24. Juli 2015

Skandinavien: Gnappistein und Bus-Kultur

Grau statt blau. Die Wolken hängen bedrohlich tief am Himmel, es schaut nach Regen aus. Während Frau G. sich kultutbeutelt, mache ich Frühstück. Es gibt wie jeden Tag Pulverkaffee, Brot und eine reiche Auswahl von Köstlichkeiten aus dem Kühlschrank. Heute; Käse mit Speckgeschmack aus der Tube. Schon erstaunlich, was die hiesigen Kühe können!

Irgendwo im Niemandsland sehe ich einige Oldtimer-Busse stehen. Gleich hin und anschauen. Die Busse sind aus den 1960-er Jahren. Genauso wie der Besitzer, der auf einmal neben mir steht. Mächtig stolz erzählt er mir die Geschichte eines jeden einzelnen Fahrzeuges – auf Norwegisch! Ich verstehe Volvo, Scania und „Veteranbussklubben SamSør-Agder“.

Unser nächster Halt ist das Städtchen Flekkefjord. Der Ortsteil Hollenderbyen ist wegen seinen weissen Holländer-Häusern bekannt. Dicht gedrängt stehen sie um den Hafen und warten auf die Ausflügler. Jetzt am Vormittag sind wir noch ganz alleine hier.

Ab nun fahren wir auf der Nebenstrasse 44 weiter. Sie führt zwar der Küste entlang, aber vom Meer sehen wir kaum etwas. Dafür steile Berge und viele Birkenwälder. Und manchmal weit unter uns im Regendunst einen Fjord. Grossartig und unbeschreiblich schön.

Unterwegs ausflügeln wir in ein Seitental hinein und schauen uns den Ruggesteinen (N58.3505 E6.3433) an. Der 70 Tonnen Brocken lässt sich von Hand hin und her kippen. Bei uns in Obwalden heissen diese „Gnappisteine“.
Weiter geht’s auf und ab. Die Strasse schlängelt sich um Felsnasen und durch Tunnels. Als wir in Egersund ankommen, regnets immer noch. Ideal für ein ausgiebiges Nachmittagsschläfchen in unserem Möbelwagen.

Gegen Abend bessert sich das Wetter, die Sonne scheint zaghaft, aber es bleibt kalt. Das Städtchen gibt nicht viel her und es sind kaum Leute unterwegs. Zwei Pubertiere schleppen einen riesengrossen Fernseher durch die Gassen - geklaut? Einige Frauen mit Blumen im Haar biegen kichernd um die Ecke – sonst ist niemand zu sehen.
Wie hausen am Hafen (N58.4541 E6.0021).

23. Juli 2015

Skandinavien: Norwegen ist Gudbrandsdalsost

Schon um fünf Uhr morgens glitzern die Wellen in der Morgensonne. Es ist mild und ein frisches Lüftchen weht. Ich spaziere barfuss über die Bootsstege und schaue nach Fischen. Keine da, aber das Wasser ist voller violetten und orangen Quallen. Bis jetzt dachte ich, die gibt’s bloss in den Tropen.

Nach acht verlassen wir Risør und dümpeln gegen Westen. Die Gegend ist unwirklich schön. Kleine rote Häuser stehen an tiefblauen Seen; wie in diesen Frauenfilmen. Strassenschildern versprechen Hirsche und Elche.
Die nächste Stadt ist Kristiansand. Gleich gegenüber vom neuen Kulturzentrum stellen wir uns an die Hafenmauer und warten auf besseres Fotolicht. Das kommt nicht und die Architektur bleibt im Schatten. Aber dann taucht direkt vor uns ein Helmtaucher auf. Was er da Unterwasser gemacht hat, konnte ich leider nicht in Erfahrung bringen. Sprachkenntnisse sind halt eben doch das Å und Ø eines jeden Weltreisenden.

Wir machen einen Stadtspaziergang und sehen Würdigkeiten an. Dann weiter bis nach Mandal, der südlichsten Stadt Norwegens. Hier haben sie ein brandneue Kulturzentrum. Erst grad fertiggeworden, ebenso die kühn geschwungene Brücke hinüber in die Stadt. Es gefällt uns hier so gut, dass wir beschliessen, gleich hier (N58.0247 E7.4555) zu übernachten.

Den ganzen Nachmittag lümmeln wir herum. Schlendern durch die einzige Altstadtgasse und kaufen dies und das. Braunkäse und Unbekanntes, aber Wurst gibt es hier keine! Es ist perfektes Ferienwetter; wunderbar sonnig, aber nicht heiss. Die Wellen plätschern an die Hafenmauer und die Segelboote klimpern im Wind.

