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13. Juni 2014

Elsass: Viadukt bei Dannemarie

Beiderseits vom Bahnhof Dannemarie führt die Bahnlinie über zwei lange Viadukte. Im Westen über den „Grosse Viadukt“ mit 43 Bögen und im Osten über den „Kleine“ mit 20 Bögen. Erbaut wurden sie um 1860 für die neue Bahnlinie Basel-Paris.

Während des Deutsch-Französischen-Krieges wurden sie im November 1870 gesprengt; und nach dem Krieg wieder aufgebaut. Gleich zu Beginn des Ersten Weltkrieges, Ende August 1914, sprengten die Franzosen eine Bresche in die beiden Viadukte. Dann änderte se ihre Meinung und reparierten sie gleich wieder. Ende Mai 1915 waren beide wieder befahrbar.

Zwei Tage später schoss die deutsche Artillerie beide Viadukte in Schutt und Trümmer.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurden sie wieder aufgebaut und im Zweiten Weltkrieg erneut gesprengt. Dann wurden die beiden Viadukte zum vierten Mal repariert und heute fräst der TGV darüber.

11. Juni 2014

Elsass: vergessene Schiffskanone im Wald

Weiter auf Spurensuche: Nach einem Jahr Krieg im Elsass war 1915 immer noch kein Sieg in Sicht. Die Soldaten hockten in ihren Schützengräben und schossen sich gegenseitig zu Krüppeln. Den deutschen Truppen stand vor allem die Festung Belfort im Wege. Ein schier uneinnehmbares Bollwerk. Und die Festung stand zudem 25 Kilometer hinter der Front – viel zu weit für die Kanonen. Und Bombenflugzeuge gab es damals noch keine.

Wegen eines Fehlers hatte die deutsche Marine zahlreiche Schiffskanonen übrig. Riesige Kanonen; Kaliber 38 cm und fast dreihundert Tonnen schwer. Allein das Rohr war zwanzig Meter lang und konnte fast 50 Kilometer weit feuern. Genau das richtige gegen die Festungen Belfort ‒ dachte man damals.

Also baute man im Herbst 1915 in einem abgelegenen Wald bei Zillisheim eine entsprechende Stellung; mit Versorgungstunnels, Magazinen, Generatoren und einer eigenen Eisenbahnlinie. Die Marinekanone, auch „Langer Max“ genannt, montierte man in eine Art halbrunde Betonwanne. Alles streng geheim und gut getarnt.

Im Verlauf des Jahres 1916 schossen sie damit 45-mal. Getroffen haben sie kaum etwas, aber die gigantischen Einschläge verbreiteten Angst und Schrecken. Man stelle sich mal vor, wie es ist, wenn eine mannshohe und 750 kg schwere Granate aus den Wolken fällt.
Schon nach wenigen Schüssen errechneten die Franzosen den Standort der Kanone. Aber soweit schiessen konnten sie nicht, und so blieb ihnen nur die Angst.

Vom „Langen Max“ konnte ich bloss noch wenige Überreste finden. Die unterirdischen Gänge sind teilweise mit Wasser vollgelaufen und die eigentliche Geschützstellung ist ein Kröten-Tümpel. Man erkennt bloss noch den obersten Rand der Betonkonstruktion. Alles andere haben die Zeit und der Wald verschluckt.

10. Juni 2014

Elsass: Erster im Ersten Weltkrieg

Vor 100 Jahren war das Elsass ein Teil des Deutschen Kaiserreiches und es roch nach Krieg. An der Grenze fieberten die Armeen dem baldigen Krieg entgegen.
Am 2. August 1914 streifte eine deutsche Patrouille durch die französischen Wälder. Etwas ausserhalb des Dorfes Jonchery, unweit der Schweizer Grenze, wurden sie von einem französischen Posten entdeckt. Es kam zu einer Schiesserei und der Franzose Jules-André Peugeot wurde tödlich getroffen. Kurze Zeit später auch der Deutsche Albert Mayer.

