21. Juli 2015

Skandinavien: das Ende von Dänemark

Aalborg liegt am Wasser – wir auch. Wir schauen vom Bett aus den Ruder- und Segelschiffen zu wie sie ausfahren. Zauberhafte Morgensonne, doch blaugraue Wolken jagen über den Himmel. Die Möwen fliegen hin und her und schreien. Im Wasser planschen handtellergrosse, violett glibberige Quallen.
Kaum sind wir unterwegs, verschwindet auch schon die Sonne hinter schmutziggrauen Wolken. Wir rollen übers flache Land, kaum Verkehr, viel Gegend. In der Nähe von Blokhus (N57.25488, E9.58014) fahren wir einige Kilometer direkt auf dem Strand. Der ist hart und glatt, fast wie eine Autobahn.

Weil das Licht so schön ist, fahren wir in Løkken noch einmal hinüber zum Strand (N57.3803, E9.7179). Hier hat es wieder zahlreiche freigespülte Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg. Schief und schräg liegen sie auf dem Sandstrand. Einige ragen weiteroben aus der Böschung; dort wo sie von der Wehrmacht einst hingebaut wurden, damals als der Strand noch weiter draussen war.

Wer es sich leisten kann, hat eine Badekabine am Strand. Kleine weisse Einzelzimmer-Holzkisten auf Kufen, brav nebeneinander und durchnummeriert – 485 gibt es allein hier in Løkken –- und sie dürfen nur im Sommerhalbjahr am Strand stehen. Im Herbst müssen alle wieder weg. Sonst nimmt sie der Sturm.

Unser Strandspaziergang endet im Regen. Und es regnet nicht von oben, sondern quer. Grad noch rechtzeitig erreichen wir unseren Messwagen. Bei Kaffee und Kuchen schauen wir zu, wie regenfest die Dänen sind.

Kurz vor Hirtshals schauen wir uns den alten Leuchtturm an. Der steht ganz malerisch auf einer Sanddüne hoch über dem Meer. Rundherum sind die Dünen ganz zerfurcht. Darunter verbergen sich an die siebzig Bunker aus dem letzten Krieg. Heute sind sie ein Freiluftmuseum.

Die Stadt Hirtshals ist eigentlich gar keine, eher ein hin geklatschtes Dorf am obersten Ende Dänemarks. Uns gefällt es von Beginn an; gemütlich und übersichtlich. Ich muss mir neue Hosen kaufen, weil meine aktuellen hinten gerissen sind. Ein Riss, gross genug um den Kopf durchzustecken. Meine Wahl fällt auf dunkelblaue, welche mir Frau G. entgegenstreckt.
Gleich nebenan bietet ein Lokal namens „Peking Grill“ dänische Speisen an. Wir essen eine Wurst mit Röstzwiebeln und süssen Gurken.

Als der Regen wieder etwas nachlässt, schlendern wir zum Hafen hinunter. Da sind - wenig überraschend – viele Schiffe. Fischkutter und Fähren. Nach Norwegen, Schweden, Island, den Färöer-Inseln und so.
Der Hauptbahnhof Hirtshals ist gleich nebenan und das nördliche Ende der Eisenbahn. Er hat aber bloss ein einziges Gleis – und zwischen dem einen Gleis und dem Bahnhof ein Gitterzaun! Ohne den Gitterzaun könnte man bestimmt wesentlich einfacher einsteigen. Wer weiss, vielleicht würden dann auch mehr Leute bahnfahren?
Wir übernachten gleich hinter dem Güterschuppen.

20. Juli 2015

Skandinavien: bei dän Dänen

Niebüll. Als ich um halb sechs aufstehe, ist es in der Stadt noch ganz ruhig. Und herbstlich kühl. Heute wollen wir zeitig los, denn bereits übermorgen fährt unser Schiff nach Norwegen; ganz oben in Dänemark. Kurz vor sieben sind wir über die Grenze und schon wenig später in Esbjerg. Die Stadt ist noch schlaftrunken, kaum jemand ist unterwegs.
Wir schauen ein wenig Architektur von Jørn Utzon an und brummen dann weiter nordwärts. Bei den „Menschen am Meer“ (N55.4877, E8.4114) machen wir kurz Halt, schauen übers graue Meer und trinken einen Kaffee. Es bläst ein eisiger Wind, es ist mehr als 20° kälter als die letzten Tage.

