27. Mai 2012

Baltikum: Dresden grüsst seine Gäste

Dresden. Nach dem gemeinsamen Frühstück müssen Jürgen und Michel los. Die beiden wollen nach Taschkent in  Usbekistan; und bis dahin sind ja noch einige Kilometer zu fahren. Gute Reise und viel Glück.

Ich mache mich auch auf den Weg um Dresden anzuschauen. Ich schlendere die Elbe entlang ins Stadtzentrum. Mein erster Besuch gilt der Touristen-Info, ich brauche einen Stadtplan. Bloss ich finde sie nicht. Also beschliesse ich ohne Stadtplan weiter zu marschieren. Ich schaue mir natürlich die Frauenkirche, neue Synagoge, die „Zitronenpresse“ und vieles mehr an.

Weiter geht’s zum „Grossen Garten“, dem riesigen Stadtpark. Da ist das Hygienemuseum und irgendwo auch das Verkehrsmuseum. Und da will ich ja unbedingt hin. Nach einigen weiteren Kilometer Fussmarsch komme ich zufällig einem Stadtplan vorbei. Und siehe da, das Verkehrsmuseum ist gar nicht im Stadtpark! Es ist unmittelbar neben der Frauenkirche. Ja dann – zurück latschen.

Und tatsächlich; einige Kilometer später steht das Verkehrsmuseum vor mir. Und es feiert gerade sein 60-Jahre Jubiläum, deshalb kostet der Eintritt bloss 60 Cent. Und dafür gibt es viele müde Autos und Eisenbahnen, und aufgehängte Flugzeuge zu bestaunen. Das Museum ist etwas altmodisch, sowas gefällt mir.

Auf dem Rückweg werfe ich noch einen Blick in den Bahnhof mit dem neuen Folien-Dach.

Vollständigkeitshalber erwerbe ich eine Grillwurst. Es geht mir dabei natürlich ausschliesslich um Feldforschung, keinesfalls um die Fresserei. Die Wurst ist gut, das Brötchen winzig und der Senf aus Bautzen.

26. Mai 2012

Baltikum: Proletarier vereinigt euch

Chemnitz ist recht gross und hiess früher mal Karl-Marx-Stadt. Ich fahre durch die etwas einfältigen Vorstadtquartiere in Richtung Zentrum. Auf einmal piepst das Navi und behauptet, ich sei am Ziel angekommen! Sieht zwar nicht danach aus, aber es wird wohl schon so sein...
Von der anderen Strassenseite guckt der Karl Marx übellaunig zu mir herüber.

Der Bronze-Kopf vom Marx ist gigantisch gross und irgendwie unnütz. Auf der Fassade dahinter steht vielsprachig geschrieben: «Proletarier aller Länder vereinigt euch». Aber der Marx schaut weg, vermutlich seinen westflüchtenden Proletariern hinterher.

Chemnitz hat nur wenig historische Altstadt, der Krieg und der Sozialismus haben gründlich gewütet. Spröde DDR-Bauten, seit der Wende aufgehübscht und neu gestrichen. Eine Grillwurst stimmt mich dann milde. Nun finde ich Chemnitz doch ganz schön.

Am späteren Nachmittag erreiche ich Dresden. Ich fahre direkt an die Elbe, denn ich werde vom Jürgen (Zurken) und Michel erwartet. Wir hocken im Schatten der Bäume und plaudern. Übers reisen und bloggen und so. Ein schöner Abend.

Aus der Ferne leuchtet die Altstadt von Dresden herüber.

25. Mai 2012

Baltikum: Automobile in Zwickau

Zwickau gefällt mir. Eine Altstadt mit schönen Plätzen und prächtigen Häusern. Herausgeputzt und frisch gestrichen wie fürs Fernsehen. Irgendwie vermisse ich aber ein wenig den alten DDR-Charme. Aber es ist urgemütlich hier; und die Leute sind wirklich nett.

Das Trabi-Denkmal; nicht gross und nicht besonders schön - aber das einzige weltweit.

Zwickau ist und war schon immer eine Autostadt. Hier werden seit mehr als hundert Jahren Automobile gebaut. Und natürlich gibt es auch Automuseen. Das Trabi-Museum hat heute leider zu, also marschiere ich ans andre Ende der Stadt zum August-Horch-Museum.

Hier auf dem alten AUDI-Fabrikgelände ist eine grosse Autosammlung untergebracht. Horch, Autounion, Wanderer, Trabant, DKW und viele mehr. Bunt und grossartig.

Auf dem Hauptplatz ist heute eine spezielle Veranstaltung; "StadtLesen". Es wurden Bücherregale Hängematten und Sitzsäcke aufgebaut und jeder kann sich ein Buch greifen und darin lesen. Ich finde auch ein Buch, das ich gerne lesen täte. Aber nicht jetzt, später. Also leihe ich mir das Buch längerfristig aus. Und da es weder moralisch noch strafrechtlich einen Unterschied macht, nehme ich gleich noch ein zweites mit. Ausländerkriminalität mal von der anderen Seite betrachtet.