Auf einen solchen Zwischenfall haben die Generäle nur gewartet; Tags darauf erklärten sie sich gegenseitig den Krieg und hetzten die Soldaten aufeinander los. Peugeot und Mayer gelten daher als die beiden ersten Toten des Ersten Weltkrieges.

Ganz in der Nähe der Schiesserei steht heute ein Denkmal (n47.5243, e7.0112) für den französischen Helden. Jules-André Peugeot war 21-jährig und wurde in seinem Heimatort Étupes (n47.5092, e6.8671), ganz in der Nähe, beerdigt.

Albert Mayer aus Magdeburg war 22-jährig und wurde auf dem deutschen Soldatenfriedhof in Illfurth (n47.6733, e7.2786) beerdigt; gemeinsam mit fast zweitausend Kameraden.
Nach dem Krieg brachten Patrioten etwas Erde von seinem Grab nachhause und stellten sie im norddeutschen Enger als Helden-Reliquie aus. Im nächsten August soll sie wieder zurück ins Elsass kommen – ein Kunstprojekt zum Gedenken odr so...

3. März 2014

Pakistan: Schimmel in Lahore

Mitten durch Lahore fliesst ein Fluss mit dem schönen Namen „Canal“. Rechts und links davon verläuft mehrspurig die wichtigste Strasse der Stadt, die „Canal Bank Road“. Im Stadtzentrum heisst ein kurzes Stück aber "Khyaban-e-Enn Mary Schimmel". Jetzt muss man wissen „Schimmel" ist in Pakistan kein geläufiger Name. Wie kam es dazu?

Annemarie Schimmel war eine deutsche Islamwissenschaftlerin und bezeichnete Lahore als ihre zweite Heimat. 1981 wurde sie bei den dortigen Behörden vorstellig und erinnerte sie an den 150. Todestag Goethes im nächsten Jahr. Und sie regte an, doch eine Strasse nach dem grossen deutschen Dichter und Freund des Islam zu benennen.
Die Idee fand Anklang und man nannte eine ein Stück der Hauptstrasse um. Allerdings gab es ein kleines Missverständnis mit den deutschen Namen – und so heisst die Strasse in Lahore nun halt "Khyaban-e-Enn Mary Schimmel".

14. Februar 2014

auf den Mond geschissen

Vollmond. Wenn ihr den seht, denkt ihr nicht auch jedesmal: Damals - diese Astronauten da oben - in dieser winzigen Raumkapsel - ohne Toilette! Wo haben die denn eigentlich …
Ich habe mich mal kundig gemacht. Die Raumfahrer hatten ein zweiteiliges OW/WMS (Offal Waste/Waste Management System) an Bord. Bestehend aus dem UCTA (Urine Collection and Transfer Assembly), also einem Brunzbeutel. Und einem FCA (Fecal Collection Assembly), also einer einer Kacktüte.

Der Brunzbeutel funktionierte ja recht problemlos, bei der Kacktüte machte sich die mangelnde Schwerkraft sehr nachteilig bemerkbar. Die FCA-Tüte hatte deswegen oben einen selbstklebenden Kragen und wurde damit an den Hintern geklebt. War das Geschäft erledigt, musste der Inhalt durchgeknetet und zu einer Wurst geformt werden, damit ja keine Luft darin gefangen war. Nun musste die Tüte ganz ganz eng zusammengerollt und in einem zweiten Beutel verstaut werden. Wäre noch Luft drin, würde sie bei einem Druckabfall in der Raumkapsel explodieren und den Inhalt vulkanartig hinaus spucken. Das wollte man anscheinend nicht.

Bevor die Astronauten den Mond verliessen, warfen sie allen unnötigen Gerümpel aus ihrem Wohnmobil. Auch die Kiste mit den FCA-Kacktüten. Insgesamt hinterliessen sie auf dem Mond 96 Kackwürste.

3. Februar 2014

Alteisengeschichten: Breschnew schrottete seinen Rolls

Leonid Breschnew war lange Jahre Staatsoberhaupt der damaligen Sowjetunion. Er war ein leidenschaftlicher Autofahrer und sammelte exklusive Autos. Gerne auch solche aus dem klassenfeindlichen Westen; Mercedes, Cadillac und so. Und noch lieber fuhr er damit herum; rasant und tollkühn.

