25. Juni 2013

Benelux: Metz mag ich, müde Züge auch

Der Wind jagt Wolkenfetzen über den Himmel. Wir schlendern den ganzen Vormittag durch die Altstadt von Metz. Schaufenstergucken und Strassencafétrinken. Es ist herrlich hier.

Die kulinarische Spezialität hier in Metz ist ein Küchlein namens „Paris-Metz“. Zwischen zwei bunten Bisquits ist eine Füllung aus einer weissen Creme und dazu Himbeeren.

Gegen Mittag kommt der Regen und wir müssen uns in eine Gaststätte flüchten. Eine „Guiche Lorraine“ muss dran glauben; natürlich ausschliesslich aus kulturellem Interesse.

Wir möchten heute ausserhalb von Metz übernachten. In der Karte sehe ich eine Ortschaft mit dem schönen Namen „Vry“, scheint mir gut geeignet zum Schlafen. Frau G. schlägt hingegen „Vigy“ vor, weil es da eine stillgelegte Bahn geben soll. Also fahren wir hin. Vry ist zu verschlafen. Aber welch eine freudige Überraschung meinerseits; in Vigy ist das Depot einer Museumsbahn.

Die Bahn heisst "ALEMF - Chemin de Fer Touristique de la Vallée de la Canner“. Auf dem Bahnhofsgelände und in der Werkstatthalle stehen einige interessante Fahrzeuge; Bahnperlen. Gut - rostige Perlen in einem erbärmlichen Zustand, aber Perlen.

Die Bahn befährt laut Fahrplan die Strecke Vigy – Hombourg. Abfahrt jeweils um 14:15, doch leider steht nirgends, an welchen Tagen sie das tut? Und  die Bahnmechaniker kann ich auch nicht fragen, die haben Feierabend. Vielleicht morgen, wir übernachten jedenfalls gleich an Ort und Stelle.

24. Juni 2013

Benelux: Plattfuss in Metz

Das „Centre Pompidou-Metz“ ist der neue Kulturpalast von Metz. Ein hölzernes Gitterwerk überspannt drei Ausstellungshallen, fast wie ein Zelt. Oder Grossmutters Steppdecke ihre knochigen Knie. Entworfen wurde es vom japanischen Architekten Shigeru Ban. Wir schauen uns das Gebäude und die Gastronomie an, die Kunstausstellungen lassen wir aus; zu schönes Wetter heute.

Metz zeigt sich heute von der schönsten Seite. Prächtige Plätze und grossartigen Pärke, verlockende Strassencafés und schöne Leutinnen. Wir flanieren bis uns die Füsse glühen.

Vom Portal der Kathedrale Saint-Etienne lächeln unzählige Sandstein-Figuren milde zu uns herunter. Dabei kleben die seit achthundert Jahren mit dem Rücken an der Wand, da wär‘s mir nicht ums Lächeln zumute!

Wir haben gleich beim Centre Pompidou einen idealen Parkplatz gefunden. Eine riesige Industriebrache, wo künftig das neue Quartier de l’Amphithéâtre entstehen soll. Jetzt sind wir sozusagen die ersten Bewohner hier; uns gefällts.

Am Abend mache ich noch eine Velofahrt in die Stadt. Schaue mir dies und das an. Den nagelneuen „Parc de la Seille“, den Bahnhof und den ganz alten Bahnhof. Die Luft ist lau und die Abendsonne mild. Mein Resthaar weht im Fahrtwind. Wunderbar – und dann habe ich vorne einen Plattfuss und muss mein Velo nachhause schieben. Merde.

23. Juni 2013

Benelux: heisses Kuscheln mit Belgiern

Der heutige Wetterbericht droht erneut mit einem schwülheissen Tag. Wir wollen deshalb den Fahrtwind nutzen und ein wenig nordwärts fahren. Und zwar auf den kleinen Landstrassen, die wir so mögen.

Rund um uns viel Landschaft, hügelig und herzallerliebst schön. In Baume-les-Dames und Lure machen wir bloss eine kurze Rast. Wir kennen die Städtchen von früheren Reisen, zudem ist es deutlich zu heiss für Kültür.

Kurz hinter Luxeuil-les-Bains erreichen wir unser erstes Ziel: die Mosel. Hier in Lothringen noch ganz niedlich „la Moselle“ genannt. Wir moseln ihrem Ostufer entlang. In Epinal sehen wir die ersten Flussschiffe, denn parallel zur Mosel gibt es auch noch den Vogesen-Kanal. Und der ist schiffbar.

