13. Dezember 2013

Malta: auf meinem Kopf hockt eine Qualle

Wegen des rauen Meeres fährt heute keine Fähre nach Sliema hinüber. Also nehmen wir halt stattdessen den Linienbus. Einen fast nagelneuen KingLong-Bus aus China. Also, hinüber nach Sliema - und gleich weiter der Küste entlang bis nach Irgendwo. Wie es hier heisst, weiss ich nicht, aber eine Strandbar hat auf. Also steigen wir aus und nehmen Platz. Ich bestelle mir ein „Ftira“ - ein Brötchen mit einer Thunfisch-Gemüsefüllung. Schmeckt auch genau so, und gut.

Nach einer ausgiebiger Siesta fahren wir nach Sliema zurück. Himmelhohe Hotels. Alle leer, keine Touristen da. Wir schlendern die Strandpromenade entlang. Peti tut Schiffe gucken, ich Ladengeschäfte. Denn ich brauche unbedingt eine neue Mütze. Die alte ist mir drum heute abhanden gekommen. Ich kaufe mir eine neue, die aussieht, als ob mir eine karierte Qualle auf dem Kopf hockt. Vielleicht sehe ich jetzt aus wie ein richtiger Maltaianer, odr so…

Die Nachmittagssonne leuchtet herzallerliebst durch die Restbewölkung und die Möwen sind bei genauerem Hinschauen bloss Tauben. Am Strassenrand steht einer dieser alten Linienbusse. Ein Prachtstück mit bauchigen Kotflügeln und üppigem Kühlergrill. Bis vor wenigen Jahren waren solche Busse noch jeden Tag im Einsatz. Jetzt nur noch für Touristenfahrten. So Schade.

Die Boote werden hier an alten Kanonen angeleint. Oder umgekehrt? So oder so, eine sinnvolle Zweitnutzung.

Als wir nach Valletta zurück kommen, ist es bereits stockfinster. Der Hunger treibt uns in eine Gaststätte - in das Parteilokal der „Partit Laburista“, der sozialdemokratischen Arbeiterpartei. Wie überall in Malta locken die Parteien nicht nur mit kämpferischen Parolen, sondern auch mit preiswertem Essen. Von den Wänden blicken ehemaligen Parteigrössen. Gerahmte Zeitungsausschnitte zeugen von eindrucksvollen Massenveranstaltungen. Ein paar alte Männer kauen an ihrem Bier, zwei Jungs spielen Billard. Der Wirt steht am Fenster und raucht. Schön hier. Ich bestelle mir ein Getränk mit einem sehr exotischen Namen. Wie sich herausstellt, ist es dann aber bloss ganz gewöhnliches Wasser.

12. Dezember 2013

Malta: Schweinewurst und Touristenvieh

Auch heute Morgen früh sind wieder erstaunlich viele Leute unterwegs. Am Nachmittag ist dann wieder Leere, aber jetzt geschäftiges Treiben. Ich möchte die berühmte Sankt Irgendwas Kirche anschauen, laufe aber falsch. Also schauen wir halt die alte Markthalle an, die liegt grad vor uns. Eine schöne Schmiedeeisen-Konstruktion, aber die meisten Verkaufsläden sind leer. Bloss einige Metzgereien sind noch auf. Ich sehe die "Zalzett tal-Malti", die typische maltesische Schweinebratwurst. Leider roh, ich möchte sie gebraten. Das Schwein daneben schaut resigniert.

Wir schlendern mitten durch Valletta bis an die Spitze der Landzunge. Hier ist die Festung St. Elmo, umgeben von dicken Mauern und viel Meer. Zahllose Schiessscharten und Artilleriegranaten, so gross wie Ölfässer. Wegen einer Baustelle ist die Festung zurzeit nicht zugänglich, man müsste über den Gitterzaun klettern. Es ginge, aber ich will nicht.