So auch im Frühsommer 1980. Breschnew fährt mit seinem Rolls-Royce Silver Shadow durch Moskau. Zum Leidwesen seiner Sicherheitsleute verlässt er spontan den Konvoi und braust mit der 180 PS Limousine übers Pflaster. Aus unbekanntem Grund verlassen ihn kurzzeitig seine Fahrkünste. Ungebremst prallt er auf den Lastwagen vor ihm. Der Sowjetpräsident übersteht den Unfall wohlbehalten, aber der Rolls ist hin.

Die arg zerknitterte Edel-Limousine kann man heute im Automuseum in Riga anschauen. Am Steuer sitzt ein Breschnew aus Plastik und schaut erstaunt, was er da angerichtet hat.

27. Januar 2014

ein Nidwaldner überfährt James Bond

Im Film „For Your Eyes Only“ strandspaziert James Bond mit der Gräfin Lisl von Schlaf am Strand entlang. Grad als die romantische Musik einsetzt und der Tschäims die Lisl im Gesicht lutscht, kommen zwei Bösewichten. Die versuchen die beiden Paarungswilligen mit ihren Strandbuggys totzufahren. Was aber nur teilweise gelingt; und der der Film hier nicht endet.

Soweit die Filmhandlung. Was mich dabei aber besonders interessant dünkt, sind die Strandbuggys. Die kommen nämlich aus meiner Nachbarschaft; aus Buochs in Nidwalden. Hier produzierte die Firma ALBAR seit den 1970-er Jahren solche Buggys. Anfangs waren das umgebaute VW-Käfer, später kam immer mehr Porsche dazu.
1980 konnte der Autobauer die englische Filmfirma mit drei „ALBAR S“ beliefern. Zwei normale und einen mit Überrollkäfig. Nach den Bond-Dreharbeiten in Korfu verschwanden die Buggy, bis vor einigen Jahren einer an einer Versteigerung auftauchte. Und ein zweiter wurde kürzlich in Griechenland gefunden.

24. Dezember 2013

"Big Angy" ist nicht mehr

Am vergangenen Sonntag starb Angy Burri. Er nannte sich selber „Big Angy“ und war weitherum berühmt. Denn in seiner Indianerkluft und dem üppigen Federschmuck war er eine imposante Erscheinung. Und auch seine gehübschte Harley mit dem Pferdesattel war nicht gerade unauffällig.

Angy Burri war seit den 1960-er Jahren und von ganzem Herzen Musiker und „Berufsindianer“. Zwischen 1975 und 79 drehte er in Obwalden den ersten und wohl einzigen Schweizer Western; „The Wolfer“. Der Film war ebenso kitschig wie seine Musik, aber in den örtlichen Kinos ein grosser Erfolg. Viele der Szenen wurden im Schwendi-­Kaltbad und am Gerzenseeli gedreht, wo er und seine Familie jahrelang auch im Zelt wohnten. Wie die Imdianer.
Kaum jemand konnte seine Leidenschaft wirklich nachvollziehen, aber viele bewunderten ihn für sein Durchhalten und seine Gradlinigkeit. Ich auch.
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21. November 2013

rostiger Weltrekord - das schweizer U-Boot

Der Mésoscaphe PX-8 „Auguste Piccard“ ist das erste und bisher einzige touristische Grossraum-U-Boot. Gebaut wurde es in den Jahren 1962-64 in der Schweiz, von der Giovanola SA in Monthey. Und zwar für Touristen-Tauchgänge an der damaligen EXPO 64 in Lausanne. Es ist das erste und bisher einzige touristische Grossraum-U-Boot. Und überdies das U-Boot mit den wohl weltweit meisten Tauchgängen.

Mit der «Auguste Piccard» wurden 1964 im Genfersee 1‘112 Tauchgänge mit gut 33'000 Passagiere gemacht. Die Fahrten dauerten jeweils 25 Minuten und führte in eine Tiefe von etwa 100 Metern.

