24. Oktober 2016

Milano: an der Tanke rumhängen

Mailand ist ja ganz nett, es hat aber auch eine gräuliche Geschichte: Der italienische Diktator Benito Mussolini war lange Zeit ein umjubelter Star. Doch gegen Ende des 2. Weltkrieges wurde es für den Duce aber ungemütlich und er versuchte in die Schweiz zu fliehen. Kurz vor der Grenze, in Dongo am Comersee, wurde er dann von den Widerstandskämpfern entdeckt, gefasst und nach kurzem Prozess erschossen. So weit so gut.


Doch die Widerstandskämpfer erinnerten sich noch allzu gut an ein Massaker im August 1944. Damals haben die Faschisten fünfzehn Widerstandskämpferschossen und ihre Leichen an der Piazzale Loreto ausgestellt.

Man brachte also die Leiche Mussolinis und einiger seiner Getreuen nach Mailand und hängte sie kopfüber ans Dach der dortigen Esso-Tankstelle (n45.485697, e9.216069). Die Leute konnten kommen und sich versichern, dass ihr Führer tot ist.
Ein Tag später erschoss sich in Berlin übrigens auch der Hitler und das Tausendjährige Reich war Geschichte.

Das Bild vom kopfüber hängenden Mussolini ging damals um die Welt. Nach dem Krieg wurde die Tankstelle aber schon bald abgerissen und ein modernes Geschäftshaus hingebaut. Und genau da wo damals der Diktator baumelte ist heute ein McDonald’s. Und nichts erinnert mehr an die damaligen Vorkommnisse.

23. Oktober 2016

Milano: Bettwanzen-Kissen

Scheinbar ein aktueller Trend ...

... schicke Kissen mit Bettwanzen-Dekor. Erinnert mich an meine letztjährige Italien-Reise!

21. Oktober 2016

Milano: der Ambrosius hat Titten

Gleich östlich vom Mailänder Dom steht der "Palazzo die Giureconsulti", der Palast der Rechtsgelehrten (Piazza dei Mercanti, 5). An der Strassenfassade steht eine mächtige Marmorfigur. Sie zeigt den heiligen Ambrosius, wie er die Passanten grüsst oder segnet – odr so.

Der Volksmund erzählt, dass hier ursprünglich eine Justitia-Figur stand, die römische Göttin des Rechts. Als damals die Habsburger in Mailand die Macht übernahmen, tauschten sie den Kopf der Statue. Nun zeigte sie Philip II. Später kamen die Franzosen und wechselten den Kopf erneut und machten aus der Figur den heiligen Ambrosius.
Wegen den immer noch sichtbaren weiblichen Formen nennen ihn die Mailänder deshalb den "Heilige Ambrosius mit den Titten“!

Ich glaube die Geschichte nicht: Doch das figurschmeichelnde Kleid und die Brüste schauen an dem Kerl halt schon etwas merkwürdig - heilig hin oder her.

20. Oktober 2016

Milano und die Chinesen

Obwohl uns eine Wetterbesserung versprochen wurde hat es die ganze Nacht geregnet. Doch am Vormittag wird es erst trocken - dann sonnig. Wir lassen uns von der Metro in den Nordosten Mailands chauffieren. Frau G. muss da unbedingt im gleichnamigen Laden etwas einkaufen. Anziehsachen!

Um den Garibaldi-Bahnhof herum wurde in den letzten Jahren ein neues Stadtzentrum gebaut. Allerlei futuristische Hochhäuser strecken sich gegen den Himmel. Die einen sind mit Spiegelglas eingehüllt, andere mit Grünzeug bewachsen oder mit im wind zitternden Alu-Plättchen verkleidet. Sieht nett aus.

Dazwischen gibt es einige hübsche Stadtplätze, aber auch noch viel Brachland. Das Casa Della Memoria (Via Federico Confalonieri 14) hat an der Fassade Wandbilder aus verschiedenfarbigen Backsteinen. Schaut interessant aus, gefällt mir gut. Aber es geht bestimmt nicht mehr lange, bis sich der erste Graffiti-Künstler hier austobt.

Wir schlendern kreuz und quer durch die Gassen. Hier gibt es einige wirklich originelle Ladengeschäfte und viele, viele schöne Strassenrestaurants. Doch wir trinken bloss einen Espresso, denn wir wollen später im Chinesen-Quartier essen.

Schon seit hundert Jahren wohnen Chinesen in Mailand. Sie sind uns auch schon aufgefallen; denn wo immer wir unterwegs sind, sehen wir auch Chinesen.
Viele wohnen und geschäften an der Via Paolo Sarpi; Mailands China-Town.
In den letzten Jahren gab es hier einige Ärger. Die Behörden werfen den Chinesen vor, sie hielten sich nicht an Gesetz und die Chinesen klagen, sie würden rassistisch behandelt. Beides wird wohl einen Kern Wahres enthalten?