Unser Weg führt nun immer weiter dem Ufer entlang. Es bläst ein kräftiger Wind, die Wellen schäumen und die Gischt spritzt hoch. Gegenüber sehen wir die Strandpromenade von Sliema. So aus der Ferne sehen die Häuser wenig einladend aus. Grobschlächtige Hotelburgen für das sommerliche Touristenvieh. Das wollen wir uns später noch aus der Nähe ansehen..

11. Dezember 2013

Malta: gegenüber regnet's auch

Wir flüchten uns vor dem Regen in eine Hafenkneipe. Ein schlichtes Lokal mit Plastikstühlen und einem Miefpropeller an der Decke. Zwischen der Klotür und dem Fernseher hängt ein Kruzifix. An den Tischen sitzen einige Männer mit Stiernacken und Arbeitshosen. Es riecht nach Küche, wir bestellen „Bragioli“. Das sind Fleischrouladen mit einer Hackfleisch-Tintenfischfüllung und Zwiebelsosse, dazu gibt es eigenwillige Bratkartoffeln und bräunlichen Couscous. Dazu trinke ich ein „Kinnie“, eine hier in Malta überaus beliebte Bitterorangen-Limonade. Draussen regnet es immer noch. Die Fettaugen in den Pfützen schimmern vielfarbig.

Als dann zwischendurch doch mal der Regen kurz nachlässt, fahren wir mit der kleinen Fähre hinüber nach Bormla. Schöne alte Häuser und steile Gassen. Und eine mächtige Festung; richtig romantisch. Im Hafen liegen bunte Fischerboot. Aber hier ist fast alles zu; wohl Winterpause oder Siesta. Dafür beginnt es jetzt wieder zu regnen. Also trinken wir in die einzige Kneipe ein Café und warten auf Wetterbesserung.

Und dann ist auch schon wieder Zeit für die Rückfahrt. Die Fähre kommt allerdings eine halbe Stunde verspätet. Wir stehen im Regen und warten gemeinsam mit anderen. Niemand mault herum, jeder ist froh, dass sie bei dem Wetter überhaupt fährt. In der Bucht hat es nun beachtliche Wellen. Ginge die Fahrt länger, täte ich wohl kotzen.

Valletta liegt hoch über dem Hafen. Deshalb fahre ich mit dem neuen Lift nach oben. Peti hingegen gibt sich sportlich und nimmt die Treppe, etwa eine Million Stufen - abgerundet. Während unserer Abwesenheit wurden viele Gassen weihnachtlich geschmückt. Lichtgirlanden in allen Farben hängen über die Gassen. Es leuchtet und blinkt überall. Ein elektrischer Weihnachtsmann winkt mir nuttig hinterher. Die Juden werben mit Chanukka - wohl vergebens.
Wir essen einen Tintenfisch-Salat ohne Salat.

10. Dezember 2013

Malta: Loch im Himmel

Hätte unser Hotelzimmer ein Fenster, hätte ich bestimmt die liebliche Morgensonne bemerkt. So sehen wir sie erst, als wir uns auf die Suche nach einem Frühstück machen. Peti möchte ein richtiges englisches Breakfast. So eines mit vielen Spiegeleiern, fettigem Speck, weissen Bohnen in oranger Tunke und einem klebrigen Tischtuch. Wir werden bald fündig und geben uns dem Genuss hin. Also er, ich nehme was anderes.

Die Gassen in Valletta sind sehr schmal, dafür aber steil; mancherorts sogar Treppen. Alle Häuser sind alt und aus dem hier typischen gelben Sandstein gebaut. Viele mit allerhand gekräuselten Ornamenten und bunten Erkern aufgehübscht. Gefällt mir.

Valletta ist von unglaublich hohen und dicken Mauern umgeben. Diese wurden in den vergangenen Jahrhunderten von den Rittern des Malteserordens erbaut, resp. von deren Sklaven. Früher schützte das Wehrgemäuer vor bösen Angreifern, heute kann man von hier oben den herrlichen Ausblick über den Hafen und die Festungen gegenüber geniessen.

