27. Oktober 2011

Frankreich: dreimal über die Rhone

Heute Morgen hat es Nebel über der Camargue. Die Sonne scheint bleich und müde. Also fahren wir weiter.

Die Rhone sieht hier unten, so kurz bevor sie im Meer versinkt, aus wie ein See. Vielleicht kein breiter See, aber ein seeehr langer. Wir löhnen der Autofähre 5 Euro und dafür fähret sie uns ans andere Ufer hinüber. Ab nun geht es nordwärts. Heimwärts.

Unterwegs machen wir einen kleinen Abstecher zum römischen Aquädukten von Barbegal. Eigentlich sind es zwei. Diese verlaufen parallel und kilometerweit nebeneinander durch die Olivenhaine. Die eine versorgte damals Arlés mit Wasser, die andere trieb mehr als ein Dutzend Getreidemühlen an.

In Tarascon überqueren wir schon wieder die Rhone. Diesmal über die Brücke gleich neben der Burg. Unzählige Einschusslöcher in den dicken Mauern beweisen eindrücklich ihre Standfestigkeit.
Ich trete in einen Hundedreck. Egal - hat ja keiner gesehen.

Gegen Abend überqueren wir zum drittenmal die Rhone. Diesmal in Avignon, gleich unterhalb der vielbesungenen „halben“ Brücke. Die heisst eigentlich „Pont Saint Bénézet“ und hatte einst mehr als zwanzig Bögen, heute sind es noch vier.

26. Oktober 2011

Frankreich: Salzbewohner in der Camargue

Zwischen der kleinen und der grossen Rhone liegt die Camargue. Ursprünglich ein kaum bewohntes Sumpfgebiet. Schwemmland und Tümpel. Mitten drin ist das bekannte Städtchen Les Saintes-Maries-de-la-Mer. Im Sommer wird es von unzähligen geröteten und schwitzenden Badegästen überschwemmt.
Jetzt im Herbst ist es hier eher ruhig. Die Gassen sind fast leer und wir haben die schöne Wehrkirche für uns ganz alleine.

Ich widme mich erneut dem wilden Meeresgetier. Meerschnecken und Miesmuscheln mit Fritten.

In Salin-de-Giraud wird das beliebte Meersalz abgebaut. Riesenhafte Baumaschinen türmen den braungrauen Salzmatsch zu haushohen Hügeln auf. Wenn es dann getrocknet ist, wird es in kleine Plastikdosen verpackt und als „Meersalz aus der Camargue“ verkauft - echt unromantisch.

Als wir an den Strand von Piémanson kommen, beginnt grad die Polizei damit, alle Wohnmobile zu verscheuchen. Parken ist ausschliesslich entlang der Strasse erlaubt. Und da übernachten dann alle, brav am Strassenrand aufgereiht. Wir auch.

Das zweite Auto von links, das sind wir! 
Im Tümpel wären zudem herrliche Flamingos zu sehen. Die rosa Viecher sind manchmal aber sowas von menschenscheu! Und fliegen können sie auch.
Sooo schön ist es hier am Strand von Piémanson nun auch wieder nicht. Morgen wollen wir weiter.

25. Oktober 2011

Frankreich: Tintenfische und Flusspferde

Fast jeder Fischverkäufer hält diese orangeroten Küchlein feil. Handtellergross und mit einem schön gezackten Teigrand. Ich habe die Dinger schon oft gesehen, aber nie probiert. Wird mal Zeit, einen Bissen zu wagen.

Die Küchlein sind „Tielles Setoises“; Küchlein aus Sète. Gefüllt mit fein gewürztem Tintenfisch. Unglaublich gut. Wobei Frau G. meine Ansicht nicht unbedingt teilt. Ich zitiere ihre Worte: «die stinken fürchterlich nach Fisch - ess ich sicher nicht - niemals».
Ich argumentiere, dass das ja gar nicht sein kann, da Tintenfische keine Fische sind. Und dass nicht alles, was im Wasser lebt, Fische sind. Zum Beispiel Flusspferde. Oder Flamingos. Aber es nutz alles nichts...

Die Hülle ist aus einem mürben Brotteig. Die Füllung besteht aus kleingehackten Tintenfischen, gekocht mit Tomatenmark, Zwiebeln, Knoblauch und Gewürzen.
Schmecken sackgut - hab ich das eigentlich schon erwähnt?

