4. Dezember 2015

Ligurien: warum trägt der Kolumbus einen Bademantel?

Genova: Ganz in der Nähe der Piazza Ferrari kann man heute noch das Wohnhaus vom Christoph Kolumbus abfotografieren. Ein winzigkleines Haus aus rohem Mauerwerk. Bedrängt von himmelhohen Geschäftshäusern und einem mittelalterlichen Stadttor und von patriotischen Textil genadelt.

Wobei: Kein Mensch weiss, wo Christoph Kolumbus damals wirklich aufgewachsen ist? Oder gehaust hat. Man weiss nicht einmal, ob er überhaubt aus der Stadt Genua kommt. Sicher ist einzig, dass er aus der Republik Genova stammte und das dieses Haus einem Colombo gehörte. Dieser Colomba hiess aber nicht Christoph und war auch kein Seefahrer, sondern Weber.
Den Touristen scheint das alles egal zu sein, als Fotomotiv genügt das kleine Haus.

Vor dem Bahnhof Genova Piazza Principe steht ein grosses Kolumbus-Denkmal. Auf einem Marmorsockel steht der berühmte Seefahrer und schaut zum Hafen hinunter. Mir ist aber rätselhaft, weshalb der Nationalheld nur einen Bademantel trägt?
Der Christoph Kolumbus war damals ja viel unterwegs und wurde dabei am Bahamas-Strand von den Indianer entdeckt. Vielleicht soll der Bademantel daran erinnern? Oder an seinen entfernten Verwandten, den Weber? Odr so.

3. Dezember 2015

Ligurien: Genua und der gewonnene Krieg

Genova: Vor 70 Jahren endete auch in Genua der Zweite Weltkrieg. Die alliierten Truppen vertrieben die Wehrmacht und befreiten/besetzten Italien. Wer genau hinschaut, kann in Genua auch heute noch Spuren diese Zeit finden.

Am Eingang zu den verwinkelten Altstadtgassen kann man da und dort immer noch die Warnungen der Amerikaner lesen: „THIS STREET OFF LIMITS OF ALL ALLIED TROOPS“ - diese Strasse ist für alle Truppen tabu! Man befürchtete damals, die Soldaten würden Opfer von Taschendieben, Schlägereien oder Prostitution.

In der Cattedrale San Lorenzo ist ein weiteres Überbleibsel aus dem Krieg zu besichtigen; ein Blindgänger. Es sind die Resten einer britischen 15-Zoll Granate, die am 9. Februar 1942 vom britischen Schlachtschiff „HMS Malaya“ abgeschossen wurde. Statt des Hafens traf es dabei allerdings die Kathedrale San Lorenzo. Von der Granate sind noch das Kerngeschoss und diepanzerbrechende  Kappe erhalten, die ballistische Haube fehlt. Die Granate war ursprünglich also noch deutlich länger.
Zum Glück war es ein Geschoss zum Schiffe-versenken und ist nicht explodiert. Sonst gäbe es heute von der einzigartigen Kathedrale wesentlich weniger anzuschauen. So gab es damals bloss ein Loch im Dach. Glück gehabt.

2. Dezember 2015

Ligurien: die Präsidenten-Jacht ist gesunken

Genova-La Spezia: Der Himmel ist wolkenverhangen und es sieht nach Regen aus. Deswegen mache ich heute etwas ganz Verwegenes – eine Bahnfahrt! Und zwar fahre ich der Küste entlang nach La Spezia, um mir dort ein geheimnisvolles Schiff anzuschauen.
Vom Bahnhof La Spezia fahre ich mit dem Stadtbus, vorbei am Containerhafen, verschiedenen Werften uns Militärhäfen bis nach Muggiano. Hier am Ende der Welt rostet seit vielen Jahren die "USS Williamsburg", die berühmte Luxusjacht der amerikanischen Präsidenten Truman und Eisenhower, still vor sich hin.

Bildquelle Google.it
Als das Schiff im Hafen sank, kam Bewegung in die sache. Jetzt soll es weg; entweder wird es verschrottet oder es findet sich ein Käufer. Für mich also die letzte Gelegenheit für einen Besuch.
Die Williamsburg liegt im hintersten Winkel eines Werfthafens. Man könnte den drei Meter hohe Gitterzaun mit Stacheldraht ja dahingehend deuten, dass man hier nicht hinein darf. Ich versuche es trotzdem. Doch das Nebentor ist verriegelt. Ich könnte zwar drüber klettern, aber von überall glotzen mich Kameras an – das geht nicht.

Bildquelle Google.it
Als etwas später am Haupttor kurz die Schranke aufgeht, aale ich gschwind hindurch. Ich marschiere zügig los und tue so, als sei ich einer von hier. Aber kaum hundert Meter später pfeift ein Wachmann. Ich winke kollegial zurück – alles klar Amico – doch es nützt nix. Ich werde eingefangen und muss mit ins Büro. Was ich hier wolle und so? Ich stelle mich ahnungslos. Wir einigen uns dann, dass das hier Privatgelände sei und ich jetzt sofort verschwinde. Ja gut - hätte man auch netter formulieren können...

Ich schlendere zufällig noch ein wenig am Zaun entlang und beobachte die Möwen. Da und dort könnte man über den Zaun klettern. Wäre ansich kein Problem, aber was sage ich, wenn ich nocheinmal erwischt werde! Die kennen mich ja. Was sollte ich dann erzählen? Ich hätte mich verlaufen! Nö - meine Expedition zur amerikanischen Präsidenten-Jacht ist gescheitert.
In der Hafenkneipe fotografiere ich ein Wurstbrot und frage einen Werftarbeiter, ob er mir seinen Arbeitsplatz zeigen möchte. Nein. Also fahre ich nachhause.