Im Hafen von Charmes finden wir ein schönes Plätzchen zum Übernachten. Eigentlich - denn es sind schon einige Millionen Wohnmobile hier. Fast alle aus Belgien! Eng beieinander – Kuschelcamping. Wir stellen uns etwas abseits hin. Hier ist es erheblich gemütlicher, zumindest  als dann der Mann mit der Schleifmaschine Feierabend machte.

Charmes hat wenig von demselbigen. Dafür aber eine gehaltvolle Geschichte. In den vergangenen Jahrhunderten wurde es bei fast jedem Krieg zerstört, gebrandschatzt oder zerbombt. Zwischen den Kriegen zogen noch einige Seuchen und Hungersnöte drüber. Und so darf man sich heute nicht wundern, wenn das Städtchen so aussieht, wie es aussieht.

22. Juni 2013

Benelux: Bahnradeln im Jura

Die Bahnlinie „Ligne du Saugeais“ verlief einst dem Doubs entlang, von Pontarlier nach Gilley. Aber eigentlich war sie vor allem eine Querverbindung zwischen zwei parallelen internationalen Bahnlinien. Jedenfalls wurde sie 1888 eröffnet und genau 101 Jahre später wieder stillgelegt.

Die alte Bahntrasse ist jetzt ein Radweg. Gut 20 Kilometer lang und mit bahntypisch mässigen Steigungen. Obwohl es schon am Morgen affig heiss ist, schwingen wir uns in den Sattel und reiten los.

Von der einstigen Bahn ist kaum noch etwas zu sehen, selbst die Bahnhöfe wurden bis zur Unkenntlichkeit renoviert. Einzig einige Bahnbrücken sind noch intakt. Die Sonne brennt gleissend grell vom Himmel. Wer klug ist, geht in den Schatten.

Gegen Mittag erreichen wir Gilley Gare; gegart und weichgekocht. Wir pausieren im Schatten. In gut zwei Stunden käme der nächste Zug, solange mag ich nun aber doch nicht warten. Fahren wir halt zurück, ohne einen Zug gesehen zu haben.

Auf dem Rückweg geht’s tendenziell bergab, dafür haben wir jetzt Gegenwind. Es wird immer heisser - und zäher. Irgendwann am Nachmittag sind wir zurück in Pontarlier. In der Kühle des McDonalds erholen wir uns von den Strapazen und nutzen das Internet und Klo.

Zum Übernachten fahren wir an den Doubs. Gegen Abend stossen mächtige Gewitterwolken auf, vielleicht gibt es einen kühlen Regen?

21. Juni 2013

Benelux: Ameisen am Mont Muger

Die Nacht in Monthey war ruhig und schwülwarm. Ausser uns war noch ein Lastwagen aus Litauen da; und ein struppiger Zausel, der in einem Kastenwagen haust. Die Morgensonne und Dusche sind kraftvoll, also geniessen wir beides und fahren dann los.

Das Schloss Chillon liegt noch im morgendlichen Schatten. Eingeklemmt zwischen Felswand, Bahnlinie und See wartet es geduldig auf die heutigen Schulreisen und Seniorenausflügler. Wir sind zu früh da und haben es daher für uns ganz alleine.

Am Genfersee machen wir einen Abstecher in die Weinberge. Die Aussicht ist bilderbuchwürdig, das Strässli kurvig und schmal, aber stotzig.
Schon bald sehen wir vor uns die ersten Jura-Hügel. Wir wollen geradeaus drüber, doch wegen einer Strassenbaustelle fahren wir falsch - und kommen ins Vallée de Joux. Mitten drin ein See, tiefblau und wellig. Rundherum Tannenwälder und ein paar Dörfer.

Also nutzen wir die Gunst der Stunde und radeln um den See. Die Dörfer sind klein und haben einprägsame Namen; „le Pont“, „le Lieu“, „l’Orient“. Da und dort kommen wir an Uhrenfabriken. Meist prachtvolle Bauten mit güldnen Aufschriften. Wenn ich jetzt „ROLEX“ sehe, will ich im Fabrikladen für Frau G. was Nettes kaufen.

Unweit vom Vallée de Joux endet die Schweiz an der französischen Grenze. Keine Grenzer da, nur die schäbigen Kontrollhäuschen.

Ich wollte schon lange mal das Chateau de Joux besichtigen. Eine grandiose und geschichtsträchtige Burg hoch auf einer Felsnase. Aber jetzt, wo es vor uns steht, ist es mir doch zu heiss für eine Besichtigung. Viel zu heiss. Wir legen erst einmal uns in den Schatten und machen ein Nickerchen. Die Ameisen sind begeistert von mir und besteigen mutig den Mont Muger. Derweilen erfreut sich Frau G. an den hiesigen Zecken.