Nach der Landesaustellung verkaufte man das U-Boot an einen Kanadier. Der transportiert es über Marseille in die USA. Diese erlauben aber wegen des kalten Krieges keine Tauchfahrten in ihren Gewässern, also kam das Boot nach. 1976 wird es komplett umgebaut, erhält einen Dieselmotor und wird in der Erdölindustrie und zur Forschung eingesetzt. Es taucht auch für den US Geological Survey und die US Navy. 1981/82 geht man mit ihm auf Schatzsuche - und entdeckt vor Kolumbien das Wrack der spanische Galeone „San José“. Bei diesen Sucharbeiten läuft die „Auguste Piccard“ aber auf Grund und wird stark beschädigt. Das U-Boot wird daraufhin in einer Werft in Texas trockengelegt. Und hier erneut beschädigt, diesmal von einem Wirbelsturm.
1995 kommt die „Auguste Piccard“ zurück in die Schweiz. Sie wird eingelagert und beinahe vergessen. Vom Rost zerfressen tauchte die Mésoscaphe dann an der Expo.02 wieder aus der Dornröschenschlaf auf.

Seit 2005 steht der Rumpf des legendären U-Bootes nun im Verkehrhaus in Luzern. Wichtige Teile fehlen, so der markante Kiel, der Turm, die Ruder und so weiter. Dafür war das Innere mit reichlich Algenschlamm und Möwenkadavern angereichert.
Seit Kurzem wird sie nun restauriert; vorerst nur aussen. Man darf gespannt sein...

30. Oktober 2013

Dampfschiff ahoi - bums

Der 30. Oktober 1923 war ein trüber Herbsttag, der Vierwaldstättersee lag in einer dicken Nebelsuppe. Der Kapitän des Dampfschiffes „Unterwalden“ konnte von seiner Kommandobrücke grad knapp bis zum eigenen Bug sehen, der Rest war vom Nebel eingelullt. Kurz nach acht traf er pünktlich in Beckenried ein.

Allerdings – nicht an der Anlegestelle, sondern in einem Hotelgarten. Der Aufprall war eindrücklich. Das Dampfschiff durchbrach die massive Ufermauer und pflügte etwa zehn Meter weit durchs Erdreich. Unschön. Dabei wurde der Schiffsbug schwer beschädigt und da und dort verformte sich der Rumpf, aber die Dampfmaschine blieb heil.
In den folgenden Tagen versuchte man mit mit Seilwinden und einem zweiten Dampschiff die "Unterwalden" vom Land herunter zu bekommen. Doch sie bewegte sich kaum, so dass man sie schlussendlich von Hand ausgraben musste. Am Samstagnachmittag war es dann aber geschafft, die „Unterwalden“ schwamm wieder und konnte sogar selber in die Werft nach Luzern fahren.
Im Februar 1956 passierte das Gleiche noch einmal. Diesmal prallte die "Unterwalden" in Kehrsiten ins Ufer.

4. Oktober 2013

zügig durch den Bahnhof

Eine kleine Bahngeschichte: Heute vor 51 Jahren, am 4. Oktober 1962, war in Budapest ein ganz gewöhnlicher Donnerstag. Kurz nach zwei schob man einen Zug in den Nyugati-Bahnhof, zehn leere Personenwagen. Als der Lokführer zu bremsen begann, bemerkte er, dass der letzte Wagen nicht angekuppelt ist. Ungünstig - denn diese rollten nun einfach weiter. Ungebremst in die in die Bahnhofshalle hinein.

Unglücklicherweise ist der Nyugati-Bahnhof ein Kopfbahnhof. Der Eisenbahnwagen rollten über das Gleisende hinaus, quer durch die Halle, durch die Glasfront hindurch und hinaus auf das Trottoir. Hier kam er auf der Treppe zu stehen. In der Bahnhofhalle konnten sich alle Leute vor dem herannahenden Geisterzug in Sicherheit bringen. Aber auf der Strasse überrollte er eine Frau und verletzte sie schwer. Trotz allem, man hatte viel Glück im Unglück - alle bis auf die Frau.