Genova-La Spezia; Trenitalia Intercity 35657, 1:31 h, 1.Klasse, 9 €
La Spezia-Genova; Trenitalia Intercity 35510, 1:25 h, 2.Klasse, 11 €

1. Dezember 2015

Ligurien: Glühwürmchen und Kichererbsenfladen

Genova: Es ist wolkenverhangen, nur manchmal blinzelt kurz etwas Sonne durch. Ich schlendere durch das ehemalige Judenquartier. Heute hausen hier vor allem Einwanderer aus Afrika und Asien. Die Gassen sind schmal und düster. Einzig bei den "Lucciole" - den Glühwürmchen, wie sie hier die Lustgewerblerinnen nennen - brennt immer Licht.

Focaccia und Farinata sind die typischen Brote Liguriens. Focaccia ist ein knuspriges Fladenbrote aus Hefeteig, pur oder mit allerlei Gewürzen oder Auflagen veredelt.

Farinata sind auch Fladenbrote, aber aus Kichererbsen-Mehl gemacht; fettig, feucht und knusprig zugleich – und dünn wie Omeletten. Ich mag beide gerne, Focaccia aber noch etwas gerner.

Früher lag Genua am Meer. Dann hat man immer wieder den Hafen vergrössert, aufgeschüttet und umzäunt. Zudem trennte auch noch eine vielspurige Uferstrasse die Stadt vom Meer. In den 70-er Jahren versuchte man mit einer Hochstrasse einen Befreiungsschlag. Mit der "Sopraelevata Aldo Moro" wollte man der Autolawine Herr zu werden, was aber nur leidlich gelang.

Erst die Hafen-Erneuerung zum Kolumbus-Jubiläum 1992 brachte eine deutliche Verbesserung. Der Autoverkehr wurde teilweise in einen Tunnel verlegt und die alten Hafenanlagen zur Freizeitfläche umgebaut. Jetzt hat die Stadt endlich wieder Zugang zum „Strand“.

Der alte Handelshafen wird heute von allerhand Kultur belebt. Für die Touristen gibt es den Aussichtsturm „Bigo“ und gleich daneben das grosse Aquarium. Aber der touristischer Höhepunkt ist eindeutig das Segelschiff "Neptune". Es ist aus einem Piratenfilm vom Roman Polanski, und aus Holz und Polyester. Kitschig, aber bei den Ausflüglern sehr beliebt. In der alten Baumwollhalle ist jetzt eine "Kinderwelt" und ein Kongresszentrum untergebracht.
Wenn man mag, könnte man den ganzen Tag hier verbringen. Mir ist das aber alles ein wenig zu gekünstelt. Aber der "Mercato ittico" - der Fischmarkt - gefällt mir. Sinnigerweise steht er gleich neben dem grossen Aquarium - vermuttlich damit die Aquariumfische sehen könne, wohin sie kommen, wenn sie sich daneben benehmen? Odr so.

30. November 2015

Ligurien: Metropolitana mit Hund

Genova: Wer jetzt denkt, das wären schon alle Bahnen und Aufzüge gewesen – neiiin, es gibt noch mehr. Als nächstes fahre ich heute erst einmal mit der „Metropolitana“. Die Metro hat zurzeit bloss eine Linie; seit 2012 fährt sie vom Bahnhof Brignole bis zur Station Brin weit im Westen.

Während der Metrofahrt hüpft ein kleiner fussliger Hund auf den freien Sitzplatz neben mir und kuschelt sich an mich. Ich streichle ihn und er leckt mir dafür die Hand. Am Bahnhof Genova Piazza Principe muss ich aussteigen, er fährt noch weiter.

Am Ende des Bahnhofs, direkt über dem Tunnelportal, steht die Talstation der „Ferrovia a cremagliera Granarolo-Principe“. Von hier fährt die Zahnradbahn etwa 1,1 Kilometer lang bergauf nach Granarolo, etwa 220 Meter höher oben.

Ein alter hölzerner Triebwagen ruckelt stündlich hin und her. Ausser mir fahren nur wenig andere Fahrgäste mit. Die Bahn ist aber dennoch nicht nutzlos; denn das Gleis wird von den Anwohnern gerne als Fussweg benutzt – gleichmässige Steigung und autofrei.

Die Bergstation Granarolo bietet ausser etwas Aussicht nicht wirklich viel. Ich muss noch gschwind ins Gebüsch hinter dem Bahnhof. Kurz darauf fährt die Bahn auch schon wieder hinunter.
Die Talfahrt geht dann recht zügig, da wir unterwegs nirgends anhalten müssen. Ich bin ja auch der einzige Fahrgast und will bis zur Endstation.

In der Bar neben der Talstation mache ich Rast. Meine Beine sind von der Lauferei pluderlind. Zudem muss ich rein an die Wärme, dann das Novemberwetter tückisch. Im Faserpelz ist es mir an der Sonne zu warm und am Schatten zu kalt. Da hilft jetzt ein italienischer Kaffee. Winzig klein und brandschwarz. Der Bar-Mann ist ganz nett - und Fussbalfan, wie er erzählt. Wobei ich ihn kaum verstehe, er spricht irgendwie unverständlich. Vermutlich italienisch.