29. April 2014

Genfersee: wo das Internet erfunden wurde

Das Cern ist dieses grosse Forschungszentrum in Genf, wo Physiker so Atomdings aufeinander schiessen und schauen was dabei heraus kommt. Keine schwarze Löcher und auch sonst nichts Greifbares. Dazu haben sie hinter dem Genfer Flughafen einen 27 Kilometer langen kreisrunden Tunnel gegraben und gigantische Sensoren installiert. Das ganze in 50 bis 100 Meter Tiefe, wohl damit keine der Atomdings abhauen können.

Genau hier unter mir prallen die Atomer mit unvorstellbar hoher Geschwindigkeit aufeinander. Dabei zerplatzen sie und die Cern-Leute versuchen die Spritzer zu vermessen. Und wenn sie einen finden, sind wir alle etwas klüger.

Vor Ort sieht man von der gigantischen Anlage nichts. Viele Laborgebäude – und eine grosse Holzkugel. Diese ist ein alter Bekannter von mir. Das ersten mal sah ich sie als genialen Schweizer Pavillon an der Expo 2000 in Hannover. Anschliessend wurde das Holz zum „Palais de l’Equilibre“ an der Expo 02 in Neuenburg umgearbeitet. Und nun steht die Kugel hier als „Globe of Science and Innovation“ und dient als Besucherzentrum.

In diesem einfältigen - oder sagen wir schmucklosen - Bürogebäude erfand der Brite Tim Berners-Lee im März 1989 das Internet. So ganz für sich alleine machte das Internet allerdings wenig Spass und so verbreitete er seine Erfindung weltweit. Es wurde ein grosser Erfolg und wird bis heute gerne benutzt. Seine damalige Webadresse „http://info.cern.ch“ ist die erste überhaupt - und läuft immer. Und wir reisen nun wieder nach Frankreich.

28. April 2014

Genfersee: das Kilometer-Haus

In einem Genfer Vorort steht das vermutlich längste Wohnhaus Europas. Der zickzack Wohnblock ist einen ganzen Kilometer lang und 15 Stockwerke hoch. Am südlichen Ende türmen sich zudem noch zwei 30-stöckige Hochhäuser auf. Schandfleck oder Kulturerbe? Wie wollen ihn anschauen.

Die Cité du Lignon wurde zwischen 1962 und 71 erbaut; im Kampf gegen die Wohnungsnot. Sie hat 2‘700 Wohnungen und wurde damals für 10‘500 Bewohner geplant. Also eine ganze Stadt in einem einzigen Haus.

Im Innenhof gibt es ein Einkaufszentrum, einige Restaurants, zwei Kirchen, ein Theater und eine nette Parkanlage. Alles im etwas einfältigen Baustil der 60-er Jahre.

Seit einigen Jahren steht das Haus unter Denkmalschutz. Und es ist in einen überraschend guten Zustand. Also: Interessant anzuschauen, aber da wohnen möchte ich glaub lieber nicht. Mir reicht schon weniger als ein Kilometer zum Wohnen.

26. April 2014

Genfersee: Schaf im Wolfspelz

Letztmalig sah ich diese Limonade vor zehn Jahren bei uns am Bahnhof. Und es gibt sie anscheinend immer noch: Swiss Cannabis Ice Tea.

Bläterliwasser mit Brennesselgeschmack - wohl eher was für die pickligen Pubertiere.

25. April 2014

Genfersee: da hat einer die Sisi ermordet

In der Nacht haben sich Wolken angeschlichen. Alles trüb und grau. Unweit liegt St. Gingolph. Mitten im Dorf ist die Schweiz zu Ende, die andere Hälfte von St. Gingolph liegt schon in Frankreich. Auch die Bahn ist hier zu Ende, drüben in Frankreich ist bloss noch das Gestrüpp unterwegs.

Wir brummen genussvoll dem Genfersee entlang. Zuerst ist nicht viel, dann kommen wir nach Évian. Mondäne Villen und ein nobles Casino. Und hier füllen sie das bekannte Evian in die Wasserflaschen. Es beginnt zu regnen – wir rollen weiter.

