19. Oktober 2016

Milano: der Mahnfinger der Kunst

Seit einigen Jahren steht mitten auf der "Piazza degli Affari" und direkt vor der Börse ein bemerkenswertes Kunstwerk. Es zeigt eine sehnige Hand mit einem erigierten Mittelfinger. Haushoch und aus weissem Carara-Marmor. Der Künstler Maurizio Cattelan nennt sein Werk L.O.V.E. und sagt, jeder könne sich dazu denken, was er wolle.

Die Piazza degli Affari ist ein geschichtsträchtiger Ort. Hier wollten die Faschisten damals Mailands neues Stadtzentrum hinbauen. Man machte erste Vermessungsarbeiten und riss bereits einige Häuser ab. Dann kam der Krieg und man hatte irgendwie andere Prioritäten.

Neben der Bildhauerei gibt Maurizio Cattelan zusammen mit Pierpaolo Ferrari auch das ziemlich schräge Kunstmagazin „Toiletpaper“ heraus. Und ausgerechnet diesen Oktober führen sie für kurze Zeit zudem an der Via Vincenzo Capelli ein Ladengeschäft, wo man ihre Kunswrke anschauen und kaufen kann. Wir gehen hin und tun beides.

18. Oktober 2016

Milano: Irre drehen sich im Kreis

Am frühen Morgen ist es in unserem Möbelwagen ganz ruhig, nur ab und zu hören wir ganz leise die Metro tief unter uns durch rumpeln. Draussen ist es nebelverhangen und trüb. Erst heisse Dusche und heissen Kaffee, dann Haus- und Schreibarbeiten.
Gegen Mittag fahren wir mit der Metro in die Stadt und schauen uns dies und das an. Am Castello Sforzesco kreuzen wir den Stadtmarathon; Millionen Läufer schnauben an uns vorbei. Ihrem Gesichtsausdruck nach, macht ihnen die Rennerei wenig Spass.

Am Castello sehe ich schon wieder das Wappen mit der kinderfressenden Schlange. Das gleiche Wappen haben doch auch Alfa Romeo und die Familie der Visconti.
In einem Schaufenster präsentieren sie Chips in eimergrossen Dosen – das nenne ich mal innovativ. Wir schlendern weiter und schauen uns dies und das und auch manch anderes an.
Unterwegs pausieren wir in einem netten Lokal; bestellen wie die Einheimischen einen Caffe Macchiato und ein Cornetto.

Später reiten wir mit dem Tram zum Domplatz. In Milano fahren ganz neue und ganz alte Trams umher. Unseres ist ein „Ventotto“ von 1928! Es rumpelt und ächzt zwar ein wenig, doch nach über achtzig Jahren im täglichen Einsatz erstaunt mich das nur wenig.

Die "Galleria Vittorio Emanuele" ist die vornehmste Einkaufsstrasse in Milano. Hier bieten alle noblen Kleidereien und Duftwasserhändler ihre Waren feil. Genau in der Mitte, unter der grossen Glaskuppel, sind im Mosaikboden einige Wappen eingelassen. Eines zeigt einen Stier mit kokosnussgrossen Hoden und einem unterarmlangen Dödel. Wenn man nun – so sagt der Volksmund - seinen Fuss darauf stellt und sich dreimal um die eigene Achse dreht, so bringe das unglaubliches Glück und unermesslichen Wohlstand. Und deshalb drehen sich hier den ganzen Tag Touristen im Kreis, kichern wie irre und lassen sich von ihren Begleitern filmen.

Gegen Abend tun uns so langsam die Flossen weh - und darum fahren wir nachhause zu unserem Möbelwagen. Er steht unversehrt da. Wir fläzen uns hin und lesen und dösen.
Morgen soll das Wetter besser sein und dann will ich auch einige Fotos machen.

17. Oktober 2016

Milano: hin und weg

Wir wollen einige Tage nach Mailand. Früher, als Jugendlicher, reiste ich ab und zu dahin. Mit dem Zug war das ab Luzern ein netter Tagesausflug. Doch jetzt war ich schon lange nicht mehr da; bin bloss immer mal wieder am Hauptbahnhof umgestiegen.
Unsere Anreise wird von einem Zwischenfall im Gotthard-Tunnel jäh gestoppt. Stundenlanger Stau, auch auf der Passstrasse. Wir setzen uns in Göschen ins Bahnhof-Buffet und plaudern mit der Imbissfrau. Anschliessend mittagsschläfeln wir im Möbelwagen bis um drei der gesperrte Tunnel wieder aufgeht.

