27. Juni 2017

Prag: ein totes Ross und vierunddreissig Pinguine

Praha. Bereits um acht fahren wir mit unserer Mini-Fähre aufs Festland hinüber. Jetzt am Morgen hat es noch nicht so viele Touristen und es ist noch nicht so heiss, denken wir. Und so ist es dann auch. Auf der Karlsbrücke sind wir fast die einzigen und die Morgensonne lässt den Burghügel strahlen.

Wir schlendern in Richtung Altstadt und schauen uns die bekannten Sehenswürdigkeiten an. Ganz besonders gefällt uns das „Prager Gemeindehaus“, ein Kunst- und Kulturpalast aus dem frühen 20. Jahrhundert. Jugendstil über und über.

Wir möchten das Gemeindehaus gerne auch von innen anschauen, aber das geht nur nach Voranmeldung und in Gruppen. Doch grad geht eine französische Reisegruppe durch die Sicherheitssperre. Wir schliessen uns einfach an und schlüpfen mit hinein. Die Führung geht durch die zentrale Konzerthallen und prächtige Säle. Alle sind mit in den verschiedenen Ausprägungen des Jugendstils gebaut und äusserst elegant geschmückt.

Wir halten uns stets im Hintergrund, damit der Reiseleiter ja nicht merkt, dass wir gar nicht zu seiner Gruppe gehören. Wir sehen farbig bedruckte Seidentapeten, traurigbunte Wandbilder, edles kubistisches Mobiliar und glitzernde Leuchter aus Böhmischem Glas.
Unsere Führung endet in den Kellergewölben, wo wir uns unbemerkt davonmachen. Merci beaucoup.

In der Lucerna-Passage hängt ein eindrückliches Werk vom tschechischen Künstler und bösen Buben David Černý: „Der heilige Wenzel auf dem toten Pferd“. Frei nach dem Motto: Wenn das Pferd tot ist, sollte man absteigen.

Wir fahren auf nach Malá Strana - „Kleinseite“ hinüber. Hier gibt es noch weitere Černý Werke zu sehen. Zuerst schauen wir uns beim Kafka-Museum die „pissenden Männer“ an. Sie brünzeln in einen Teich mit den Umrissen Tschechiens.

Vor dem Kampa-Museum schnaggen drei seiner „Krabbelkind“ aus Bronze durch den Park. Statt Gesichter haben sie so etwas wie einen Strichcode eingestempelt.
Und in der Moldau stehen 34 gelbe Pinguine von der italienischen Künstlergruppe „Cracking Art Group“.
Es ist schon wieder heiss und die Sonne rötet unsere Leiber. Wir setzen uns in einen schattigen Park und geniessen diesen Sommertag. Später fahren wir mit der Strassenbahn und der Fähre zurück auf unsere Insel. Liegen, lesen, dösen.

26. Juni 2017

Prag: heiss, Schweiss und Schnitzel

Prag, oder wie die Tschechen sagen, Praha. Unser Campingplatz liegt auf einer Insel in der Moldau (n50.0623, e14.4135). Um von hier in die Stadt zu kommen, fahren wir zuerst mit der winzig kleinen Fähre ans Výtoň-Ufer hinüber. Mit der grossen Flagge am Heck sieht sie richtig niedlich aus.

Um einen ersten Überblick zu erhaschen laufen wir am Moldau-Ufer entlang bis zur steinernen Karlsbrücke (Karlův most). Das Ufer ist auf den ganzen zwei Kilometer dicht mit Freizeitmenschen bevölkert. Schwimmende Bierlokale, Marktstände und jede Menge Sonnenbader. Dazwischen Unmengen von amerikanischen und asiatischen Jungtouristen. Wer hier kein Tattoo hat, fällt gleich auf.
Vor der berühmten Astronomischen Uhr stehen einige hundert Leute und halten ihre Smartphones in die Luft. Dann schlägt die Glocke und ob der Uhr öffnen sich zwei Türchen. Holzgeschnitzte Apostel drehen sich im Kreis, ein paar Heilige hüpfen auf und ab – und dann schlägt die Uhr fünf. Einen Moment später laufen alle Touris auseinander und widmen sich der nächsten Sehenswürdigkeit.

