19. September 2016

Alpenglühen: Pizzoccheri, Capuns und nachhause

Ein wunderbar frischer Sommermorgen. Die Vögelein jubilieren – gut, genaugenommen ist es eher ein heiseres krächzen – und der laue Wind streicht übers hohe Gras. Wir lümmeln herum und lesen. Dann müssen wir los – zuhause ruft die Arbeit

Über den Passo di Resia (1‘507), der mitten im Dorf Reschen liegt, fahren wir hinüber nach Österreich. Bereits vor dem ersten Dorf, Nauders, biegen wir links ab. Die Strasse führt über die Norberthöhe direkt zur Schweizer Grenze bei Martina.
Ab hier geht es nun das Unterengadin hinauf bis Susch, wo uns der Mittagshunger in eine Gaststätte lockt. Am Nebentisch futtern sie Schnitzel mit daumendicken Pommes Frites. Doch ich widerstehe und bestelle „Pizzoccheri“ und Frau G. „Capuns“. Keine Ahnung was wir da bestellt haben, wir wissen bloss, dass das einheimische Kost ist.

Mitten in Susch zweigt die Strass zum Flüelapass ab. Die Strasse schlängelt sich in langen Schwüngen durch ein urtümliches Bergtal bis hinauf zur Flüela-Passhöhe (2'380 müM).

Hier treffen wir einen bekannten Wüstenfahrer aus Bayern. Und einen Ausflugsbus aus unserer Heimat mit einem Fuder Nonnen an Bord.
Nun geht es wieder bergab, dann an Davos vorbei und durchs Landwasser weiter bergab bis nach Landquart im Rheintal.

Unterwegs schauen wir uns die Sunnibergbrücke (n46.8851, e9.8569). Sie wurde vom bekannten Brückeningenieur Christian Menn geplant, den ich sehr bewundere.
Auf der Autobahn brummen wir dem Walensee entlang heimwärts. Dichter Verkehr. Was wollen die bloss alle in Zürich? Wir biegen ab und fahren über unseren letzten Pass, den Hirzel (680 müM) nach Luzern und nachhause.

16. September 2016

Alpenglühen: il bunker 23

Rund um die kleine Vinschger Gemeinde Tartsch baute das italienische Militär zwischen 1939 und 42 eine ganze Reihe Bunker. Ursprünglich sollten sie einen Angriff der deutsch-österreichischen Wehrmacht abwehren, doch dann wurden aus den Feinden Freunde und die Bunker nie gebraucht. Seither stehen diese vierundzwanzig Betonungetüme nutzlos in der Landschaft herum - ausser der Bunker 23 (n46.6869, e10.5605).

Zwei Künstler haben den trutzigen Bunker mit Leben gefüllt. Aus der Schiessscharte ragt ein Wohnwagen und ergibt so eine gemütliche Wohnstube mit einer wunderbaren Aussicht über das Vinschgau.

Das Dach des Bunkers war ursprünglich mit Erde bedeckt. Seit neustem trägt er nun eine hölzerne Dachterrasse, die „Terrasse es Friedens“. Und die zappeligen Geländerstäbe entsprechen der Tonfolge des Liedes „Give Peace a Chance“ von John Lennon.

Leider gelingt es uns nicht, das Innere anzuschauen – Privat, kein Zutritt. Aber auch von aussen ist der Bunker sehr sehenswert. Oder zumindest bemerkenswert.

15. September 2016

Alpenglühen: Bozen interruptus

Es war eine heisse Nacht und wir schliefen bei offener Tür. Die morgendlichen Pendler schauen etwas verwundert – und auch etwas neidisch auf unser Freiluftbett.
Hier bei den Apfelplantagen haben wir sogar schnelles Internet, was an sich toll ist: Aber - ich erfahre auch, dass zuhause neue Arbeit eingetroffen ist und dass wir deshalb dringend heim müssen.

Aber Arbeit hin, Sommerhitze her; erst wollen wir uns heute noch Bozen anschauen. Mit dem Zug sind das dahin knapp eine halbe Stunde Fahrt. Und anders als in Meran liegt in Bozen der Bahnhof fast im Stadtzentrum.
Schon jetzt am Vormittag sind recht viele Leute in der Stadt unterwegs. Ausflügler und Einheimische. Wir streifen durch die Gassen und bewundern die prächtigen Fassaden und die Arkaden mit den bunten Läden.
Während Frau G. die Schaufenster anschaut, sehe ich mich nach lokalen Würsten um. Wie‘s ausschaut gibt es keine solche, bloss das Übliche.

Der Talfer teilt Bozen in zwei Teile; das mittelalterliche Bozen und das moderne Bolzano, so heisst „Bozen“ auf Italienisch, mit den Wohnblöcken aus der Zeit der Faschisten.
Wir schlendern hinüber und werden als erstes von einem Triumphbogen aus Marmor begrüsst. Dieser wurde nach dem 1. Weltkrieg als Siegesdenkmal errichtet. Und so schaut er auch aus; ein nackter Marmor-Krieger schiesst nach Österreich hinüber!

