20. September 2012

Ungarn: Männer stehen auf Pferde

Hinter den Mátra-Bergen liegt die Stadt Eger. Eger wurde einst von den Osmanen beherrscht, was man ihnen anscheinend heute noch übel nimmt.

Aus der osmanischen Zeit ist einzig ein mächtiges Minarett übrig geblieben. Es steht ganz einsam mitten im Quartier. Die umliegenden Kebab-Läden sind vielleicht auch osmanisch, aber eher neueren Datums.

Ungarn ist grösstenteils flach und sehr fruchtbar. Die Getreidefelder sind riesengross und reichen bis zum Horizont. Jetzt im September ist grad Erntezeit und die Mähdrescher mähdreschen das Getreide. Auch manche Traktoren sind herzhaft.

Wir rollen gemütlich übers flache Land; mitten in die Puszta hinein. Es ist heiss und staubig. Statt Getreide wächst hier bloss noch spärlich gelbes Gras.
Wir hocken uns auf einen Pferdewagen und lassen uns über das Steppenland kutschieren. Es sind keine Touristen da, drum bekommen wir einen Wagen fast ganz für uns allein.

Unterwegs machen wir da und dort halt und schauen einheimische Tiere an; Graurinder, Wasserbüffel, komische Schafe, ein Ochsengespann – und natürlich Pferde. Viele, viele dunkelbraune Pferde der Marke „Nonius“.

Die einheimischen Reiter stehen auf Pferde; im wahrsten Sinn des Wortes - fünfspännig. Wohl um die Pferde nicht zu zerkratzen, trägt der Reiter (oder Steher?) Schaumgummilatschen. Ein wilder Krieger in Pantoffeln…

Erst wollte ich ja nicht so recht mit so einem Pferdewagen fahren: Die ganze Zeit einem Pferd auf den Arsch gucken wollte ich nicht. Nun muss ich aber eingestehen, es war wunderschön - und man muss auch nicht andauernd auf den Pferdearsch schauen. Nur wenn man mag.

Am Abend wollen wir traditionell essen gehen. Pferdefleisch haben sie leider nicht auf der Karte, stattdessen nehme ich Palatschinken mit Fleischfüllung. Und Schaf-Gulasch mit Kartoffeln. Mundet usinnig gut.

19. September 2012

Ungarn: Sommerfrische in den Bergen

Die Felder entlang der Donau sind dürr und sonnenverbrannt. Alles ist knusprig braun. Selbst die Sonnenblumen lassen ihre Köpfe hangen. Es war wohl ein regenarmer Sommer.

Wir setzen uns da und dort ans Donauufer und schauen dem sirupigen Wasser zu. Gegenüber thront die Burg Visegrád auf einem bewaldeten Hügel. Auf dem Fluss ist nichts los, nicht einmal Geflügel oder Fischer sind zu sehen.

Zum Glück führt unser Weg in die Mátra-Berge. Die sind zwar nicht besonders hoch, aber dicht bewaldet und herrlich frisch.

Ich erwerbe zwei Flaschen Mineralwasser der Marke „Gyógyvíz“. Ein Schluck davon und der Durst ist wie weggeflogen! Lasst es euch eine Warnung sein: Auch Wasser kann unbeschreiblich schmecken. Übel! Ich befürchte den Verlust meiner Tsssunge...

Wir übernachten in einem Buchenwald irgendwo in den Bergen. Es ist ganz malerisch und ruhig. Bloss in regelmässigen Abständen von einem jaulenden Töff unterbrochen, der auf der Bergstrasse an seiner Bestzeit feilt. Die Dämmerung lässt ihn dann verstummen.

Heute habe ich einen grossen Schrottplatz voller absonderlichen Fahrzeugen gesehen. Und weder angehalten, noch Fotos davon gemacht. Ich bin auf dem Weg der Besserung.

18. September 2012

Ungarn: zu andern Ufern

Gleich hinter dem Neusiedlersee liegt schon Ungarn. Es ist flach und die Sonne brennt vom bleichen Himmel. Wir fahren an die Donau und liegen im Schatten der Bäume. Das Wasser sieht aus wie Karamellcreme und fliesst bleiern ostwärts.

Wir kaufen Reiseproviant ein. Und einen aufgerollten und geräucherten Käse. Der Rollkäse schmeckt gut.

Die Brotlaibe mit den direkt aufgeklebten Etiketten erinnern mich an meine ersten Ungarnreisen in den frühen 1980-er Jahren.

Gegen Abend kommen wir nach Esztergom. Die Stadt war früher einmal die Hauptstadt Ungarns, heute aber bloss mehr Provinz. Aber deswegen sind wir auch nicht hergekommen.

Wir wollen unbedingt auf die Basilika hinauf steigen. Bis hinauf zur Kuppel sind es genau vierhundert Treppenstufen. Es geht auf steilen und engen Wendeltreppen höher und höher. Etwa achtzig Meter über dem Kirchenraum schlüpfen wir durch eine schmale Luke nach draussen

Der Ausblick von hier oben ist überwältigend. Tief unten sieht man die Donau und hinüber in die Slowakei. Wir übernachten direkt an der Donau. Nebenan steht ein Gasthaus namens „Star Club“ mit auffallend vielen roten Lampen. Es sei ein Dancing steht angeschrieben - und ist geschlossen.

