23. November 2012

ich hab keinen Koffer in Berlin

«Haben Se ihr Koffer verjessen, wa?», fragte der Hotelknecht bei der Abreise. Schon klar – für Aussenstehnde mag das so aussehen, denn wir reisen diesmal mit kleinem Gepäck. Ganz kleinem. Für die paar Tage in Berlin braucht man ja nicht viel.

Frau G. hat eine Umhängetasche mit - und ich meine kleine Laptoptasche. Kaum A4 gross und gut vier Kilo schwer. Meine Kleider habe ich neben den Compi hineingepresst. Drei T-Schirts und Unterhosen. Kabel, Netzteil und ein Buch. Etwas Shampoo und Zahnpasta habe ich zuhause in alte Filmdöschen gefüllt; mehr darf man ja nicht in den Flieger nehmen. Das ist alles.
Gut, ursprünglich war noch ein Wurstbrot dabei. Das habe ich aber zuhause liegen lassen. Über Augsburg hat die SWISS zum Glück einige ihrer Sandwiches verteilt. Die waren ganz schmackhaft, aber halt bloss daumengross.

22. November 2012

Berlin: meine Augenweide

Das Restaurant „Volkskammer“ ist eine Reise in die 1970-er Jahre. Alles, die Speisekarte, das Mobiliar, die Tapeten, das Geschirr, dieTopfpflanzen und auch der Gastwirt sind aus der damaligen Zeit. Wunderbar.

„BITTE LEBEN“ hat jemand an die Fassade des Wohnhauses „Schlesisches Tor“ gemalt. Das Haus wurde vom portugiesischen Architekten Álvaro Vieira geplant und gilt als Stil-Ikone der 1980-er Jahre.

Berlin ist eine Augenweide.

Seine Bewohner und -innen nicht unbedingt. Das links ist ein Kerl ...

21. November 2012

Berlin: Pferde auf dem Dach

In den Kinderbüchern gibt es doch diesen „Hanns Guck-in-die-Luft“. Genau so komme ich mir auch vor. Überall gibt es interessante Sachen zu sehen. Und die sind oft hoch oben. Türme mit güldenem Zierrat, in Metall gegossenen Feldherren und gläserne Kuppeln. Ich befürchte schon die Nackensteife vom andauernden nach-oben-gucken.

Besonders gut gefällt mir das Brandenburger Tor. Auf dem Dach stehen vier Blechpferde, wie versteinert. Sie ziehen stehend eine ebenso immobile Karre mit einer Frau drauf. Diese hält einen Wischmob in die Höhe. Darauf hockt wiederum ein Vogel. So genau konnte ich es aber nicht erkennen.

Gleich nebenan steht das alte Reichstaggebäude. Ein monumentaler Sandstein-Palast aus dem späten 19. Jahrhundert. Etwas jünger und halb so gross wie unser Bundeshaus in Bern. Aber mit Einschusslöchern.

Und oben auf dem Flachdach dann diese grandiose, gläserne Kuppel. Wir schlendern bis ganz zuoberst hinauf. Über uns nur noch der blaue Himmel. Blauen Himmel können sie gut, die Berliner.

20. November 2012

Berlin: Parade und Parodie

Es war damals an einem kühlen Nachmittag im Oktober 89. Alte Männer standen am Strassenrand und grinsten versteinert. Es stank beissend nach Auspuff. Panzerketten knirschen über den Asphalt. Stramme Soldaten im Gleichschritt. Was war da bloss geschehen? Es waren die Feierlichkeiten zu „40 Jahre DDR“.

Erich Honecker, Dachdecker und Staatsratsvorsitzender, reimt damals euphorisch: «Vorwärts immer, rückwärts nimmer». Schon einen Monat später wussten alle – es kommt alles ganz anders.
Die Parade fand damals an der Karl-Marx-Allee statt. Einer viel zu breiten und pfeilgeraden Strasse in Ostberlin. Ursprünglich sollten solche Paraden eigentlich vor dem Palast der Republik stattfinden. Man fürchtete aber Schäden an der Glasfassade wegen der Erschütterungen durch die Panzer und so feierte man halt an der langweiligen Karl-Marx-Allee.
Und heute stehe ich nun genau da und blicke hinüber, wo damals die grauen Mannen standen. Jetzt ist da bloss noch gähnende Leere und trostlose Laaangeweile. Parodie statt Parade.

19. November 2012

Berlin: wir Schweizer und ihr Fernsehturm

Berlin ist flach wie eine Pfütze. Und das was die Eingeborenen als „Berge“ benennen, sind in Wirklichkeit bloss ein paar fladenförmige Hügel. Kaum dreimal so hoch wie die Hausdächer, also nix.
Diesem Umstand wollten einst die Ostberliner mit einem Turm begegnen. Einem hohen Fernsehturm – einem sehr, seeehr hohen.

Mit der Planung des Fernsehturms begann man bereits in den 1950-er Jahren. Die Form war bald gefunden: Ein runder Turm mit einer Kugel und einer Antenne obendrauf. Aber wo soll er zu stehen kommen?
Der Basler Architekten Hans Schmidt wusste Rat und schlug heutigen Standort vor. Perfekt; hier war der Fernsehturm von überall her gut zu sehen. Auch aus Westberlin! Und wegen diesem Schweizer steht der Turm nun da, wo er heute steht.

Das vorgeschlagene Areal war unbebaut. Also - seit dem der Krieg die Häuser zerstört hat. Eines der Grundstückgehört einer Schweizer Familie. Die betrieben hier seit mehreren Generationen das „Café Vicedomini“. Nun wurde das Grundstück für den neuen Fernsehturm benötigt - also enteignet.

Die Familie Vicedomini wollte eine Entschädigung für ihr Grundstück - Deutschland wollte aber nicht bezahlen. Die ganze Sache zog sich hin. Erst 2003 gab Deutschland nach und entschädigte die Erben in der Schweiz: Ganz genau 1‘797 Euro und 39 Cent erhielten sie für ihr Millionen-Grundstück im Herzen Berlins.

17. November 2012

Reisetipp: das Bettlergeld

Der Reisetipp am Samstag: Fast in allen Reiseländern trifft man auf Bettler. Ob man ihnen was gibt oder nicht, muss jeder für sich selber entscheiden. Wenn ja, dann ist es aber eher ungeschickt, wenn man vor seinen Augen in seinem Bargeld nach der kleinsten Münze wühlt.
Ich habe darum meine "Bettlermünzen" immer in der rechten Hosentasche. In der linken ist dann das richtige Geld. Ein Griff - und ich habe eine passende Spende.
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