16. November 2012

Berlin: Frau Tete hat ein Auge auf mich

Vor uns wurmt sich eine lange Schlange quälend langsam vorwärts. Anscheinend wollen auch noch andere ins Neue Museum. Nebenan wird zurzeit grad die „James Simon-Galerie“ gebaut, so gibt es für mich wenigstens was zu schauen.
Wir wollen die Büste der Nofretete anschauen. Nicht nur, aber auch. Der Kopf begeistert mich schon lange. Mehr als dreitausend Jahre alt und fast komplett erhalten - bloss das linke Auge fehlt. Und etwas vom Ohr.

Vor genau hundert Jahren wurde die Büste der Königin Nofretete in Ägypten ausgegraben. James Simon hat damals die archäologischen Grabungen bezahlt und die Büste dann dem Freistaat Preussen geschenkt. Simon war Unternehmer, Kunstmäzen und ein Berliner.

Sein Grab liegt auf dem wildromantischen Jüdischen Friedhof an der Schönhauser Allee.

An der Spree gibt es seit kurzem sogar einen James-Simon-Park. Und gleich nebenan kennt der Peter eine wunderschöne Kneipe. „Verkehrs beruhigte Ost Zone“ nennt sie sich. Sie ist in einem alten Viaduktbogen der Berliner Stadtbahn beheimatet.
Wir genehmigen uns eine Berliner Weisse. Rot oder grün?

15. November 2012

Berlin: tanzen oder mampfen

Wie ein Sputnik schwebt eine Diskokugel über uns. Und von den Wänden hängt Lametta, herzallerliebst von bunten Neonröhren illuminiert. Peter hat uns in „Clärchens Ballhaus“ geführt. Das legendäre Tanzlokal gibt es schon seit über hundert Jahren. Und so sieht es dann auch aus. Als ob die Zeit vor längerem stehen geblieben sei. Und nach Renovations-Stau.

Clärchens Ballhaus ist berühmt für seine grandiosen Tanzveranstaltungen. Jetzt am späten Nachmittag sind wir aber die einzigen Gäste. Und wir sind nicht zum tanzen da, sondern zum essen.
So sitzen wir nun ganz alleine im angejahrten Saal, zwischen Tanzparkett und Tresen. Die Beleuchtung ist düster - romantisch oder defekt, ich weiss es nicht. Aber zum essen reicht es allemal.

Hausgemachte Bouletten auf Kartoffelsalat, dazu eine Fassbrause. Die Hacktätschli sind wunderbar fleischig. Aussen eine schöne Kruste, innen drin saftig und mürb. Und erst die Herdäpfel; wenig Sauce, wenig Säure, etwas Schnittlauch - tadellos!

Dann schleppt ein Mann eine elektrische Orgel auf die Bühne. Wohl Zeit zu gehen für uns. So kurz nach dem Essen möchte ich keinesfalls tanzen.

14. November 2012

Berlin: den Adolf tiefergelegt

Ob man will oder nicht, überall stolpern wir über Berlins Vergangenheit. Vor allem über die der DDR und des unrühmlichen Dritte Reiches.
Überall in Berlin stehen Einzelteile der DDR-Grenzmauer herum. Zerschundene Betonwinkel, meist beidseitig grellbunt bemalt. Beidseitig, obwohl damals damals ja gar nicht ging! Dieses hier steht am Leipziger Platz und zeigt ein Bild vom berühmten Thierry Noir.

Unweit vom Holocaust-Mahnmal liegt zwischen einigen Mietskasernen ein öder Parkplatz. Hier befanden sich vor siebzig Jahren das Machtzentrum der Nazis; die Reichskanzlei und der Führerbunker. Und hier verkroch sich gegen Ende des Krieges der Adolf H. Da heiratete er noch gschwind seine Eva - und schoss sich dann ein Loch in den Kopf.

Gleich hinter der Barriere wurden damals die beiden Leiche in aller Eile verscharrt. Das Tausendjährige Reich war zu Ende - nach bloss elf Jahren. Und der Krieg auch. Das hat sich der GröFaZ bestimmt ganz anders vorgestellt.

13. November 2012

Berlin: Mut und Tränen

Die DDR-Grenzmauer dichtete Westberlin rundherum komplett ab. Beton, Stacheldraht und unzählige Grenzer sorgten dafür, dass keine Genossen „rübermachten“. Ein Grenzübertritt war nur an einigen wenigen Orten erlaubt. Der vielleicht wichtigste war beim Bahnhof Friedrichstrasse.

Um den Ansturm der Ein- und Ausreisewilligen besser zu bewältigen, baute man in den frühen sechziger Jahren eine moderne Grenzabfertigungshalle. Ein lichter Pavillon für ein übles Regime. Und weil hier viele Abschieds- und Freudentränen flossen, nannte man ihn schon bald "Tränenpalast".

Heute ist darin ein Museum untergebracht. Etwas kitschig vielleicht, aber ein Exponat hat mir ganz besonders gut gefallen. Eine Ansichtskarte, die ein Stefan Ullmann 1985 nach seiner Flucht seinen in der DDR zurückgebliebenen Angehörigen schickte.

An der Friedrichstrasse steht auch das neue Asisi Panorama „Die Mauer“. Das riesige Rundgemälde ist erst seit wenigen Wochen geöffnet und zeigt einen Blick über die Mauer nach Ostberlin.
Ein Aufseher maulte, wir dürften hier drinnen keine Fotos machen. Der Künstler wolle seine Bilder ja verkaufen! «Schöne Grüsse an den Künstler, das mache ich genau so» sagt Peter und knipst munter weiter.

12. November 2012

Berlin: Grilletta, du hast mich enttäuscht

Da stand es schwarz auf weiss: «Grilletta. Frikadelle aus Schweinefleisch im Brötchen mit Salatauflage und würziger Sosse». Grilletta - jawohl – so eine will ich haben. Ein langgehegter Wunsch geht in Erfüllung! Grilletta; die Ikone der Ost-Küche.

Ich täte jetzt lügen, würde ich behaupten, dass die Grilletta mich zu Jubelgeschrei, Begeisterungssprüngen oder den spontanen Wunsch nach Kinder zeugen, verführt hätte. Gut - vielleicht sind das ja auch etwas zu hohe Erwartungen an einen Fleischklops. Aber! Was mir da serviert wurde, war ein furzgewöhnliches Hacktätschli. Farbe und Konsistenz ähnelte den flachgefahrenen Kröten am Strassenrand. Eingeklemmt in ein bleiches Brötchen mit rötlicher Schmiere, dazu etwas Begleitgrün.
Grilletta, du hast mich enttäuschst. Das nächste mal futtere ich wohl wieder eine Wurst.

10. November 2012

Reisetipp: Spuckerei

Der Reisetipp am Samstag: Auf dem Bus- oder sonstigen Bahnhof achte ich immer drauf, nicht zu nahe den Wagen entlang gehen. Denn in vielen Ländern kauen die Männer Tabak, oder Betelnuss. Und spucken deshalb dauern aus dem Fenster.
Eine feuchte Schleimspur warnt einem vor - zum Glück.
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