17. September 2012

Wien von oben herab

Wien: Es war eine schwüle Nacht. Im Badesee nebenan haben die Kröten seltsame Geräusche gemacht. Heute ist der Frau G. ihr erster Tag in Wien, also machen wir Stadtbesichtigung. Zuerst steigen wir auf den Nordturm des Stephansdoms. Das ist der unvollendete, aber von ihm sieht man wunderbar den „richtigen“ Turm. Und ganz weit unten die Fiaker, die auf die Touristen lauern.

Das Café „Hawelka“ ist ein Muss bei jedem Wienbesuch. Es ist eigentlich gar nichts Besonderes, aber eines der wenigen, die noch ausschauen wie früher. Dunkle Wände, ausgetretenes Parkett und Marmortische. Einfach schön. Aber man muss früh am Morgen kommen, bevor die asiatischen Reisegruppen einfallen.

Für mich ist die Karlskirche die interessanteste in Wien. Was sie überdies besonders macht, sind die derzeitigen Renovationsarbeiten. Denn man kann auf das Gerüst steigen und die Kuppel von Nahem sehen. Ganz oben ist man siebzig Meter über dem Kirchenraum. Die Besucher da unten sehen aus wie verstreute Krümmel.

Wer zum ersten Mal in Wien ist, sollte zum Schloss Schönbrunn fahren und dort zur „Gloriette“ hinaufsteigen. Von hier oben sieht man am Ende der gigantischen Parkanlagen das Schloss. Und im Hintergrund Wien und die Hügel im Norden.

Die Gloriette wurde als Siegerdenkmal für eine gewonnene Schlacht gebaut. Im einzigen Innenraum nahmen die königlichen Herrschaften gerne das Frühstück ein. Wir trinken bloss ein Wasser.

Am Abend fahren wir zum Übernachten wieder zu unserem Badesee in Leopoldsau hinaus. Müde und weich geschwitzt liegen wir noch ein wenig im Schatten der Bäume.

15. September 2012

grosser Bahnhof in Wien

Wien: Heute Abend kommt Frau G. angereist. Ich habe also noch einen ganzen Tag Zeit für mich allein. Darum fahre ich erst einmal zu zum neuen Bahnhof Praterstern. Tolle Bahnhofshalle und schöne Architektur. Gleich gegenüber liegt der Prater mit seinen Fahrgeschäften.

Das berühmte Riesenrad, wo die Hälfte der Kabinen fehlt. Die Liliputbahn, die teilweise auch mit Dampf fährt. Aber teilweise auch mit rosa Elektrozügen.

Hinter dem Prater befindet sich die „Republik Kugelmugel“. Eigentlich bloss ein Kugelhaus und ein Gitterzaun darum herum. Aber der Besitzer hat das Territorium zur eigenständigen Republik ausgerufen und sich von Österreich losgesagt.

Der alte Südbahnhof war seltsam und umständlich. Darum wird er nun durch einen Neubau ersetzt. Die Bauarbeiten sind schon bald zu Ende. Der neue Bahnhof besticht durch sein grandioses, gezacktes Dach.

Am besten sieht man die Baustelle vom „Bahnorama“, einem glaub sechzig Meter hohen Aussichtsturm ganz aus Holz.

Gegen Abend fahre ich mit der U-Bahn zum Westbahnhof. Auch dieser Bahnhof wurde komplett renoviert und mit zwei Seitenflügeln ergänzt. Mit ein paar Minuten Verspätung kommt der Railjet aus Zürich an. Und Frau G. freudig winkend auf mich zu gerannt.

Wir feiern unser Wiedersehen mit einem riesigen Figlmüller-Schnitzel, dazu ganz traditionell Erdäpfel- und Vogerlsalat. Schön dass sie nun da ist.

14. September 2012

Wien: namenlose und andere Tote

Wien: Auf dem Weg zurück zu meinem Parkplatzt in Leopoldsau mache ich noch einen kleinen Umweg in den Süden der Stadt.

Hier unten, wo die Donau Wien verlässt und nur noch einige tote Industriebauten stehen - hier unten spült die Donau immer wieder Tote an. Dies wohl wegen eines Strudels.

Diese werden gleich vor Ort auf dem „Friedhof der Namenlosen“ (n48.1596, e16.5021) bestattet. Menschen die in die Donau fielen, sprangen oder geworfen wurden. All diese Namenlosen finden hier ihre Ruhestätte.

Unweit vom Friedhof steht direkt am Donauufer die „Friedenspagode“ - Nipponzan-Myôhôji genannt. Die Stupa wurde 1983 gebaut und seither wohnt ein buddhistischer Mönch auf dem Gelände. Heute putzte er grad die Fenster seiner Wohnung.

Auf dem Nachhauseweg schaue ich noch kurz beim Stephansdom an. Diesmal die Katakomben und die Gruften im Untergrund.

Hier unten wurden lange Zeit die Toten Wiens bestattet. Bis der Gestank in der Kirche darüber so unerträglich wurde, dass man damit aufhören musste. In der Gruft nebenan liegen Töpfe mit den Innereien von etwa 75 Königen. Darunter sind viele Habsburger und so. Heutzutage werden bloss noch kirchliche Würdenträger in der Gruft bestattet. Und die am Stück und in Metallsärgen eingelötet, wie in Konservendosen.

Nun hat mich der Hunger eingeholt und ich muss dringend eine Wurst essen. Ich nehme eine „Bosna“. Das ist ein Käsekrainer mit viel Zwiebeln und mit Curry und Paprika gewürzt. Schmeck genau so, und gut.

Und wie immer wenn ich in Wien bin besuche ich auch noch gschwind den „Fotzenpoidl“ auf der Pestsäule.