1. Juni 2012

Baltikum: mittelalterliches Polen, ganz modern

Toruń ist eine quirlige Stadt und liegt an der Weichsel. Die Altstadthäuser protzen mit ihren üppig dekorierten Fassaden. Heute ist es auch nicht mehr so heiss und es weht ein frisches Lüftchen. Uns ist vögeliwohl hier.

Der Rathausturm ist vierzig Meter hoch. Da muss ich hinauf, 172 Treppenstufen später geniessen wir einen Rundblick über die Dächer. Die Weichsel mit der mächtigen Stahlbrücke, gegenüber einige Kirchtürme und in der Ferne die Hochhäuser der Vorstadt. Grandios.

Wir haben ja noch einen langen Weg vor uns, darum fahren wir heute noch etwas weiter. Die Strassen sind perfekt ausgebaut und es hat meist kaum Verkehr. Die Kornfelder reichen bis zum Horizont und die Wälder auch. Wir kommen gut voran und übernachten in Grudziądz.

Grudziądz liegt auch an der Weichsel und hat auch eine schöne Altstadt, alles aus rotem Backstein gemauert. Wir schlendern ein wenig durch die Gassen und trinken in einem Strassencafé Limonade. Dazu gibt es schnelles Wlan umsonst, so wie überall.

Heute betrat ich erwartungsvoll eine öffentliche Bedürfnisanstalt. Am Eingang war ein kleines Fensterchen. Ich bückte mich und die Bedienstete dahinter fragte „gross oder klein?“. Je nach dem kostete es einen halben oder einen ganzen Zloty Eintrittsgebühr. Jetzt könnte ich natürlich „klein“ sagen und dann „gross“ machen. Aber ich will doch nicht bescheissen. - Womit auch gleich der Ausdruck „bescheissen“ erklärt wäre.

31. Mai 2012

Baltikum: Adalbert und die Sporttrinker

Es ist heiss und Poznan eine grosse Stadt. Wir verzichten drum auf einen Besuch und fahren stattdessen auf der Autobahn daran vorbei. Was wir bis jetzt von Polen gesehen haben, ist alles ganz neu und modern. Wäre nicht die eigenwillige Sprache, man würde keinen Unterschied zu Deutschland feststellen. Sogar eine funkferngesteuerte Mähmaschine sehen wir. Und Hot-Dog mit Pizza Geschmack.

Gniezno ist eine alte polnische Stadt mit einem schönen Hauptplatz. Und der Dom beherbergt das Grab des berühmten „heiligen Adalbert“. Wobei ich gestehen muss, von dem bisher noch nie etwas gehört zu haben.

Vor allem aber ist es heute heiss. Zu heiss für eine ausgiebige Besichtigung. Und den Adalbert darf man sowieso nicht fotografieren. Und die wertvolle romanische Kirchentür aus Bronze auch nicht.

Zur Abkühlung fahren wir an einen kleinen See. Wir finden einen netten Strand fast für uns ganz alleine. Ein Pärchen sitzt da und lutscht sich im Gesicht. Uns gefällt es hier so gut, dass wir beschliessen, gleich hier zu übernachten.

Am späteren Nachmittag kommen dann erst ein starker Wind und dann eine Gewitterfront. Danach ist die Luft ganz frisch und der See spiegelglatt.

Später kommt noch eine Delegation der örtlichen Sporttrinker-Vereinigung an den Strand, um zu trainieren. Aber schon bald geben sie fröstelnd auf und gehen nachhause. Oder ins Hallentraining…

30. Mai 2012

Baltikum: her mit den Kohlen!

Wir fahren durch die liebliche Landschaft der Lausitz. Wälder und Blumenwiesen. Ab und zu ein Dorf, kaum Leute. Die Schilder sind zweisprachig; deutsch und sorbisch.

Plötzlich tut sich vor uns ein irrsinniger Abgrund auf. Und bis zum Horizont erstreckt sich eine gigantische Grube. Keine Landschaft mehr, nur ein Loch! Ein Kohle-Tagebau.

Monströse Maschinen fressen das Erdreich in sich hinein und spucken es hinter sich auf kilometerlange Förderbänder.

Diese Tagebaugrube ist etwa neunzig Meter tief, wobei bloss die untersten 15 Meter aus Kohle sind. All das Erdreich darüber muss weggebaggert werden. Einige hundert Millionen Tonnen - jährlich.

