1. Oktober 2012

Slowakei: hilfe - der Geysir kommt

Gestern sind wir nach der Einreise in die Slowakei noch ein wenig heimwärts gefahren. Die Strassen sind ungewohnt fein; kein hüpfen, kein poltern, nur gediegenes dahin rollen. Am Strassenrand stehen nun da und dort diese protzigen Sockel-Panzer, die Kanonen stramm nach Westen gerichtet. In der Ukraine haben wir keinen einzigen gesehen.

Ins winzig kleine Dorf Herľany ginge wohl kaum jemand, hätten die nicht diesen Geysir. Einen seeehr seltenen Kaltwasser-Geysir (n48.8010, e21.4776). Der funktioniert so ähnlich wie eine gut geschüttelte Mineralwasserflasche; deren Deckel man wegmacht. Und alles herauszischt und das Sofa durchnässt. Hier einfach ohne Deckel und Sofa.

Das praktische an dem Geysir ist, dass er pünktlich alle 33 Stunden kommt. Und dass man auf dem Parkplatz nebenan wunderbar übernachten kann. Jedenfalls sind wir heut pünktlich zur vereinbarten Eruption da. Zuerst hocken wir gelangweilt herum und starren auf ein brunnenartiges Gebilde. Ganz ohne Wasser; furztrocken.

Aber dann geht’s los. Aufs Mal beginnt der Geysir zu spritzen. Erst zaghaft, dann immer heftiger, höher und wilder. Wie ein Geysir eben so tut. Das anwesende Publikum ist beeindruckt, ja euphorisch.

Nach etwa einer halbe Stunde ist die Geysirerei dann zu Ende und für 33 Stunden herrscht wieder Ruhe. Und Trockenheit.

29. September 2012

Ukraine: in der Ruhe liegt die Kraft

Uschgorod liegt fast direkt an der slowakischen Grenze. Bevor wir heute losfahren, schlendern wir nochmal durch die Stadt; wir brauchen noch Kaffee und ich etwas Internet.

Die Morgensonne leuchtet lieblich und die Werktätigen eilen kreuz und quer. Es ist urgemütlich hier. Schade, dass wir schon wieder weiter müssen.
Unser restliches ukrainisches Geld investieren wir in Diesel. Der kostet hier bloss 0,95 Euro pro Liter.

Die Ausreise aus der Ukraine geht eigentlich zügig. Wir werden freundlich und sehr gründlich kontrolliert. Wir müssen sogar auf die Grube fahren, damit man uns auch von unten gaaanz genau in Augenschein nehmen kann. Auf einem der Formulare ist nichts ausser einem verschmierten Taubenschiss. Dann ist gut und wir dürfen hinüber in die Slowakei fahren.

Hier langweilt sich schon eine lange Autoschlange. Nach geraumer Zeit werden wir (Ausländer? oder Schweizer?) an der Kolonne vorbei gewinkt und stehen nun direkt am Schlagbaum. Und warten. Irgendwann dürfen wir zum Glashäuschen vorfahren. Und warten. Dann kommt eine nette Beamtin und kontrolliert unsere Papiere und inspiziert das Auto und verschwindet dann wieder im Glashäuschen. Und warten. Irgendwann kommt sie hinaus, gibt unsere Dokumente zurück und wir dürfen weiterfahren.

Die ganze Prozedur hat etwa eineinhalb Stunden gedauert. Alle waren aber sehr nett und äusserst korrekt. Also kein Problem. Nun sind wir in der EU.

28. September 2012

Ukraine: was ist Kwas, und wozu?

Auf unserem Burghügel küsst uns die Morgensonne wach. Wir fahren noch ein wenig weiter nach Norden bis Rohatyn, Рогатин (n49.4097, e24.6094). Ab hier geht es nun nach Westen; heimwärts.

Die Landschaft ist wildromantisch. Felder, Wälder und Seen. Der See auf dem Foto sieht ja sehr schön aus, gerochen hat er aber, als ob er stinke.

Ein gigantisches Kohleraftwerk arbeitet tüchtig an der positiven CO2-Bilanz. Es verwandelt Kohle in braune Wolken.

In der Ukraine sind viele Strassen rissig, wellig und löchrig; die übrigen kaputt.

Der Fachmann im Krankorb macht das rosa Haus schön. Er sprüht trübgelbe Farbe über alles, was da ist. Fassade, Balkone, Lampe, Hausnummer, Strasse – und über sich selber. Was der Maler wohl von Beruf ist?

