2. März 2013

Marokko: süsse Mädchen und saure Milch

Erst dachte ich unser Mowag habe Heimwehtränen - aber es waren bloss Regentropfen auf der Frontscheibe. Ungeachtet dessen reifeln wir weiter heute nach Norden. Nach Lixus.


In Lixus wohnten einst die Phönizier, dann die Numider und zum Schluss die Römer. Heute ist alles kaputt – seit eineinhalbtausend Jahren nur noch Ruinen. Lixus war damals für sein "Garum" berühmt. Garum ist eine würzige Sauce aus vergohrenem Fisch und war damals bei Römer's sehr beliebt. Die Herstellung stank aber dermassen, dass man die Fabriken ausserhalb der Stadt baute. Heute kann man noch etwa 150 Garum-Becken sehen, eine Zisterne und ein Salzlager. Stinken tut’s nicht mehr.

Am Mittag erfüllte ich mir einen lang gehegten Traum - ich bestellte mir eines der legendären Pommes-Frites-Sandwich. Abgesehen davon, dass leider grad keine Pommes da waren, war es ein tadelloses Pommes-Frites-Sandwich. Und ein wahrer Hochgenuss.

Etwas weiter im Landesinneren schauen wir uns den Steinkreis von M'soura an. Ein hoher Megalith, ein grosser Steinkreis und ein Hügelgrab. Beeindruckend. Und in der Umgebung liegen noch weitere Megalithen herum. Das Hügelgrab wurde allerdings im Rahmen von Forschungsarbeiten komplett zerstört und ist kaum mehr zu erkennen.
Da und dort sitzen Mädchen am Strassenrand und bieten ein milchiges Getränk an; „Laban“. Eine Art Sauermilch, zusätzlich mit geschrotetem Getreide drin. Genau so schmeckt es auch.

Gegen Abend erreichen wir den Stadtrand von Tanger. Als besonders malerisch möchte ich die Gegend nicht bezeichnen, aber hier gibt es diese riesigen Einkaufszenter wie in Frankreich. Also gehen wir einkaufen.

Ich kaufe mir neue Kugelschreiber und etwas Naschwerk. Und ein Sandwich-Kochbuch - in arabisch. Raja kauft den gesamten Vorrat an Dateln; mehr als dreissig Kilo.
Wir übernachten am Strand. Es stürmt und regnet.

1. März 2013

Marokko: Flamingos sind wie Schuppen

Moullay Bousselham. Die Morgensonne lässt die Pfützen glitzern. Der grosse Regen ist vorüber. Die Welt ist frisch gewaschen und am Himmel ziehen die letzten Wolken vorüber. Sie sehen aus wie die Schafhirne neulich in Marrakesch.

Am Mittag schlendern wir ins Städtchen hinauf. Entlang eines deutlich zu gross geratenen Platzes reihen sich Cafés, Restaurants und Kramläden. Gleich dahinter ist der Markt. Kleine noch regennasse Gassen voller Verkaufsläden und Warenlager. Herrlich.

Die ganze Reise schon wünsche ich mir eine Pizza. Jetzt wo ich endlich eine bekomme, ist der Reiz irgendwie vorbei. Und die Pizza ist ölig und schmeckt abgestanden. Nach Pizzaschachtel.

Raja überredet mich zu einer Bootsfahrt über die Lagune. Die sei recht gross und man könne allerhand Vögel beobachten, auch Flamingos. Also klettern wir in ein Fischerboot und stechen in See. Wobei  zurzeit in der Lagune grad Ebbe ist, statt Wasser sehen wir Sandbänke.
Kormorane schnabeln Würmer aus dem Schlick. Fischer stiefeln durchs Wasser und fangen Muscheln, Schnecken oder Köderwürmer? Die Landschaft ist – öööhm – sehr flach. Und schön. Und wir sehen sogar Flamingos; in gut einem Kilometer Entfernung! Sehen aus wie Schuppen auf einem Rollkragenpulli.

Unser Bootsfahrer meint, so gegen halb sechs komme das Wasser zurück. Also spaziere ich an den Atlantik um zu schauen, wie die Flut kommt. Wasser wäre genug da, bloss kommt es nicht über die Sandbank, die den Weg in die Lagune versperrt. Um halb sechs ist noch weniger Wasser in der Lagune, als am Nachmittag. Ist der Atlantik defekt? Oder leckt die Lagune.

28. Februar 2013

Marokko: der Krötenfisch und die Kultur

Moullay-Bousselham. Es seicht. Ich bleibe erst einmal bis halb neun liegen, vielleicht scheint dann die Sonne? Tut sie nicht! Also setze ich mich halt unter das Vordach und schaue dem Regen zu.

Als er kurz mal pausiert, schlendere ich ins Campingcafé und stecke meinen Compi an den Strom. Gegen Mittag treibt mich der Hunger wieder in den Regen hinaus. Als ich bei unserem Mowag ankomme, ist grad der Fischmann da. Er hat eine Kiste voll frischer Fische dabei. Wir kaufen einige silbrige und einen, der aussieht wie ein weiche Kröte. Der soll ganz besonders gut schmecken, sagt der Fischmann.