24. Oktober 2011

Frankreich: weisse Pferde und rote Schwänze

Anders als ich, denken Mädchen bei „Schimmel“ nicht unbedingt an Käse, sondern eher an weisse Pferde. Und solche sieht man in den Sümpfen der Camargue überall. Das sind berühmten Camargue-Pferde. Früher waren die wild und frei, heute buckeln sie Touristen im Kreis herum. Jetzt im Herbst lümmeln sie untätig herum.

Ich interessiere mich aber heute eher mehr für die Meerestiere. Bei Frau G. verhielt es sich übrigens genau umgekehrt...

Aigues-Mortes in seinen Stadtmauern wäre jetzt im Herbst, wenn die Touristenmassen abgezogen sind, eigentlich richtig gemütlich. Aber ausgerechnet in diesen Tagen findet hier das alljährliche Pferdefest statt. Die Gassen sind voller Festbesucher und französischer Cowboys. Es wird gegessen, gelachen, gefeiert. Und auf dem Hauptplatz „spielt“ eine Rock-Band. Sie versucht ihr kärgliches Talent mit Lautstärke zu überbrücken.

Uns ist das etwas zu viel Feierlichkeit. Wir flüchten ins nahe Le Grau-du-Roi. Hier sind auch viele Leute unterwegs, aber wenigstens spielt da keine Rock-Band. Wir setzen uns am Hafen in ein Café und schauen dem Treiben zu.

Ich will mir einen Hut kaufen, probiere den einen oder anderen an. Als dann aber die ersten Passanten zu grinsen beginnen, lasse ich es lieber bleiben.

22. Oktober 2011

Frankreich: Flamingos sind knallbunt...

Die Camargue ist bekannt für ihre wilden Tiere; die weissen Pferde, die schwarzen Stiere und ganz besonders die rosa Flamingos. Diese stehen vielerorts in den Sümpfen und stochern mit ihren krummen Schnabel im glibrigen Moder.
Wer die Flamingos beobachtet, wie sie friedlich herumstehen, ahnt gar nicht, welch dramatische Geschichte sich hier verbirgt. Denn Flamingos sind eigentlich gar nicht rosa!

Von Natur aus sind Flamingos nicht rosa, sondern knallbunt. Rosa wurden sie wegen ihrem Verhalten! Und das kam so: Wenn die Winterkälte vorbei ist, beginnt bei den Flamingo-Hähnen die Brunft. Sie schleichen dann auf der Suche nach Hennen durch das Schilfdickicht. In ihrer rasenden Begierde bespringen sie dabei alles, was auch nur im Entferntesten nach Flamingo aussieht. Oder wenigstens knallbunt ist. Schon manch argloser Tourist hat da so einige unliebsame Momente erlebt.
Mit dem aufkommenden Tourismus gab es zunehmend Klagen von (bunt gekleideten) Touristen über plumpe Annäherungsversuche seitens der Flamingo-Böcke. Die französischen Behörden beschlossen als Sofortmassnahme, alle Flamingos einzufärben - rosa. So bespringen die brünstigen Hähne bloss noch ihre rosafarbenen Hennen und nicht mehr die bunten Touristen. Manchmal kann man die frisch gefärbten Jungtiere sehen, wenn sie zum Trocknen aufgehängt sind.

Die Behörden empfehlen den Touristen, sich keinesfalls rosa zu kleiden. Wegen den Flamingos. Und sowieso …

21. Oktober 2011

Frankreich: zwischen den Meeren

Nachdem wir bereits bei Toulouse ein Stück entlang des Canal du Midi geradelt sind, wollten wir das nun noch einmal tun. Wir starteten beim Kanal-Tunnel von Malpas und fuhren westwärts.

Der Canal du Midi ist eine geniale Erfindung aus dem 17. Jahrhundert. Denn schon die Römer fanden es einst nervig, immer um ganz Spanien herum rudern zu müssen, bloss um nach Nordfrankreich zu gelangen. Eine Abkürzung, einen Kanal, quer durchs Land wäre toll; aber da waren Berge im Wege. Erst 1666 fand Pierre-Paul Riquet eine geniale Lösung. Eine Linienführung für einen Kanal vom Mittelmeer zum Atlantik mit gut 90 Schleusen und einigen Tunnel. Nach 14 Jahre Bauzeit wurde der Kanal 1681 feierlich eröffnet.

