22. September 2012

Ungarn: flaches Land und kurze Züge

Debrecen ist eine aufstrebende Stadt mit einem schönen Zentrum. Plätschernde Brunnen, Denkmäler von toten Helden und romantische Strassencafés.

Ein tapferer Krieger – keine Arme, aber ein Lächeln im Gesicht.

Hier im äussersten Osten Ungarn gibt es viele Strassendörfer. Beiderseits der Strasse und ennet dem Strassengraben eine Reihe kleine Ziegelhäuser; mehr nicht. Und alte Kirchen mit hölzernen Kirchtürmen.

Der Bahnhof von Mátészalka ist beachtlich gross; zehn Geleise und eine imposante Bahnhofshalle. Aber leider sind keine Züge da, bloss auf Gleis 6 steht ein röchelnder Schienenbus. Ein einziger Passagier sitzt drin.

Laut Fahrplan kommt in einer Stunde der nächste Zug. Das ist mir nun doch zu lang zum Warten. Und wer weiss, vielleicht ist es auch wieder nur ein Schienenbus.

Wir übernachten an einem Waldrand mit Blick auf die Getreidefelder. Der Himmel ist milchig und die Sonne geht hier im Osten bereits vor sieben unter.

21. September 2012

Ungarn: sprachlos im Osten

Heute soll der Regen kommen, stattdessen kommt aber wieder die Sonne. Und damit wohl auch die Hitze, wie schon die letzten Tage. Zudem zeigen meine Sandalen dramatische (Hitze?)-Schäden und müssten ersetzt werden.

Wir rollen ostwärts über die Ebenen und steuern dann das erste grosse Einkaufszentrum an. Im Eingang bekommen wir von der netten Frau mit dem grünen Hut eine Kundenkarte. Wie sich zeigt, sind wir in einem Grossmarkt gelandet. Vieles gibt es in XXL-Packungen erhältlich: Allerhand Süssigkeiten, grosse Säcke mit Nudeln,dutzendweise Würste. Aber auch Pizzakartons und Pommesgabeln. Und nagelneue Sandalen für mich. Schokoladenbraune mit Klettverschluss – Seniorenlatschen!

Die ungarische Sprache ist rätselhaft. Wir können zwar die Buchstaben lesen, der Sinn bleibt uns aber verborgen. Keine Ähnlichkeit mit den uns vertrauten Sprachen.

Die Strassen sind gut und gut beschildert. Aber die Ortsnamen sind unaussprechlich und ich kann mir die nie merken. Was aber auch egal ist, da wir sowieso ziellos nach Osten fahren. Die Ukraine ist gross; die können wir nicht verfehlen.

20. September 2012

Ungarn: Männer stehen auf Pferde

Hinter den Mátra-Bergen liegt die Stadt Eger. Eger wurde einst von den Osmanen beherrscht, was man ihnen anscheinend heute noch übel nimmt.

Aus der osmanischen Zeit ist einzig ein mächtiges Minarett übrig geblieben. Es steht ganz einsam mitten im Quartier. Die umliegenden Kebab-Läden sind vielleicht auch osmanisch, aber eher neueren Datums.

Ungarn ist grösstenteils flach und sehr fruchtbar. Die Getreidefelder sind riesengross und reichen bis zum Horizont. Jetzt im September ist grad Erntezeit und die Mähdrescher mähdreschen das Getreide. Auch manche Traktoren sind herzhaft.

Wir rollen gemütlich übers flache Land; mitten in die Puszta hinein. Es ist heiss und staubig. Statt Getreide wächst hier bloss noch spärlich gelbes Gras.
Wir hocken uns auf einen Pferdewagen und lassen uns über das Steppenland kutschieren. Es sind keine Touristen da, drum bekommen wir einen Wagen fast ganz für uns allein.

Unterwegs machen wir da und dort halt und schauen einheimische Tiere an; Graurinder, Wasserbüffel, komische Schafe, ein Ochsengespann – und natürlich Pferde. Viele, viele dunkelbraune Pferde der Marke „Nonius“.

Die einheimischen Reiter stehen auf Pferde; im wahrsten Sinn des Wortes - fünfspännig. Wohl um die Pferde nicht zu zerkratzen, trägt der Reiter (oder Steher?) Schaumgummilatschen. Ein wilder Krieger in Pantoffeln…

Erst wollte ich ja nicht so recht mit so einem Pferdewagen fahren: Die ganze Zeit einem Pferd auf den Arsch gucken wollte ich nicht. Nun muss ich aber eingestehen, es war wunderschön - und man muss auch nicht andauernd auf den Pferdearsch schauen. Nur wenn man mag.

Am Abend wollen wir traditionell essen gehen. Pferdefleisch haben sie leider nicht auf der Karte, stattdessen nehme ich Palatschinken mit Fleischfüllung. Und Schaf-Gulasch mit Kartoffeln. Mundet usinnig gut.