In Blåvand hat der Sturm an der Küste einige alte Wehrmachtsbunker freigespült. Die dicken Betonwürfel liegen nun direkt am Strand. Ein - ich glaube britischer - Künstler – hat sie zu Seepferden (N55.5492, E8.1104) umgestaltet. Oder vielleicht sind es auch Bunker-Esel, wer weiss das schon?
Es ist kalt und windig. Mich schaudert, als ich sehe, wie ein Däne im Meer badet. Der scheint ein ganz harter Hund zu sein – der völlig gefühllos.

Die Häuser ducken sich hinter die Sanddünen und tragen pelzige Dächer. Schön anzuschauen.

Die Landschaft ist malerisch und wenig besiedelt. Um die Bauernöfen herum stehen meist Bäume oder Gebüsch; und auch zwischen den Feldern und entlang der Strasse wachsen lange Hecken. Man meint, man fahre immerzu durch einen Wald, dabei ist alles fruchtbares Bauernland.

In Herning machen wir Mittagspause. Wir fussgängern durch die Fussgängerzone und schauen in Schaufenster. Am einzigen Grillstand erwerbe ich zwei „Pølser med brød“; Grillwurst mit Brot. Dazu gibt es verschiedene Saucen vom Senf-Euter.
Später setzen wir uns in die Stadtbibliothek und geniessen das schnelle Internet. Die Stadtbibliothek ist übrigens ein grossartiges Gebäude; eine umgebaute Fabrik oder so.

Wir reifeln weiter durch Dänemark obsi. Lieblich Landschaften und Backsteinhäuser. Heute übernachten wir im Hafen von Aalborg, ganz in der Nähe des Marinemuseums. Ich schaue über den Zaun und sehe wie die Kinder mit einem Weltkriegs-Torpedo Schaukelpferd spielen. Schwerter zu Pflugscharen, sozusagen.

18. Juli 2015

unsere Forschungsreise nach Skandinavien

Seit auf unserem Möbelwage „Labor“ und „Messwagen“ steht, werden wir dauernd gefragt, ob wir Forscher seien?

Und unser Schweizerkreuz deuten sie wie selbstverständlich als "Rotes Kreuz", obwohl die Farbe eindeutig nicht rot ist..

17. Juli 2015

Skandinavien: Möwen futtern verboten

In Brunsbüttel kommt schon die nächste Fähre; diesmal über den Nord-Ostsee-Kanal, direkt an der Elbmündung. Wir schauen noch ein wenig den Schiffen zu, dann fahren wir weiter. Wir müssen fahren, denn bereits in zwei Tagen fährt unser Schiff nach Norwegen – und dazwischen liegt noch ganz Dänemark.

Die Landschaft ist grossartig. Vom Wind zerzauste Felder, Deiche mit Schafen und kleine Dörfer. Über alldem der blaue Himmel mir lauter knubbeligen Wolken.
Irgendwann kommen wir zum Eider-Sperrwerk. Mit mächtigen Stahltoren versucht man hier die Nordsee von den Dörfern fernzuhalten. Wir steigen oben hinauf und werden vom Wind beinahe weggeblasen. Einzig den Möwen scheint der Wind zu gefallen. Sie fliegen hin und her und betteln bei den Touristen um Brosamen. Aber auf einem Schild steht: „Möwen futtern verboten“, jemand hat wohl die ü-Pünktchen abgeklaubt.

Wir übernachten in Niebüll, mitten in der Stadt. Neben uns haust eine Frau. Sie ist mit einem Fahrrad und –Anhänger unterwegs. Darin hat sie ihre gesamten Habseligkeiten verstaut. Sie sagt, sie verabscheue Staat und Gesellschaft, «lebe in völliger Freiheit». Wir hingegen sind sehr zufrieden mit Norddeutschland und geniessen die Abendkühle.

16. Juli 2015

Skandinavien: Osten liegt im Westen und die Freiheit im Norden

Hamburg. Der Himmel ist blau und die Luft kühl. Herrlich. Heute um halb neun wollen Simon und Lisa nach Helgoland segeln. Dann ist der Höchststand der Flut und ab dann fliesst das Wasser elbabwärts. Zudem soll laut Prognose ein kräftiger Ostwind wehen, also Rückenwind.
«… und was macht ihr, wenn der Wind von vorne kommt?» frage ich Simon. «Dann fahren wir halt mit dem arabischen Wind – dem Dieselmotor.»

Auch wir fahren elbabwärts. Die Landschaft ist flach und wirklich schön. Im Gebiet unterhalb von Hamburg wird viel Obst und Gemüse angebaut; jetzt sind grad die Kirchen und Erdbeeren reif.
Alle Häuser sind aus rotbraunem Backstein gemauert und haben üppig geschnitzte Haustüren. Von der Elbe sehen wir aber meistens nichts, sie verbirgt sich hinter einem haushohen Damm – hier Deich genannt.