Wir müssen jetzt unbedingt noch einen ordentlichen Stadtplan und eine 3-Tageskarte für den ÖV besorgen.
Es ist heiss und meine Füsse sieden bereits im Saft. Wir suchen uns eine schattige Gaststätte und konsumieren eine Limonade. Später fahren wir zum Nachtessen mit der Metro unter der Moldau hindurch auf die „Kleinseite“. Es gibt Schnitzel mit Herdäpfelsalat und für Frau G. Bratenscheiben an brauner Sauce und Knödel. Beides schmeckt gut und wie früher.

Die Strassenbahn kutschiert uns bis zum Anleger unserer kleinen Fähre zurück. Darauf haben bloss zwölf Fahrgäste Platz. Für uns reicht’s grad noch, die anderen müssen halt warten.
Der Campingplatz ist inzwischen gut besucht, nur wir stehen immer noch ganz alleine unter unserem Schattenbaum. Später kommt gibt’s noch Torte vom Bäckerauto. Und einen 1a-Sonnenuntergang mit erdbeermilch-farbigen Himmel.

24. Juni 2017

nach Prag: gebrochene Flügel und tote Autos

Druztova. Die Kapelle neben unseren Schlafplatz ist gutbesucht. Gestern kamen noch bis spät abends Leute mit Blumen dahin. Und heute Morgen sind die ersten Besucher bereits um viertel nach fünf wieder da.
Eher zufällig bemerke ich, dass bloss drei Kilometer von hier, in Zruč u Plznĕ, der „Air Park“ (n49.8092, e13.4152) zuhause ist. Den wollte ich mir schon immer mal ansehen.

Der Air-Park ist eine private Flugzeugsammlung. Allerdings eine masslose. Denn die Besitzer schleppen alles hierhin, was ihnen gefällt. Kranke Flugzeuge, tote Panzer, schrottige Autos und allerlei Schiessgerät. Und obwohl das Gelände längst voll ist, kommt immer noch mehr dazu. Grossartig. Danke Miloš.

Es sind jetzt noch etwa sechzig Kilometer bis Prag. Wir drödeln auf kleinen Landstrassen ostwärts. Wälder, Flüsse und schier endlosgrosse Getreidefelder. Ab und zu durqueren wir ein Dorf.
Im kleinen Zbuzany möchten wir uns gerne das Praga Automuseum (n50.0252, e14.2869) anschauen: Doch es ist zu, und es sieht auch nicht so aus, als ob es je wieder öffnen täte.

Wir erreichen den südlichen Stadtrand von Prag und fahren direkt zum „Caravan Park Císařská Louka“ auf der Moldau-Insel (n50.0559, e14.4131). Caravan Park hört sich zwar sehr nobel an, es ist aber bloss eine Wiese mit Toilettencontainern. Der Platz ist halbleer und so ergattern wir einen schönen Schattenplatz.
Wir sind gelandet; wir sind am Ziel. In Prag. Nach einer fünftägigen Expedition.

22. Juni 2017

nach Prag: Plzeň besteigen

Frengkofen. Es ist ein wunderschöner Sommermorgen. Die Grashalme glitzern im Tau und schon früh fährt das erste Frachtschiff durch unseren Vorgarten. Bis nach Tschechien sind es jetzt noch 70 Kilometer ‒ und die wollen wir heute schaffen.
Wir brummen gemütlich in Richtung Osten. Die Landschaft ist hügelig und die Leute nett. Hinter Furth im Wald erreichen wir gegen Mittag die deutsch-tschechische Grenze. Der Grenzposten ist unbemannt und wir fahren zügig weiter bis nach Plzeň. Wir sagen „Pilsen“ dazu – wie das Bier.

Plzeň war neulich Europäische Kulturhauptstadt. Das Technikmuseum „Technomania“ (n49.7391, e13.3624) ist ein Überbleibsel davon. Wir wollen aber nicht ins Museum, nein, wir wollen uns hier die Skulptur „Entropa“ vom grossartigen David Černý anschauen. Sie zeigt Europa als Modellbausatz und die einzelnen Länder sind mit typischen Merkmalen dargestellt. Italien ist ein Fussballplatz mit wichsenden Fussballern, Slowakei als Wurst, Bulgarien ein Hock-Klo und Grossbritannien fehlt. Das Kunstwerk sollte ursprünglich in Brüssel stehen; gefiel dann aber gewissen EU-Beamtem eher nicht so gut.
Jetzt steht es hier. Leider ist es etwas verdeckt und versteckt, so dass ich kein vernünftiges Foto machen kann.