Heute ist Männertag. Junge Männer ziehen in Horden durch die Stadt und sind sehr fröhlich und durstig. Ich werde zum Mittrinken genötigt. Es gibt "leckeren Kirschliköör".

Am Abend schlendere ich nochmal über den Marktplatz. Zwischen den Büchern steht ein Mann und verkauft sein eigenes Buch. Den Kerl kenne ich doch aus dem Fernsehen? Ich kaufe ein Buch und lasse es präventiv schon mal signieren. Erst jetzt merke ich, dass ich direkt neben der Bühne stehe und mich das Publikum deshalb so anglotzt! Als er mit meiner Signierung fertig ist, nimmt er das Mikrofon und beginnt mit seiner Lesung...
Zuhause lese ich dann in seinem Buch, dass er einer aus der Lindenstrasse ist - Bill Mockridge…

24. Mai 2012

Baltikum: begrenztes Deutschland

Wenn einer wie ich in den Osten Deutschlands reist, denkt der unweigerlich an die DDR. Auch wenn die seit mehr als zwanzig Jahren Geschichte ist, fasziniert sie mich immer noch. Die Grenze; der Eiserne Vorhang, der gestrenge Staatsapparat.

Das Deutsch-Deutsche Museum in Mödlareuth zeigt, wie sich die Grenze auf ihr Dorf auswirkte. Mödlareuth wurde buchstäblich entzwei geschnitten. Die Grenzmauer führte mitten durch das kleine Dorf, dem Dorfbach entlang. Bauernhöfe wurden geteilt, ja sogar Familien. Und das für fünfzig lange Jahre.

Heute sind noch einige Reste der Grenzbefestigung erhalten. Eine Betonmauer wie in Berlin, viel Stacheldraht und ein Wachturm.

Im Museum kann man ganz eindrückliche Fotos und Filme aus dem getrennten Mödlareuth anschauen. Dazu jede Menge altes Militärgerät der beteiligten Armeen und Behörden.

Aber wirklich beeindruckend ist die Geschichte des Dorfes und der fünfzig Einwohner hier.

Die Gegend zwischen Bayern und Sachsen ist lieblich. Wenn auch mancherorts recht einfach gestaltet. Wälder, Rapsfelder, Windräder. Wieviel Strom man sparen könnte, wenn man diese Ventilatoren abstellen täte! Und vielleicht wäre es dann auch etwas weniger stürmisch.

Die Göltzschtalbrücke ist eine Eisenbahnbrücke, und die grösste aus Backsteinen. Seit 1850 in Betrieb. Einen halben Kilometer lang und fast achtzig Meter hoch.
Diesen Abend übernachte ich in Zwickau. Ganz stimmungsvoll, unmittelbar neben Altstadt unter mächtigen Linden. Die Pfützen sind schuhtief und im Geäst hocken Vögel. Schon bald habe ich ein Tupfenmuster auf mein Dachfenster. Sieht aus wie die Sternbilder am Nachthimmel.

23. Mai 2012

Baltikum: blühende Landschaften in Bayern

Das Altmühltal wurde in den 1980-er Jahren berühmt wegen dem neuen Rhein-Main-Donau-Kanal. Damals befürchtete man die Zerstörung dieses wunderschönen Landstrichs. Heute sind die Wunden verwachsen und das Altmühltal beliebter denn je.
In Essing schaue ich mir eine Holzbrücke an. Fast zweihundert Meter ist sie lang und ein erstaunliches Bauwerk. Eigentlich wollte ich heute noch etwas die Gegend erkunden. Aber das Wetter ist dermassen trüb, dass ich weiter ziehe. Immer nordwärts.

Bisher dachte ich immer der "Mittelpunkt der Welt" sei bei mir zuhause. In Hohenbuch (Stadt Kirchenlamitz, Kreis Wunsiedel im Fichtelgebirge) steht aber ein Stein, der den Mittelpunkt eindeutig hier platziert.
Am Teich nebenan lehnt ein alter Mann am Zaun. Ich stelle mich dazu und frage nach dem Befinden und den Fischen. Ihm gehe es gut und seinen Karpfen auch. Das Wetter sei halt übel, und so. Er hat kaum noch Zähne im Mund und spricht wohl auch sonst irgendwie eigenartig. Ich verstehe bloss die Hälfte. Der Mittelpunktstein sei von einem Flüchtling, einem Preussen, hier hin gestellt worden. Dies weil er brumbel..brabl…laber… hat. Und der Krieg nabbel…brimbl… und in Wald oben ein Bunker… Dann beginnt es zu regnen und ich muss weiter.

Was dachten die sich wohl dabei, als einer sagte: Nennen wir es doch Oberkotzau!

Stramme Wälder...

...und blühende Landschaften.

In Hof hat sich einer eine riesige Sammlung von Ortsschildern zugelegt. Ortsschilder aus aller Welt. Nebenan wirbt die «Imbissschlampe» für ihre Kochkunst. Da bekomme ich gleich Spontanhunger - und speise ein Hacksteak mit Zwiebeln und Brötchen. Es war die zwei Euro wert, kann ich weiterempfehlen.