14. September 2013

BahnOsten Rumänien: einmal quer hinüber

Cluj Napoca. Unser heutiger Zug besteht aus nur drei Personenwagen und einer Elektrolok. Und die sieht diesmal wesentlich besser aus, als die Wagen. Unserer ist der mittlere, ein 1. Klasse-Seitenabteilwagen in heftigem 1970-er Jahre Schick. Ein Traum in Hellbraun, Orange und Mausgrau gesprenkelt; wobei ich mir bei den Sprenkeln nicht sicher bin, ob die gewollt sind.

Der Wagen ist bis auf unser reserviertes Abteil völlig leer. Da sitzen schon drei Leute drin und die Heizung läuft auf Stufe „Oberhitze“. Wir setzen uns daher in ein anderes Abteil und hoffen, die Plätze sind nicht reserviert. Pünktlich um 9:12 verlassen wir Cluj und fahren ostwärts.

Die Landschaft ist hügelig und sonnenverdorrt. Staubgelbe Getreidefelder und Kleinstädte. Leeräugige Fabrikruinen und dann wieder Bauernhöfe. Ab und zu halten wir an und manchmal steigt jemand zu. Meist steht aber bloss der Bahnhofvorstand da und winkt uns mit seiner grünen Kelle hinterher.

Um eins, hinter Lunca Ilvei, ändert sich aufs Mal die Landschaft. Wälder und Schluchten. Und immer wieder kleine Bahnhöfe. Bahnhöfe mit unzähligen Geleisen, auf denen das Gras hüfthoch steht. Wohl wenig Bahnverkehr in der letzten Zeit.
Stunde um Stunde rollen wir gemächlich von Bahnhof zu Bahnhof; dreiundzwanzig werden es bis zum Schluss sein. Um halb vier, kurz vor Suceava, ändert sich die Landschaft erneut, nun wieder flach und dürr. Jetzt steigen Leute zu, unser Wagen ist bald halbvoll. Und wir fahren nun auch wieder schneller, manchmal bestimmt fast achtzig.

Auf die Minute pünktlich erreichen wir um 18:12 den Hauptbahnhof von Iaşi.
Ein sehr netter Taxifahrer bringt uns ins „Hotel Continental“. Unser Abendspaziergang endet nach kurzer Zeit in einem Gartenrestaurant. Bei Fitness-Salat und Limonade erholen wir uns von dem langen Ritt.

IR 1832 Cluj Napoca–Iaşi, 9:00 h, 460 km, 1.Klasse, ca. 23 Euro

13. September 2013

BahnOsten von Ungarn nach Rumänien in einem Zug

Budapest. Um halb Neun schieben sie unsern Zug auf Gleis 5 in den Bahnhof hinein. Bloss drei Personenwagen und ein Restaurantwagen. Und die hässlichste Lok weit und breit. Gefällt mir, denn wer so ausschaut, hat schon manche Schlacht gewonnen. Unverwüstliche Technik.

Pünktlich um 8:45 fahren wir los. Der Zug ist fast leer, höchstens zwanzig Passagiere. Unsere Sitzplätze sind in einem Grossraumwagen mit grünvioletten Sitzpolstern und dunkelroten Vorhängen. Ganz nett und sehr bequem.

Der Zug schleicht zuerst durch die Budapester-Vororte und dann übers Land. Ab und zu fährt er schneller, aber meist rollt er gemütlich nach Südosten. Die Landschaft ist flach, sonnengedörrt und endlos.

Gegen Mittag erreichen wir Püspökladány. Lokwechsel; nun kommt eine Diesellok vorne dran. Das ist in fünf Minuten erledigt, wir aber stehen noch weitere Dreiviertelstunden auf dem Bahnhof, bevor es fahrplanmässig weiter geht. Gut so, bloss keine Eile.

Die Sache mit der Diesellok stellte sich kurze Zeit später als überaus klug heraus; denn aufs mal fehlten die Fahrdrähte. Aus Langeweile füllen wir ungarische Kreuzworträtsel aus. Mein Lösungswort ist „Murmelhund“.

Kurz nach eins sind wir dann in Biharkeresztes. Wieder Lokwechsel, diesmal eine rumänisch Diesellok in blauweiss. Und ebensolch farbige Grenzer kontrollieren unsere Reisepässe. Wie‘s scheint, sind wir an der Grenze? Dies geniessen wir mit einem halbstündigen Stillstand.
Wir essen unsere mitgebrachten Sandwichs und rätseln lange, ob das darin Senf- oder Currysauce ist? Wir bleiben ratlos.

