26. Juli 2019

Friesland: atemberaubend langweilig

10 Dokkum. Heute soll es nochmal heiss werden. Wir erledigen die Einkäufe und brummen dann gemütlich nach Wierum (n53.4017, e6.0137). Das Dorf liegt direkt am Deich. Der ist hier höher als die Häuser und wir sehen die Nordsee erst, als wir hinauf steigen. Es ist grad ablaufendes Wasser. Wir schauen zu, wie immer mehr und mehr Meeresboden zum Vorschein kommt. Schlamm bis zum Horizont.

Früher war Wierum ein Fischerdorf mit einem geschäftigen Hafen. Jetzt liegt es hinter dem Deich; sicher und trocken zwar, aber ohne Zugang zum Meer. Wir bleiben lange oben auf dem Deich sitzen und schauen aufs Meer hinaus. Die Vögel schnäbeln Würmer aus dem Schlick und da und dort hockt ein Schiff auf dem Trockenen. Sonst bewegt sich nichts. Atemberaubend langweilig.

Dann wird es uns zu warm und wir fahren weiter. Immer so gut es geht dem Deich entlang. Unterwegs kreuzen wir noch einen Festumzug. Bunte und lärmige „Fasnachtswagen“ mit tanzenden Leuten drauf. Heute sei in der Nähe ein Dorffest, erzählt uns einer.

Bei Lauwersoog überqueren wir das grosse Sperrwerk. Damit trennt man seit den frühen 1960-er Jahren das Lauwersmeer vom der Nordsee ab. Hier hat es viele Ausflügler; zu viele für uns, also fahren wir weiter. Immer auf den kleinen Nebenstrassen mitten durch die Landschaft und die Landwirtschaft.
In Hornhuizen entdecken wir hinter der Kirche einen schattigen Rastplatz. Die Kühle und das Dämmerlicht unter den Baumkronen tun gut. Draussen ist wieder eine unangenehme Gluthitze.

Eigentlich wollten wir heute noch etwas weiter fahren. Aber beim Vorbeifahren sehen wir in Pieterburen einen netten Übernachtungsplatz und bleiben gleich da. Um sechs Uhr abends ist es immer noch über 30° warm. Ab und zu bringt ein Windstoss etwas Abkühlung. Es ist herrlich schön hier.

25. Juli 2019

Friesland: flach und lieblich

9 Sloten ist unglaublich schön anzuschauen. Deshalb bleiben wir bis am Nachmittag hier. Das Wetter ist perfekt und wir sitzen im Strassenkaffee und geniessen unsere Expedition.
Irgendwann treibt es uns dann doch weiter. Unterwegs machen wir in Aldeboarn halt. Ein hübsches Dorf irgendwo auf dem flachen Land. Drei Drehbrücken und eine Kirche mit einem schiefen Turm, sonst gibt es hier nur wenige Sehenswürdigkeiten. Schläferig schön hier.

In der Nähe von Feanwâlden besuchen wir gschwind den neuen Aussichtsturm (n53.2490, e6.0075). Von aussen sieht er recht simpel aus, doch im Innern verbirgt sich eine raffinierte Konstruktion. Und wenn er noch etwas höher wäre, könnte man von oben sogar über die Bäume ins weite Land hinaus sehen. Eigentlich schade.

Unser heutiges Ziel ist Dokkum. Die Stadt liegt in einer ehemaligen Festung. Wassergräben und hohe Dämme schützen damals vor Angriffen. Innerhalb der Wälle ist es wieder so ein herziges Schmuckstück. Alte Häuser mit verspielten Giebeln und lauschige Gaststätten unter den grossen Laubbäumen am Kanal. Und so...

Zum Getränk bestellen wir heute „Bitterballen“. Das sind frittierte Kugeln aus einer unbeschreiblichen Kartoffel-Fleischmasse. Aussenherum knusprig und innen ganz weich und schmierig – toll.