6. September 2013

viel Streit um keine Insel

Die ersten, die die neue Insel sahen, war die Besatzung eines sizilianischen Segelschiffes; am 8. Juli 1831. ein schwarze Rauchsäule stieg auf und im Meer trieben gekochte Fische. Und ein kleiner Kieshaufen lugte aus den Wellen. Die Nachricht von der neuen Vulkan-Insel verbreitete sich rasch und zog viele Interessierte an. Der deutsche Naturforscher Friedrich Hoffmann und der schweizer Geologe Arnold Escher waren die ersten vor Ort. Sie nannten die neue Insel zu Ehren des sizilianischen Königs Ferdinand „Ferdinandea II“.

Am 2. August betrat ein britische Kapitän die noch warme Insel, nannte sie „Graham Island“ und nahm sie sogleich für Grossbritanien in Besitz. Kurz darauf kam ein weiteres britisches Schiff von Malta her. Der Kapitän annektierte die Insel auch und nannte sie „Hotham Island“. Während die Insel weiter wuchs, trafen auch die Franzosen ein. Sie fanden die neue Insel auch ganz nett, nahmen sie in Besitz und nannte sie „Isola Giulia“. Die Insel war mittlerweile schon etwa sechzig Meter hoch und mehr als ein Kilometer im Durchmesser. Das Königreich Sizilien war der Meinung, dass die Insel sowieso auf seinem Hoheitsgebiet liege und man nannte sie nach der vorhandenen Untiefe „Nerita“. Der neapolitanische Kapitän nannte die Insel nach sich, „Corrao“.

Der Streit um den Besitz der Insel spitzte sich zu, man befürchtete schon einen Krieg. Im Herbst erlahmte der Vulkanausbruch langsam. Dafür nagten die Wellen unaufhörlich am Sandberg und die Insel wurde rasch wieder kleiner. Noch bevor um die Besitzstreitigkeiten geklärt waren, Ende Dezember 1831, war sie komplett weg. Aus der Traum.

31. August 2013

Rumänien 1992, der 2. Teil...

Fortsetzung ...

Am nächsten Morgen fuhren wir ins Krankenhaus von Alba Julia zum Abladen. Ein unschöner Betonbau, ein krankes Haus. Ein Arzt erzählte von den dauernden Strom- und Wasserausfällen, die das Arbeiten nicht grad einfach machen. Zudem fehle es an Heizöl, weshalb das Spital meist nicht beheizt sei. Darum tragen hier Mitarbeiter und Patienten Wintermäntel und Wollmützen.
Dem Spital mangelte es an allem, einzig Patienten hatten sie reichlich. Wir entluden unsere Hilfsgüter. Das waren vor allem Medikamente, Einwegspritzen, Verbandsmaterial, Katheter, Bettwäsche und so Zeug. Also  nur Soforthilfe, nichts langfristiges. Dazu einige Schachteln Kekse und Spielzeug für die Kinder.

Anschliessend präsentierte man uns das Spital. Eigentlich wollte ich mir das gar nicht anschauen, konnten aber natürlich nicht Nein sagen. Also schlenderten wir durch lange, eiterfarbige Gänge. Da und dort schauten wir in die Patientenzimmer, überall lagen Kranke. Einer hob sein Hemd und zeigte uns seine gerötete Operationsnarbe am Bauch. Andere Bettlägrige setzten sich auf und schauten uns erwartungsvoll an. Die Patienten hielten uns wohl für ausländische Ärzte?
In der Kinderabteilung hatten sie eine Art Wohngruppe. Hier wohnten all die Kinder, die von ihren Eltern zurückgelassen wurden. Manche lebten schon mehrere Jahre hier. Alle trugen Mäntel und Mützen; es war kalt hier.
Vor dem Spital standen mehrere Ambulanzen herum. Mangels Benzin konnten sie aber nicht fahren. Bitter.

