24. Mai 2015

Burgund: warum nicht auch U-Boote bauen?

Früher war Chalon-sur-Saône weitherum bekannt für seine Schiffswerft. Die Giessereimeister Joseph-Eugène und Adolphe Schneider eröffneten hier im Jahre 1839 ihre Werft. Mitten in Frankreich, weit weg vom Meer! Schon zwei Jahre zuvor begannen sie im Nahen Le-Creusot mit der Eisenproduktion und dem Bau von Dampfmaschinen. Jetzt kombinierten sie die beiden Sachen und bauten Dampfschiffe aus Eisen.


Auf der Werft in Chalon-sur-Saône wurden einige hundert Schiffe gebaut, auch viele Kriegsschiffe und U-Boote. Die Werft wurde um 1940 geschlossen, man beschränkte sich fortan auf den Maschinenbau; bis 1984 ein Konkurs die Sache beendete. Auf dem riesigen Areal ist heute unter anderem die Universität.

Von der einst weltberühmten Schiffswerft konnte ich kaum noch etwas finden. Einzig einige Helling am Flussufer erinnern noch an die ruhmreiche Werft-Geschichte.

22. Mai 2015

Burgund: genoppte und andere Türme

 Saint-Julien-sur-Dheune. Der Regen ist vorbei, die Morgensonne glitzert durchs nasse Gebüsch. Ein letztes Mal frühstücken wir auf der „la-vie“. Es ist frühlingsmild und die Vöglein zwitschern emsig. Kitschig schön. Dann kommt der Schleusenwärter und Peti und Lucia müssen los. Wir helfen noch gschwind beim Ablegen und winken ihnen lange hinterher. Unsere schöne Zeit als Boots-Schmarotzer ist vorbei.

Auch wir verlassen Saint-Julien-sur-Dheune und fahren ins nahegelegene Le Creusot. Neben dem alten Bahnhof „Creusot ville“ bietet die Schnellesserei McDonalds Kaffee und freies Internet an.

Auf kleinen Nebenstrassen kurven wir genüsslich durch die burgundischen Hügel. Viel Landschaft, gelegentlich von Kühen bevölkert, meistens aber nur Blumenwiesen oder Getreidefelder. Schneeweisse Wolken trampeln auf dem blauen Himmel herum. Dann entdeckt Frau G. in der Ferne die Menhirs d'Epoigny (N46.87622, E4.53427). Die Steine wurden vor etwa vor 5‘000 Jahren aufgestellt. Von wem und warum weiss keiner.

In einem kleinen Städtchen machen wir Mittagsrast. Beim Übersichts-Spaziergang treffen wir auf einen hübschen mittelalterlichen Dorfplatz mit einer stämmigen Kirche mit genopptem Kirchturm. Auf der Rechnung des Strassencafés lese ich später, diese Ortschaft heisse Nolay (N46.95185, E4.63284).

Etwas später sehe ich aus einem Wald ein Märchenschloss hervorlugen. Also nix wie hin und angucken, Frau G. liebt ja solche Schlösser. Das Château de la Rochepot (N46.95939, E4.68131) stammt ursprünglich aus dem 13. Jahrhundert, wurde aber nach der französischen Revolution zerstört und diente dann als Steinbruch. Bis es vor gut hundert Jahren wieder nach dem damaligen Zeitgeschmack aufgebaut wurde. Heute sieht es schöner aus, als es je war.

Heute übernachten wir in Beaune. Ganz nahe an der Altstadt finden wir einen grossartigen Schlafplatz. Ein grosser leerer Platz direkt an einem Bächlein, unweit vom Parc de la Bouzaise. Die Grillen zirpen und das Wasser plätschert vor sich hin. Einen besseren Platz kann man sich kaum vorstellen.

Später am Abend kommt noch eine ungarische Familie mit einer Transe und übernachtet am anderen Ende des Platzes.