Auch hier hat es kaum ausländische Touristen; und Wohnmobile überhaupt keine. Aber die Kanäle sind voller Boote. Von kleinen Ruderboote bis zu mächtigen Zweimastern ist alles unterwegs was schwimmen kann. Und weil viele Brücken dafür zu niedrig sind, werden die jedesmal aufgeklappt.
Selbst auf den Autobahnen gibt es Klappbrücken. Dann staut sich der Verkehr vier- und sechsspurig, während ein kleines Segelboot vorbei juckelt - und keiner regt sich auf. Erstaunlich.
Wir übernachten auf einem Parkplatz im Stadtzentrum. Praktisch, denn von unserem zuhause sind es nur wenige Schritte bis zur nächsten Gaststätte, wo wir den lauen Sommerabend geniessen.

24. Juli 2019

in Friesland angekommen

8 Medemblik. Welch ein Unterschied; vor zwei Tagen sotten wir noch in der Gluthitze, jetzt ist es saukalt und es nieselt. Wir fahren über den Abschlussdeich. Der Damm trennt seit den 1930-er Jahren die Zuidersee – das heutige Ijssel- und Markermeer - von der Nordsee. Damit schützt man seither nicht nur Millionen Niederländer vor den Sturmfluten, sondern gewann damit auch riesige Landflächen.
Es ist grad Ebbe, deshalb ist die Nordsee nur etwa einem Meter höher als das Ijsselmeer. An den Schleusen ist viel Betrieb und bei jeder Schiffsdurchfahrt müssen auch die Klappbrücken geöffnet werden. Für uns Bergler ist das ein faszinierendes Schauspiel.

Ennet dem Deich besuchen wir als erstes Harlingen (n53.1753, e5.4139). Die Stadt hat zwei alte Häfen mit tollen Häusern. Leider nieselregnet es immer noch, so ist leider alles grau in grau. Wir schlendern trotzdem durch die Gassen und lassen unsere Augen weiden.

Im nahen Bolsward ist heute Markt. Die ganze Innenstadt ist voller Marktstände und Kaufbuden. Und ich bekomme ein Broodje Rookworst - eine fleischige Wurst mit einem schönen Raucharoma.

Aber eigentlich sind wir wegen der Broerekerk (n53.0620, e5.5255) da. Die alte gotische Kirche ist vor einigen Jahren abgebrannt. Jetzt hat man die Brandruine mit einem Glasdach versehen und nutzt die Kirche als Gemeindesaal. Ein spannendes Bauwerk.

Später zieht es uns weiter nach Makkum (n53.0555, e5.4025). Das Städtchen ist ganz herzig und im Hafen liegen noch einige richtige Fischkutter, nicht nur Freizeitboote.

Die friesische Landschaft ist einfältig und faszinierend - flache Weiden, schwarzweisse Kühe und gigantische Windräder. Gegen Abend fahren wir noch nach Sloten (n52.8948, e5.6453). Sloten sei mit weniger als 800 Einwohnern die kleinste Stadt der Niederlande. Das Städtchen ist beschaulich und zauberhaft. Eine Gracht, uralte Häuser, eine stämmige Kirche und eine strohgedeckte Windmühle. Und: Jetzt scheint endlich auch wieder die Sonne.
Wir übernachten am Hafen. Wie es sich später herausstellt, ist das auch der offizielle Wohnmobil-Stellplatz. Nett und ruhig.

23. Juli 2019

Friesland: wir fahren über ein Meer, das keines ist

7 Elburg. Wie versprochen ist es heute gut 10 Grad kühler als gestern. Und grau und diesig. Gegen Mittag verlassen wir Peti, Lucy und Elborg und fahren übers Flevoland nach Lelystad. An der Schleuse besuchen wir die gigantische Skulptur „Exposure“. Ein Mann aus Gitterstahl  hockt auf der Mole (n52.5219, e5.4252) und schaut übers Meer.

