27. August 2014

Linz: vom Regen in die Traufe

Das Frühstücksbuffet ist üppig und ein Rechtsdreher. Käse, Aufschnitt, Eier, Wurst kalt und warm, dann Joghurt, Süsskram und Saft. Schier wie im Paradies.
Es sieht nach Regen aus. Wir schlendern drum zuerst zum Südbahnhofmarkt. Hier bieten gut fünfzig Geschäfte täglich ihre Waren feil. Eine Augenweide - und es riecht wunderbar nach Speck, Käse und frischem Brot.

Wer jetzt bei Südbahnhofmarkt an „Bahnhof“ denkt, liegt gar nicht sooo falsch. Denn hier war früher einmal tatsächlich ein Bahnhof, Der Südbahnhof der Pferdeeisenbahn; einer Eisenbahn mit Pferden satt Lokomotiven.

Es beginnt zu regnen und wir fahren mit dem Bus zum richtigen Bahnhof. Im Bus erzählt eine Frau, dass die Linzer eher spröde und kontaktscheu seien. Ein Mann von weiter vorne bestätigt das und untermalt es mit einem Sprichwort. Nachdem die beiden ausgestiegen sind, erzählt uns eine andere Frau noch mehr vom Wesen der Linzer. So richtig "spröde und kontaktscheu" scheinen sie doch nicht zu sein!

Der Linzer Hauptbahnhof wurde vor einigen Jahren komplett neu gebaut. Einzig die zwei muskulösen Stein-Löwen vor dem Eingang erinnern noch an den alten. Wegen ihrer unrühmlichen Herkunft sind die Löwen aber etwa umstritten.

Eine gläserne Bahnhofshalle mit einer grosszügigen Verglasung zur Stadt hin. Leider sieht man aber überhaupt keine Züge, nur Ladengeschäfte - ein paar Fenster zu den Gleisen wären schon nett gewesen.
Wirklich schlimm sieht der Linzer Hauptbahnhof aber von der Bahnsteigseite her aus. Ein banaler, rosa angepinselter Flachbau ohne Eingang und Charme.

Am Hauptplatz ist heute Flohmarkt. Wir schlendern herum und beschauen uns die feilgebotenen Preziosen. Leider ist nichts für uns dabei.

Hinter einem Verkaufstisch brünzelt ein Pudel an eine Kartonschachtel. «Schaut's, hat er Lulu g'macht» lobt ihn seine Besitzerin überschwänglich.

26. August 2014

Linz: zwischen Mozartkugel und Schnitzel

Ganz in der Nähe von Rattenberg befindet sich das „Friedhof Museum“. Eigenartig, wer mag schon Gräber anschauen? Aber als wir da sind, ist es eine Sammlung historischer Grabsteine und so. Ganz besonders interessant sind dabei die Texte auf den Grabkreuzen: «aufigschtieg'n, abagfall'n, hin gwös'n».

Die Sonne lacht scheu zwischen den Wolken durch und wir nehmen die letzte Etappe unter die Räder. Immer noch zweihundert Kilometer Autobahn. Ennet der Leitplanken viel Landschaft. Kaffee am Mondsee, und weiter.
Auf einen Schild steht „Lust auf Linz“. Dann sind wir da. Bin froh.

Jetzt muss ich gestehen – von Linz kenne ich ausser der Linzer Torte nicht viel. Für uns Schweizer liegt dieses Linz halt einfach weit weg - und irgendwo zwischen Salzburg und Wien. Also zwischen Mozartkugeln und Schnitzel.

Als erstes spazieren wir gleich ins Stadtzentrum, an den Hauptplatz. Was für ein banaler Name für so einen grossartigen Platz. Prächtige Fassaden in allen möglichen Pastellfarben. Obendrüber aber hängen regenschwangere Wolken.
Als erstes gehen wir zur Touristen-Info, um uns eine "Linz Card" zu besorgen. Nette Beratung und reichlich Prospekte. Wegen dem Regen flüchten wir uns in ein Café und futtern eine dieser Linzer Torten. Unglaublich gut - und furztrocken.

Am Abend weichen die Regenwolken und wir gehen in die "Gaststätte Klosterhof". Ich möchte drum unbedingt etwas österreichisches essen. Saftgulasch oder irgendetwas mit Knödeln, odr so. Es wird dann aber doch nur ein Bauernsalat und ein Radler.

Am Nebentisch feiern einige junge Männer mit einer üppigen Fleischplatte Junggesellenabschied. Dem Bräutigam fehlt ein Stück vom Hosenboden. Erinnert mich an einen dieser rotarschigen Affen in den Tiersendungen.

25. August 2014

Österreich: fei kühl heut

Wir städtereisen nach Linz, Frau G. hat mich dahin eingeladen. Da sie bis am Mittag arbeiten tut, kommen wir erst später los. Wir fahren dem Walensee entlang und dann mitten durch Liechtenstein hindurch nach Österreich. So gegen vier Uhr machen wir auf dem Arlbergpass Brunzhalt.

«Fei kühl heut!» sagt die Frau hinter bei der Fleischkäse-Brötchen-Theke. Stimmt, darum erwerben wir zwei von den handwarmen Leckereien. Der Himmel ist trüb und die Autobahnfahrerei öd. Die Landschaft ist ja eigentlich schon schön, aber heute grau und gräulich. Manchmal regnet es.