Beidseits vom Kanal stehen dichtgereiht alte Platanen. Heute sind zahlreiche der Bäume krank und müssen gefällt werden, damit sie die Gesunden nicht anstecken.

Nach etwa zehn Kilometer gemütlichem velofahren kamen wir nach Capestang. Ein kleines Landstädtchen mit einem netten Hauptplatz. Wir stärkten uns mit Kaffee und Grenadine-Bier und machten uns dann wieder auf den Heimweg. Und gleich weiter nach Bézier.

Im Stadtzentrum steht der Pierre-Paul Riquet in Bronze gegossen auf einem Sockel. Er starb 1680 kurz vor der Eröffnung seines Kanals. Heute schaut er etwas wehmütig auf die Leute hinunter. Die  viel später erfundene Eisenbahn hat seinen Kanal überflüssig gemacht.

20. Oktober 2011

Frankreich: Meergnügen

Nach der langen Reise durch die Berge gelüstet uns nach mehr; nach Meer. Also fahren wir Richtung Perpignan und weiter bis an den Strand. Das Meer ist blau wie im Katalog.

Ich entblösse meine Kellerbräune und steige in die Fluten. Das Wasser ist gar nicht so kalt, wie ich anfangs dachte. Zudem brennt die Sonne vom Himmel, es ist fast 30 Grad warm.

Die Ferienparadiese machen bereits Winterschlaf. Alles zu, keiner da. Als ob kürzlich die Pest gewütet hätte.

Vereinzelt sollen Kunstwerke die zu gross geratenen Anlagen aufhübschen. Ein buntes Plastik-Gewürm schreit stumm um Aufmerksamkeit.

Das einst griechische Postschiff wurde in den 60-er Jahren auf Grund gesetzt und erfreut seither als „Lydia“ das Touristenvieh mit seinem Dancing und Casino.

An unserem Übernachtungsplatz haben wir ganz lustige Nachbarn mit ihren mobilen Behausungen. Kamerascheu und betont alternativ. Unter ihren zottligen Mähnen verbergen sich ganz nette Leute. Manch einem hätte aber wieder mal ein Bad gut getan.

19. Oktober 2011

Frankreich: elektrischer Kanarienvogel

Latour-le-Carol ist ein kleines Dorf an der spanisch-französischen Grenze. Es liegt auf etwa 1‘200 Metern in den Pyrenäen - und es hat einen Bahnhof; einen viel zu grossen Bahnhof. Sogar einen internationalen Bahnhof.
Hier treffen sich drei Bahnen mit verschiedenen Spurweiten und Stromsystemen zusammen. So etwas gibt es kaum anderswo.

Ganz links die Geleise des französische „le canari“ mit Schmalspur. In der Mitte die französische „SNCF“ mit Normalspur und daneben die spanische „RENFE“ mit spanischer Breitspur.

Der gelbe Zug „le petit train jaune“ wird im Volksmund auch liebevoll „le canari“ genannt, weil er gelb wie ein Kanarienvogel sei.
Die Bahn wurde schon vor hundert Jahren mit elektrischen Triebwagen geplant. Dies weil die enorm steile Strecke möglichst viele angetrieben Achsen erforderte; oder Zahnradantrieb. Jeder Zug ist deshalb mit jeweils zwei Treibwagen mit je vier angetrieben Achsen unterwegs.

Statt einer Fahrleitung benutzt man eine seitliche Stromschiene. Das wäre ja eine gute Idee, bloss bei Weichen, Bahnübergängen und Bahnhöfen macht das eher Probleme. Und berühren ist ungesund, da 850V!

Die Strecke ist nicht nur sehr steil. Sie ist auch spektakulär in das schroffe Gelände gebaut. Das schönste Teilstück ist das zwischen Villefranche und Mont-Louis. Wir bestaunen die zahlreichen Brücken und Tunnel. Baukonstruktionen vom Feinsten.

Der „Pont Gisclard“. Vermutlich die erste Schrägseilbrücke weltweit. Über die Brücke fährt grad einer der neuen Zügen von Stadler…

Der „Pont Séjourné“. Eine zweigeschossige, gemauerte Bogenbrücke.
Wäre ich so ein schrulliger Eisenverrückter, wie es viele gibt - ich är begeistert...

