12. Juni 2012

Baltikum: wir hätten einen Elch gesehen…

Die Landschaft in Estland ist nicht viel anders, als die vorherige. Viel Wald und wenige Dörfer. Und grandiose Wolken am Himmel. In diesen einsamen Wäldern soll man Elche sehen können. Wir haben geschaut; und wären welche da gewesen, wir hätten wir Elche gesehen.

Vor der Markthalle von Tartu steht stattdessen ein Schwein. Das Bronzeschwein soll uns an all die schmackhaften Sachen erinnern, die Schweine uns hergeben.

Etwas südlich von Tartu befindet sich das Estländische Flugzeugmuseum. Es zeigt viele Flugzeuge aus den Zeiten des Kalten Krieges. Die meisten sogar im Originalzustand und nicht aufgehübscht und neu angemalt, wie so oft. Sogar eine Mirage aus der Schweiz ist da.

Tartu ist eine grosse Stadt, und ganz gemütlich. Wir haben uns etwas Architektur angeguckt. Zum Beispiel das schräge Haus am Fluss. Es erste von sechs geplanten Wohnhäusern in einem neuen Quartier.
Den „Schneckenturm“ (Tigutorn), über 80 Meter hoch und so etwas wie das neue Wahrzeichen der Stadt. Dann den „Flachmann“, ein flaschenförmiges und chromglänzendes Bürohaus beim Busbahnhof.

In der Altstadt steht ein weiteres schiefes Haus, ein klassizistisches. Sein Fundament ist schon während der Bauzeit einseitig abgesunken und so steht es nun völlig schief zwischen den Nachbarhäusern.

Auf dem Domberg stehen die Ruinen eines Domes aus dem 13. Jahrhundert. Mächtige Pfeiler und Bögen aus Backstein ragen in den Himmel. Keine Fenster und kein Dach und trotzdem bezaubernd schön.

Heute war ich wegen meines platten Reifens beim Pneuflicker. Reifen von der Felge, kontrollieren, Ventil ersetzen und alles wieder montieren – € 6.65. Ich hoffe nun, dass er jetzt wieder dicht ist.

Das Wetter ist jetzt wieder weniger nass, aber es ist immer noch kühl. Heute habe ich sogar eine Biene mit Pelzmantel gesehen.

11. Juni 2012

Baltikum: unknuspriges Wetter und Schnitzel

Sigulda. Gegen Mittag fahren wir los. Kiesstrassen und wunderbare Landschaften. Ab und zu ein bescheidenes Gehöft, sonst nichts. Wechselhaftes Wetter; von Sonnenschein über Regen bis Graupelschauer ist alles dabei.

Lettisch ist für uns eine ungewohnte Sprache. Wir verstehen gar nichts, und ich kann bloss ein einziges lettisches Wort: „karbonade“ – Schnitzel. Ich habe es mir mühsam beigebracht und heute will ich meine neuen Fremdsprachenkenntnisse anwenden. Und zwar in Cėsis, einem kleinen Städtchen etwas im Abseits.

In der Gaststätte sage ich stolz „karbonade“. Das Froilein nickt zufrieden - und bringt etwas später ein Etwas. Müdes Tiefkühlgemüse mit zwei schwarzbraunen Dingern obendrauf. Keine knusprig, kein mmhm - KEIN Schnitzel! Die Konsistenz erinnertes mich an meine gestrigen nassen Schuhe. Und der Geschmack ist auch vergleichbar.

Nach dem „Essen“ schauen wir uns noch ein wenig in Cėsis um. Es ist ein wenig hübsch und hat eine Burgruine und einen Ententeich im Park. Dann beginnt es wieder zu regnen; und wir fahren weiter.

In Strenči finden wir am Fluss einen guten Übernachtungsplatz. Die Sonne scheint und es ist herrlich hier. Für Stechmücken und die Landjugend scheint es zu kühl zu sein. So haben wir unsern Platz für uns ganz alleine.