Zum z‘Nacht versuchen wir „Gudbrandsdalsost“, den hier so beliebten Braunkäse. Der schmeckt so wie er heisst – eigenwillig. Und nach Karamell. Das ist bestimmt nicht der beste Käse, aber ich habe auch schon weitaus schlechtere gegessen.

22. Juli 2015

Skandinavien: wir fähren nach Norwegen

Hirtshals. Es stürmt und seicht die ganze Nacht. Ich kann kaum erkennen wo die Pfützen enden und das Meer anfängt. Als wir in den Hafen Hirtshals einfahren, landet auch grad unsere Fähre. Das Einchecken dauert keine zwei Minute. Alles ist wohl geordnet und bestens organisiert, das sollten sich die Genuesen mal abschauen!

Unsere Fähre „Stavangerfjord“ soll uns in viereinhalb Stunden hinüber nach Langesund. Wir fahren nicht etwa dahin, weil wir nach Langesund wollen, sondern weil es neulich beim Buchen die billigste Fährverbindung war. Das Schiff ist nagelneu und fährt mit Erdgas. Es hat vier Gasmotoren, jeder mit über 7‘000 PS.
Um neun legen wir ab und fahren hinaus in die grauschwarze Nordsee. Das Wasser kraust sich und die Luft sehr nass. Doch mit der Zeit bessert sich das Wetter und manchmal kommt sogar die Sonne. Nach dem Mittag tauchen am Horizont die ersten Berge auf und etwas später sind wir in Langesund und in Norwegen. Langesund ist eigentlich bloss ein Dorf, aber ein schönes. Die Häuser sind weiss, oder rot und höchstens zweigeschossig.

Ein Schwall Autos quillt aus unserer Fähre und flutet die einzige Dorfstrasse. Wir fahren direkt weiter nach Westen. Die Strasse schlängelt sich kurvenreich durch die Wälder. Manchmal ein kleiner See oder Bauernhof, dann wieder Wald. Und überall Felsen, jede Menge Fesen.

Schon bald biegen wir von der Hauptstrasse ab und fahren ans Meer; nach Risør. Das Dorf liegt ganz malerisch in einer Bucht. Alle Häuser sind weiss gestrichen. Ausser das Polizeigebäude, das ist gelb. Und gleich daneben finden wir einen wirklich zentral gelegenen Übernachtungsplatz. Direkt an der Hafenpromenade.

Diese Tage findet hier der grosse Kunsthandwerkermarkt statt. An zahlreichen Ständen präsentieren die Künstler vor allem Glas- und Keramikkunst, Mode und Schmuck. Frau G. bekommt sogleich Fieberwallungen und kann sich kaum sattsehen.

Heute essen wir vegetarisch; Chips und Cola. Ich habe Kopfschmerzen - ob wegen oder trotzdem weiss ich nicht - und lege mich ein wenig in unsern Möbelwagen. Als ich wieder aufwache ist es schon Abend.

21. Juli 2015

Skandinavien: das Ende von Dänemark

Aalborg liegt am Wasser – wir auch. Wir schauen vom Bett aus den Ruder- und Segelschiffen zu wie sie ausfahren. Zauberhafte Morgensonne, doch blaugraue Wolken jagen über den Himmel. Die Möwen fliegen hin und her und schreien. Im Wasser planschen handtellergrosse, violett glibberige Quallen.
Kaum sind wir unterwegs, verschwindet auch schon die Sonne hinter schmutziggrauen Wolken. Wir rollen übers flache Land, kaum Verkehr, viel Gegend. In der Nähe von Blokhus (N57.25488, E9.58014) fahren wir einige Kilometer direkt auf dem Strand. Der ist hart und glatt, fast wie eine Autobahn.

Weil das Licht so schön ist, fahren wir in Løkken noch einmal hinüber zum Strand (N57.3803, E9.7179). Hier hat es wieder zahlreiche freigespülte Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg. Schief und schräg liegen sie auf dem Sandstrand. Einige ragen weiteroben aus der Böschung; dort wo sie von der Wehrmacht einst hingebaut wurden, damals als der Strand noch weiter draussen war.

Wer es sich leisten kann, hat eine Badekabine am Strand. Kleine weisse Einzelzimmer-Holzkisten auf Kufen, brav nebeneinander und durchnummeriert – 485 gibt es allein hier in Løkken –- und sie dürfen nur im Sommerhalbjahr am Strand stehen. Im Herbst müssen alle wieder weg. Sonst nimmt sie der Sturm.