Unsere restliche Fracht entluden wir in den Schuppen beim Pfarrer. Wir hatten nämlich alle Ritzen und Hohlräume mit Kinderkleidung und Spielsachen ausgestopft. Er verteilte sie später an Bedürftige. Fertig; wir konnten wieder heim fahren. Zum Abschied gab es Freudentränen - und nochmal zahlreiche Aprikosenschnäpse.

Im darauffolgenden Jahren kam ich auf dem Weg nach Indien immer wieder mal nach Rumänien. Jedesmal schien es den Rumänen ein wenig besser zu gehen.

Demnächst fahre ich wieder einmal dahin.

30. August 2013

damals; Rumänien 1992

Das erste Mal nach Rumänien reiste ich im März 1992. Die rumänische Revolution war grad ein Jahr alt und alles lag danieder. Überall trübbrauner Schneematsch und wir hatten zwei Tonnen Hilfsgüter geladen.

Ich kann mich bloss nur bruchstückhaft erinnern und die Fotos habe ich längst verloren. Aber ich weiss noch ganz genau, wie wir in Siebenbürgen eintrafen. Die Strassen waren löcherig und dreckig, und vielerorts fehlten die Schachtdeckel. Bis auf Pferdegespannn und ein paar hellblaue Lastwagen war kaum jemand unterwegs.
Wir brachten damals medizinisches Verbrauchsmaterial nach Alba Julia. Als erstes fuhren wir zu unserem Kontaktmann, einem alten Pfarrer. Der sprach gut deutsch und servierte uns gleich einen Aprikosenschnaps. Und dann noch einen und noch einen. Dann telefonierte er mit unserem Kontaktmann im Spital. Einige Schnäpse später fuhr der mit seinem Mofa vor. Er trug einen dicken, langen, erdfarbenen Mantel; über seiner grünen Chirurgenkleidung. Wie es schien, kam er wohl direkt aus dem Operationssaal?

Wir hätten beim Pfarrer übernachten können. Doch ich fürchtete mich vor weiteren Aprikosenschnäpsen und zog daher ins Hotel "Cetate". Ein blasser Betonklotz im Sowjet-Stil. Nicht schön, aber gross. Wir bekamen ein Zimmer im zweitobersten Stockwerk. Der Lift war defekt. Die Beleuchtung im Treppenhaus auch.
Unser Zimmer war vermutlich ganz nett. Erkennen konnten wir das aber in der Dunkelheit nicht, die einzige intakte 15 Watt Glühbirne leuchtete wegen Strommangel bloss orangerot. Wollten wir auch im Bad Licht haben, so mussten wir die einzige Glühbirne rausschrauben und dahin mitnehmen.

Von unserem hochgelegenen Zimmer hatten wir einen guten Überblick über das nächtliche Alba Julia. Nieselregen und eine Stadt in der stromlosen Finsternis.

morgen geht’s weiter...

25. Juli 2013

Felssturz am Giswilerstock

Der Giswilerstock ist so ein typischer Voralpenberg. Nicht besonders hoch, aber immer in Bewegung. Irgendwie immer entgegenkommend.

Grad neulich ist wieder ein grosses Stück davon weggebrochen und effektvoll talwärts gedonnert. Ausser etwas Wald und einem nigelnagelneuen Wanderweg ist dabei nichts kaputt gegangen.
Ich schätze den Felsabbruch auf deutlich über zwanzigtausend Tonnen.
Und es hat noch mehr losen Fels droben. Mal schauen, wann der herunter kommt? Vielleicht bin ich dann zuhause, nicht dass ich wieder den entscheidenden Moment verpasse...

1. Mai 2013

der Wohnwagen aus Ägypten

Hinten auf dem Foto steht bloss: «eng. Weekend Auto 1933». Vorn drauf sieht man einen Wohnwagen auf der Hauptstrasse bei mir zuhause; in Giswil. Erst einmal nichts Besonderes! Aber – so grosse Wohnwagen sind in der Schweiz erst seit 1950 erlaubt, davor gab nur winzig kleine Wägelchen.