Die Landschaft in Rumänien ist zuerst unwesentlich anders, dann aber fahren wir durch Wälder und Schluchten. Schön hier. Unser Zug rollt relativ zügig dem Ziel entgegen. Pünktlich um 17:40 erreichen wir Cluj-Napoca. Mit der Strassenbahn fahren wir in unser Hotel. Das Hotel Melody mitten in der gemütlichen Altstadt.
Cluj ist eine angenehme und schöne Stadt, aber darüber schreibe ich nichts. Ich muss jetzt schlafen gehen, denn morgen früh geht’s weiter.

IC 363 „Bihar“ Budapest-Cluj Napoca, 7:55 h, 370 km, 2.Klasse, 19 Euro

12. September 2013

BahnOsten Ungarn: Kultur schlägt auf den Magen

Mitten in Budapest steht eine grosse Kirche, die Stefans-Basilika. Wegen ihrer Grösse eignet sie sich wunderbar für eine Besteigung, zwecks Rundblicks. Also steigen wir auf die Kuppel hinauf - und schauen hinunter.

Die Stefans Basilika beherbergt noch eine weitere Sehenswürdigkeit. In einem silbernen Tabernakel lagert eine Reliquie; die rechte Hand vom König Stefan I. Ich frage mich warum? Die Pfote ist bald tausend Jahre alt und deswegen ein wenig knusprig gebräunt. Und im Halbdunkel kaum zu erkennen.

Nicht minder berühmt ist in Budapest für seine „Lángos“. Das sind so im Fett ausgebackene Teigfladen, meist mit Sauerrahm und Käse belegt. Unten herum warm und knusprig, oben herzhaft saftig.

Und wenn wir schon beim Essen sind; heute versuchte ich auch noch eine Wurst. Eine „Ungarische“ sei das, sagte mir der Wurstfachmann auf meine Nachfrage hin. Sieht übel aus, schmeckt aber ganz gut: Mürbe im Biss und scharf auf der Zunge – lecker.

Die noch fehlenden Vitamine ergänzten wir anschliessend mit vegetarischem Süssgebäck. Ist wichtig, wegen dem Knochenwachstum. Odr so.

11. September 2013

BahnOsten Ungarn: Budapest erfahren

Der öffentliche Verkehr hier in Budapest ist vielfältig und funktioniert tadellos. Wir fahren am liebsten mit den gelben Strassenbahnen. Die sind fast so schnell wie die Metro, aber man sieht wesentlich mehr von der Stadt.

Die Metro verkehrt auf drei Linien. Die M1 ist mehr als hundert Jahre alt. Die Züge sind gelb und klein. Die Strecke fährt direkt unter der Oberfläche. In manchem Strassencafé hört man sie unter den Füssen durchfahren. Die Stationen versprühen Wohnzimmer-Charme.

Die Metro 2 ist aus den 1970-er Jahren. Die Züge sind weiss und windschnittig. Die M2 fährt unter der Donau durch, deshalb liegt die Linie sehr tief im Boden. Legendär sind die unglaublich langen Rolltreppen. Zudem rollen sie viel schneller, als gewohnt. Die Geschwindigkeit soll aber demnächst auf EU-Norm reduziert werden.

Die Metro 3 ist etwa gleich alt wie die M2. Die Züge sind blau und alt, und russisch. Die Stationen sind im 70-er Jahre-Sowjet-Stil gehalten. Grellbunte Kunststoffhocker und seltsame Chromstahl-Lampen. Die M3 ist die längste Strecke und die Züge fahren teilweise oberirdisch.

Bei den Bussen gibt neben den normalen blaue auch die rote Oberleitungsbusse. Auf manchen Linien kann man noch mit den schönen, alten „Ikarus“ fahren.

Wer bei der ungarischen Eisenbahn „MÁV“ ein Internet-Billet kauft, bekommt bloss einen Zahlenkode. Das richtige Ticket muss man dann vor Ort einem Automaten entlocken. Wir machten das gleich gegenüber im Keleti-Bahnhof. Direkt neben dem Haupteingang steht ein unscheinbarer, blauer Kasten. Die Zahlen eintippen - und in Sekundenschnelle kommen unten die richtigen Fahrscheine raus. Funktioniert tadellos. Nun sind wir für unsere erste Fahrt nach Rumänien gerüstet.

10. September 2013

BahnOsten Ungarn: die Schönheiten von Budapest

Budapest. Gestern Buda; heute wollen wir uns Pest anschauen. Gleich am frühen Morgen fahren wir zur Markthalle. Eine wunderschöne Schmiedeeisen-Halle voller Verkaufsläden. Von Stickereien bis Ziegenkäse wird alles feil gehalten. Und im Obergeschoss hat es einige lauschige Fressstände. Leider ist es mir noch zu früh für Wurst. Also weiter.

