachsen Föhren mit fast zwanzig Zentimeter langen Nadeln. Es angenehm kühl und wäre es etwas sichtiger könnten wir sogar das Meer sehen. Als dann später Nebelschwaden über den Bergrücken kriechen, fahren wir weiter.

Ganz in der Nähe besuchen wir die Ruinen der ehemaligen "Campamento Militar Los Castillejos“ (n41.2469, e0.9851). Ursprünglich waren hier am Ende der Welt bis zu viertausend Soldaten stationiert. Vor zwanzig Jahren wurde die Anlage dann endgültig stillgelegt und wird seither von den Besuchern gefleddert.

Die Strasse nach Alforja hinunter ist wesentlich bekömmlicher, als unser Hinweg über L'Albiol. Wir sausen an Tarragona vorbei und zurück in den Hafen von Torredembarra.

Unsere Segelsportler sind auch wieder von ihrer heutigen Kreuzfahrt zurück. Die Herbstsonne scheint goldig und der Abendwind lässt das Schiff sanft schaukeln. Wir trinken Getränke und vertilgen Knabberzeug. Es ist wunderschön und saugemütlich hier.

24. Oktober 2019

Costa Dorado: Altafulla und Butifarra

9 Torredembarra. Auch heute ist es wieder sommerlich warm – und nahezu windstill. Ich gebe zu, mir ist das grad recht, denn so bleiben wir an Land.
Heute machen wir einen Ausflug nach Altafulla. Zuerst geht’s an die Playa de Altafulla. An der Strandpromenade stehen tatsächlich eine Reihe alter Häuser. Die schauen ganz hübsch und romantisch aus; und jetzt in der Nebensaison auch ein wenig verlassen.

Wir schlendern am Strand entlang bis zum Castell de Tamarit (n41.1300, e1.3613). Die Burg ist etwa tausend Jahre alt. Viele Jahrhunderte war sie ein wichtiger Grenzposten gegen die vordringenden Mauren. Heute ist das Gemäuer renoviert und zu einem Hotel umgebaut.

Unter und um die Burg Tamarit herum befinden sich einige Bunker aus der Zeit des spanischen Bürgerkrieges. Wir schauen sie aber bloss aus der Ferne an, denn wir sind hier im Pärchen-Urlaub – und nicht auf einer Forschungsreise. Leider.

Das Städtchen Altafulla liegt auf einem Hügel etwas abseits vom Strand. Ganz zuoberst hocken das Castell d'Altafulla (n41.1428, e1.3761) und eine romanische-barocke Kirche.

Wir setzen uns in eine Bar und futtern eine weisse „Butifarra con Judias“, eine katalanische Schweinewurst mit gesottenen weissen Bohnen. Beides schmeckt wirklich gut. Aber der Gastwirt ist eher etwas fad und arg langsam.

Am Abend sitzen wir an Deck unserer Segeljacht und geniessen die laue Abendsonne. Fische schleichen um unser Schiff und nagen den grünen Schleim vom Rumpf. Sie glotzen mich an, als ob ich sie bei etwas Unrühmlichen ertappt hätte. Dann schreit eine Möwe. Herrlich schön hier.

23. Oktober 2019

Costa Dorado: Flaute und gar kein Wind

8 Torredembarra. Ich will mich ja keineswegs beklagen; es ist sommerlich mild und wir haben Ferien. Aber ansonsten ist das Wetter mehr als bescheiden. Wie feuchte Putzlappen hängen die Wolken am Himmel. Und es ist komplett windstill, so dass wir nicht segeln können, was mir - da will ich nicht lügen - sehr gelegen kommt. Denn im Hafen habe ich schnelles Internet und das Segelboot liegt ganz ruhig.

Gegen Mittag fahren wir ins alte Fischer-Viertel am östlichen Stadtrand. Zwischen den neuen Strandhotels steht hier noch die alte, kleine Fisch-Markthalle (n41.1441, e1.4131). Früher wurde hier täglich der Fang versteigert. Bis dann die grossen Fangschiffen die Fischerei übernahmen die einheimischen Fischer mit ihren Segelbooten aufhören mussten.

In diesem Quartier stehen auch noch zwei alte Strand-Villen aus den 1920-er Jahren. Als sie damals gebaut wurden, standen sie hier noch ganz alleine. Jetzt werden sie von den banalen Touristen-Häusern und zahlreichen Fischrestaurants bedrängt.

Trotz Nebensaison haben einige Gaststätten auf und wir geniessen Tapas: Fischkroketten und frittierte Kartoffeln mit einer scharfen Sauce. Sicher, es ist nicht die ganz grosse Kochkunst - aber es mundet wunderbar.

Später besuchen wir den „Bazar Weng“. In diesem China-Laden gibt es alles was man ich China herstellt und man in Spanien gebrauchen kann. Bunte Kleider für 3 Euro, Geschirr mit Katzendekor, bunt blinkende Elektronik, Werkzeug aller Art und grad grad sind abgehackte, blutige Gummihände im Sonderangebot.
Ich kaufe mir neue LED-Lampen für unseren Wohnbus. Und eine neue Computer-Maus, denn die alte ist heute morgen eingegangen..