21. Mai 2015

Burgund: der Kanal, das Velo und der Regen

Chagny. Über Nacht ist es kalt und gräulich geworden. Die Wolken hängen tief über dem Hafen von Chagny und es riecht nach Regen. Heute wollen wir zeitig los, da heute ein langsames Hotelschiff bergauf fahren wird; und wir wollen unbedingt vor ihm sein.

Das nächste Teilstück des „Canal du Centre“ windet sich ohne Schleusen den Hügeln entlang. Im Tal unten sehen wir kleine Dörfer, manchmal lugt auch nur der Kirchturm ber die Baumkronen. An den Hügeln gegenüber wächst der bekannte Burgunderwein. Also eigentlich bloss die Trauben, aus denen sie dann den Wein herausquetschen.

Später drückt die Sonne durch die Wolken. Aber es bläst ein eisiger Wind, so dass wir lieber im Salon sitzen und die Gegend durch die Fenster anschauen. Das Schiff hat nämlich zwei Steuerräder, eines oben auf der Dachterrasse und eines drinnen im Wohnzimmer. Finde ich überaus praktisch, sowas hätte ich auch gern.

Am Mittag legen wir in Saint-Léger-sur-Dheune an. Eigentlich wollen wir ins Gasthaus, doch das schaut so eigenartig ungemütlich aus, dass wir lieber auf dem Schiff essen. Als am Nachmittag der Nieselregen vorbei ist, satteln Frau G. und ich unsere Velos und radeln nach Chagny zurück. Nach dem neulich bemägelt wurde, wir seien zu faul, müssen wir halt nun bei Regengefahr radeln. Der Weg führt auf der ganzen Strecke dem Kanal entlang. Das heisst, er ist völlig eben, bloss bei den Schleusen geht es jeweils einige Meter bergab.

Kurz vor dem Ziel beginnt es wieder zu tröpfeln, aber nicht schlimm. Jedenfalls erreichen wir trocken unseren Wohnauto. Wir fahren einkaufen und dann nach Écuisses zum Kanal-Museum (N46.76766, E4.52822). Inzwischen stürmt und regnet es. Statt zu museumsen, sitzen wir im Möbelwagen und warten auf die Sonne. Der Regen prasselt aufs Dach, wir dösen und lesen.

Schlussendlich fahren wir in den Hafen von Saint-Julien-sur-Dheune, wo auch Lucia und Peti übernachten. Wir auch (N46.77443, E4.54399), direkt daneben.

20. Mai 2015

Burgund: der Kloaken-Taucher im Canal du Centre

Die anderen Wohnbootler schlafen noch, als wir den Hafen von Chalon-sur-Saône verlassen. Unseren Bus lassen wir bis am Abend hier stehen. Ursprünglich wollten wir am Abend mit dem Velo zurückfahren, doch es werden Gewitter vorausgesagt, weshalb wir wohl noch einmal bahnfahren werden.

Am Stadtrand von Chalon-sur-Saône zweigt der „Canal du Centre“ ab. Eine monstermässige Schleuse (N46.80662, E4.86441) hebt uns vom Fluss hinauf in den Kanal; 10.70 Meter Höhenunterschied. In der Schleuse ist es feucht und düster. Dann rauscht das Wasser hinein und drückt uns hinauf ans Licht; wie eine Geburt.

Der „Canal du Centre“ schlängelt sich äusserst malerisch durch die Hügellandschaft. Grosse alte Bäume und blühende Iris säumen das Ufer. Wir schleichen gemütlich der Wasserstrasse entlang. Aufs Mal macht die Schraube schauerliche Geräusche und dann würgt sie den Motor ab. Peti meint, der Propeller habe Unrat gefressen. Es hilft alles nichts, er muss tauchen. Also zwängt er sich in seinen hechtartigen Neoprenanzug und steigt in die brauntrüben Fluten. Einige Luftblasen gurgeln an die Oberfläche. Später auch wieder der Peti mit einem armdicken Tau, das er aus der Schraube befreit hat.