Von weitem wirkt die Figur sehr natürlich. Aber je näher wir kommen, desto mehr löst sie sich auf und ist am Ende nur noch ein Gewirr aus Stahlprofilen.
Ganz weit hinten am Horizont kann man grad noch Amsterdam erahnen.
Wir fahren zur Schleuse ganz in der Nähe und schauen den Schiffen zu. Sie fahren direkt an unserem Esstisch vorbei. Bei den Segelschiffen muss zudem jedesmal auch die mächtige Klappbrücke geöffnet werden. Ein interessantes Schauspiel.

Der Markerwaard-Deich ist etwa 27 Kilometer und trennt das Markermeer und das Ijsselmeer. Beide "Meere" sind eigentlich Seen und liegen tiefer als der Meeresspiegel. Das Wasser wird in die Nordsee gepumpt und Flevoland so trockengelegt.
Auf halber Strecke gibt es einen Rastplatz (n52.6365, e5.4156). Hier flitzen zahlreiche Kite-Surfer übers Wasser. Der Wind ist ziemlich böig und manche schiessen deshalb mit grossen Sprüngen über die Wellen.
Ganz in der Nähe können wir zuschauen wie neues Land gemacht wird. Bagger bauen einen langen Damm und schütten Sand auf. Später wird das Wasser abgepumpt und aus dem heutigen Seeboden werden Wiesen.

In Medemblik kommen wir am alten Pumpwerk und heutigen Dampfmaschinenmuseum "Nederlands Stoommachinemuseum" vorbei. Ein prächtiger Backstein-Palast mit riesigen Dampfmaschinen darin. Und noch schöner – gleich hinter dem Pumpwerk stehen und liegen unzählige alte Maschinen und Motoren herum. Lokomobile, uralte Dampfmaschinen, ein Dampf-Schwimmbagger und ein hübscher Dampfkran.

Wir übernachten heute beim Regatta Center (n52.7693, e5.1169). Der Platz ist nur durchschnittlich schön, aber „unser“ Platz am Hafen war leider schon besetzt...

22. Juli 2019

Friesland: auf der Tropeninsel

6 Elburg. Wir haben im Hafen übernachtet. Es war eine schwülwarme Nacht, aber jetzt weht ein angenehmer Wind. Doch auch für heute ist wieder ein heisser Tag angesagt. Deshalb fahren wir mit dem Boot von Peti und Lucy auf eine kleine Insel im Randmeer. Ursprünglich lag die Insel (n52.4866, e5.8451) in der Nordsee, seit der Landgewinnung vor fünfzig Jahren nun aber weit im Innenland. Nur noch einige alte Muschelschalen erinnern ans damalige Meer. Das Süsswasser hat längst das Saltwasser verdrängt.

Im Schatten der Bäume ist es herrlich mild. Frau G. und ich haben aus Baarle verschiedene belgische Biere mitgebracht, die wir nun der Reihe nach durchprobieren. Eines schmeckt wunderbar, andere sind süss wie Sirup oder haben einen widerlichen Nachgeschmack. Und alle haben einen recht hohen Alkoholgehalt. Bekanntlich vertrage ich ja keinen Alkohol und mir ist deshalb schon bald flausig und blöd im Kopf.

Gegen Abend booten wir zurück nach Elborg. Es ist drückend heiss und der Schweiss rinnt mir aus dem Leib. Muger im eigenen Saft - sozusagen.
Wir schlendern ins winzig kleine Stadtzentrum und geniessen die widmen uns der einheimischen Gastronomie. Die "Holländer" sind herzliche Leute - uns gefällt es hier.

Gegenüber von uns hat ein nettes Schiff festgemacht; die „Piet Hein“. Die Jacht war damals das Hochzeitsgeschenk des niederländischen Volkes an Prinzessin Juliane und Prinz Bernhard.

Wir sitzen lange auf „unserem“ Wohnboot und freuen uns über jedes laue Lüftchen. Die kommen aber nur spärlich und kühlen tun sie auch nicht.
Als wir später in unserem Möbelwagen liegen ist es immer noch brütend heiss. Es fühlt sich an wie Niedertemperaturgaren.