22. Januar 2016

Zypern: die Geisterstadt Varosha

Am Ende des 1974-er Krieges besetzten die türkische Armee, die Schutzmacht der Nordzyprer, auch den Stadtteil Varosha am südlichen Stadtrand von Famagusta. Die Bewohner flüchteten oder wurden vertrieben. Die ganze Stadt wurde zum Sperrgebiet erklärt und sollte bei den kommenden Friedensverhandlungen als Pfand dienen. Das ist jetzt vierzig Jahre her! Und ich glaube nicht, dass heute noch jemand die Hotelruinen haben will.

Varosha war damals mit 10‘000 Gästebetten das Zentrum des zyprischen Tourismus. Die Stadt zieht sich sechs Kilometer weit am Sandstrand entlang; mit fast fünfzig Hotels, Kinos, Banken, Schulen – insgesamt viereinhalb tausend Häuser. Und Varosha war noch längst nicht fertig gebaut; es gab damals auch noch mehr als dreihundert Baustellen. Die Kräne kann man noch heute sehen.

Bis heute ist ganz Varosha eingezäunt und menschenleer. Die türkische Armee hält das ganze Stadtgebiet besetzt und achtet akribisch darauf, dass niemand eindringt und das nichts wegkommt. Die Stadt wurde 1974 sozusagen eingefroren.

So etwas zieht mich natürlich magisch an. Wir fahren an der Grenze entlang und schauen durch den Zaum. Auf den Strassen wächst Gras und die Werbeschilder aus den 70-er Jahren rosten vor sich her. Viele Häuser wurden im Krieg beschädigt und leiden sichtlich unter der Witterung.
Die Ayia Zoni Kirche (N35.1077, E33.9498) wartet seit vierzig Jahren aufs Beter.

Da und dort äugen Soldaten von Wachtürmen und schauen, dass niemand Fotos macht oder ins Sperrgebiet eindringt. Was halt schon sehr verlockend ist, doch Frau G. ist vernünftig und hält mich zurück.

Der Twiga Tower zwischen dem Salaminia und Florida Hotel (N35.1175, E33.9577); alle im Tiefschlaf.
Ganz in der Nähe steht auch die einstige Ayios Ioannis Kirche (N35.1187, E33.9516), die heute ein Museum sein soll. Wir versuchen dahin zu kommen, doch die Soldaten lassen uns nicht - hayır.

5 Kommentare:

  1. Interessante Darstellung dazu gibts in dem Buch "Die Welt ohne uns" von Alan Weisman, S. 123:

    Wilde Geranien und Philodendren wachsen aus Gebäuden mit fehlenden Dächern hervor und klettern an den Außenmauern hinunter. Eidechsen und Schlanknattern huschen durch Dickichte von Wildem Spargel, Feigenkakteen und mannshohen Gräsern. Ein dichter Teppich von Zitronengras verbreitet sein zartes Aroma. Bei Nacht gehört der stockdunkle Strand den Karett- und Suppenschildkröten, die dort ihre Eier verscharren.

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    1. ... genau so habe ich es auch empfunden. Einfach mit türkischen Soldaten statt Zitronengras.

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  2. Eine Geisterstadt, eingefroren in der Zeit - sowas finde ich ja höchst faszinierend! Schade, dass man in dieses riesige Freiluftmuseum nicht reinkommt, ich würde jeden Eintritt zahlen.

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  3. Genau: Man sollte alles so lassen und eine touristische Attraktion draus machen. Aber nur mit Führung, damit nichts geklaut oder verändert wird wird.

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