1. November 2016

Milano Centrale, grauslich schön

Der Mailänder Hauptbahnhof „Milano Centrale“ ist ein richtiger Eisenbahn-Tempel. Ein riesengrosser Kopfbahnhof mit 24 Geleisen. Ein imposanter Palast aus hellem Sandstein und voller patriotischem Schmuckwerk, himmelhohe Hallen und dicke Marmorsäulen. Von den Gesimsen äugen Löwen und Adler und bunte Mosaike künden vom Fortschritt.

Ursprünglich stand der Hauptbahnhof auf der heutigen Piazza della Repubblica. Als es da zu eng wurde, verlegte man ihn etwa 1 Kilometer weiter nach draussen. Geplant wurde er noch in der Pferdekutschenzeit, gebaut dann aber erst in den 1930-er Jähren. Deshalb war er auch schon von Anfang etwas altmodisch und veraltet.
Für den König gibt es einen Extra-Zugang und einen prunkvollen Wartesaal, den „Sale Reale“ im östlichen Seitenflügel. Doch der König nutzte den kaum, dafür hat der Duce Mussolini hier gerne seinen deutschen Freunde empfangen! Man legte dazu sogar extra einen schicken Hakenkreuz-Parkett.

Ganz in der Nähe ist die „Cappella di Stazione“, die Bahnhofskappelle. Nirgends sonst kann man im Bahnhof so ruhig und ungestört sitzen und sich ausruhen.
Da das Gelände um den Bahnhof herum etwas abschüssig ist, die Geleise aber unbedingt waagerecht sein müssen, befinden sie sich zuvorderst mehr als zehn Meter über der Strasse. Von der ehemaligen Kutschenhalle gelangt man über zwei prachtvolle Treppen in die eigentliche Bahnhofshalle hinauf. Und von da in die komplett verglasten Geleishallen mit ihren fünf Gusseisen-Bögen.

Im  Hohlraum unter den Geleisen befand sich früher eine richtiger Güterbahnhof. Er hatte aber keinen eigenen Gleisanschluss, die Güterwagen wurden stattdessen einfach mit einem grossen Lift in die Halle hinauf gehoben.
Und von hier wurden zwischen 1943 und 45 auch zahlreiche Mailänder in verschiedene deutsche und italienische Konzentrationslager abtransportiert. Seit einigen Jahren gibt es darum im Keller unten eine kleine Gedenkstätte.
Doch jedesmal wenn ich bisher da hinein wollte, war sie geschlossen! So auch heute.

31. Oktober 2016

Milano: Ungeheuer auf dem Dom

Bei Milano denkt jeder Tourist als erstes gleich an den Mailänder Dom. Und in der Tat, der „Duomo“ ist grandios. Uralt zwar, aber die Besucher kommen vor allem wegen seinem üppigen und nicht alten Äusseren.

Obenrum zeigen unzählige knubbelige Fialen-Türmchen gegen den Himmel. Und an der Fassade stehen fast viertausend Figuren. Heilige und Fratzen, Könige und Totschläger.
Die meisten menschlichen Figuren sind entweder nackt oder gewalttätig; und die meisten tierischen sind schrille Ungeheuer mit langen Zungen und/oder Schwänzen.

Wie alle wissen kann man auch aufs Dach des Domes. Da oben ist alles komplett aus weissem Marmor und erstaunlich üppig mit allerlei Zierrat geschmückt. Dazwischen vielerlei Tauben und Touristen. Leider versperren mir einige Baugerüste den Zugang zu besonders interessanten Figuren. Da muss ich wohl später noch einmal hin.
Der Mailänder Dom ist auch innen sehr sehenswert. Gleich beim Eingang geht die Skala einer Sonnenuhr quer durch den Raum. Es ist eine Meridianlinie, wo ein Lichtpunkt die genaue Mittagszeit und auch das präzise Datum anzeigt. Aber seit man daran herumgewerkelt hat, nun fehlerhaft und erst um halb zwei Uhr.

Wirklich beeindruckend sind die Glasfenster. Im Gegensatz zur heutigen Fassade stammen einige davon tatsächlich aus dem Hochmittelalter. Die knallbunten Glasscheiben zeigen weitere dreieinhalb Tausend Personen.

29. Oktober 2016

Milano: zankende Pfaffen und gehörnte Teufel

Die Basilika Sant’Ambrogio (n45.46223, e9.17539) ist schon weit über tausend Jahre alt. Wobei; die heutigen Bauten wurden erst im späten Mittelalter erbaut worden. Und auch danach gab es noch genügend Unheil und Krieg um die Anlage immer mal wieder zu erneuern oder umzubauen.

Ein Streit zwischen den hier wohnenden Mönchen und den Domherren um das Kirchenggeläut führte dazu, dass sich beide Gruppen je einen eigenen Kirchturm bauten. Der kleinere ist der ältere und gehört den Mönchen, der andere ist aus dem 12. Jahrhundert und hier läuten die Domherren.