Eigentlich wöllten wir in Como am See übernachten. Doch ausgerechnet heute ist da ein Rennbootrennen und alles ist vollgestellt. Also fahren wir nach Milano weiter. In der Abenddämmerung erreichen wir unseren Schlafplatz; direkt neben der Metrostation „S.Leonardo“ (n45.5007, e9.1019).

In etwa zwanzig Minuten sind wir mit der Metro im Stadtzentrum. Als wir am Domplatz ankommen, beginnt es bereits zu dämmern. Unglaublich viele Leute wuseln umher. Marktstände werden abgebaut und an jeder Strassenecke halten Soldaten Ausschau nach Terroristen. Ein Strassenmusiker spielt „Take Five“ vom Dave Brubeck in einer Endlosschlaufe.

Wir schlendern um den Dom und durch die "Galleria Vittorio Emanuele II" zur Oper. Unterwegs stolpern wir über eine nette Bar und inhalieren eine Pizza Margherita.
Um zehn Uhr abends als wir bei unserem Möbelwagen zurück. Die Laternen leuchten orange durchs Geäst und im Park gegenüber streiten sich lautstark drei Alkoholisten. Richtig schön hier.

15. Oktober 2016

es herbstet sehr

Aus aktuellem Anlass etwas selbstgemachte Poesie:

Es  mähen keine Rasenmäher mähr,
drum; es herbstet sääähr.

14. Oktober 2016

die Geisterstadt

Da ich die nächsten Tage fort bin, gibt es hier einen Rückblick auf beliebte Beiträge der vergangenen Jahre.

Heute: die Geisterstadt Varosha

13. Oktober 2016

rostige Perlen im Wald

Da ich die nächsten Tage weg bin, gibt es hier einen Rückblick auf beliebte Beiträge der vergangenen Jahre.

12. Oktober 2016

der Lungerersee ist weg

Da ich die nächsten Tage nicht hier bin, gibt es hier einen Rückblick auf beliebte Beiträge der vergangenen Jahre.

Heute: der Lungerersee ist verschwunden

11. Oktober 2016

Mostar lebt

Da ich die nächsten Tage weg bin, gibt es hier einen Rückblick auf beliebte Beiträge der vergangenen Jahre.

Heute: pockennarbiges Mostar

10. Oktober 2016

Stadt im Gefängnis

Da ich die nächsten Tage nicht da bin, gibt es hier einen Rückblick auf beliebte Beiträge der vergangenen Jahre.

Heute: die lettische Gefängnisstadt Karosta

8. Oktober 2016

der kleine Prinz

Da ich die nächsten Tage weg bin, gibt es hier einen Rückblick auf beliebte Beiträge der vergangenen Jahre.

Heute: Der kleine Prinz vom Cap Juby

6. Oktober 2016

flieg Klippan, flieg

Ich habe mir den Flug deutlich spektakulärer vorgestellt. Doch mein Sofa schlug bloss mit einem dumpfen „bwwummm“ im Garten auf. Kein Splittern und Bersten, kein Getöse und Inferno. Der Flug aus dem fünften Stock dauerte nicht lange, dennoch gelang ihm unterwegs immerhin ein kompletter Salto. Nun steckte es mit seinen Stummelbeinen bodeneben im Rasen, ansonsten sah es aus wie hingestellt.

Die Regale hingegen waren unterhaltsamer. Die Holzplatten klatschten aufeinander und die Trümmer hüpften munter umher. Den Leuten gegenüber hat es so gut gefallen, dass sie applaudierten.

5. Oktober 2016

Herbstzahnlose

Neben dem Frühling und dem Sommer gehört der Herbst bestimmt zu den schönsten Jahreszeiten. Da fällt totes Laub vom Geäst und die Vögel fliegen weit fort.

Dazu gibt es jeweils zimtzuckerige Apfelküchlein mit Vanillecreme. Ein perfekte Symbiose aus knusprig süss, säuerlich weich und sämig.

4. Oktober 2016

ich will auch einen Affenschein

Neulich berichtete das Radio, dass die Polizei im letzten Jahr 45 Gesuche um einen Affenschein abgelehnt habe. „Affenschein!“ - wer will den einen Affenschein? Und wozu?

Jetzt steht in der Zeitung, dass es sich um „Waffenscheine“ handelt. Und 45 Affen haben keinen bekommen.
Aber ich wüsste eine ganze Menge Leute, die unbedingt einen Affenschein bekommen sollten!

3. Oktober 2016

mit ganz ohne Geschmacksverstärker

Heute: Mit ganz ohne Wurst

... und auch ganz ohne fettfrei.