Etwas unterhalb der „Upper Barrakka Gardens“ fingern einige Soldaten in strammen Uniformen an einer alten Kanone herum. Erst hampeln sie zackig umher, dann ein Schrei und ein dumpfer Knall; und dann dichter Qualm. Der tägliche Zwölf-Uhr-Schuss. Und dann beginnt es zu regnen - haben wohl eine Regenwolke getroffen!

9. Dezember 2013

Malta: zum Beispiel Hühnchen

Die Reise nach Malta beginnt wie schon so oft mit einer Bahnfahrt zum Flughafen. Diesmal zusammen mit Peti, der das alles organisiert hat. Mein Expeditionsgepäck umfasst eine alte Computertasche, wo ich einige Kleider hineingestopft habe. Und Nasenspray und zwei Bücher.

Fast pünktlich donnert unser Air-Malta Flug in den Abendhimmel über Zürich. Höchstens halbvoll und drum sehr bequem. Im Internet stand, auf unserem Flug werde ein Abendessen serviert; zum Beispiel "Nudeln mit Hühnchen". Und tatsächlich. Als ich den Deckel vom Plastik-Schälchen hebe, lacht mich mein Abendessen an. Da liegen lose beieinander, ich mag mich jetzt täuschen, zweiundzwanzig Spiralnudeln, acht grüne Bohnen und zwei hauchdünne Scheiben zumBeispielHühnchen. Schmeckt recht gut. Zum Dessert gibt es den beiliegenden Kuchen, fünfundzwanzig Gramm leicht und in Schutzatmosphäre verpackt.

Kurz nach acht landen wir in Malta. Es ist stockfinster und regnet milde. Der Flughafen ist wie ausgestorben, keiner da. Wir laufen schnurstracks durch und warten vor dem Flughafengebäude auf den Bus ins Stadtzentrum. Nach einer halben Stunde kommt er, wir sind die einzigen Fahrgäste.

Unser Hotel liegt mitten in der Altstadt. Es hat drei Sterne und unser Zimmer kein einziges Fenster. Gut, im Bad gibt es eines, aber bloss in einen finsteren Lichtschacht hinaus. Was soll‘s, ist ja sowieso dunkel draussen.
Zwecks Nahrungsergänzung gehen wir noch gschwind in eine Gaststätte gegenüber. Wir sind die einzigen Gäste, essen eine Kleinigkeit, dann gehe ich nachhause, während Peti noch irgendwo einen Schlummertrunk nehmen will. Ohne Schlüssel komme ich dann aber nicht ins Zimmer und muss im Korridor auf Peti warten. Der derweilen, was ich aber nicht weiss, zwei Stockwerke tiefer in der Hotelbar sitzt und sein Bier langweilt.

Gefällt mir, dieses Malta. Bin gespannt, wie es bei Tageslicht aussieht.

7. Dezember 2013

Demokratie erfordert manchmal Opfer

Heute wollen wir uns gemeinsamen an einen schicksalshaften Tag erinnern; den 13. Dezember 2009. In Mailand wirft einer dem italienischen Ministerpräsidenten ein Souvenir an den Kopf. Einen extra dafür gekauften Mailänder-Dom aus Hartplastik. Dazu muss man wissen, der Mailänder-Dom ist üppig mit den für die Gotik typischen Fial-Türmchen ausgestattet. Richtig stachelig obenrum und als Wurfgeschoss daher ausgezeichnet geeignet.

Wie dem auch sei; Massimo Tartaglia gegen Silvio Berlusconi 1:0. Berlusconi flennte wochenlang, sprach von Terror und präsentierte stolz seine Wunde. Die Medien wiederum bezeichneten den Attentäter als „mutmasslich geistig Verwirrten“, bloss weil er dem Präsidenten-Clown eins auf die Fresse gegeben hat.
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