1. Dezember 2015

Ligurien: Glühwürmchen und Kichererbsenfladen

Genova: Es ist wolkenverhangen, nur manchmal blinzelt kurz etwas Sonne durch. Ich schlendere durch das ehemalige Judenquartier. Heute hausen hier vor allem Einwanderer aus Afrika und Asien. Die Gassen sind schmal und düster. Einzig bei den "Lucciole" - den Glühwürmchen, wie sie hier die Lustgewerblerinnen nennen - brennt immer Licht.

Focaccia und Farinata sind die typischen Brote Liguriens. Focaccia ist ein knuspriges Fladenbrote aus Hefeteig, pur oder mit allerlei Gewürzen oder Auflagen veredelt.

Farinata sind auch Fladenbrote, aber aus Kichererbsen-Mehl gemacht; fettig, feucht und knusprig zugleich – und dünn wie Omeletten. Ich mag beide gerne, Focaccia aber noch etwas gerner.

Früher lag Genua am Meer. Dann hat man immer wieder den Hafen vergrössert, aufgeschüttet und umzäunt. Zudem trennte auch noch eine vielspurige Uferstrasse die Stadt vom Meer. In den 70-er Jahren versuchte man mit einer Hochstrasse einen Befreiungsschlag. Mit der "Sopraelevata Aldo Moro" wollte man der Autolawine Herr zu werden, was aber nur leidlich gelang.

Erst die Hafen-Erneuerung zum Kolumbus-Jubiläum 1992 brachte eine deutliche Verbesserung. Der Autoverkehr wurde teilweise in einen Tunnel verlegt und die alten Hafenanlagen zur Freizeitfläche umgebaut. Jetzt hat die Stadt endlich wieder Zugang zum „Strand“.

Der alte Handelshafen wird heute von allerhand Kultur belebt. Für die Touristen gibt es den Aussichtsturm „Bigo“ und gleich daneben das grosse Aquarium. Aber der touristischer Höhepunkt ist eindeutig das Segelschiff "Neptune". Es ist aus einem Piratenfilm vom Roman Polanski, und aus Holz und Polyester. Kitschig, aber bei den Ausflüglern sehr beliebt. In der alten Baumwollhalle ist jetzt eine "Kinderwelt" und ein Kongresszentrum untergebracht.
Wenn man mag, könnte man den ganzen Tag hier verbringen. Mir ist das aber alles ein wenig zu gekünstelt. Aber der "Mercato ittico" - der Fischmarkt - gefällt mir. Sinnigerweise steht er gleich neben dem grossen Aquarium - vermuttlich damit die Aquariumfische sehen könne, wohin sie kommen, wenn sie sich daneben benehmen? Odr so.

30. November 2015

Ligurien: Metropolitana mit Hund

Genova: Wer jetzt denkt, das wären schon alle Bahnen und Aufzüge gewesen – neiiin, es gibt noch mehr. Als nächstes fahre ich heute erst einmal mit der „Metropolitana“. Die Metro hat zurzeit bloss eine Linie; seit 2012 fährt sie vom Bahnhof Brignole bis zur Station Brin weit im Westen.

Während der Metrofahrt hüpft ein kleiner fussliger Hund auf den freien Sitzplatz neben mir und kuschelt sich an mich. Ich streichle ihn und er leckt mir dafür die Hand. Am Bahnhof Genova Piazza Principe muss ich aussteigen, er fährt noch weiter.

Am Ende des Bahnhofs, direkt über dem Tunnelportal, steht die Talstation der „Ferrovia a cremagliera Granarolo-Principe“. Von hier fährt die Zahnradbahn etwa 1,1 Kilometer lang bergauf nach Granarolo, etwa 220 Meter höher oben.

Ein alter hölzerner Triebwagen ruckelt stündlich hin und her. Ausser mir fahren nur wenig andere Fahrgäste mit. Die Bahn ist aber dennoch nicht nutzlos; denn das Gleis wird von den Anwohnern gerne als Fussweg benutzt – gleichmässige Steigung und autofrei.