Die Landschaft wird offener und die Schleusen zahlreicher. Frau G. fährt mit dem Velo auf dem Treidelweg voraus und bedient die Schleusen. Das spart uns die Kletterei auf den glitschigen Leitern und erleichtert das Vorwärtskommen enorm. Wir sind ja eh schon langsam unterwegs, selbst betagte Wanderer überholen uns.

Am Nachmittag kommen erst Wolken und dann Chagny. Wie schon gestern fahren wir mit der Bahn zurück zu unserem Startpunkt. Heute dauert die Fahrt aber bloss eine Viertelstunde, dafür der Fussmarsch vom Bahnhof Chalon-sur-Saône zum Möbelwagen umso länger. Fast eine Stunde schlurfen wir durch die diesige Stadthitze.

Wir übernachten im Hafen von Chagny (N46.90353, E4.75269). Spät am Abend reisst die Wolkendecke für einen Augenblick auf und die Sonne leuchtet goldig - und wunderschön.

19. Mai 2015

Burgund: hin und her nach Chalon-sur-Saône

Die Sonne sonnt vom blauen Himmel. Das Städtchen Seurre strahlt wunderbar im Morgenlicht. Heute wollen wir mit Lucy und Peti bis nach Chalon-sur-Saône schifffahren. Und am Abend wollen wir dann mit der Bahn zurückfahren und unserem Möbelwagen holen.
Zuerst müssen wir aber noch gschwind einkaufen. Im Supermarkt steht eine dampfende Asphaltmaschine vor der Tür und innen werden grad die Regale ausgewechselt. Alle Gänge sind zugestellt mit Baumaterial, Bauarbeitern oder Bauabfällen. Wir bekommen aber alles was wir brauchen.

Die Landschaft ist lieblich und der Fluss dümpelt gemütlich dem Mittelmeer zu. Am Ufer sehen wir da und dort hinter dem Gebüsch einen Kirchturm oder Bauernhaus.
Ein brauner Drecksaum am Ufer der Saône zeigt die Höhe des letzten Hochwassers an; fast 2 Meter über dem jetzigen Wasserstand.

Gegen Mittag kommen wir nach Verdun-sur-le-Doubs (N46.89758, E5.02498). Hier mündet der Doubs in die Saône. Das Städtchen gefällt mir. Steinerne Häuser hoch über dem Fluss, wie mittelalterliche Burgen.
Wir ankern in einem Nebenarm und mampfen französische Käse- und Fleischleckereien. Dazu gibt es Wein, den ich üblicherweise weder mag noch vertrage. Dieser hier ist aber rosa und ganz gut.

Die Landschaft ist jetzt weniger waldig. Am flachen Ufer weiden Reiher und Kühe. Im Schilf kauern Fischer in Tarnkleidung und schauen erfolglos aufs Wasser.
Um vier Uhr nachmittags kommen wir nach Chalon-sur-Saône. Peti steuert die „la vie“ ganz sanft an die haushohe Ufermauer. Frau G. und ich hüpfen hinüber, klettern die steile Treppe hinauf und stehen aufs Mal mitten auf der Uferpromenade. Einige Passanten schauen verwundert, als wir so plötzlich aus dem Nichts auftauchen.

Es ist stickig heiss und der Bahnhof etwa anderthalb Kilometer Fussmarsch weit weg. Leider gibt es seit einigen Jahren keine direkte Bahnlinie mehr ins nur 35 Kilometer entfernte Seurre. Deshalb müssen wir erst Dreiviertelstunden nach Dijon fahren, dann umsteigen und mit dem Regionalzug wieder Dreiviertelstunden retour bis nach Seurre. Zum Glück sind die Eisenbahnwagen klimatisiert, sonst wäre ich zu einer Pfütze geschmolzen.

Vom Bahnhof Seurre marschieren wir zum Hafen, wo unser Kastenwagen unter den Platanen steht. Eine halbe Stunde Fahrt später sind wir wieder in Chalon-sur-Saône. Peti und Lucia warten bereits mit dem Nachtessen auf uns.
Wir übernachten direkt im Hafen (N46.77672, E4.86086). Es ist schwülwarm und ich bin schlapp.