1. Oktober 2016

Istanbul: kein kleines Eisenbahnmuseum

Im alten Bahnhof Sirkeci ist seit kurzem ein kleines Eisenbahnmuseum untergebracht. Böse Zungen behaupten, es sei bloss ein Zimmer voller Gerümpel ‒ was ja vielleicht ach stimmem nag. Aber es gibt da ausserdem auch noch eine enthauptete Lokomotive und eine kleine Modelleisenbahn ganz ohne Züge. Und so etwas sieht man in kaum einem, anderen Eisenbahnmuseum.

Das Eisenbahnmuseum ist jeden Tag geöffnet und kostenlos. Zum Glück, denn sonst wäre vielleicht der eine oder andere Besucher leicht enttäuscht. Doch mir hat es gefallen, vor allem weil gleich gegenüber diese grossartigen Sandwiches verkauft werden.

29. September 2016

ich, das böse Ungeheuer

Obwohl bis zum Umzug noch einige Zeit ist, beginne ich bereits jetzt mit packen und entrümpeln. Beim Stöbern im Estrich fand ich ein Deko-Glas voller Kaffeebohnen – weg damit. Also setzte ich mich mit meiner Steinschleuder auf den Balkon und liess im Garten unten die Katzen zu hüpfen. Dann kamen einige Kinder um die Ecke …

Wie dem auch sei: jetzt winseln die Kinder zuhause: «blääää - der Mann hat mit Kaffeebohnen auf mich geschossen –- schnief!» Und dann müssen sie zur Frau Annette in die Therapie und dort mit Stoffpuppen spielen und mit Farbstiften den bösen Mann zeichnen. Ein brandschwarzes Ungeheuer mit trübgelben Augen, das mit glühenden Kugeln wild um sich schiesst. Und zuhause haben sie dann Albträume von der Frau Annette, und den Stoffpuppen und …

Das habe ich doch alles nicht gewollt!

28. September 2016

Magenknurren - äthiopisch essen

Äthiopisch essen. Das hört sich erst einmal wie ein billiger Witz an - und nach Magenknurren. Doch weit gefehlt. Die äthiopische Kochkunst ist legendär und äusserst schmackhaft, wie ich am Wochenende feststellen konnte.

Das Altersheim im Nachbardorf feierte ein Herbstfest. Es gab Musik und Essen aus fremden Ländern. Aus Bosnien, Deutschland, Kanada und so weiter. Frau G. mampfte "Kottu Roti" aus Sri Lanka. Und ich „Zigni, Alicha und Injera“ aus Äthiopien.
Zigni ist ein saftiges Rindfleisch-Gulasch.; gewürzt mit Berbere, der typischen Würzmischung aus Eritrea und Äthiopien. Dazu gab es Alicha; gedünstetes und raffiniert gewürztes Gemüse. Und statt Besteck benutzt man die Finger und Injera, ein säuerliches und schwammiges Fladenbrot aus Teffmehl. Unglaublich gut.

27. September 2016

Kühe und Kuchen

Noch sind die Kühe auf der Alp. Aber in wenigen Tagen ziehen sie wieder ins Tal hinunter und dann ist es hier oben ganz ruhig. Keine Rindviecher, keine Ausflügler und kein Mucks - das mag ich.
Heute hörten wir auch schon den ersten brunftigen Hirschen blöken. Gegenüber auf der Tanne hocken die Plaggvögel – Kolkraben – und ein Wiesel jagt einer Maus hinterher. Fast wie im Zoo.

Frau G. präsentiert einen Zwetschgenkuchen aus eigenem Anbau, den wir sogleich verstoffwechseln. Schmeckt wunderbar saftig. Säuerliche Zwetschgen, Vanille-Füllung und der knusprige Blätterteig.
So schööön kann der Herbst sein.

26. September 2016

die Karawane zieht weiter

Es ist ja nun nicht so, dass ich leidenschaftlich gerne „wohne“. Vielmehr brauche ich einfach ein Dach über dem Kopf, wo ich meine Sachen unterstellen kann und es mich nicht anregnen tut. Und nur deswegen habe ich eine.
Ich mag meine Wohnung. Seit über achtzehn Jahren hause ich hier und alles liegt da, wo ich es hingeworfen habe. Die Krümel zeigen mir wo ich gerne sitze und der Fernseher hat Räder, damit ich ihn auch aus der Hängematte anschauen kann.