Bis nach Ivoire; einem mittelalterlichen Dorf und Touristenmagneten direkt am See. Wir schlendern durch die alten Gassen und essen Lebkuchen mit Orangengeschmack. Schön hier.

Zu unserem Erstaunen finden wir dann mitten in Genf einen Parkplatz. Also auf zu einem Stadtbummel. Nebenan spritzt die Fontäne Wasser in den Himmel. Mindestens – öööhm – sehrseeehr hoch. Eine Art Regenmaschine, was aber grad heute sinnlos ist. Ansonsten gibt’s hier Boote, Möwen, und Schiffe.

Wir schlendern der Promenade entlang, und dann über die Brücke auf die andere Seeseite. Hier drüben, gleich vor dem Hotel „Beau-Rivage“, hat 1898 der italienische Anarchist Luigi Lucheni die österreichische Kaiserin Sissi erstochen. Ein unscheinbares Messingschild erinnert an den damaligen Königsmord. Im selben Hotel „Beau-Rivage“ ist 1987 Uwe Barschel in seiner Badewanne ersoffen. Vielleicht hängt da jetzt auch ein Messingschild?
Wir schauen uns in Genf noch einige andere Sachen an und fahren dann zum Übernachten an den äussersten Zipfel der Schweiz. In La Plaine finden wir einen netten Platz an der Rhône.

Es tröpfelt leise aufs Dach.

24. April 2014

Genfersee: eine Hochschule macht Wellen

Von der Strasse her sieht es erst einmal recht unspektakulär aus; das neue „Rolex Learning Center“ der Technischen Hochschule Lausanne. Ein riesiger Faden, der sich da und dort etwas aufbäumen. Wie ein Teppich, den man aufhebt um den Staub drunter zu wischen. Beim näher kommen merkten wir dann, wie gross das Ding ist: Riesig. 120 mal 160 Meter lese ich irgendwo.

Bildquelle: Tageszeitung/www.etools.ch
Durch eine der Wellen betreten wir das Gebäude. Überall sind runde Löcher ausgestanzt, so entstehenzahlreiche Innenhöfe; und unter den Wellen gedeckte Aussenplätze und Durchgänge.

Innen formt der Boden eine Berg- und Tallandschaft. Da und dort flätzen Studenten in utopischen Sitzkissen und dösen. Andere sitzen in gläsernen Blasen und studieren. Ich interessiere mich aber mehr für die Gatronomie. Mehrere riechen sehr verlockend. Und preiswert essen ist ja nie verkehrt.

Ein spannender Bau, aber auch etwas arg künstlich. Überall wird das eigentlich schöne Konzept von Schutzgeländern, Rollstuhlrampen und Warnmarkierungen blossgestellt. Etwas weniger Spektakel wäre vielleicht schlussendlich klüger gewesen.

23. April 2014

Genfersee: toter Charlie Chaplin für fünfzig Franken

Seine letzten Jahre wohnte der britische Komiker und Filmproduzent Charlie Chaplin in Corsier-sur-Vevey am Genfersee. Hier starb er an Weihnachten 1977 und wurde auf dem Dorffriedhof beigesetzt. So weit so gut. Dann aber, in der Nacht vom 1. auf den 2. März 1978, verschwand er spurlos. Auf dem Friedhof klaffte ein grosses leeres Loch.

Einige Tage später rief ein „Monsieur Cohat“ bei Frau Chaplin an und verlangte 600‘000 Dollar Lösegeld für den Leichnam. Frau Chaplin lehnte ab. In den folgenden elf Wochen rief der Ganove noch einige Dutzend mal an, um zu feilschen. Ohne Ergebnis. Irgendwann endete die unrühmliche Sache und die Polizei verhaftete die Täter. Zwei Automechaniker aus Osteuropa, Roman Wardas und Gantscho Ganev. Der eine wurde zu einigen Jahren Gefängnis verurteilt, der andere bekam wegen seiner nachweislichen Doofheit bloss eine bedingte Strafe.

Frau Chaplin erzählte später; wenn sie hätte weiter verhandeln können, hätte sie den Leichnam für weniger als 50 Franken, inkl. Eichensarg, zurückbekommen! Heute liegen beide nebeneinander auf dem Friedhof. Diebstahlsicher einbetoniert, munkelt man.