Heute ist ein heisser Tag, deutlich über 30 Grad im Schatten. Und Schatten hat es hier keinen. Wir fahren drum weiter. Zuerst nach Cottbus und dann hinüber nach Polen.

Auf der Suche nach dem ursprünglichen Polen fahren wir auf ganz kleinen Landstrassen. Malerische Dörfer mit unaussprechlichen Namen; und viel, viel Wald. Wir übernachten in Łagów, einem netten Städtchen am See. Herrlich hier.

Gegenüber sitzen drei Männer den ganzen Nachmittag auf einer Parkbank und plaudern. Dann gehen alle heim, vermutlich zum Nachtessen. Kurz darauf sind sie aber wieder da und plaudern bis weit in die Nacht hinein weiter. Ich vermute, die vom Tourismusbüro beauftragt sind. Die sind so etwas, wie andernorts der Blumenschmuck - eine Zierde fürs Städtchen.

29. Mai 2012

Baltikum: was ist Lausitz?

Dresden. Nach einem ausgiebigen Stadtrundgang und wohlgenährt verlassen wir Nachmittag Dresden. Es war wunderschön hier - wir kommen bestimmt wieder einmal. Mir tut vom dauernden nach oben schen der Nacken weh.


Eierschecken (nicht …schnecken!) seien eine traditionelle Spezialität aus Dresden. Schmecken wie – ööööhm – guuut.

In der Lausitz wurde lange Zeit Kohle abgebaut. Im Tagebau, nicht etwa unterirdisch. Übrig blieben riesengrosse Gruben in der Landschaft. Kahl und öde. Nun flutet man diese und gestaltet eine mehrere hundert Quadratkilometer grosse Seenlandschaft. Heute übernachten an einem solchen See. Er ist noch nicht ganz voll, aber jetzt schon zauberhaft schön.

Gleich nebenan steht der "rostige Nagel", ein neuer Aussichtsturm. Gut dreissig Meter hoch und aus rohem Stahl gebaut.

Von oben sieht man die Seen. Manche bereits fertig, andere erst halbvoll.

Im vergangenen Herbst erzählte uns Christoph von Mousse-au-chocolat in Spraydosen. Wie Dosenrahm, bloss mit Schokoladengeschmack. Bis heute versuchte ich vergebens einen solchen Schoko-Spray zu kaufen. Heute gelang es endlich! Man kann den Schoggi-Schaum einfach in den Mund sprühen - mmhhhmmm.

28. Mai 2012

Baltikum: Frau G. kommt geflogen

Dresden. Bereits vor sechs weckt mich die Morgensonne. Heute ist ein wichtiger Tag: Abends kommt Frau G. angereist. Meine Zeit als einsamer Reisender geht nun zu Ende.
Und was tut man an so einem sonnigen, heissen Tag? Jawohl, ein Museum besuchen!

Das Militärhistorische Museum Dresden wurde erst letztes Jahr eröffnet. Die alte Kasernenanlage wurde mit einem auffallenden Erweiterungsbau von Daniel Liebeskind ergänzt. Ein Metall-Keil spaltet das historische Gebäude und empfängt zugleich die Besucher.

Die Ausstellung handelt vom Militär. Von den Kriegsfilmen, Kriegsleiden, Kriegsspielzeug und Kriegswaffen. Es ist wirklich spannend und eindrücklich gemacht. Absolut sehenswert.

In Radebeul unweit von Dresden wohnte einst Karl May. Heute ist dort das DDR-Museum zuhause. Ganze vier Geschosse sind mit unglaublich vielen Ausstellungsstücken vollgestellt. Vieles wie vom Sperrmüll, aber auch einige schöne Exponate.

Bsonders haben mir die Jaucheschöpfer aus alten Wehrmachts-Stahlhelmen gefallen.

Gegen Abend fahre ich zum Flughafen. Trotz dichtem Abendverkehr komme ich gut dahin und finde sogar einen kostenlosen Schattenparkplatz. Um halb acht landet der EasyJet mit Frau G. an Bord. Kurz darauf kommt sie auch schon gut gelaunt und rot behütet durch die Glastür. Freudiges Wiedersehen beiderseits. Sie ist da!

Am Abend steigen wir auf die Dachterrasse der Zigarren-Moschee „Yenidze“ und feiern den Beginn unserer Reise. Sauromatisch...