Und jetzt muss ich umziehen! Nicht etwa weil sie mich hinausgeworfen hätten – neiiiin! Ich ziehe mit Frau G. zusammen in eine gemeinsame Wohnung. Das hört sich jetzt vielleicht harmlos an, bedeutet für aber eine sehr grosse Umstellung. Ich muss zum Beispiel den Umgang mit Wohn-Accessoires, Bügelwäsche, Vorhängen, Topfpflanzen und vielem mehr erlernen. Alles Dinge, die ich zwar theoretisch kenne, bisher aber nie aktiv benutzte.

23. September 2016

... deshalb Kartoffelsalat

Ja - ich weiss, ausser mir erfreut sich kaum jemand an Bildern von Würsten. Deshalb heute eines mit Kartoffelsalat.

Dezent im Hintergrund liegt meine Cervelat, wie jeder weiss, die Königin der Brühwürste - zubereitet auf alpiner Holzfeuerglut.

22. September 2016

verlassenes Geisterhaus

Kürzlich besuchte ich ein seit vielen Jahren verlassenes Haus. Alles war noch wie in den 1920 und 1950-er Jahren.

Im Herrgottswinkel flügelt ein ausgestopfter Vogel über dem heiligen Volk aus Gips.
Grauslig schön.

21. September 2016

das perfekte Kastenwagen-Bad

Ja – wir haben eine WC und eine Dusche in unserem Möbelwagen. Immer wieder werden wir danach gefragt und wenn ich‘s bejahe, ungläubig gestaunt. Deshalb präsentiere ich hier unser Wohnmobil-Badezimmer - sozusagen als Beweis.

Die Dusche in unserem Möbelwagen ist etwa 90 mal 80 cm gross; das ist zwar nicht gross, aber im Vergleich zu anderen Wohnmobilen dennoch recht stattlich. Der Boden besteht aus Chromstahl und alle Wände sind mit Kunststoff beklebt. Diese Schlachthaus-Optik ist vielleicht nicht schön, aber wasserdicht und äusserst pflegeleicht. Ich säubere unser Bad deshalb regelmässig mit dem Hochdrückreiniger.
Das Klo ist aus eiterfarbigem Kunststoff und mobil. Fürs Geschäft lässt es sich deshalb in eine bequeme Sitzposition schieben - und alle paar Jahre ersetzen. Das Waschbecken hingegen ist fest montiert und aus Corian und Chromstahl. Der Wasserhahn ist ausziehbar und so auch gleich die Duschbrause. Der Spiegelschrank darüber ist in die Wand versenkt montiert und wasserdicht.
Was man auf dem Bild nicht sieht ist die Dachluke mit integrierter Stange für die nassen Frotteetücher.

20. September 2016

schwarz-weiss-denken

Manchmal stelle ich mir so Fragen. Zum Beispiel diese Sache mit den Tauben: Was immer die fressen, der Taubenschiss ist immer weiss mit einem schwarz Tüpfli! Wie machen die das?

Das darf man doch wohl mal fragen ...

19. September 2016

Alpenglühen: Pizzoccheri, Capuns und nachhause

Ein wunderbar frischer Sommermorgen. Die Vögelein jubilieren – gut, genaugenommen ist es eher ein heiseres krächzen – und der laue Wind streicht übers hohe Gras. Wir lümmeln herum und lesen. Dann müssen wir los – zuhause ruft die Arbeit

Über den Passo di Resia (1‘507), der mitten im Dorf Reschen liegt, fahren wir hinüber nach Österreich. Bereits vor dem ersten Dorf, Nauders, biegen wir links ab. Die Strasse führt über die Norberthöhe direkt zur Schweizer Grenze bei Martina.
Ab hier geht es nun das Unterengadin hinauf bis Susch, wo uns der Mittagshunger in eine Gaststätte lockt. Am Nebentisch futtern sie Schnitzel mit daumendicken Pommes Frites. Doch ich widerstehe und bestelle „Pizzoccheri“ und Frau G. „Capuns“. Keine Ahnung was wir da bestellt haben, wir wissen bloss, dass das einheimische Kost ist.

Mitten in Susch zweigt die Strass zum Flüelapass ab. Die Strasse schlängelt sich in langen Schwüngen durch ein urtümliches Bergtal bis hinauf zur Flüela-Passhöhe (2'380 müM).

Hier treffen wir einen bekannten Wüstenfahrer aus Bayern. Und einen Ausflugsbus aus unserer Heimat mit einem Fuder Nonnen an Bord.
Nun geht es wieder bergab, dann an Davos vorbei und durchs Landwasser weiter bergab bis nach Landquart im Rheintal.