Heute haben wir einen neuen Schriftzug aufs Segelschiff geklebt: „Dali“ steht jetzt auch am Heck und nicht nur seitlich.

22. Oktober 2019

Costa Dorado: Tarragona

7 Torredembarra. Es ist trüb und nieselfeucht. Frau G. und ich schlendern in die Hafen-Bar mit dem sinnigen Namen „Bar Cafe“ und geniessen einen wunderbaren ersten Morgenkaffee. Es sind ausschliesslich Polizisten, Zöllner und alte Männer mit Hunden da - gefällt mir hier. Das könnte der Beginn einer langen Tradition werden?

Das miese Wetter und ein defekter Autopilot hemmen unser Vorankommen ein wenig. Wir hängen im Hafen herum und tun Dinge; dösen ausgiebig und essen viel. Genau das mag ich am Segelsport.
Dann funktioniert der Autopilot wieder und wir nutzen die günstige Gelegenheit um auch noch die Lampe auf der Mastspitze auszuwechseln. Mit einer Winde kurble ich den Kapitän hinauf. In fast zwanzig Meter Höhe hängt er wie ein Affe an einer Liane. Wenn wir uns unten bewegen, baumelt er oben am Mast hin und her.

Am Nachmittag fahren wir nach Tarragona zum Einkaufen. Frau G. braucht Stoff und einen Reissverschluss und ich einige LED’s für unsern Möbelwagen. Wir bekommen weder das eine noch das andere.
In Tarragona besuchen wir noch gschwind ins Hafenquartier „El Serrallo“ (n41.1098, e1.2418). Einige von uns haben Hunger und ich will unbedingt die dortige alte Sockel-Lokomotive anschauen.

Die Lokomotive von Schneider-Creusot ist nix Besonderes - aber im neuen alten Hafenbecken sind zahlreiche riesige Jachten angeleint. Manche sind so gross wie Mehrfamilienhäuser. Die Bediensteten putzen emsig den Chrom-Zierrat und das Wachpersonal steht gelangweilt herum und sperrt uns aus. Wir gewöhnlichen Gaffer dürfen nämlich nur von aussen durch den Zaun gucken.

Die Segeljacht „Mondango“ ist stolze 50 Meter lang und das Motorboot „Solandge“ ist mit seinen 85 m Länge sogar noch ein Stück länger. Später schaue ich im Internet nach. Wer mag, kann die Schiffe mieten - für 700'000.- pro Woche.

Das Hafenquartier von El Serrallo wurde in den vergangenen Jahren komplett umgebaut und augehübscht. In die alten Güter-Hallen sind nun Ausstellungen und Museen eingezogen. Und die Altstadt hat sich zur Fressmeile gemausert. Leider ist das Wetter immer noch recht trübe – sonst wäre es hier richtig gemütlich.

21. Oktober 2019

Costa Dorado: Torredembarra kann auch ganz hübsch

6 Torredembarra. Auf den ersten Blick unterscheidet sich Torredembarra kaum von den üblichen spanischen Touristen-Orten. Überall öde Strandhotels, staubige Gewerbegebiete und unbemannte Ferienhäuser. Doch auf den zweiten Blick finden sich hier auch ganz hübsche Ecken. Zum Beispiel die Resten einer mittelterlichen Siedlung.

Das Castell de Clarà (n41.1499, e1.4174) ist seit gut tausend Jahren bewohnt. Selbstverständlich wurde die Burg zwischenzeitlich viele Male umgebaut und renoviert. Wo früher die Schweine und Mägde hausten, sind heute die Garagen für die Autos untergebracht. Und statt einer bunten Fahne flattern nun Satellitenspiegel im Wind.
Gleich daneben steht eine Kapelle aus dem 13. Jahrhundert. Heute ist die Kirchentür leider verriegelt und wir können bloss durch eine Ritze hineinlugen.

Mitten in der Altstadt von Torredembarra steht ein kleines Denkmal. Es zeigt ein „Castells“, eine Menschenpyramide, wie sie hier in der Gegend jedes Jahr an zahlreichen Festen versucht wird. Dieses Denkmal erinnert an ein schlimmes Unglück: Im Sommer 1983 kippte so ein Castells um und das Kind an der Spitze stürzte in den Tod.

Wir setzen uns in ein Strassencafé und ich trinke einen Sangria. Kurze Zeit später bemerke ich was für ein heimtückisches Getränk das ist. Es schmeckt zwar lieblich nach Orangenlimonade – doch es macht einem ohne Warnung besoffen.
Am Abend schauen wir zu, wie sich ein Regensturm nähert. Als er da ist, beginnt unser Schiff heftig hin und her zu schwanken. Und das Wasser gurgelt und spritzt an den Rumpf. Romantisch und beängstigend zugleich. Dann schlafe ich ein.