Beim abgebildeten Wohnwagen handelt es sich, unschwer zu erkennen, um einen „Car Cruiser“ aus Middlesex, London. Fast fünf Meter lang und damals einer der modernsten Wohnwagen überhaupt. Das Zugfahrzeug ist schon etwas schwieriger zu bestimmen: Aber es ist ein „Hillman Wizard 75 Saloon“, kraftvoll und luxuriös. Soweit so gut; aber warum steht das Gespann vor dem Bahnhof Giswil? Ich begann zu suchen – und nun die grosse Überraschung!

Im Januar 1933 starteten im Auftrag der „Hillman Motor Car Co. Ltd“ vier abenteuerlustige Briten zu einer Überlandfahrt nach Ägypten. Die Route führte sie von London nach Marseille, dann weiter von Tunis über Tripolis nach Kairo. Nach genau drei Woche Fahrt waren sie am Ziel und der brandneue Hillman konnte auf der „Cairo Motor Show“ präsentiert werden.
Nach der Messe fuhren die vier Briten wieder zurück nach London, diesmal über Italien und die Alpen. Anscheinend auch über den Brünigpass. Und an jenem Freitag, dem 19. Mai 1933 pausierte das prominente Gespann ausgerechnet bei mir zuhause ...
Man darf wohl behaupten, das war damals der erste Wohnwagen in Giswil, der direkt aus Ägypten kam.

16. März 2013

erschröckhliche Feürsbrunst in Stans

Um zwei Uhr nachts brach im Haus des Pfarrers Franz Arnold vom Bach ein Feuer aus. Bald darauf brannten auch drei Nachbarhäuser und das Wirtshaus „bey dem Rosslein“. Die Leute versuchten alles, um den Brand einzudämmen. Aber es half nichts; das Feuer breitete sich aus. Stans brennt.

Als am 17. März 1713 der Morgen dämmerte, war Stans abgebrannt. Der Grossbrand hatte inner fünf Stunden mehr als achtzig Gebäude dahin gerafft. Zweidrittel des Dorfkerns waren zerstört.

Genau vor 300 Jahren. Übrigens: Ich habe im Bild den Ort des Brandausbruches markiert. Gleich oberhalb sieht man das abgebrannte Rathaus und rechts die Kirche. Die abgebrannten Häuser dazwischen wurde nicht mehr aufgebaut, hier befindet sich seither der Dorfplatz.

17. Januar 2013

da schwimmt ein Flieger

Die „Convair CV 990 Coronado“ war seinerzeit das schnellste Verkehrsflugzeug am Himmel. Die Swissair kaufte gleich acht Stück des viermotorigen und seltenen Jets. Nach nur zwölf Dienstjahren musterte man sie aus; die Bestuhlung war „eigenwillig“ und die Motoren qualmten beim Start dunkelschwarz.
Die HB-ICC schenkte sie dem Verkehrshaus in Luzern. Das war sehr nett. Es stellte sich nun aber die Frage: Wie kommt sie dahin? Immerhin ist der Flieger nicht gerade zierlich; Spannweite fast 37 Meter und ein Gewicht von 55 Tonnen.

Die erste Etappe war noch relativ einfach. Am 20. März 1975 flog man die Coronado auf den Militärflugplatz Alpnach. Der liegt nur fünfzehn Kilometer von Luzern – und direkt am See. In den folgenden Wochen wurde der Flieger trockengelegt und vom Heckleitwerk befreit. Und dann auf einen Schwimmponton verladen. Ein Flugzeugträger auf dem Vierwaldstättersee!

Am 2. Juni stach die Fuhre in See. Mit Motorbooten schob man dem Ponton übers Wasser. Die knifflige Stelle war die Achereggbrücke. Die Durchfahrt war nur knapp einen Meter breiter und genau gleich hoch wie der Flieger. Er passte grad so durch und bereits am Nachmittag erreichte man den Lidopark vor dem Verkehrshaus. Wegen der geringen Wassertiefe kam man nicht ganz bis ans Ufer heran. Für die restliche Strecke musste man eine Brücke gebaut werden. Und so konnte dann die Coronado ans sichre Ufer geschleppt werden. Jetzt war es nicht mehr weit. Zwischen den Bäumen hindurch und ums Haus herum - und hinein ins Museum. Und da steht sie seither.