Unterwegs schauen wir uns die Sunnibergbrücke (n46.8851, e9.8569). Sie wurde vom bekannten Brückeningenieur Christian Menn geplant, den ich sehr bewundere.
Auf der Autobahn brummen wir dem Walensee entlang heimwärts. Dichter Verkehr. Was wollen die bloss alle in Zürich? Wir biegen ab und fahren über unseren letzten Pass, den Hirzel (680 müM) nach Luzern und nachhause.

16. September 2016

Alpenglühen: il bunker 23

Rund um die kleine Vinschger Gemeinde Tartsch baute das italienische Militär zwischen 1939 und 42 eine ganze Reihe Bunker. Ursprünglich sollten sie einen Angriff der deutsch-österreichischen Wehrmacht abwehren, doch dann wurden aus den Feinden Freunde und die Bunker nie gebraucht. Seither stehen diese vierundzwanzig Betonungetüme nutzlos in der Landschaft herum - ausser der Bunker 23 (n46.6869, e10.5605).

Zwei Künstler haben den trutzigen Bunker mit Leben gefüllt. Aus der Schiessscharte ragt ein Wohnwagen und ergibt so eine gemütliche Wohnstube mit einer wunderbaren Aussicht über das Vinschgau.

Das Dach des Bunkers war ursprünglich mit Erde bedeckt. Seit neustem trägt er nun eine hölzerne Dachterrasse, die „Terrasse es Friedens“. Und die zappeligen Geländerstäbe entsprechen der Tonfolge des Liedes „Give Peace a Chance“ von John Lennon.

Leider gelingt es uns nicht, das Innere anzuschauen – Privat, kein Zutritt. Aber auch von aussen ist der Bunker sehr sehenswert. Oder zumindest bemerkenswert.

15. September 2016

Alpenglühen: Bozen interruptus

Es war eine heisse Nacht und wir schliefen bei offener Tür. Die morgendlichen Pendler schauen etwas verwundert – und auch etwas neidisch auf unser Freiluftbett.
Hier bei den Apfelplantagen haben wir sogar schnelles Internet, was an sich toll ist: Aber - ich erfahre auch, dass zuhause neue Arbeit eingetroffen ist und dass wir deshalb dringend heim müssen.

Aber Arbeit hin, Sommerhitze her; erst wollen wir uns heute noch Bozen anschauen. Mit dem Zug sind das dahin knapp eine halbe Stunde Fahrt. Und anders als in Meran liegt in Bozen der Bahnhof fast im Stadtzentrum.
Schon jetzt am Vormittag sind recht viele Leute in der Stadt unterwegs. Ausflügler und Einheimische. Wir streifen durch die Gassen und bewundern die prächtigen Fassaden und die Arkaden mit den bunten Läden.
Während Frau G. die Schaufenster anschaut, sehe ich mich nach lokalen Würsten um. Wie‘s ausschaut gibt es keine solche, bloss das Übliche.

Der Talfer teilt Bozen in zwei Teile; das mittelalterliche Bozen und das moderne Bolzano, so heisst „Bozen“ auf Italienisch, mit den Wohnblöcken aus der Zeit der Faschisten.
Wir schlendern hinüber und werden als erstes von einem Triumphbogen aus Marmor begrüsst. Dieser wurde nach dem 1. Weltkrieg als Siegesdenkmal errichtet. Und so schaut er auch aus; ein nackter Marmor-Krieger schiesst nach Österreich hinüber!

Am Imbiss gleich neben dem Siegerdenkmal leisten wir unseren ganz eigenen Beitrag zur Völkerverständigung und bestellen Wienerschnitzel. Eine wunderbar knusprige Panade umhüllt das dünngeklopfte Fleisch – herrlich.
In Bozen gäbe es bestimmt noch viel mehr zu sehen – zum Beispiel den Ötzi – aber es ist glühend heiss und so fahren wir am Nachmittag mit der Bahn zurück nach Gargazon.

Das ganze Vinschgau ist mit Apfelplantagen zugebaut. Soweit man sehen kann stehen Apfelbäume. Aber nicht die üblichen Bäume, wo der Apfelpflücker wie ein Affe im Geäst herum klettern muss, sondern Apfel-Spaliere in endlos langen Reihen, damit man mit diesen schmalen Traktörli dazwischen fahren und ernten kann. Und überall sehen wir haushohe Stapel grüner Apfelkisten, die auf die Ernte warten.
Wir fahren noch ein Stück heimwärts und übernachten etwas weiter talaufwärts in Mals. Hier oben ist es bereits merklich kühler als in Bozen und es weht ein angenehm frischer Wind.