Von der gelben Farbe angestachelt trinken wir ein Kwas, das Lieblingsgetränk der Einheimischen. Und meines auch. Sieht aus wie Bier, schmeckt aber wie – öööhm – gut.

Gegen Abend kommen wir nach Ужгopoд (Uschgorod). Die Stadt ist erstaunlich gross und es hat viel Verkehr. Wir fahren mitten ins Zentrum und dann einmal quer durch die Altstadt hinauf zur Burg. Genau vor der Medizinischen Fakultät finden wir unseren Übernachtungsplatz. Ganz ruhig, zwischen den Kastanien.

Vor die Sonne untergeht reicht es grad noch für einen Spaziergang. Am Fluss zieht sich eine wunderbare Allee entlang, wo die jungen Frauen flanieren und die Hunde gaggeln.
Zur Feier gehen wir heute auswärts essen. Es gibt Pizza mit unrühmlichem Belag. Und natürlich Kwas.

27. September 2012

Ukraine: grüne Scheisse

Heute war es wieder soweit: Unser WC muss geleert und Trinkwasser aufgefüllt werden. Beides sind eher lästige Pflichten, die aber kaum umgangen werden können.

Mit dem Trinkwasser ist das hier im Osten kein Problem. Es gibt überall öffentliche Wasserbrunnen. Da können wir unsere Kanister problemlos mit kristallklarem Wasser füllen. Wer in seinem Reisemobil aber einem festeingebauten Wassertank hat ist hier blöder dran, denn die Brunnen haben keinen Schlauchanschluss.

Mit dem WC-Inhalt entsorgen ist das hingegen immer so eine Sache. Die nächste Entsorgungsstation ist laut Navi gut 900km weit weg! Das ist mir dann doch etwas zu weit, also wohin mit der Gülle?
Am einfachsten geht die Entsorgung in gewöhnliche Toiletten; am Bahnhof oder auf der Autobahnraststätte. Wenn keine solche da ist, benutzen wir am liebsten eine Kehrichtdeponie. Hier schütten wir unsere Klo-Brühe auf einen der stinkenden Müllhaufen.

Die Einheimischen werden sich bestimmt wundern, wenn sie unseren Plörre sehen, und denken: Buaaa - diese Westler - scheissen grüne Riesenfladen - wie der Teufel!

26. September 2012

Ukraine: am Gesicht lutschen und Käsetiere

Die Karpatenhügel liegen hinter uns und es wird zusehends flacher. Die Landschaft ist weit und manchmal schier endlos.

Schon bald liegt Iвaнo-Фpaнкiвcьк, Ivano-Frankivsk vor uns. Es ist die erste richtige Stadt für uns in der Ukraine. Eine Viertel Million Leute wohnen da und wir haben nicht einmal einen Stadtplan. Also fahren wir einfach den anderen Autos hinterher und finden so problemlos das Stadtzentrum. Und sogar einen Parkplatz.

Um den zentralen Hauptplatz herum hat es viele schöne Bürgerhäuser aus dem 19. Jahrhundert. Aber auch einen Park mit Blumen, Brunnen und Denkmälern. Es ist richtig schön hier.

Auf mehreren Plätzen finden heute Wahlveranstaltungen statt. Reden, Fahnen, Flugblätter, Folklore und so. Wir mischen uns unter das Publikum und schauen ein wenig zu. Gleich öd wie bei uns!

Nebenan ist heute ein grosser Kunsthandwerkermarkt. Es gibt allerhand Gesticktes und Gedrechseltes. Und Tierfiguren aus Käse! Ich kaufe mir eine Tonflöte in Form eines Vogels - warum auch immer.

Seit Jahren möchte ich mal an den Dnjestr, an diesen grossen europäischen Fluss. Es ist nicht mehr weit bis dahin, also fahren wir nach Гaлич (Halysch). Das Städtchen liegt direkt am Dnjestr und soll ganz hübsch sein. Und tatsächlich, es liegt direkt am Dniestr…

Wir übernachten ganz oben auf dem Burghügel (n49.1208, e24.7300), mit einem wunderbaren Blick über Halysch und den Fluss. Leider sind wieder dumpfe Wolken aufgezogen.

Am Abend kommen einige Jugendliche auf den Burghügel, schauen in den Sonnenuntergang und lutschen sich im Gesicht.
Auf dem Burghügel habe ich tadellosen Wlan-Empfang, aber leider sind die Telefonnetze unglaublich langsam, so dass das Internet kaum brauchbar ist.