Am frühen Abend kommen wir nach Rattenberg, einem pittoreskes Städtchen direkt am Inn. Der führt heute Hochwasser und Rattenberg ist von Tagestouristen überflutet. Doch um halb sieben schliessen die Läden und aufs Mal sind alle Touris weg. Es wird ruhig und wir haben Rattenberg fast für uns alleine

Wir schlendern durch die Gassen von Rattenberg, was übrigens die kleinste Stadt in ganz Österreich sein soll, und schauen uns dies und das an. Bürgerhäuser mit schöne Fassaden, das Geburtshaus der heiligen Notburga und eine Konditorei. Dann steigen wir hinauf zur Burgruine und fernblicken über die Dächer. Auch schön.
Eine Steintafel prahlt: „Am 4. August 1908 beehrte Seine kaiserliche Hoheit, der Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand von Österreich, dieses Ladengeschäft mit seinem Besuch“. Genau dieser Franz Ferdinand wurde dann sechs Jahre später in Sarajevo erschossen. Und daraufhin begann man den 1. Weltkrieg.

Wir beziehen ein „Komfortzimmer“ im „Gasthof Schlosskeller“ mitten im Stadtzentrum. Im dritten Stock, mit einem kitschigschönen Erker und zähflüssigem WiFi. Richtig gemütlich hier, gefällt uns. In der Nacht weichen die Wolken und der Mond glotzt vom blanken Nachthimmel.

23. August 2014

die glosse Leise

Eine Lebensweisheit aus Chinesien: «Jede glosse Leise beginnt mit einem kleinen Schlitt»
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22. August 2014

Reisetipp: Grenzen, Formalitäten und Kakerlaken

Wer auf dem Landweg reist, kommt zwangsläufig ab und zu an Grenzen; Staatsgrenzen. Diese liegen naturgemäss weit abgelegen, am Rande des Landes. Ganz anders als am internationalen Flughafen in der Hauptstadt, ist es hier meist nicht sooo gut organisiert. Und es arbeiten da auch nicht die allerbesten Beamten. Eher jene, die man anderswo nicht gebrauchen kannn.
Nun denn, wenn man an so einen Grenzübergang kommt, betritt man das Reich Absurdistan. Das Reich der ausufernden Bürokratie, der sinnlosen Tätigkeit und der realen Zeitlupe.

Der Ablauf ist aber universal gleich. Man fährt auf einer welligen Strasse in Richtung Ausland. Irgendwann tauchen leicht schäbige Grenzbauten auf, erkennbar an reichlich Landesflaggen und einer Barriere quer über die Fahrbahn.
Wir fahren bis zu einem unleserlichen Schild vor. Entweder steht da ein Beamter und bestimmt den weiteren Verlauf. Oder wenn nicht, gehen wir ins Gebäude mit der grössten Flagge.
Meist liegen da Formulare auf. Oder herum, und man wühlt darin, bis man von jeder Sorte eines hat. Diese sind gerne beidseitig bedruckt, vorne Arabisch, Rückseite Urdu. Oder Wolof oder so. Nun schreiben wir brav unsere Daten aus dem Pass und Fahrzeugausweis auf die gepunkteten Linien. Sinnfreie Fragen wie; Geburtsort des Vaters und des Fahrzeuges, Grund der Reise und so weiter.

Die Zettel reichen wir zusammen mit unserem Pass entweder durch ein Loch in der Wand oder unter einer schmierigen Glasscheibe durch. Der unsichtbare Beamte murmelt unverständlich. Wir antworten abwechselnd mit „yes sir“ und „pardon“. Warten bis wir das dumpfe Klopfen trockener Stempel vernehmen.
Nach etwas Wartezeit kommt dann ein Grenzer mit speckigem Kragen und unseren Papieren in der Hand und möchte das Auto kontrollieren. Er will da und dort hineinschauen, fragt nach Waffen, Drogen und Sexheftli. Wenn seine Neugierde befriedigt ist, fragt er noch beiläufig nach einem Geschenk für seine Kinder. Die würden sich nämlich sehr über ein Taschenmesser oder Zigaretten freuen. Haben wir nicht, bieten stattdessen alte Kekse. Will er nicht, aber Geld ginge auch. Geben ihm stattdessen ein müdes Feuerzeug. OK.

Wir bekommen unsere Pässe ein Bündel gestempelte Formulare zurück. Er zieht an einer Schnur und die Barriere öffnet sich wiederwillig. Wir winken würdevoll zum Abschied und fahren durchs Niemandsland zur Einreise des meist verfeindeten Nachbarlandes. Hier geht das Schauspiel noch einmal von vorne los. „pardon“ und „yes sir“.

Am späteren Nachmittag ist dann auch das geschafft und wir sind in einem neuen Land.

21. August 2014

damals, als der See an Land kroch

Der Sarnersee gehört zu den ganz wenigen naturbelassenen Seen der Schweiz. Bei den meisten wird nämlich der Wasserstand künstlich reguliert. Oder sie wurden in der Vergangenheit tiefergelegt.

Manche erinnern sich: Vor neun Jahren, im August 2005 regnete es einige Tage heftig. Und als der Sarnersee voll war, schwappte er übers Ufer. Der Wasserspiegel stieg zwei Meter höher als der alte Rekord.

Für einige Siedlungen bedeutete das der Untergang.