10. Juni 2012

Baltikum: flache Berge mit einer Seilbahn

Nach einer verregneten Nacht zeigt sich der Morgen recht sonnig. Doch schon bald drängeln sich wieder schwarzgraue Wolken am Himmel.

Sigulda ist weitherum als Ferienort berühmt. Hier gibt es eine richtige Bobbahn und ein lebloses Riesenrad. Und, obwohl weit und breit kein Berg ist, eine Seilbahn. Sie führt über eine Schlucht und ist mehr als ein Kilometer lang. Drüben sind ein Schloss, eine Ruine und einige Höhlen zu besichtigen. Dazu eine „Quelle der Weisheit“. Auf der Überfahrt ist einer dabei, der sollte dort unbedingt mal vorbei schauen.
Das Schloss ist keines, sondern ein angejahrtes Ferienheim. Und dann beginnt es wieder zu seichen und wir seilbahnen zurück.

Kaum drüben angekommen, scheint wieder die Sonne, als ob nichts gewesen wäre. Alle halbe Stunde Wetterwechsel - na gut.

Auf einem Parkplatz sehe ich ein Weltreise-Fahrzeug. Silvia und Christof (www.mankei-travel.com/), sie sind damit auf Weltreise. Während meines Besuches bei ihnen, beginnt es erneut heftig zu regnen. Wohlerzogen wie ich nun mal bin, habe ich meine Schuhe draussen vor der Tür stehen lassen. Jetzt fühlen sie sich an wie eine Hundezunge.

Am Abend bemerke ich, dass ein Hinterrad immer mehr Luft verliert. Ich rufe die Pannenhilfe in Genf an - mal schauen ob das klappt? Nach knapp einer Stunde kommt tatsächlich ein lettischer Pannenhelfer und wechselt mein Rad. Ich hätte nie gedacht, dass mein Schutzbrief mal für etwas gut sein könnte. Ist er aber doch.

9. Juni 2012

Baltikum: Pfützen hüpfen in Lettland...

Das barocke Schloss Pilsrundāle liegt bereits in Lettland und soll überaus prächtig ausgestattet sein. Und die Sonne scheint – noch. Deswegen will Frau G. den Palast besuchen. In der Tat, das Anwesen ist beachtlich! Allein die Gartenanlagen sind einen Besuch wert.

Während Frau G. ohne mich durch die prunkvollen Räume schlendert, erledige ich Hausarbeiten. Ich sitze am Compi und esse Kekse. Nach zwei Stunden kommt sie freudenstrahlend zurück. Es sei schön gewesen.

Nicht weit vom Schloss liegt das Städtchen Bauska. Besonders schön ist es hier nicht. Eine Burgruine und viele banale Wohnhäuser, ein grosser Kreisel und einige Einkaufszentren. Mehr nicht. Halt – doch, es gibt noch etwas Sehenswertes. Unter einer Eiche liegt ein müllcontainergrosser Stein. Darauf sollen einst „Zar Peter I.“ und „König August der Starke“ gepicknickt haben. Wir sind überwältigt!

Am Stadtrand von Bauska befindet sich das „Motor-Muzeum“, eine Sammlung historischer Autos und Maschinen. An der Kasse sage ich wie gewohnt „grüezi“. Die Kassenfrau auch - sie spricht Schweizer Mundart!

Die Ausstellung ist ganz gut. Es sind einige seltene sowjetische Fahrzeuge zu sehen. Und ein einziges in Lettland gebautes Auto; eines aus Plastik.
Zudem gibt es hier einen interaktiven Führer. Immer wenn ich über die Absperrkette klettere, kommt er näher und schaut mich skeptisch an. Uns hat es gut gefallen.

Es beginnt wieder zu regnen. Wir fahren noch bis nach Lielvārde um am See zu übernachten. Wir kommen flott voran, denn es hat fast kein Verkehr. Allerdings auch fast kein Asphalt...

