An der Uferpromenade sieht man Stresa die glorreiche Vergangenheit an. Hotelpaläste aus dem Belle Epoche reihen sich entlang der Strasse. Jeder schöner und üppiger dekoriert wie die anderen. Manch ein Hotel erinnert einem an ein Märchenschloss in einem kitschigen Frauenfilm. Güldene Ziergitter, weisser Marmor und zwischen den Blumenrabatten weiden Pfaue. Vielleicht etwas dekadent, aber doch nett anzuschauen.
In den Parkanlagen stehen zurzeit Skulpturen von WAL (Walter Guidobaldi). Sie erinnern mich an die dicken Figuren vom Botero, diese hier sind aber
schneeweiss und aus Polyester.
In Stresa gibt es auch ein paar ganz hübsche Altstadtgassen. Wir schlendern den Ladengeschäften entlang und schauen uns die Auslagen an. Das meiste ist Kitsch, ausser man steht auf Plastik-Heiligenfiguren, Strandneger-Schmuck oder handgetöpferte Seifen odr so.
Dank dem Föhn haben wir heute einen ganz klare Sicht aufs gegenüberliegende Ufer und die Borromäischen Inseln. Der Himmel, die Berge, der See - alles blau in blau in blau. Herrlich schön. Aber dann landen immer mehr Reisebusse und kalben Ausflüglern - und wir fahren weiter.
Etwas unterhalb von Stresa steht in Arona auf einem Hügel eine riesige Figur des heiligen
Carlo Borromeo. Er ist hier im Ort aufgewachsen, später wurde er Erzbischof von Mailand und dann heilig. Die Statue ist etwa halb so hoch wie die Freiheitsstatue, aber doppelt so alt. Sie wurde 1698 fertiggestellt und sie diente später dem Bartholdi, dem Erbauer der Freiheitsstatue, als Vorbild.
Zuerst geht es sechzig Treppenstufen hinauf auf den Steinsockel wo die Statue steht. Der Kerl ist fast 24 Meter hoch, ist aus Kupferblech und innen hohl. Durch eine schmale Luke steigen wir hinein. Zwischen Kupferhaut und der steinernen Stützkonstruktion ist grad genug Platz für ein Leiter nach oben. 85 Stufen später endet der Granitkern auf Schulterhöhe. Hier ist ein wenig Platz, nicht viel, grad genug um anderen Besuchern auszuweichen. Und von hier kann man in den Kopf hinauf klettern.
Frau G. ist selber überrascht, wie problemlos sie hier hinauf kam. Wir schauen durch die Nasenlöcher hinunter zum ausgestreckten Arm und den Besuchern weit unten auf dem Rasen. Durchs Ohr sehen wir auf der andern Seite des Lago Maggiore Arona und die Burg Rocca.
Schon erstaunlich, mit welche einem Eifer und mit welch einer handwerklichen Hingabe die Leute damals den "Colosso di san Carlo Borromeo" schufen. Heute werden solche Monumente nur noch von verhaltensoriginellen Diktatoren erbaut.