Wir parkieren unseren Möbelwagen am Rande der Altstadt (n49.7458, e13.3819) und schlendern zum grossen, viereckigen Hauptplatz; dem Platz der Republik. Rundherum stehen kitschig schöne Stadthäuser mit allerlei üppig dekorierten Giebeln. Wir schauen und staunen; dann setzen wir uns in ein Strassencafé und löffeln Eiskaffee.

Es ist sommerlich warm und windig. Also genau richtig um auf den Turm der Bartholomäus Kathedrale zu steigen. Nach 299 Treppenstufen ‒ Frau G. hat sie extra gezählt ‒ sind wir oben und schauen über die Dächer und das Land. Schön hier. Vor allem auch wegen dem Wind, der hier oben noch etwas steifer bläst, als unten in der Stadt.

Gleich neben der Altstadt steht das nagelneue Theater mit der hübschen Lochfassade aus Sichtbeton (n49.7488, e13.3719). Auch es ein Überbleibsel der Kulturhauptstadt.

Gegen Abend verlassen wir Plzeň und suchen uns einen gemütlichen und schattigen Übernachtungsplatz. In der Nähe von Druztova werden wir fündig. Neben einer Kapelle (n49.7951, e13.4553) stellen wir uns unter eine grosse Weide. Die Blätter rauschen und die Vögel zwitschern. Isch huäre schön hier.

21. Juni 2017

nach Prag: Sonne und Regensburg

Kelheim: Geweckt wurde ich heute Morgen noch von der Sonne, doch jetzt beim Frühstück regnet es. Egal ‒ hihihiii ‒ heute wollen wir eh nach Regensburg. Bis dahin ist es nicht weit und als wir da sind scheint ab und zu schon wieder etwas Sonne.

Wir schlendern über die steinerne Brücke zur Altstadt hinüber und am Donauufer entlang flussabwärts. Es sind einige Hotelschiffe da. Sie seien «gestern in Nürnberg losgefahren und seien auf dem Weg nach Budapest» erzählt ein Matrose.
Am gleichen Ufer liegen auch einige historische Schiffe. Und das Objekt, weswegen wir extra hierhin gelaufen sind. Davon erzähle ich aber dann ein andermal.

Die Altstadt von Regensburg ist sehr heimelig. Viele alte Häuser und viele, die nur so ausschauen; aber gut und klug gemacht. Wir schauen dies und das an und trinken gegenüber vom Dom Kaffee.
Es sind erstaunlich viele Touristen unterwegs. Die meisten kommen wohl von den Hotelschiffen. Und nicht wenige davon tragen pinke T-Shirts, spargelige Beine und Sandalen mit weissen Socken. Männer und Frauen.

Zum z’Mittag kehren wir in ein Lokal namens „Wurstkuchl“ ein und bestellen das Hausgericht; „Bratwürstl vom Rost mit Sauerkraut“. Es schmeckt genauso und sehr gut.
Dann setzen sich drei Chinesen-Mädchen zu uns an den Tisch. Sie sind bleich und ganz zierlich ‒ und fressen wie die Säue. «Abr scho schee do», sagt einer am Nebentisch.

Nur wenige Kilometer unterhalb von Regensburg steht die „Walhalla“. Ehrlich gesagt wusste ich bis vor kurzem nicht, wo die Walhalla steht. Ich dachte am Rhein? Oder an sonst einem grossen Fluss. Aber die Donau kam mir dabei nie in den Sinn.

Die Walhalla ist ein Denkmal-Tempel aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Aussen schaut es aus wie ein griechischer Tempel. Drinnen sind die Marmorköpfe von mehr als hundert deutschen Denkern und Schaffern ausgestellt. Darunter auch der Kopf vom Niklaus von der Flüe aus unserem Nachbardorf Sachseln. Er feiert übrigens grad dieses Jahr seinen 600-sten Geburtstag.

Das Wetter hat sich inzwischen sehr gebessert. Es ist recht warm und windig. Die Wolken sausen regelrecht über den Himmel. Im nahegelegenen Frengkofen und finden wir einen schönen Übernachtungsplatz direkt an der Donau. Was in dieser Gegend gar nicht so einfach ist, da der Fluss fast überall hinter Dämme weggesperrt ist.