3. Oktober 2012

Slowakei: nasse Füsse und purpurrote Ohren

Was gestern Abend eine merkliche Abkühlung war, entpuppt sich heute Morgen als subpolarer Eisregen. Wir fahren einige Kilometer weiter bis nach Kezmarok. Hier finden wir direkt vor einem schockierenden Werbeplakat einen Parkplatz. Das Plakat führt einem eindrücklich vor Augen, wie fahrlässig man hier mit der Baustellensicherheit umgeht: Die Pumpbeton-Frau trägt keinen Helm!

Nicht ganz unerwartet regnete es auch in Kežmarok. Wir lümmeln ein wenig herum und schauen Schaufenster an. Es regnet währenddessen pausenlos weiter. Und die 6°C fühlen sich auch nicht grad warm an.

Kežmarok hat ein schönes Schloss. Und darin befindet ein kleines Automuseum. Etwa ein Dutzend Autos, ebenso viele Mofas und etwas Feuerwehrzeug werden präsentiert. Vor allem Skoda und Praga.

Am anderen Ende der Stadt steht eine einzigartige, reformierte Kirche. Der schlichte Bau ist komplett aus Holz gefertigt und innen überaus üppig bemalt. Von der Decke und den Wänden schauen ganze Heerscharen von Heiligen herab.

Es scheint nicht so, als ob demnächst die Regnerei zu Ende geht. Also was tun? Eine Höhle anschauen. Wir besuchen drum die berühmte Demänova-Eishöhle. Zum Höhleneingang müssen wir erst einmal hundert Meter den steilen Hang hinauf laufen, um dann im Berginnern wieder gut siebzig Meter in die Tiefe zu steigen.

Enge Gänge, weite Hallen und unzählige Tropfsteine. Stalaktiten wachsen von unten oder hängen an der Decke, Stalagmiten andersherum. Oder umgekehrt. Wie dem auch sei; manchen Stellen der Höhle sind vereist. Die Eiszapfen und Eisfladen von gigantischem Ausmass tauen auch im Sommer nicht auf.

Alte Inschriften berichten von früheren Höhlenbesuchern. Nach sage und schreibe 670 Treppenstufen kommen wir wieder ans Tageslicht. Aber hier draussen ist es auch nicht wärmer wie in der Eishöhle.

Wir übernachten ganz in der Nähe an einem See. Am Abend reisst die Wolkendecke auf und wir sehen grad noch die Sonne untergehen. War ein nasser, aber schöner Tag.

2. Oktober 2012

der Volksmund und die Schokoladenfrucht

Die Zipser Burg steht hoch oben auf einem Hügel und ist mächtig gross. Man könnte zu ihr hinauf steigen, doch uns gelüstet jetzt eher nach Kaffee und Kuchen. Das Fressen komme schliesslich vor der Kultur; sagt der Volksmund.

Und mich gelüstet zudem nach Bahnhof und Eisenbahn - öööhm Vorortbähnli.

Wir übernachten im nahen Levoča, einem ganz netten Städtchen mit einer sehr schönen Altstadt und einer Stadtmauer rundum. Hübsche Häuserzeilen und prächtige Kirchtürme. Vor dem Rathaus steht ein "Schandgatter". Hier hat man früher die Straftäter eingesperrt und ausgestellt.

Im Stadtpark dösen die Leute im Schatten der Bäume und die Alkoholisten frönen ihrer überschaubaren Leidenschaft.

Gegen Abend beginnt es zu regnen. Und es kühlt merklich ab. Wir liegen im Bett und hören dem Regen zu, wie er aufs Dach prasselt. Wohlig und sooo gemütlich.

Gestern haben wir einstimmig beschlossen, dass wir ab sofort   Schokolade zu den Früchten zählen. Das macht vieles einfacher; wegen den Vitaminen und gesund und so..

1. Oktober 2012

Slowakei: hilfe - der Geysir kommt

Gestern sind wir nach der Einreise in die Slowakei noch ein wenig heimwärts gefahren. Die Strassen sind ungewohnt fein; kein hüpfen, kein poltern, nur gediegenes dahin rollen. Am Strassenrand stehen nun da und dort diese protzigen Sockel-Panzer, die Kanonen stramm nach Westen gerichtet. In der Ukraine haben wir keinen einzigen gesehen.

Ins winzig kleine Dorf Herľany ginge wohl kaum jemand, hätten die nicht diesen Geysir. Einen seeehr seltenen Kaltwasser-Geysir (n48.8010, e21.4776). Der funktioniert so ähnlich wie eine gut geschüttelte Mineralwasserflasche; deren Deckel man wegmacht. Und alles herauszischt und das Sofa durchnässt. Hier einfach ohne Deckel und Sofa.

Das praktische an dem Geysir ist, dass er pünktlich alle 33 Stunden kommt. Und dass man auf dem Parkplatz nebenan wunderbar übernachten kann. Jedenfalls sind wir heut pünktlich zur vereinbarten Eruption da. Zuerst hocken wir gelangweilt herum und starren auf ein brunnenartiges Gebilde. Ganz ohne Wasser; furztrocken.

Aber dann geht’s los. Aufs Mal beginnt der Geysir zu spritzen. Erst zaghaft, dann immer heftiger, höher und wilder. Wie ein Geysir eben so tut. Das anwesende Publikum ist beeindruckt, ja euphorisch.