19. September 2012

Ungarn: Sommerfrische in den Bergen

Die Felder entlang der Donau sind dürr und sonnenverbrannt. Alles ist knusprig braun. Selbst die Sonnenblumen lassen ihre Köpfe hangen. Es war wohl ein regenarmer Sommer.

Wir setzen uns da und dort ans Donauufer und schauen dem sirupigen Wasser zu. Gegenüber thront die Burg Visegrád auf einem bewaldeten Hügel. Auf dem Fluss ist nichts los, nicht einmal Geflügel oder Fischer sind zu sehen.

Zum Glück führt unser Weg in die Mátra-Berge. Die sind zwar nicht besonders hoch, aber dicht bewaldet und herrlich frisch.

Ich erwerbe zwei Flaschen Mineralwasser der Marke „Gyógyvíz“. Ein Schluck davon und der Durst ist wie weggeflogen! Lasst es euch eine Warnung sein: Auch Wasser kann unbeschreiblich schmecken. Übel! Ich befürchte den Verlust meiner Tsssunge...

Wir übernachten in einem Buchenwald irgendwo in den Bergen. Es ist ganz malerisch und ruhig. Bloss in regelmässigen Abständen von einem jaulenden Töff unterbrochen, der auf der Bergstrasse an seiner Bestzeit feilt. Die Dämmerung lässt ihn dann verstummen.

Heute habe ich einen grossen Schrottplatz voller absonderlichen Fahrzeugen gesehen. Und weder angehalten, noch Fotos davon gemacht. Ich bin auf dem Weg der Besserung.

18. September 2012

Ungarn: zu andern Ufern

Gleich hinter dem Neusiedlersee liegt schon Ungarn. Es ist flach und die Sonne brennt vom bleichen Himmel. Wir fahren an die Donau und liegen im Schatten der Bäume. Das Wasser sieht aus wie Karamellcreme und fliesst bleiern ostwärts.

Wir kaufen Reiseproviant ein. Und einen aufgerollten und geräucherten Käse. Der Rollkäse schmeckt gut.

Die Brotlaibe mit den direkt aufgeklebten Etiketten erinnern mich an meine ersten Ungarnreisen in den frühen 1980-er Jahren.

Gegen Abend kommen wir nach Esztergom. Die Stadt war früher einmal die Hauptstadt Ungarns, heute aber bloss mehr Provinz. Aber deswegen sind wir auch nicht hergekommen.

Wir wollen unbedingt auf die Basilika hinauf steigen. Bis hinauf zur Kuppel sind es genau vierhundert Treppenstufen. Es geht auf steilen und engen Wendeltreppen höher und höher. Etwa achtzig Meter über dem Kirchenraum schlüpfen wir durch eine schmale Luke nach draussen

Der Ausblick von hier oben ist überwältigend. Tief unten sieht man die Donau und hinüber in die Slowakei. Wir übernachten direkt an der Donau. Nebenan steht ein Gasthaus namens „Star Club“ mit auffallend vielen roten Lampen. Es sei ein Dancing steht angeschrieben - und ist geschlossen.

17. September 2012

Wien von oben herab

Wien: Es war eine schwüle Nacht. Im Badesee nebenan haben die Kröten seltsame Geräusche gemacht. Heute ist der Frau G. ihr erster Tag in Wien, also machen wir Stadtbesichtigung. Zuerst steigen wir auf den Nordturm des Stephansdoms. Das ist der unvollendete, aber von ihm sieht man wunderbar den „richtigen“ Turm. Und ganz weit unten die Fiaker, die auf die Touristen lauern.

Das Café „Hawelka“ ist ein Muss bei jedem Wienbesuch. Es ist eigentlich gar nichts Besonderes, aber eines der wenigen, die noch ausschauen wie früher. Dunkle Wände, ausgetretenes Parkett und Marmortische. Einfach schön. Aber man muss früh am Morgen kommen, bevor die asiatischen Reisegruppen einfallen.

Für mich ist die Karlskirche die interessanteste in Wien. Was sie überdies besonders macht, sind die derzeitigen Renovationsarbeiten. Denn man kann auf das Gerüst steigen und die Kuppel von Nahem sehen. Ganz oben ist man siebzig Meter über dem Kirchenraum. Die Besucher da unten sehen aus wie verstreute Krümmel.

Wer zum ersten Mal in Wien ist, sollte zum Schloss Schönbrunn fahren und dort zur „Gloriette“ hinaufsteigen. Von hier oben sieht man am Ende der gigantischen Parkanlagen das Schloss. Und im Hintergrund Wien und die Hügel im Norden.

Die Gloriette wurde als Siegerdenkmal für eine gewonnene Schlacht gebaut. Im einzigen Innenraum nahmen die königlichen Herrschaften gerne das Frühstück ein. Wir trinken bloss ein Wasser.

Am Abend fahren wir zum Übernachten wieder zu unserem Badesee in Leopoldsau hinaus. Müde und weich geschwitzt liegen wir noch ein wenig im Schatten der Bäume.