Wie dem auch sei, wir flanieren durchs Chinesen-Quartier und bewundern die Ladengeschäfte und Restaurants. Beim „Hu Aiguo“ essen wir Hühnerfleisch mit Peperoni und Soja-Glasnudeln mit Bambussprossen. Dazu reicht man uns noch süsssauer eingelegten Rettich und fettige Brotstangen. Es schmeckt grossartig und wie in Asien.

So gestärkt rumpeln wir mit dem Tram zum Domplatz und schauen uns da ein wenig um. Hunderte von jungen Mädchen sitzen auf dem Platz – und dann winkt ein mir völlig unbekannter Weltstar vom Balkon. Die Mädchen-Herde kreischt und quickt; der Star lächelt debil und geht wieder hinein.
Ich schaue mir den Schlacks etwas genauer an – kenne ihn nicht!

19. Oktober 2016

Milano: der Mahnfinger der Kunst

Seit einigen Jahren steht mitten auf der "Piazza degli Affari" und direkt vor der Börse ein bemerkenswertes Kunstwerk. Es zeigt eine sehnige Hand mit einem erigierten Mittelfinger. Haushoch und aus weissem Carara-Marmor. Der Künstler Maurizio Cattelan nennt sein Werk L.O.V.E. und sagt, jeder könne sich dazu denken, was er wolle.

Die Piazza degli Affari ist ein geschichtsträchtiger Ort. Hier wollten die Faschisten damals Mailands neues Stadtzentrum hinbauen. Man machte erste Vermessungsarbeiten und riss bereits einige Häuser ab. Dann kam der Krieg und man hatte irgendwie andere Prioritäten.

Neben der Bildhauerei gibt Maurizio Cattelan zusammen mit Pierpaolo Ferrari auch das ziemlich schräge Kunstmagazin „Toiletpaper“ heraus. Und ausgerechnet diesen Oktober führen sie für kurze Zeit zudem an der Via Vincenzo Capelli ein Ladengeschäft, wo man ihre Kunswrke anschauen und kaufen kann. Wir gehen hin und tun beides.

18. Oktober 2016

Milano: Irre drehen sich im Kreis

Am frühen Morgen ist es in unserem Möbelwagen ganz ruhig, nur ab und zu hören wir ganz leise die Metro tief unter uns durch rumpeln. Draussen ist es nebelverhangen und trüb. Erst heisse Dusche und heissen Kaffee, dann Haus- und Schreibarbeiten.
Gegen Mittag fahren wir mit der Metro in die Stadt und schauen uns dies und das an. Am Castello Sforzesco kreuzen wir den Stadtmarathon; Millionen Läufer schnauben an uns vorbei. Ihrem Gesichtsausdruck nach, macht ihnen die Rennerei wenig Spass.

Am Castello sehe ich schon wieder das Wappen mit der kinderfressenden Schlange. Das gleiche Wappen haben doch auch Alfa Romeo und die Familie der Visconti.
In einem Schaufenster präsentieren sie Chips in eimergrossen Dosen – das nenne ich mal innovativ. Wir schlendern weiter und schauen uns dies und das und auch manch anderes an.
Unterwegs pausieren wir in einem netten Lokal; bestellen wie die Einheimischen einen Caffe Macchiato und ein Cornetto.

Später reiten wir mit dem Tram zum Domplatz. In Milano fahren ganz neue und ganz alte Trams umher. Unseres ist ein „Ventotto“ von 1928! Es rumpelt und ächzt zwar ein wenig, doch nach über achtzig Jahren im täglichen Einsatz erstaunt mich das nur wenig.

Die "Galleria Vittorio Emanuele" ist die vornehmste Einkaufsstrasse in Milano. Hier bieten alle noblen Kleidereien und Duftwasserhändler ihre Waren feil. Genau in der Mitte, unter der grossen Glaskuppel, sind im Mosaikboden einige Wappen eingelassen. Eines zeigt einen Stier mit kokosnussgrossen Hoden und einem unterarmlangen Dödel. Wenn man nun – so sagt der Volksmund - seinen Fuss darauf stellt und sich dreimal um die eigene Achse dreht, so bringe das unglaubliches Glück und unermesslichen Wohlstand. Und deshalb drehen sich hier den ganzen Tag Touristen im Kreis, kichern wie irre und lassen sich von ihren Begleitern filmen.

Gegen Abend tun uns so langsam die Flossen weh - und darum fahren wir nachhause zu unserem Möbelwagen. Er steht unversehrt da. Wir fläzen uns hin und lesen und dösen.
Morgen soll das Wetter besser sein und dann will ich auch einige Fotos machen.