13. März 2017

Marokko: Nichtstun am Strand

Moulay Bousselham. Wieder ist es bewölkt und die taunassen Gänseblümchen schauen ganz traurig. Wir wollen heute hier bleiben und unseren Reservetag aussitzen.
Der Ü. findet seine Pillen nicht und muss heute zum Arzt. Die Apotheke wollte ihm gestern ohne Arztrezept keine verkaufen. Ich kopiere ihm den Beipackzettel aus dem Internet, damit er dann auch die richtigen bekommt.

Gegen Mittag kommt die Sonne durch und die Welt schaut wieder ganz nett und bunt aus. Auch Ü ist wieder da und hat neben seine Pillen auch noch Artischocken mitgebracht. Dazu serviert er eine überaus leckere Sauce aus allerlei feinen Zutaten und gekochten Eiern.

Heute wollen wir nichts tun. Nichts ausser liegen, lesen und essen. Als ich das durch habe, fahre ich ins Dorf und lasse meinen Möbelwagen waschen. Während der Gestiefelte draussen schruppt, sitze ich im Auto und trinke Tee. Wie so ein Kolonialherr. Ein bisschen peinlich ist es mir aber schon; vielleicht hätte ich doch die Storen zu machen sollen?

Heute hat der Abendhimmel die Farbe von Erdbeermilch. Ich weiss nicht, was das zu bedeuten hat –vielleicht wird morgen süsses Wetter?

12. März 2017

Marokko: kopflose Fische und die Flüchtlingsboote

Moulay Bousselham. Es ist trübneblig und seit Stunden kräht sich ein Hahn die Seele aus dem Leib. Als ich aufstehen kommt grad Ü mit frische Baguette daher. Wir frühstücken ausgiebig und schauen dabei den anderen Reisenden beim Zusammenpacken zu. Ich will jetzt aber nicht lästern, aber es sind lauter seltsame Leute.

Da wir heute nichts tun wollen, gehe ich zum Frisör. Direkt beim Fischmarkt gibt es zwei Salons. Ich wähle den mit der braunen Inneneinrichtung und den uringelben Wänden. Der Coiffeur ist ein junger Kerl mit ganz weichen Händen. Sehr engagiert und er schnippelt mir mit sehr winzig kleinen Scheren eine flotte Frisur ins Haar.

Die Sonne scheint und da ich jetzt schon hier bin, kaufe ich drei glotzäugige Fische für heute Abend. Auf dem Campingplatz grinst mich der Portier an und redet etwas von „ganz neuem Look“. Sogar meine beiden Reisekumpel sind von meinem „neuen Look“ ganz begeistert. Sie machen sogar Fotos von meiner neuen Haarpracht.

Am späteren Nachmittag kommt der Gemüsemann bei uns vorbei. Wir kaufen bei ihm faustgrosse und sonnenwarme Erdbeeren. Und er fragt mich, ob ich beim Frisör gewesen sei? Auch die drei Toyota-Fahrer nebenan lächeln milde. Ich scheine allen zu gefallen.
Der Gemüsemann erzählt von seinem Traum nach Spanien auszuwandern. Seine beiden Brüder sind schon dort. Die Boote dahin fahren gleich hier in Moulay Bousselham los und die Fahrt kostet 400 Euro. Die Boote dafür werden extra gebaut und bleiben dann dort einfach am Ziel liegengelassen.

Der Sonnenuntergang ist heute ganz nett, vielleicht etwas fahl. Zum z’Nacht schneidet Ü den Fischen die Köpfe ab und brät den Rest in Butter. Dazu mache ich Zitronenreis und Frank Erbsen und Karotten.

10. März 2017

Marokko: königlicher Flieger und eine alter Bunker

El-Jadida. Na also; das Wetter ist besser. Aus den blauen Wolkenlöchern schaut ab und zu etwas Sonne. Aber die Wettervorhersage ist weiterhin gräulich. Wir - also die beiden anderen Wüstenschiffe - beschliessen, heute bis nach Moulay Bousselham zu fahren.
Ich will mir aber unterwegs noch zwei, drei Sachen anschauen gehen. Dazu muss ich wahrscheinlich auch über Zäune klettern. Das geht eh besser alleine; denn dazu braucht es die Schlauheit eines Fuchses. Und wenn man erwischt wird, die Eigenschaften einer Schnecke: Kein Rückgrat und kräftig schleimen.

Kurz vor Casablanca verlasse ich die Autobahn und fahre zum ehemaligen Flughafen Casablanca-Anfa. Mittlerweile wurde der Flughafen vollständig abgerissen und das Gelände ist jetzt eine riesige Blumenwiese. Doch ganz am Rande sind einige alte Hangars übriggeblieben. Und da steht das vielleicht schönste Verkehrsflugzeug, das je gebaut wurde. Eine Lockheed L-749 Constellation aus den frühen 1950-er Jahren.

Mit genau dieser Lockheed Constellation sei 1955 der König Mohammed V. aus dem Exil nach Marokko zurückgekehrt, erzählt der Wächter. Doch das stimmt nicht - ich habe nachgeschaut - er kam mit einer DC-6.
Daneben gammeln auch noch zwei Boeing 727, eine Boeing 737 und eine weitere Rarität herum. Alle mit einer spannenden Vergangenheit. Und sie alle können nicht mehr weg, weil die Rollbahnen längst abgerissen wurden.
Über diese anderen Flugzeuge schreibe ich vielleicht später einmal etwas.