29. November 2012

Kalter Krieg auf unserer Strasse

In den 1960-er Jahren brodelte rund um die Schweiz der „Kalte Krieg“. Das Militär gab sich wehrhaft und kaufte zahlreiche neue Kriegsflugzeuge. Dazu erneuerte man auch die entsprechenden Flugplätze und baute grössere Bunker für die neuen und grösseren Flieger. Man war bereit gegen Feind aus dem Osten.
Nun hatte man zwar über 350 Kampfflugzeuge; aber bloss 13 Flugplätze. Und die täte der Russen bestimmt als erstes kaputtmachen. Die neuen Flugzeuge könnten dann nicht starten; oder wenn doch, nachher nicht mehr landen. Das wär blöd.

Also baute man einige Autobahnen zu Notflugpisten um. Das klappte da ganz gut, wo der Flugplatz direkt neben einer geraden Autobahn lag. Direkt neben dem Flugplatz Alpnach ist dummerweise keine - nur eine zweispurige, kurvig Autostrasse. Und mit einer Brücke drüber. Für eine Flugpiste also eher suboptimal!
Im Juni 1978 probierte man es trotzdem aus. Bei der Übung „NOSTRA“ starteten sechs „Hawker Hunter“ von der Autostrasse. Mit 200km/h rasten sie unter der Brücke durch und hoben danach gleich ab, denn bis zur nächsten Kurve waren es knapp 700 Meter. Und dahinter steht der Pilatus.
Ende September 1988 übte man ein zweites mal. Diesmal starteten zwölf „Northrop Tiger“ von der Strasse. Alles klappte tadellos. Man war parat, doch ein Jahr später war der „Kalte Krieg“ aufs mal zu Ende.

29. Oktober 2012

Räuberhöhle am Giswilerstock 2. Teil

Jakob Beuggert wurde im August 1906 in Unterseen bei Interlaken geboren. Sein Vater habe getrunken und ihn oft geschlagen. Bereits als zehnjähriger Bub wurde weggegeben. Erst viele Jahre später erfuhr er, dass er noch sechzehn Geschwister habe! Er hütete Ziegen, arbeitete als Landarbeiter und später auf dem Bau. Beuggert hat sich von Jugend an zu einem eigensinnigen Menschen entwickelt. Er war misstrauisch und Menschenscheu. Er liebte die Natur und zog sich wann immer möglich in die Berge zurück. Schon bald lebte er für sich allein auf den Alpen. Was er zu Leben brauchte, holte er sich in den Alphütten. Die Polizei wurde ihm ab und zu habhaft und der Beuggert verbrachte die kalte Jahreszeit gerne im Gefängnis. In 30 Jahren wurde er zu etwa 15 Freiheitsstrafen verurteilt.

Im Dezember 1956 beschloss er, nie mehr mit dem Gesetz in Konflikt kommen. Und er hielt sein Versprechen zeitlebens ein. Er fand eine Anstellung bei der Gemeinde Meiringen und später im Freilichtmuseum Ballenberg. Sein Lohn reichte ihm, um die früher erhaltenen Fürsorgegelder zurück zu zahlen. Jakob Beuggert wohnte die letzten Jahre in Meiringen in Gädeli und Scheunen; im Staldi, in der Funtenen und der Schwendlen. 1992 brannte seine Unterkunft ab und die Gemeinde spendierte ihm einen mäusefreien Wohncontainer. Diesen bewohnte er aber bloss kurze Zeit, er zog die Freiheit vor. Die Gesundheit zwang ihn dann aber zu mehreren Klinikaufenthalten, die er nur schwer ertragen hat. Nach kurzer Krankheit verstarb Jakob Beuggert im Mai 1995 im Spital Meiringen.