5. Februar 2012

Ägypten: die Qual der Wahl

Seit einigen Wochen wählen die Ägypter ihr neues Parlament. Die Wahlen finden mehrstufig und zeitlich gestaffelt statt. Im Klartext heisst das, es ist seit Wochen überall Wahlkampf. Hier in Oberägypten sieht man vorallem die veielen Wahlplakate. Die Kandidaten versuchen möglichst "anpackend" und "vertrauenwürdig" drein zu gucken. Das gelingt aber nicht allen...

Was mich an den Wahlplakaten besonders fasziniert, sind die Symbole, mit denen die Kandidaten sich schmücken. Sie sollen auch leseschwachen Wähler eine korrekte Zuordnung der einzelnen Kandidaten ermöglichen. Auf dem Wahlzettel sind die gleichen Symbole nämlich auch abgebildet. Es gibt da alles mögliche: Krokodil, Revolver, Tanksäule, Goldfisch, Palme, Kranwagen, Fahrrad, Schirm, Taschenlampe, Radio, Schrankwand, usw...

4. Februar 2012

Ägypten: Zug nach Assuan

Luxor. Bereits kurz nach neun sind wir am Bahnhof. Da der Zug erst um zehn fährt, setzen wir uns in ein Strassencafé und gucken dem bunten Treiben zu.
Am Strassenrand repariert einer sein betagtes Taxi. Er kniet davor und es schaut so aus, als ob er es anflehe doch wieder zu fahren.

Der Zug nach Assuan kommt pünktlich. Von aussen schaut er etwas ramponiert aus. Von innen auch. Aber die Bestuhlung ist fleckig und wirklich bequem. Pünktlich um zehn - rührt sich erst einmal gar nichts. Wir stehen weiterhin im Bahnhof. Gegen halb elf beginnt es zu grummeln und dann fährt der Zug los. Anfangs gehts durch die ärmeren Aussenquartiere von Luxor. Einfältige Häuser, meist halbfertig oder schon wieder halbkaputt. Kurz darauf sausen wir durch saftig grüne Felder südwärts. Manchmal am Rande der Wüste, dann wieder am Nil entlang. Wunderschön.


Ab und zu hält der Zug an einem Bahnhof. Wo wissen wir nicht, da die Bahnhöfe bloss arabisch angeschrieben sind.
Auf die Minute pünktlich erreichen wir Assuan. Ein Bahnhof mit sehr viel „Ambiente“ und vielen abgestellten Zügen. Assuan ist ja sozusagen das südliche Ende der ägyptischen Eisenbahn.

Vor dem Bahnhof nehmen wir ein Taxi zum Hotel. Als der Fahrer unser Gepäck auf den Dachträger verladen will, bekommt er es mit der Frau G. zu tun. Sie will unser Gepäck nicht da oben haben, sondern im Kofferraum. Der Taximann wehrt sich; vergebens - Frau G. gewinnt nach kurzem Kampf.

3. Februar 2012

Ägypten: nach den Zügen schauen

Heute Nachmittag will ich noch gschwind die Zug-Fahrkarten für morgen kaufen. Frau G. geht derweilen ins Hotelzimmer ein Nickerchen machen. Also hüpfe ich in einen Microbas und fahre zum Bahnhof. Ein Fahrgast fragt mich nach dem „woher“? Ich sage „Nemsa“ - und er schaut mich tröstend an!

Der Hauptbahnhof von Luxor ist ein stattliches Gebäude mit etwas „Ambiente“. Die grosse Halle ist zweigeteilt; rechts die 1. Klasse, links das einfache Volk. Ich gehe an einen Schalter und erwarte ein längeres Palaver, man liest ja so einiges vom Gedränge und so. Aber es kommt ganz anders! Wenige Minuten später habe ich meine gewünschten Billets in der Hand. Assuan: Morgen um 10 Uhr, Schnellzug 1902, Wagen 2, Sitz 17 und 18.

Vom problemlosen Fahrkartenkauf beflügelt, schlendere ich noch etwas über den Bahnhof. Züge gucken. Es ist nicht viel los, bloss ein schäbiger Bummelzug steht da. Im Schotterbett liegen hunderte von abgenutzten Bremsklötzen. Was das wohl bedeuten mag?
Dieser Bahnhof gefällt mir.

Auf dem Nachhauseweg kaufe ich noch einige Süssigkeiten. Die einen sehen aus wie Seife, schmecken aber zuckersüss. Das andere sind so kleine Plastikbeutel mit einer bunten, glibberigen Masse drin. Schmecken etwas eigenartig und auch süss.

Gegen Abend setzen wir uns auf die Dachterrasse vom Hotel. Hier oben geniessen wir einen grandiosen Rundblick. Und um halb sechs geht drüben in West Theben die  Sonne unter. Orangerot. Wie schon vor dreitausend Jahren, zur Zeit der Pharaonen.