Gleich links vom Eingang steht eine unscheinbare weisse Marmorsäule mit einer wunderbaren Legende. Im Schaft kann man zwei Löcher sehen. Die Abdrücke vom Gehörn des Teufels – öööhm – sagt man.

27. Oktober 2016

Milano: der kleine Silvio im gewöhnlichen Haus

Das gelbe Haus an der an der "Via Volturno 34" ist ein ganz unscheinbares an einer ganz unscheinbaren Strasse. Und genau hier kam 1936 ein kleiner Silvo zur Welt. Aus diesem kleinen Silvio wurde zuerst ein Schnulzensänger, später ein Medienunternehmer und Krimineller. Und heute ist Silvio Berlusconi der Chef einer rechtspopulistischen Partei und italienische Staatspräsident.

Auch heute ist ausser uns niemand da, um sich das Geburtshaus von Silvio Berlusconi anzuschauen.
Aber wer weiss, vielleicht hängt hier auch irgendwann ein italienischer Diktator an der Traufe? Und dann kommen bestimmt auch viel mehr Schaulustige her …

26. Oktober 2016

Milano: kein Schiff im Canale Grande

Bis ins letzte Jahrhundert gab es in Mailand zahlreiche Kanäle. Sie verbanden Milano mit dem Lago Maggiore und den Lago di Como und mit Venedig und der Adria. Seit dem Mittelalter wurden grosse Mengen von Waren mit Kanalschiffen nach Mailand transportiert. Zum Beispiel den weissen Marmor aus Mergozzo für die Kirchen und Paläste.
Die meisten Kanäle im Stadtgebiet sind längst zugeschüttet, aber ausserhalb sind viele noch gut erhalten und teilweise auch noch schiffbar.

Der alte Hafen „Darsena“ (n45.45321, e9.17623) im Süden der Stadt war einst einer der grössten italienischen Binnenhäfen. Heute ist das Hafenbecken fast unbenutzt und leer; einzig die neue Markthalle bringt wieder etwas Betrieb.

Der „Naviglio Pavese“ (n45.44806, e9.17709) führt von Darsena schnurstracks nach Süden und nach Pavia. Und der „Naviglio Grande“ (n45.45100, e9.17106) geht nach Westen und dann zum über den Ticino bis in den Lago Maggiore.
Heutzutage fahren auf den Stadtkanälen kaum noch Schiffe. Dafür säumen zahlreiche Strassenlokal die Uferstrassen. Es schaut ein wenig aus wie Venedig und es riecht nach gebratenem Fisch und Meer.
Nördlich vom Bahnhof „Centrale“ gibt es auch noch den „Naviglio Martesane“ (n45.49795, e9.21068). Er führt nach Osten und zum Lago di Como. Und er versorgt zudem das Kanalnetz mit Frischwasser.

Gegenüber der Via San Marco 50 (n45.47934, e9.18937) entdeckten wir ein trockengelegtes Schleusenbecken. Die Tore sind aus Eichenholz und würden noch funktionieren, wenn mehr Wasser da wäre. Und ein Kanal dazu.

25. Oktober 2016

Milano: Burg der Menschenfresser

Weiter geht's mit unserer grossen Mailandreise: Wir wohnen nach wie vor direkt neben der Metro-Station „S.Leonardo“ in unserem Möbelwagen. Hier ist es toll; und seit es jeweils in der Nacht regnet, sind nun auch die Penner verschwunden.
Heute Morgen war es wieder trüb und neblig. Als wir gegen Mittag am Dom ankommen, beginnt es sogar wieder zu regnen. Wir schauen uns deshalb einige interessante Sachen an und sitzen ausgiebig im Café. Dazu essen wir typisch italienische Backwaren; kleine Pizzen, gefüllte Teigtaschen, Arancini-Reiskugeln und ein Spinat-Eier-Blätterteig-Kuchen.

Am Nachmittag kommt ganz unerwartet die Sonne  durch und wir besuchen noch einmal den Castello Sforzesco (n45.47023, e9.17966), eine mächtige Festung aus rotem Sandstein, bulligen Ecktürmen und mit vielen asiatische Touristen.

Hinter der Festung liegt der Parco Sempione. Jetzt im Herbst leuchtet das Laub in der warmen Nachmittagssonne ganz bunt. Im Teich hocken Enten und auf einem Denkmalsockel ein richtiger Punk. Und ich dachte, die seien längst ausgestorben?

Am oberen Ende des Parks steht der Arco della Pace, ein Triumphbogen aus weissem Marmor. Obendrauf stehen - wie eingefroren - sechs bewegungslose Gäule, die starr an einem Streitwagen zerren. Mich erinnert das an die Quadriga auf dem Brandenburger Tor in Berlin, bloss hier mit mehr Pferd und mit ganz ohne Berlin darum herum.

Wie dem auch sei, wir galoppieren mit dem 10-er Tram zum „Porta Ticinese“ (n45.45269, e9.18023) und geniessen da die Abendsonne. Sie leuchtet ganz mild und macht ganz lange Schatten.