Nach etwa einer halbe Stunde ist die Geysirerei dann zu Ende und für 33 Stunden herrscht wieder Ruhe. Und Trockenheit.

29. September 2012

Ukraine: in der Ruhe liegt die Kraft

Uschgorod liegt fast direkt an der slowakischen Grenze. Bevor wir heute losfahren, schlendern wir nochmal durch die Stadt; wir brauchen noch Kaffee und ich etwas Internet.

Die Morgensonne leuchtet lieblich und die Werktätigen eilen kreuz und quer. Es ist urgemütlich hier. Schade, dass wir schon wieder weiter müssen.
Unser restliches ukrainisches Geld investieren wir in Diesel. Der kostet hier bloss 0,95 Euro pro Liter.

Die Ausreise aus der Ukraine geht eigentlich zügig. Wir werden freundlich und sehr gründlich kontrolliert. Wir müssen sogar auf die Grube fahren, damit man uns auch von unten gaaanz genau in Augenschein nehmen kann. Auf einem der Formulare ist nichts ausser einem verschmierten Taubenschiss. Dann ist gut und wir dürfen hinüber in die Slowakei fahren.

Hier langweilt sich schon eine lange Autoschlange. Nach geraumer Zeit werden wir (Ausländer? oder Schweizer?) an der Kolonne vorbei gewinkt und stehen nun direkt am Schlagbaum. Und warten. Irgendwann dürfen wir zum Glashäuschen vorfahren. Und warten. Dann kommt eine nette Beamtin und kontrolliert unsere Papiere und inspiziert das Auto und verschwindet dann wieder im Glashäuschen. Und warten. Irgendwann kommt sie hinaus, gibt unsere Dokumente zurück und wir dürfen weiterfahren.

Die ganze Prozedur hat etwa eineinhalb Stunden gedauert. Alle waren aber sehr nett und äusserst korrekt. Also kein Problem. Nun sind wir in der EU.

28. September 2012

Ukraine: was ist Kwas, und wozu?

Auf unserem Burghügel küsst uns die Morgensonne wach. Wir fahren noch ein wenig weiter nach Norden bis Rohatyn, Рогатин (n49.4097, e24.6094). Ab hier geht es nun nach Westen; heimwärts.

Die Landschaft ist wildromantisch. Felder, Wälder und Seen. Der See auf dem Foto sieht ja sehr schön aus, gerochen hat er aber, als ob er stinke.

Ein gigantisches Kohleraftwerk arbeitet tüchtig an der positiven CO2-Bilanz. Es verwandelt Kohle in braune Wolken.

In der Ukraine sind viele Strassen rissig, wellig und löchrig; die übrigen kaputt.

Der Fachmann im Krankorb macht das rosa Haus schön. Er sprüht trübgelbe Farbe über alles, was da ist. Fassade, Balkone, Lampe, Hausnummer, Strasse – und über sich selber. Was der Maler wohl von Beruf ist?

Von der gelben Farbe angestachelt trinken wir ein Kwas, das Lieblingsgetränk der Einheimischen. Und meines auch. Sieht aus wie Bier, schmeckt aber wie – öööhm – gut.

Gegen Abend kommen wir nach Ужгopoд (Uschgorod). Die Stadt ist erstaunlich gross und es hat viel Verkehr. Wir fahren mitten ins Zentrum und dann einmal quer durch die Altstadt hinauf zur Burg. Genau vor der Medizinischen Fakultät finden wir unseren Übernachtungsplatz. Ganz ruhig, zwischen den Kastanien.

Vor die Sonne untergeht reicht es grad noch für einen Spaziergang. Am Fluss zieht sich eine wunderbare Allee entlang, wo die jungen Frauen flanieren und die Hunde gaggeln.
Zur Feier gehen wir heute auswärts essen. Es gibt Pizza mit unrühmlichem Belag. Und natürlich Kwas.

27. September 2012

Ukraine: grüne Scheisse

Heute war es wieder soweit: Unser WC muss geleert und Trinkwasser aufgefüllt werden. Beides sind eher lästige Pflichten, die aber kaum umgangen werden können.

Mit dem Trinkwasser ist das hier im Osten kein Problem. Es gibt überall öffentliche Wasserbrunnen. Da können wir unsere Kanister problemlos mit kristallklarem Wasser füllen. Wer in seinem Reisemobil aber einem festeingebauten Wassertank hat ist hier blöder dran, denn die Brunnen haben keinen Schlauchanschluss.

Mit dem WC-Inhalt entsorgen ist das hingegen immer so eine Sache. Die nächste Entsorgungsstation ist laut Navi gut 900km weit weg! Das ist mir dann doch etwas zu weit, also wohin mit der Gülle?
Am einfachsten geht die Entsorgung in gewöhnliche Toiletten; am Bahnhof oder auf der Autobahnraststätte. Wenn keine solche da ist, benutzen wir am liebsten eine Kehrichtdeponie. Hier schütten wir unsere Klo-Brühe auf einen der stinkenden Müllhaufen.

Die Einheimischen werden sich bestimmt wundern, wenn sie unseren Plörre sehen, und denken: Buaaa - diese Westler - scheissen grüne Riesenfladen - wie der Teufel!