Ich fahre weiter nach Mohammedia und da gleich an den Strand von Cherqui. Auch dies ist ein geschichtsträchtiger Ort. Hier befand sich im 2. Weltkrieg die „Batterie de Pont-Blondin“, eine Festung mit vier grossen Küsten-Geschützen.

Während der „Operation Torch“ landeten 1942 die amerikanischen Truppen an der marokkanischen Atlantikküste und an der algerischen Mittelmeerküste und besetzten Nordafrika. Damit legten sie den Grundstein zur Befreiung Europas.
Die Batterie de Pont-Blondin war eine der wenigen französischen Festungen in Marokko – und die Besatzung ergab sich mehr oder weniger kampflos.

Die Sonne scheint, die Wiesen blühen und ich brumme nordwärts. Auf der nagelneuen Autobahn fahre ich um Rabat herum und über die neue Schrägseil-Brücke über den Bouregreg. Diese haben wir vor drei Jahren besucht. Damals war hier noch eine riesige Baustelle. Jetzt ist bereits alles fertig und längst in Betrieb.

Als ich gegen Abend Moulay Bousselham erreiche sind Ü und Frank gerade dabei zwei Doraden zu braten. Dazu gibt es lauwarmen Kartoffelsalat und einen orangefarbenen Sonnenuntergang. Herrlich schön hier.

9. März 2017

Marokko: bunte Kirche und mein Eisenhuhn

Marrakech. Im Morgengrauen kräht der Camping-Hahn neben meinem Möbelwagen. Das Wetter ist – auch bei wohlwollender Betrachtung – Mistwetter. Graue Wolken und Nieselregen. Aber wenigstens ist es jetzt deutlich wärmer. Gut dass ich mir gestern eine Wollmütze gekauft habe!


Mitten durch die ausufernden Vorstädte verlassen wir Marrakesch gegen Norden. Jetzt wo das Wetter so mies ist, will ich unterwegs noch etwas Kultur reinziehen. Der Umweg ist nicht weit und meinen beiden Reisekumpels wird es auch nicht schaden. Wir fahren nach Youssoufia.
Hier hat der spanische Strassenkünstler Okuda San Miguel im vergangenen Jahr eine alte Kirche bemalt (n32.2440, w8.5279). Nun zieren allerlei Tiere in grellbunten Farben die Fassade. Statt keinen Kirchenbesuchern kommen jetzt keine Touristen hierher.
Wir setzen uns in ein Café und bestellen einen Kaffee und zwei Tee. Die Serviererin versteht weder Französisch noch Arabisch. Sie bringt meinen Kaffee und sonst nichts. Ü. fragt nach; dann bringt sie zwei Tee mit jeweils zwei Teegläsern. Und Würfelzucker im Format eines Zigaretten-Päckli. Na gut.

Die Landschaft ist weiterhin topfeben und grasgrün, bloss der Himmel bleibt grau. Dann erreichen wir El-Jadida. Hier schauen wir uns die alte portugiesische Festung an. Doch das trübe Wetter dämpft etwas unsere Begeisterung. Wir schlendern durch die Gassen und ich kaufe mir ein Schoggi-Riegel und einen eiserne Huhn aus einer alten Teekanne.
Wir übernachten auf dem hiesigen Camping International. Er ist voller französischer Rentner und wieder schleichen hier Pfauen umher. Seltsam?

8. März 2017

Marokko: Marrakesch gibt alles

Marrakech. Gegen Mittag fahren wir mit dem Taxi in die Stadt; zum Jamaa el Fna. Hier brodelt bereits das Alltagsleben. Schlangenbeschwörer, Gaukler und viele Tausend Händler sind da und versuchen einen Brösmeli vom Tourismus abzubekommen.
Wie jedes Mal trinken wir als erstes einen eisgekühlten Orangensaft. Einfach gut – und sehr preiswert.

Der Souk, der gedeckte Markt, ist riesig gross. Und hier wird alles Erdenkliche feilgehalten; vom lebenden Huhn, über geschmiedete Gartenmöbel bis zum noblen Parfüm. Ich erwerbe eine Wollmütze, weil mir meine alte entlaufen ist.

In der Rue Bab Debbargh schauen wir uns eine der zahlreichen Leder-Gerbereien an. Was sich so romantischer anhört, erweist sich als einen Hof voller stinkender Gruben und haufenweise glitschiger Tierhäute. Ich weiss gar nicht, warum ich mir das jedesmal anschaue?

Ü. lässt sich bei einem Drechsler einen Hurlibueb - einen Kreisel – aus Zedernholz anfertigen. Der verwendet eine sehr simple Drehbank und hält den Beitel mit den Zehen. Genauso wie es damals auch schon die Römer gemacht haben.
Ganz in der Nähe sind die Wollfärbereien. Doch diesmal haben wir Pech und es hängt nur wenig Wolle zum Trocknen draussen.
Nach vielen Stunden Marktgassen-Plauderei sind wir geschafft und schlapp. Wir setzen uns deshalb auf eine Dachterrasse und schauen von oben dem Treiben zu.

Später stürzen wir uns noch einmal ins Getümmel und essen in einem der mobilen Restaurants auf dem Jamma el Fna z’Nacht. Ich heute vegetarisch. Frittierte Auberginen, Kartoffeln und Paprika. Und Beignets, was ich nicht weiss, was es ist. Es erweist sich dann als ein brauner, fettiger Teigklops.
Meine Mitesser bestellen fünferlei Spiesschen und marokkanischen Salat. Insgesamt ist das die bessere Wahl. Aber dafür futtere ich ihren süssen Nachtisch weg.