Die Landschaft hier ist nicht viel anders als drüben in Litauen.

8. Juni 2012

Baltikum: Berg voll Kreuze

So modern die litauischen Städte auch sind, die Dörfer auf dem Land sind es nicht. Viele kleine Felder, viel Brachland, ganz viel Nichts.

Das Bild vom Gaul hab ich extra für Piri (ZIL131) gemacht...

In einem abgelegenen Waldstück besuchen wir eine einst streng geheime Anlage. Eine sowjetische Atomraketenbasis aus dem Kalten Krieg. Von oben ist nicht viel zu sehen, vier grosse Kuppeln und einige Stahldeckel. Das wichtige liegt tief unter der Erde. Vier Raketensilo und die dazugehörigen umfangreichen Technik- und Kommandobunker. Viel Beton, dicke Stahltüren und lange Gänge.

Die Anlage Plokštine (56.0322, 21.9063) wurde 1962 in Betrieb genommen. Während den 25 Betriebsjahren wurde nicht eine einzige Rakete gestartet. Die hätten im Ernstfall bis nach Spanien fliegen können.
Und seither stehen die Bunker nun nutzlos hier im Wald herum.
Ich habe mir den Kopf angeschlagen und habe nun eine Beule. Jetzt bin ich entstellt!

Etwas weiter im Zentrum des Landes besuchen wir den „Berg der Kreuze“ (56.0153, 23.4155). Die Gläubigen haben hier zehntausende von Kreuzen aufgestellt. Und jeden Tag kommen neue dazu. Wir sind wirklich beeindruckt.

Morgen werden wir voraussichtlich nach Lettland fahren. Wir verprassen unser letztes Geld in einem Supermarkt. Wir kaufen wurstförmigen Käse und Käsewurst. Und ich für mich eine Enten-Veloklingel.

Wir übernachten an einem kleinen See. Es regnet wieder. Es ist gemütlich.

7. Juni 2012

Baltikum: da wo das Wasser an Land kriecht

Klaipeda. Am Morgen traue ich meinen Augen kaum; die Sonne scheint! Hat das Mäuschen von gestern meinen Wunsch doch tatsächlich erfüllt. Hätte ich geahnt, dass die Maus so gut funktioniert; ich wäre jetzt schön, reich und klug…

Eine Fähre fährt uns hinüber zur langen Insel; den kurischen Nehrungen. Die Fahrt übers Meer verläuft recht unspektakulär und dauert auch bloss etwas mehr als fünf Minuten.

Die Insel ist lang und der Sandstrand auch; gut 100 Kilometer. Davon die Hälfte in Russland drüben. Die Ostsee wellt pausenlos an Land. Ausser uns sind nur noch ein Fischer und seine Frau da. Sonst niemand. Inzwischen weiss ich auch warum; der eiskalte Wind. So kalt, dass sogar die Robben ins Polarmeer ausgeflogen sind.

Und was ich gestern über Klaipėda gesagt habe, nehme ich sofort zurück und bin fortan gegenteiliger Meinung. Die Stadt ist ganz nett. Und auch etwas hübschlich.

Wir fahren dennoch weiter. Nach Palanga, einem alten Seebad und Ferienort. Eine lange Fussgängerzone mit zahllosen Fressständen und Souvenirkiosken. Und einem Holzsteg, der einen halben Kilometer ins Meer hinaus ragt.

Und da sind auch wieder die Fischer mit ihren Ruten. Einer fängt einen spitzen Fisch. Und ich weiss sofort, weshalb der Fisch so zufrieden lächelt? Der ist froh aus dem kalten Wasser raus zu sein.

Wir nächtigen direkt am einsamen Meer. Wir suchen am Strand nach Bernstein. Ich finde gar nichts und Frau G. ein Fossil. Der Sonnenuntergang ist nach zehn Uhr abends und ganz orangerot. Und der Himmel ist lila.