Die Bergstation Granarolo bietet ausser etwas Aussicht nicht wirklich viel. Ich muss noch gschwind ins Gebüsch hinter dem Bahnhof. Kurz darauf fährt die Bahn auch schon wieder hinunter.
Die Talfahrt geht dann recht zügig, da wir unterwegs nirgends anhalten müssen. Ich bin ja auch der einzige Fahrgast und will bis zur Endstation.

In der Bar neben der Talstation mache ich Rast. Meine Beine sind von der Lauferei pluderlind. Zudem muss ich rein an die Wärme, dann das Novemberwetter tückisch. Im Faserpelz ist es mir an der Sonne zu warm und am Schatten zu kalt. Da hilft jetzt ein italienischer Kaffee. Winzig klein und brandschwarz. Der Bar-Mann ist ganz nett - und Fussbalfan, wie er erzählt. Wobei ich ihn kaum verstehe, er spricht irgendwie unverständlich. Vermutlich italienisch.

28. November 2015

Ligurien: die Sau ist tot.

Genova: Grad eben im Schaufenster gesehen: Die Sau Daniele lebt nicht mehr.

Ich gedenke ihr mit einem feissen Schinkenbrot.

27. November 2015

Ligurien: am Ende des Tunnels ist feucht

Genova: Von der Talstation des „Funicolare Zecca-Righi“ ist es nicht weit bis zur Piazza della Meridiana. Hier führt eine unscheinbare Tür in einen Fussgänger-Tunnel. Die Wände sind verschmiert und es riecht säuerlich. Nach etwa 100 Meter Fussmarsch kreuzt unser Tunnel einen Strassentunnel, dann geht es nochmal ein Stück weiter in den Berg hinein. Bis zu einer ehemals noblen Halle und dem „Ascensore Castelletto Ponente“. Die Liftkabine ist holzgetäfert und fährt mich gut 60 Meter hinauf zum Castelletto.

Hier oben erwartet mich ein wunderbarer Platz mit alten Bäumen und grossartiger Aussicht über die Stadt. Die Palmen rascheln im lauen Wind. Senioren sitzen herum und lassen sichvon der Morgensonne aufwärmen. Wie Reptilien.

Schon von weitem sehe ich am anderen Ende der Aussichtsterrasse die Bergstation des „Ascensore Castelletto Levante“. Wie ein Balkon ragt sie über die Mauer hinaus. Der Lift bringt mich 57 Meter hinunter zum schmucken Jugendstil-Tunnel und zur Piazza del Portello. Ein Bettler hält mir die Tür auf und lächelt faulgezahnt.

Wenige Meter weiter ist schon die Talstation des „Funicolare Sant‘Anna“. Wieder ein unscheinbarer Eingang in eine kleine, unschöne Bahnhofshalle. Die Bahn ist eine Standseilbahn mit zwei Wagen und einer Ausweichstelle in der Mitte. Die Strecke ist nur etwa 360 Meter lang und führt 55 Meter bergauf.
Früher fuhr die Bahn mit Wasserballast, heute leider mit einem ganz gewöhnlichen Elektro-Antrieb.

Von der Bergstation latsche ich ein paar Schritte durch einen Park und bin schon am Eingang zum „Ascensore Magenta-Crocco“. Wieder gehts durch einen Tunnel 150 Meter tief in den Berg hinein. Dann mit dem Lift 50 Meter hoch hinauf zur Via Crocco. Hier oben gibt es nicht viel zu sehen, nur Häuser. Also wieder hinunter.

Mitten im Eingangstunnel sehe ich noch einen weiteren Lift. Ist zwar ein privater, aber was solls. Ich wage eine Fahrt und schaue wo ich rauskomme - im ehemaligen Karmelitenkloster Sant'Anna. Heute ist hier nix los, also fahre ich wieder hinunter. Und dann mit der Funicolare bis zur Talstation an der Piazza del Portello. Wo mich der Hunger weitertreibt. Davon dann morgen mehr...