Unser Strandspaziergang endet im Regen. Und es regnet nicht von oben, sondern quer. Grad noch rechtzeitig erreichen wir unseren Messwagen. Bei Kaffee und Kuchen schauen wir zu, wie regenfest die Dänen sind.

Kurz vor Hirtshals schauen wir uns den alten Leuchtturm an. Der steht ganz malerisch auf einer Sanddüne hoch über dem Meer. Rundherum sind die Dünen ganz zerfurcht. Darunter verbergen sich an die siebzig Bunker aus dem letzten Krieg. Heute sind sie ein Freiluftmuseum.

Die Stadt Hirtshals ist eigentlich gar keine, eher ein hin geklatschtes Dorf am obersten Ende Dänemarks. Uns gefällt es von Beginn an; gemütlich und übersichtlich. Ich muss mir neue Hosen kaufen, weil meine aktuellen hinten gerissen sind. Ein Riss, gross genug um den Kopf durchzustecken. Meine Wahl fällt auf dunkelblaue, welche mir Frau G. entgegenstreckt.
Gleich nebenan bietet ein Lokal namens „Peking Grill“ dänische Speisen an. Wir essen eine Wurst mit Röstzwiebeln und süssen Gurken.

Als der Regen wieder etwas nachlässt, schlendern wir zum Hafen hinunter. Da sind - wenig überraschend – viele Schiffe. Fischkutter und Fähren. Nach Norwegen, Schweden, Island, den Färöer-Inseln und so.
Der Hauptbahnhof Hirtshals ist gleich nebenan und das nördliche Ende der Eisenbahn. Er hat aber bloss ein einziges Gleis – und zwischen dem einen Gleis und dem Bahnhof ein Gitterzaun! Ohne den Gitterzaun könnte man bestimmt wesentlich einfacher einsteigen. Wer weiss, vielleicht würden dann auch mehr Leute bahnfahren?
Wir übernachten gleich hinter dem Güterschuppen.

20. Juli 2015

Skandinavien: bei dän Dänen

Niebüll. Als ich um halb sechs aufstehe, ist es in der Stadt noch ganz ruhig. Und herbstlich kühl. Heute wollen wir zeitig los, denn bereits übermorgen fährt unser Schiff nach Norwegen; ganz oben in Dänemark. Kurz vor sieben sind wir über die Grenze und schon wenig später in Esbjerg. Die Stadt ist noch schlaftrunken, kaum jemand ist unterwegs.
Wir schauen ein wenig Architektur von Jørn Utzon an und brummen dann weiter nordwärts. Bei den „Menschen am Meer“ (N55.4877, E8.4114) machen wir kurz Halt, schauen übers graue Meer und trinken einen Kaffee. Es bläst ein eisiger Wind, es ist mehr als 20° kälter als die letzten Tage.

In Blåvand hat der Sturm an der Küste einige alte Wehrmachtsbunker freigespült. Die dicken Betonwürfel liegen nun direkt am Strand. Ein - ich glaube britischer - Künstler – hat sie zu Seepferden (N55.5492, E8.1104) umgestaltet. Oder vielleicht sind es auch Bunker-Esel, wer weiss das schon?
Es ist kalt und windig. Mich schaudert, als ich sehe, wie ein Däne im Meer badet. Der scheint ein ganz harter Hund zu sein – der völlig gefühllos.

Die Häuser ducken sich hinter die Sanddünen und tragen pelzige Dächer. Schön anzuschauen.

Die Landschaft ist malerisch und wenig besiedelt. Um die Bauernöfen herum stehen meist Bäume oder Gebüsch; und auch zwischen den Feldern und entlang der Strasse wachsen lange Hecken. Man meint, man fahre immerzu durch einen Wald, dabei ist alles fruchtbares Bauernland.

In Herning machen wir Mittagspause. Wir fussgängern durch die Fussgängerzone und schauen in Schaufenster. Am einzigen Grillstand erwerbe ich zwei „Pølser med brød“; Grillwurst mit Brot. Dazu gibt es verschiedene Saucen vom Senf-Euter.
Später setzen wir uns in die Stadtbibliothek und geniessen das schnelle Internet. Die Stadtbibliothek ist übrigens ein grossartiges Gebäude; eine umgebaute Fabrik oder so.

Wir reifeln weiter durch Dänemark obsi. Lieblich Landschaften und Backsteinhäuser. Heute übernachten wir im Hafen von Aalborg, ganz in der Nähe des Marinemuseums. Ich schaue über den Zaun und sehe wie die Kinder mit einem Weltkriegs-Torpedo Schaukelpferd spielen. Schwerter zu Pflugscharen, sozusagen.