Eine Schafherde zieht über den Platz. Die vielen Schafbeine im Gras hören sich wie Regentropfen an. Der Nachbarhund heisst „Timmy“ und interessiert sich auch für Schafe. Wir schauen ihnen lange zu. Timmy interessiert sich auch für unsere Fischköpfe. Er darf sie aber nicht fressen, weil er deswegen kotze. Das jedenfalls behauptet sein Führer. Timmy frisst dann trotzdem einen unserer Fischköpfe – mal schauen …

Dann essen wir die kopflosen Fische, ausser dem Krötenfisch, den soll es zum Znacht geben. Ich besorge mir stattdessen Pommes-Frites. Und dann sitzen wir wieder unter dem Vordach und schauen dem Regen zu. Timmy kotz trotz der gefressenen Fischköpfe nicht. Jedenfalls nicht bei uns!
Dann drückt doch noch die Sonne durch die Wolken. Ich schlendere mit meinem Kulturbeutel zum „Sanitärgebäude“, da locken warme Duschen. Ich kulture mich gründlich und ausgiebig.

Der Sonnenuntergang ist dann doch noch ganz passabel. Vielleicht ist es morgen ja wieder sonnig?

27. Februar 2013

Marokko: bei der Kehricht-Kuh links

Es ist mausgrau und bewölkt, und für die nächsten Tage droht das Fernsehen mit Regenwetter. Wir fahren trotzdem nach Norden. Immer der Küste entlang, grasgrüne Felder und Bananen-Plantagen unter Plastik. Schön ist das nicht unbedingt. Gegen Mittag kommen wir in solch ein typisches Strassendorf. Auf den Telefonstangen nesten die Störche und in den Gassen ist Markt.

Hier auf dem Land sind noch die schönen alten Ford-Lastwagen unterwegs. Heute transportieren sie Esel und/oder Eselmist – in die gleiche Richtung! Raja wird von den Garküchen am Strassenrand magisch angezogen. In einem Speiselokal mit einem üppig-lila Ambiente essen wir Tajine und Grill-Schaf. Wobei - ich mag heute kein Schaf.

Die Landschaft ändert sich kaum, bloss unsere Strasse wird immer runzliger. Die Idee mit der Landstrasse war vielleicht doch keine so gute. Hätten wir doch die Autobahn nehmen sollen? So hoppeln wir halt in Schrittgeschwindigkeit über die Schlaglöcher. Velos und Traktoren überholen uns - schlimm sowas.

Irgendwann am Nachmittag erreichen wir doch noch das angepeilte Moullay-Bousselham. Gleich gegenüber einer müllfressenden Kuh geht’s links hinunter zum Strand. Zum Znacht kocht Ü. Spaghetti an Paprikasauce. Die ist dermassen scharf, dass uns die Tränen kommen. Und dann beginnt es auch noch zu regnen. Ein trüber Tag geht zu Ende.

26. Februar 2013

Marokko: himmelhoch und das Gegenteil

Es ist wolkig und manchmal leuchte die Sonne durch, aber für die nächsten Tage droht das Fernsehen mit schlechtem Wetter. Wir müssen trotzdem nach Norden. Immer der Küste entlang. Grasgrüne Felder und Bananen-Plantagen unter Plastik.

Irgendwo unterwegs machen wir Mittagsrast bei einer Schaf-Braterei. Raja bestellt ein Kilo Fleisch vom Grill, ohne Beilagen für sich. Wegen ihm soll kein Gemüse leiden müssen!

Ich nutze die Gelegenheit und besuche eine Baustelle nebenan. Die Geschossdecke im fünften Stock wurde kürzlich betoniert; und es soll noch höher hinauf gehen. Die Betonschalung ist – öööhm – speziell. Aus alten Brettern zusammengenagelt und mit ein paar Latten abgestützt. Mich erstaunt, dass es hält.
Jedenfalls sehe ich hier den eindeutigen Beweis, dass das genaue Gegenteil von alldem was man bei uns lernt, auch geht!

Wir übernachten in Mohamedia auf einem Campingplatz direkt am Atlantik. Ich lerne; warmes Wasser zum Duschen wird oft überschätzt. Es geht auch ohne.

25. Februar 2013

Marokko: was ist Mowag – und wozu?

Dem Raja sein Mowag ist schon ein alter Knabe; 57 Jahre und 2,5 Millionen Kilometer hat er bereits auf dem Buckel. Bevor ihn Raja vor 35 Jahren in die Finger bekam, diente er der Post als Päckli-Lastwagen. Er war langsam und ein hemmungsloser Säufer.

Raja renovierte den Mowag und verpasste ihm eine komplett neue Antriebstechnik. Die Achsen stammen von einer Mowag-Panzerattrappe aus den 1940-er Jahren, aber zusätzlich mit Sperrdifferenzialen ergänzt. Um die Achsen montieren zu können, musste er das ganze Chassis verbreitern und anpassen. Das Getriebe ist von Mercedes, von einem Düdo 608. Der Motor ist ein fabrikneuer Perkins 4-Zylinder Diesel mit 4,2 Liter Hubraum und ohne Turbo. Die Bereifung ist von einem Mowag Piranha Schützenpanzer, 11.00R16.
Das Konstrukt hat in seinem zweiten Leben nun bereits unzählige Reisen durch die Sahara gemacht. Und es ist jedesmal unbeschadet zurückgekehrt.