26. November 2015

Ligurien: Berg-und Talbahnen

Genova: Genua liegt nicht am Meer, sondern vor allem an den steilen Abhängen und Hügeln dahinter. Deshalb gibt es überall Treppen und Tunnels, und auch einige Aufzüge und Bergbahnen. Diese will ich mir heute anschauen. Ich beginne mit dem „Ascensore Montegalletto“ an der Via Balbi, gleich neben meinem Hotel.

Hinter dem prächtigen Portal führt einem ein kurzer Tunnel zur Bahnstation. Hier setze ich mich in eine Standseilbahn-Wägeli. Das fährt mit mir zuerst 250 Meter weiter in den Berg hinein, dann eine enge Kurve und nun geht es 70 Meter senkrecht nach oben. Die obere Endstation ist am Corso Dogali, wo mir Mauern und Gebüsch die Aussicht verwehren. Also wieder runter und weiter.

Ich schlendere die Via Balbi weiter geradeaus bis zur „Funicolare Zecca-Righi“. Diese Bahn ist für mich etwas ganz besonderes, da sie vor mehr als hundert Jahren von Franz Josef Bucher aus meinem Nachbardorf Kerns erbaut wurde. Er verdiente mit dem Verkauf der Bahn seine erste Million und startete damit sein Hotel- und Bergbahn-Imperium.

Die Funicolare Zecca-Righi ist eine klassische Standseilbahn. Die Strecke ist 1,5 Kilometer lang und endet in Righi, 300 Meter über Meer. Bucher hat damals diesen Berggipfel in Righi – wie der Rigi am Vierwaldstättersee – umbenannt, weil die Luzerner ihm den Bau der Rigi-Bahn verwehrten. Jetzt hatte er hier in Genua seinen eigenen Rigi.

Vom Gipfel des Righi hat man eine grandiose Rundumsicht über Genua und den Hafen. Dann fahre ich wieder hinunter. Zuerst oberirdisch, dann durch einen Tunnel.
Und morgen erzähle ich euch von weiteren Bahnen und Aufzügen in Genua…

25. November 2015

Ligurien: ein Shopping-Paradies nicht nur für Menschinnen

Genova: Was mich in Genua gleich erstaunt, sind die vielen Paläste und schicken Einkaufsstrassen. Alles wirkt sehr opulent und so ganz anders, als ich das bisher kannte. Reihenweise Paläste aus dem 17. Jahrhundert. Jeder schmucker als er andere. Damals schienen hier wohlhabende Leute gewohnt zu haben.

Die Bauten rund um die Piazza de Ferrari sind aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert. Viel Klassizismus und Jugendstil; schön was da der Geldadel hin bauen liess.
Mitten auf der Piazza de Ferrari sprüht ein Springbrunnen Wasser gegen den Himmel. Das Wasser haben sie extra blau eingefärbt, wohl damit es zum Himmelblau passt. Ich staune, erschrecke noch einige Tauben; und gehe weiter. Gleich hinter der Oper beginnt die Galleria Mazzini. Eine noble Einkaufsstrasse unter einem Glasdach. Leider wird zurzeit grad renoviert und die Gerüste verdecken viele der Fassaden.

Ich flaniere der Via XX Settembre entlang nach Osten. Die Arkaden haben Mosaikböden, bunt wie Perser-Teppiche. Kilometerweit nur Schaufenster. Boutiquen, Kleidereien und Parfümläden. Dazwischen ab und zu eine Kaffee-Bar.

Ganz besonders gut gefällt mir der "Mercato Orientale" fast am Ende der Via XX Settembre. In der alten Markthalle gibt es alles was man essen kann. Gemüse, Fisch, Gebäck - und für mich ein Caffe und ein Focaccia mit Schinken.
Ich geniesse das Ambiente der Markthalle. Die Leute, die Geräusche und Gerüche. Wunderschön. Ausserdem nennt mich die Brotverkäuferin „Schätzilein“ und überhäuft mich mit Luftküssen.

Viele Altstadtgassen sind enorm schmal. Und die hohen Häuser machen die Sache auch nicht besser. In manchen Gassen ist das ganze Jahr Dämmerung. Doch je finsterer die Gassen sind, desto besser gefallen sie mir. Erinnern mich an Mafiafilme und die Basare im Orient.