Gleich nebenan entsteht zurzeit das „CET“. Ein Kulturzentrum, das ausschaut, als ob ein gläserner Walfisch eine alte Lagerhalle frisst. Noch ist es nicht fertig, vielleicht wird das ja noch ganz hübsch.

Mit der Strassenbahn und der Metro reisen wir weiter zum Heldenplatz. Einem monumentalen Platz, weitläufig und geschichtsträchtig. Hier haben in der Vergangenheit die jeweils grad aktuellen Machthaber ihre Macht zur Schau gestellt. Wir schauen zu den Sockelhelden hinauf. Rauhe Kerle mit wilden Bärten; wie Eidgenossen.

Gleich dahinter ist das Stadtwäldchen, so heisst hier der grosse Stadtpark. Aber hier hat nicht bloss Wald, nein, hier sind auch der Zoo, der Zirkus und der „Vidampark“. Ein altmodischer Vergnügungspark, der Ende Monat für immer schliessen wird.

Es ist sommerlich warm und darum setzen wir uns in den Schatten und einer Gaststätte. Ich bestelle etwas mit einem unaussprechlichen Namen. Später stellt sich heraus, dass es sich dabei um Bohneneintopf im Brotlaib handelt. Schmeckt wirklich gut und nässt erstaunlicherweise nicht durch.

Mitten im Stadtwäldchen bauten sie vor gut hundert Jahren auch ein Märchenschloss hin. Für nichts gut, ausser hübsch auszuschauen. Und es sollte alle ungarischen Baustile repräsentieren. Deshalb sieht es ein bisschen zusammengewürfelt aus. Aber nicht unhübsch.

Den restlichen Nachmittag verbringen wir mit Kontemplation und Kaltgetränken. Bis uns die Dunkelheit übermannt und nachhause treibt. Ich fühle mich so müdeaberglücklich.

9. September 2013

BahnOsten Ungarn: jó napot Budapest

Der deutsche Philosoph Loriot sagte einmal: «Der Mensch ist das einzige Lebewesen, das im Fliegen eine warme Mahlzeit zu sich nehmen kann». Theoretisch wäre das auch auf unserem EasyJet–Flug möglich gewesen, doch der war so eng bestuhlt, dass bloss Flüssignahrung rein ging.

Wir landeten eine Viertelstunde zu früh in Budapest. Koffer-Karussell schauen, und dann raus hier. Mit dem Linienbus 200E fahren wir zur Metrostation. Dann mit der M3 ins Stadtzentrum, umsteigen und mit der M2 zum Keleti-Bahnhof. Gut eine Stunde nach der Landung sind wir im Hotel „Baross“. Wir bekommen ein schönes Dachzimmer mit Blick auf die grosse Metro-Baustelle vor dem Bahnhof. Gefällt mir gut.

Da es erst Mittag ist, unternehmen wir gleich einen Stadtrundgang. Ich will Frau G. einen ersten Überblick verschaffen. Also über die Kettenbrücke hinüber nach Buda. Die Donau fliesst bleiern untendurch, der Verkehr ebenso obendrüber.

Ein graubeiger Stein markiert den Nullpunkt des ungarischen Strassennetzes. Ab hier werden sie alle vermasst; hier ist aller Anfang und Ende. Gleich dahinter ächzt uns die Gellért-Standseilbahn hinauf auf den Burgberg. Steil und kurz. Oben ist das älteste Quartier von Obuda. Und natürlich die Burg, dazu reichlich Prachtbauten und in Bronze gegossene Könige.

Am Rande des Burghügels baute man anlässlich der ungarischen Tausendjahrfeier ein Märchenschloss hin; die sogenannte Fischerbastei. Kitschige Türmchen, Zinnen bewehrte Mauern und lichte Arkaden aus hellem Sandstein. So wie man es damals gerne mochte.

Heute ist ein wunderbarer Spätsommertag. Tintenblauer Himmel und es weht ein laues Lüftchen. Wir setzen uns auf eine Mauern und bewundern die grandiose Aussicht. Weit unter uns die Donau mit den mächtigen Brücken und am Ufer gegenüber Pest. Nennt sich wie die Seuche, ist aber wesentlich netter anzuschauen.
Irgendwann treibt uns der Durst weiter. Direkt ins traditionelle Cafe „Ruszwurm“. Ein unschöner Name für ein wunderschönes Lokal. Abgesehen von den vielen asiatischen Touristen, ist alles noch genau so, wie damals in den 80-er Jahren. Bei mir schwappen alte Erinnerungen hoch.

Der 16-er Bus fährt mit uns vom Burghügel hinunter, durch den Gellért-Tunnel und über die Kettenbrücke, hinüber zur Metrostation. Bei Sonnenuntergang sind wir zurück Keleti-Bahnhof. Erschlafft, hungrig und mit dampfenden Füssen. So schööön.