24. November 2011

Ciao Italia

Bellaria. Ganz früh am Morgen fahre ich los. Die Autobahn ist noch menschenleer. Das Radio dudelt Schlager und der Kerl im Navi schweigt. Manchmal ist der aber sowas von rechthaberisch: «bittä wenden Sie! - bittä wenden Sie!». Jawohl; er siezt mich, obwohl wir schon seit vielen Jahren gemeinsam unterwegs sind!

Nach gut zweihundert Kilometern mache ich nochmal ein ausgiebiges Parkplatz-Nickerchen. Als ich wieder erwache, ist draussen Vormittag und Nebel. Weiter geht’s. Jetzt bin ich nicht mehr alleine auf der Autobahn. Ganz im Gegenteil; sie führen Italien auf, dreispurig. Eine nie endende Lastwagenschlange brummt nordwärts und wird andauernd von einer ebensolchen Autoschlange überholt. Und ganz links jagen Heimwehgetriebene durch den Nebel.

Irgendwann spricht der Kerl im Navi wieder mit mir: «fahrän Sie rechts Richtung A4!». Tu ich nicht. Ich fahre geradeaus weiter. «Neubärechnung - Neubärechnung» jammert er. Hab ich extra gemacht, geschieht dir ganz recht...

Gegen Abend bin ich zuhause - schön war's in Italien.

23. November 2011

Italien: ein Strand für mich

Als Abschluss meiner Solo-Tour fahre ich ans Meer; ist ja nicht weit nach Rimini. Die Strandpromenade ist wie ausgestorben und ausgesprochen hässlich. Als ob kürzlich die Pest gewütet habe.

Alle Strandkioske und Gartenrestaurants sind zu. Das Strandmobiliar ist zu grossen Haufen geschichtet und winterfest verschnürt. Zudem wurde ein Sandwall gegen die zu erwartenden Winterstürme aufgehäuft. Ich habe den ganzen Strand für mich alleine; will ihn aber gar nicht haben.


Zum Übernachten fahre ich noch einige Kilometer heimwärts. In Bellaria finde ich einen schönen Platz direkt am Hafen. Gelegentlich fährt brummend ein Fischerboot aufs Meer hinaus. Nebenan durchstöbert ein Zausel die Müllcontainer nach Brauchbarem. Offensichtlich hat er sich etwas Mut angetrunken.
Beim Sonnenuntergang spaziere ich auf die Mole und mache einige Fotos. Und etwas Unfug. Mich fröstelt.

22. November 2011

San Marino - was das?

Lucignano. Habe schnell geschlafen, drum bin ich um sechs schon wach. Eine heisse Dusche, mein Faserpelz und ein Kaffee bringen mich auf Betriebstemperatur. Beim Frühstück rätsle ich, ob der Gorgonzola aus dem Sonderangebot schmeckt oder eher stinkt? Wie auch immer, ich esse ihn.

Heute fahre ich auf die andere Seite der Berge. Ich will nach San Marino. In die Republik San Marino.

Der Staat besteht eigentlich bloss aus aus einer Felsklippe und etwas Umland. Mit 60km2 ist er deutlich kleiner als meine Wohngemeinde! Ganz oben auf dem Felssporn steht trotzig die mächtige Festung. Darunter krallen sich die Häuser der Hauptstadt an den Südhang. Viele Treppen und steile Gassen. Und einige grandiose Paläste und Kirchen. Schön hier.

Von meinem Parkplatz am Fuss des Hügels fahre ich mit der Seilbahn in die Hauptstadt hinauf. Und dann weiter bergauf bis zur Festung. Vom allerhöchsten Turm überblicke ich die ganze Republik. Und am Horizont täte man, wär es nicht so dunstig, das Meer sehen.
Ich bin heute zum ersten mal in diesem Land. Zur Feier speise ich auswärts; Bruschetta und Pizza Diavolo an der Wintersonne.

21. November 2011

Italien: es kommt doch nicht auf die Grösse an

Pisa. Die Nacht war frostig. Ich schabe den Reif von den Fenstern und fahre beizeiten los. Die Landschaft glänzt märchenhaft in der Morgensonne.

Einst wetteiferten die Adligen von San Gimignano drum, wer den Grössten hat - den grössten Wohnturm. So entstand nach und nach ein ganzes Heer von immer höheren Türmen; heute sind noch ein gutes Dutzend zu bestaunen. Aber auch das Städtchen drum herum ist schön, schön gemütlich.

Ich fahre auf welligen Nebenstrassen gegen Osten. Quer über Italien drüber. Die Landschaft ist augenschmeichelnd. Toskana, wie aus dem Bilderbuch: herbstbunte Weinberge, schlanke Zypressen und Hügel mit Gutshöfen obendrauf. Und über all dem der tintenblaue Himmel. Ich komme an einigen hübschen Städtchen vorbei. Jedes wäre es wert, länger als für ein Caffè zu bleiben. Aber ich will vorwärts machen.

Kurz vor dem Sonnenuntergang sehe ich ganz oben auf einem Hügel ein nettes Städtchen. Lucignano heisst es; hier will ich bleiben. Das winzige Städtchen ist von einer eiförmigen Stadtmauer umgeben und innerhalb dieser kuscheln sich die Häuser um die Kirche. Frau G. würde es hier auch gefallen.
Ich übernachte unter den Bäumen vor dem Stadttor. Mein Abendspaziergang wird mit einem Caffè und einem Wlan belohnt.

19. November 2011

Italien: dieser Turm ist schön schräg!

Brescello. Heute Morgen ist der Nebel so dick, dass ich beim gehen schon Schwimmbewegungen mache. Ich möchte gerne den Po sehen. Doch trotz gutem Willen meinerseits versteckt der sich im Nebel. Der Po ist für den Arsch!
Ja - dann fahre ich halt ans Meer. Hinter Parma äugt die Sonne müde durch den grauen Dunst. Und etwas später erstrahlt die ganze Landschaft in kunterbunten Farben und grellem Sonnenschein. Na also, geht doch.
Das Radio dudelt sirupige Popmusik und der Motor brummt genüsslich. Herrlich.

Beim Wegweiser „Carrara“ kommt mir in den Sinn, dass ich schon immer mal die weltberühmten Marmor-Steinbrüche anschauen wollte. Ich sehe sie schon aus der Ferne, ganz weit am Berg oben. Aber wie komme ich da hinauf?

Ich folge einfach mal einem dieser staubigen Marmor-Lastwagen. Es geht stotzig und kurvenreich bergan. Und tatsächlich, irgendwann stehe ich mitten in einem Steinbruch. Über mir türmen sich ganze Steilwände aus weissem Marmor. Und im Fels hoch über mir kleben Bagger und Kräne.

Ich besuche einen Bildhauer und schaue ihm beim kunsten zu.

Am Nachmittag kommt Pisa in Sicht. Jetzt kann mich nichts mehr zurückhalten; im Sauseschritt galoppiere ich zum "Campo dei Miracoli", den schiefen Turm gucken! Vorbei an ungefähr einer Milliarde Souvenirläden und ebensovielen Touristen. Und da steht er plötzlich vor mir: Der Dom und dahinter der schiefe Turm. Im weichen Novemberlicht sieht der Marmor aus wie Butter.

Neben dem schiefen Turm ist auch die Stadt einen Besuch wert. Schöne Gassen und Paläste. Und nach Sonnenuntergang kaum Touristen. Ich übernachte am Stadtrand auf einem öden Parkplatz.

In der Nacht kriecht der Mond übers Dachfenster. Es ist kalt und ich bin allein.