2. Februar 2012

Ägypten: unser Hotel in Bedrängnis

Unser Hotel ist eines der höchsten Gebäude von Luxor und steht fast direkt am Nil. Die Hotelzimmer befinden sich in den obersten fünf Geschossen und haben einen wunderbaren Blick auf den Fluss und West Theben. Sie hatten! Neustens steht ein grosses blassrotes Haus vor dem Hotel. Und es steht direkt vor dem Hotel, mit bloss wenigen Meter Abstand!

Für einige der Hotelzimmer ist das natürlich nicht sehr optimal. Von deren Balkonen sieht man jetzt statt des Nils eine blassrote Wand.

Von unserem Hotelzimmer haben wir allerdinge unverstellte Sicht auf den Fluss. Denn durch unsere Fenster kann man durchsehen. Und nicht nur durchs Glas, sondern auch durch die Lücken im Rahmen. Deswegen bekommen wir die volle Wucht des Strassenlärmes ab. Bis spät in die Nacht dröhnt und schäppert es. Und alle hupen, als gäbe es kein Morgen. Es hört sich an, als ob die hupenden Autos direkt durch unser Zimmer fahren.
Ich mag eigentlich solche Hotelzimmer gern, aber Frau G. stört der Lärm beim Schlafen. Wobei, schlafen tut sie gar nicht - sie hört ja der Huperei zu.

1. Februar 2012

Ägypten: ein Tal voller toter Könige

Heute wollen wir hinüber auf die andere Seite vom Nil, die Pharaonengräber und einige Tempel anschauen. Man kann überall solche Touren buchen, aber wir mögen das nicht so und gehen deshalb auf eigene Faust los.

Zwischen all den Hotelschiffen versteckt sich die Anlegestelle der Nil-Fähren. Die schon etwas angejahrten Schiffe fahren viertelstündlich über den Fluss. Unsere kleine Nil-Kreuzfahrt. Beim Aussteigen komme ich mit einem Ägypter ins Gespräch. Netter Kerl. Und ihm gehört ein Taxi. Wir kommen schnell ins Geschäft und machen die geplante Rundfahrt mit ihm.

Memnon-Kolosse, Tal der Könige, Hatschepsut-Tempel und so weiter. Alle sehenswert und grossartig. Seit meinem letzten Besuch hat sich viel verändert. Überall hat es nun moderne Besucherzenter und saubere Klos. Aber die Souvenirhändler sind so zahlreich und aufdringlich wie damals. Aber wir „Nemsi“ werden von ihnen irgendwie gemieden! Zudem lasse ich mich von diesen fliegenden Händler schon lange nicht mehr ärgern.

Im Tal der Könige hat es über sechzig Gräber, wovon bestimmt die Hälfte besichtigt werden könnten. Das Ticket berechtigt aber zum Besuch von bloss drei Gräbern. Da gilt es also gut auswählen. Ich frage einen Wächter, welche Gräber er uns empfehlen täte? Grab 11, 14 und 16. Wie sich später zeigt, ein Volltreffer.

Unterwegs bemerken wir, dass wir zuwenig Geld dabei haben. Ich frage nochmal „unseren“ Wächter. Ein kurzes Telefongespräch  und schon kann ich beim Beamten im Kassenhäuschen Geld wechseln. Nicht wirklich legal, aber eine perfekte Dienstleistung. Ich mag Ägypten.

31. Januar 2012

Ägypten: wir in Fahrt

Luxor hat mehr als eine halbe Million Einwohner, aber keinen Bus, kein Tram oder U-Bahn. Die haben aber etwas viel besseres - Sammeltaxis. Im ganzen Stadtgebiet verkehren diese privaten Kleinbusse auf festen Routen. Immer Kreis herum. Die Busse sind weder beschriftet, noch gibt es feste Haltestellen oder Fahrpläne. Nein. Wer mitfahren will, stellt sich einfach an den Strassenrand und winkt sich so einen Bus heran. Dann sagt man dem Fahrer das gewünschte Ziel. Er nickt und man setzt sich rein. Und schon geht’s los.

Bei den Minibussen handelt es sich meist um weisse  Kleinbusse aus fernöstlicher Fertigung. Man erkennt sie an der offenen Schiebetür und am blauen Streifen auf der Seite. Drinnen hat es Platz für etwa zwölf Passagiere. Während der Fahrt reicht man dem Fahrer sein Fahrgeld. Oder dem vor einem sitzenden Passagier, und der reicht es weiter nach vorn. Kurz darauf bekommt man das Rückgeld auf demselben Weg zurück.
Eine übliche Fahrt kostet etwa ein ägyptisches Pfund, also zwanzig Rappen. Die anderen Fahrgäste sind immer sehr nett und hilfsbereit. Jeder hilft und schaut, dass man am richtigen Ort aussteigt.
Wir erlitten bisher bloss einen einzigen Zwischenfall: Ich wurde von einem verschnürten Huhn angepickt.

Neulich las ich: All das Unfertige und schon wieder Kaputte in Afrika sei „Ambiente“. Luxor hat demnach recht viel Ambiente.