18. Oktober 2011

Frankreich: zehntausend Sonnen...

In den Pyrenäen ist der Himmel fast immer klar und kaum anderswo scheint öfters die Sonne. Was liegt da näher, als es mit einem Solarkraftwerk zu versuchen. Hier in der Gegend gibt es gleich drei davon.

In den 1950er Jahren baute man in Mont-Louis ein kleines Solarkraftwerk. Ein quadratischer Heliostat lenkt das Sonnenlicht auf einen runden Hohlspiegel und von da gelangt es in die Brennkammer. Damit konnte man über 3‘000°C erreichen. Für die Stromproduktion sind solche Temperaturen unsinnig, aber für die Material-Forschung grossartig.

Etwas später entstand in der Nähe ein weiteres Solar-Labor; „Thémis“. Mehr als hundert Heliostaten lenken hier das Sonnenlicht auf eine Brennkammer in einem Turm. Es werden Temperaturen von 3‘300°C erreicht. Einige imposante Brandlöcher am Turm zeugen von einigen Hopperla.

Im Jahr 1969 wurde dann in Odeillo noch ein grösseres Solarkraftwerk gebaut; „Heliodyssee“. Hier lenken 63 Heliostaten mit über 9‘000 Spiegeln das Sonnenlicht auf einen Hohlspiegel am Gebäude und von da gebündelt in den Laborturm. Die Gesamtleistung liegt bei etwa 1‘000kW und es werden Temperaturen von über 3‘800°C erreicht. Die Energie von zehntausend Sonnen…
Heute dienen die Versuchsanlagen immer mehr dem Tourismus als der Forschung. Täte man sich für Solarenergie interessieren - es wäre sehr sehenswert....

17. Oktober 2011

Andorra: ist auch schön

Dieses Beton-Unding ist die Stadtverwaltung. Steigt man in den Lift und fährt bis ganz nach oben, kommt man auf einen netten Platz. Und gleich dahinter befindet sich die Altstadt.

Wobei „Altstadt“ für die Handvoll alter Häuser etwas übertrieben scheint. Wir fanden es aber sehr malerisch.

Billiger Schnaps, Zigaretten und Elektronik füllen die Schaufenster. Es hat aber auch viele Edelboutiquen und Gaststätten. Und preiswerte Tankstellen!

Andorra besteht eigentlich bloss aus zwei Tälern; dem „Grossen Tal“ und dem „Nord-Tal“. Beide sind eng und enorm stotzig. Wir sind in ein kleines Seitental gefahren. Malerisch und herbstlich bunt.
Wer genau schaut, sieht Frau G. und unser Blechzuhause am linken Bildrand.

Auch wenn viele spotten, Andorra sei bloss hässlich und nur zum zollfreien einkaufen gut; uns haben die Tage in Andorra sehr gut gefallen.

15. Oktober 2011

Andorra: wozu da hin?

Als ich „Andorra“ sagte, da meinte jemand: «Kenn ich: Andorianer; Raumschiff Enterprise, Klingonen und so»! Nein, nicht die. Wir wollen nach Andorra, in das winzige Fürstentum in den Pyrenäen. Etwas kleiner als mein Kanton Obwalden und ein Wintersport- und Steuerparadies“.
Andorra gibt es seit 1278, trotzdem hatte es noch nie einen eigenen Staatspräsidenten. Das Amt teilen sich zwei Ausländer: Ein spanischer Bischof und der französische Staatspräsident! Andorra hat auch keine eigene Währung: Obwohl es nicht in der EU ist, benutzen sie den Euro als Zahlungsmittel.

Die Strasse nach Andorra führt über den „Pas de la Casa“, 2‘085 Meter hoch und ziemlich kahl. Zahllose Skilifte und Hotels verunstalten die Bergwelt. Dann geht es wieder hinunter. Weitere Hotels und Skilifte, jetzt im Herbst sind alle geschlossen.

Die Hauptstadt von Andorra heisst „Andorra la Vella“. Auf den ersten Blick wieder bloss eine Ansammlung von zu gross geratenen Häusern von äusserst fragwürdiger Ästhetik. Irgendwie wenig Land für viele Häuser.

Das zackige Glashaus im Hintergrund ist das Thermalbad „Caldea“ und der Stolz der Nation.