Am Imbiss gleich neben dem Siegerdenkmal leisten wir unseren ganz eigenen Beitrag zur Völkerverständigung und bestellen Wienerschnitzel. Eine wunderbar knusprige Panade umhüllt das dünngeklopfte Fleisch – herrlich.
In Bozen gäbe es bestimmt noch viel mehr zu sehen – zum Beispiel den Ötzi – aber es ist glühend heiss und so fahren wir am Nachmittag mit der Bahn zurück nach Gargazon.

Das ganze Vinschgau ist mit Apfelplantagen zugebaut. Soweit man sehen kann stehen Apfelbäume. Aber nicht die üblichen Bäume, wo der Apfelpflücker wie ein Affe im Geäst herum klettern muss, sondern Apfel-Spaliere in endlos langen Reihen, damit man mit diesen schmalen Traktörli dazwischen fahren und ernten kann. Und überall sehen wir haushohe Stapel grüner Apfelkisten, die auf die Ernte warten.
Wir fahren noch ein Stück heimwärts und übernachten etwas weiter talaufwärts in Mals. Hier oben ist es bereits merklich kühler als in Bozen und es weht ein angenehm frischer Wind.

14. September 2016

Alpenglühen: glutheisses Meran

Da wir in Meran eh keinen Parkplatz finden, fahren wir direkt nach Gargazon und stellen unseren Möbelwagen am dortigen Bahnhof ab. Das Dorf ist weit weg und die Parkplätze zahlreich und leer.
Mit der Vinschgerbahn fahren wir von hier nach Meran.

Es ist ein heisser Tag, doch zum Glück gibt es in Meran viele schattige Strassenbäume und verwinkelte Plätze. Wir flanieren erst durch die mittelalterliche Altstadt; Arkaden voller Ladengeschäfte und gemütlichen Gaststätten.

Auf dem alten Marktplatz bietet der „Würstl-Willi“ allerlei Wurstwaren feil. Ich entscheide mich für eine „Meraner“ mit einer Kaisersemmel und einem Schiss Senf. Schmeckt knackig und würzig.
Neben der alten Altstadt ist das Meran der Habsburger. Prächtige Paläste mit vielerlei Zierrat und Schnörkeln. Kurhaus, Theater und Nobelhotels.

Am Fluss Passer entlang zieht sich auf der Sonnenseite die alte Winterpromenade, eine halboffene Halle mit Sitzbänken und viel Wandbildern. Am anderen Ufer drüben verläuft die Sommerpromenade unter schattigen Bäumen und am Park entlang. Und mittendrin ein Standbild der Kaiserin Sissi - aus Laaser-Marmor.


Es ist heiss und wir sitzen lange in einem Gastgarten und geniessen kühle Getränke Dann schleppen wir uns zum Bahnhof hinunter, wiederholen die kühle Trinkerei und fahren danach mit der Bahn zurück nach Gargazon. In unser Möbelwagen ist es 42 Grad warm und in meinen Schuhen drin ist es tropisch feuchtheiss.
Wir übernachten gleich hier neben den Apfelplantagen in Gargazon. Es ist ein schwülheisser Sommerabend – sogar der heisse Kaffee bringt Abkühlung.

13. September 2016

Alpenglühen: Marmor in Fahrt

Der Marmor aus Laas ist weltbekannt. Daraus wurden und werden weltweit Paläste und Denkmäler gemacht. Früher die Paläster der Habsburger, heute die der arabischen Ölmilliardäre. Oder auch die weissen Kreuze auf den amerikanischen Soldatenfriedhöfen.

Wir schlendern ein wenig durch das Marmor-Blocklager neben dem Bahnhof und schauen den Steinmetzen beim steinmetzen zu. Der beste Laaser-Marmor ist schneeweiss und glitzert wie Eiskristalle.

Die Marmor-Steinbrüche liegen aber ziemlich weit oben in den Seitentälern. Von da werden die Steinblöcke mit der Werkbahn ins Haupttal gebracht und mit einer imposanten Schrägbahn mitsamt den Bahnwagen ins Tal – ein Kilometer und fast 500 Höhenmeter - hinunter transportiert.

Eigentlich wäre ich gerne mit dem Marmor-Schrägaufzug mitgefahren, aber das ist leider nicht möglich. Aber heute fand wenigstens eine Kontrollfahrt statt und so konnte ich mir die Technik ganz genau anschauen. Wobei die Technik glänzt eigentlich durch Abwesenheit; es sind im Prinzip bloss zwei Karren an einem langen Stahlseil. Und einem Motor in der Bergstation.

Wir nächtigen in Laas zwischen Marmorblöcken und Apfelbäumen. Es ist wunderbar mild, am Abend zieht ein frisches Lüftlein durchs Tal. So lässt sich gut schlafen.