Das Dorf Osten liegt an der Oste, und darüber fährt eine Schwebefähre. Ein monstermässiges Eisengestell überspannt den Fluss. Daran hängt eine Plattform und fliegt Leute und Fahrzeuge ans andere Ufer, und das ohne die Segelschiffe zu behindern. Doch heute gibt es hier keine Segelschiffe mehr, dafür gleich nebenan eine Strassenbrücke. Die Schwebefähre schwebt nur noch zum Spass.

Kurze Zeit später erwartet uns schon die nächste Fähre; Wischhafen – Glückstadt. Die einzige Möglichkeit zwischen Hamburg und der Nordsee über die Elbe zu kommen. Die Überfahrt geht zügig, ja sogar stürmisch. Die Wellen spritzen meterhoch.

15. Juli 2015

Skandinavien: keinen Hamburger, dafür Franzbrötchen

Hamburg. Gestern habe ich herumgefragt, was es denn in Hamburg für typische Essenwaren gäbe? Einer meinte; »ja, Hamburger! Äh - und Franzbrötchen». Also fuhren wir heute Morgen zur Bäckerei und kauften Franzbrötchen – ein feines Blätterteiggebäck mit Zimtzucker obendrauf.

Heute wollen wir Hamburg anschauen. Zum Glück ist ganz in der Nähe ein Fähranleger. Die Fähre fährt uns über die Station „Finkenwerder“ und weiter elbaufwärts bis zur Station „Museumshafen“. Es ist schon wieder brütend heiss. Zum Glück gibt es hier einige nette Gartenlokale. Wir setzen uns unter die Trauerweiden und geniessen Kaltgetränke und Ausblick auf die historischen Schiffen und den grossen Containerhafen gegenüber. Riesige Kräne angeln Container aus den Schiffsbäuchen. Immer und immer wieder.

Eine nächste Fähre bringt uns zur „Elbphilharmonie“. Einem Bau von den Schweizer Architekten Herzog & de Meuron; berühmt wegen dem kühn geschwungenen Dach und den ausufernden Baukosten. Nach bald zehn Baujahren scheint das Opernhaus nun doch langsam fertig zu werden. Zumindest die Baugerüste sind schon mal weg und man vervollständigt bereits an der Umgebung.

Gleich hinter der Elbphilharmonie beginnen die historische Speicherstadt und die nagelneue Hafen-City. Beide gefallen uns ausserordentlich gut. Grossartige Architektur mit schönen Details und schönen Leuten. In den Strassencafés sitzen Kunststudenten und innen.
Es ist grad Ebbe und die Kellergeschosse sind sichtbar, bei Flut steigt das Wasser dann aber um gut drei Meter. Das erklärt auch, weshalb alle Landungsbrücken schwimmen konstruiert sind und die Schiffe nicht einfach an der Hafenmauer anlegen.
Eine ältere Dame erzählt uns, dass sich in Hamburg sogar die Geburten nach Flut und Ebbe richten. Hamburger würden generell bei auflaufender Flut schlüpfen!

Wir schlendern flussabwärts bis zu den „St. Pauli Landungsbrücken“. Früher entluden hier die Schiffe Waren aus aller Welt, Tee, Tabak und so; heute nur noch Touristen aus aller Welt. Wir setzen uns in einen unscheinbaren Imbiss und futtern Krabbenbrötchen und Backfisch. Dazu ein „Mischmasch“, das ist Kola und Orangina gemischt – zuhause nennen wir das „Diesel“.

Unmittelbar neben den Landungsbrücken steht ein kreisrundes Haus, darin der Lift hinunter zum alten Elbtunnel. Der entstand um 1900 und verbindet unter der Elbe hindurch die Stadt mit den Schiffswerften gegenüber. Das war damals ganz besonders wichtig, weil es nur Fähren und keine Brücken gab – aber die Elbe regelmässig zufror. Dann kamen die zehntausend Hafenarbeiter nicht hinüber zu ihrem Arbeitsplatz. Heute ist das nicht mehr so, es gibt Brücken – und Arbeitslose.

Auf der Nachhause Fahrt beginnt es zu regnen, aber nur so viel, dass wir unser Zuhause einigermassen trocken erreichten. Der Himmel ist novembertrüb, aber es immer noch tropisch heiss. Ein Abendregen bringt dann etwas Abkühlung.
Wir übernachten noch einmal in Finkenwerder, wieder direkt an der Elbe.