13. November 2013

Italien: Monza rennt

Jetzt, wo ich schonmal in der Nähe bin, will ich mir die "Autodromo Monza" anschauen. Doch ein hoher Gitterzaun und ein Pförtner sehen das ganz anders: Rennstrecke geschlossen.
Von der Piste höre ich Motorengeschrei. Also wird heute gefahren! Ja, dann schau ich mal, ob sich nicht doch irgendwo ein Schlupfloch findet? Ich schlendere in Richtung der Rennstrecke. Überall ein Gitterzaun mit Stacheldraht. Schwierig da darüber zu kommen.

Weiter hinten treffe ich auf eine Lücke im Zaun; und eine alte Steilwandkurve. Die alte Betonfahrbahn ist aus den 1950-er Jahren und enorm steil, fast zu steil, um hinauf zu klettern. Also schlendere ich weiter, denn der Motorenlärm lockt.

Auf der anderen Seite vom Gelände stehen auf einem Erddamm grosse Tribünen. Ich höre, wie davor die Rennwagen vorbei röhren. Sehen kann ich sie aber wegen dem Damm und der Tribünen nicht. Ich muss näher ran, wäre da bloss nicht dieser Gitterzaun! Irgendwo entdecke ich dann doch noch eine Schwachstelle. Wieselflink klettere ich hoch und schwinge mich drüber. Dann einige schnelle Schritte und ich bin bei den Tribünen.

Erst schaue ich aus dem Verborgenen den Rennautos zu. Dann entdeckt mich ein Wachmann. Also grüsse ich ihn ganz beiläufig, und hocke mich zuoberst auf die Tribüne. Die Autos sind unglaublich laut - und schnell. Und keine Formel-1 Renner, sondern irgendwelche Tourenwagen, odr so.

Hier in der berühmten Parabolica-Kurve verunfallte damals der Formel-1 Weltmeister Jochen Rindt tödlich. Und er ist bei weitem nicht der einzige, der hier starb.

Eigentlich ist es furzlangweilig. So ein Rennauto ist in wenigen Sekunden vorbei, dann hört man nur noch seinen Lärm hinter dem Wald. Ich gehe darum weiter und versuch es an einer anderen Stelle. Diesmal komme ich recht gut über den Zaun. Treffe dann aber auf einige orangebekleidete Männer; wohl Streckenposten. Das war’s, ciao.

Das Auto ist übrigens der nagelneue Citroën C-Elysée WTCC 2014 von Sebastien Loeb und Yvan Muller - noch geheiiiim.

12. November 2013

Italien: Seveso giftig

Im Juli 1976 explodierte in der Chemifabrik ICMESA ein Tank. Der Wind trieb daraufhin eine schwarze Wolke gegen Mailand zu, und genau über das Städtchen Seveso. Tags darauf verfärbten sich die Pflanzen braun und überall lagen tote Vögel herum. Die Anwohner bekamen Hautausschläge und Atembeschwerden. Nicht gut; gar nicht gut. Die Wolke war giftig, Tetrachlordibenzodioxin nennt man seither „Sevesogift“ oder kurz „Dioxin“.

Das Dioxin verseuchte einen ganzen Landstrich. Einige Dutzend Leute mussten für immer ihre Häuser verlassen. Weitherum wurde verseuchtes Erdreich abgetragen und Tausende Haustiere wurden getötet.

Die Unglücksfabrik ICMESA gehörte dem Schweizer Chemieriesen Hoffmann-La Roche. Erst verharmloste man den „Vorfall“. Später wurde die Unglücksfabrik komplett abgerissen und als Sondermüll neben der Autobahn vergraben.

Heute erinnern bloss noch ein Strassenschild und eine alte Ziegelmauer an die ICMESA. Da wo damals das Unglück geschah, sind heute ein öder Kinderspielplatz und ein Fussballstadion. Und ein hübsches Eichenwäldchen.

11. November 2013

Italien: Greenland ist tot

In einem schütteren Wäldchen nördlich von Milano verbirgt sich ein verlassener Freizeitpark. „Parco Greenland“ hiess er einst, eröffnet 1965. Nach langem und qualvollem Siechtum verstarb er vor einigen Jahren. Die Resten stehen seither untätig herum und werden vom Gestrüpp aufgefressen.

Das Areal ist recht grossflächig und leider von einem hohen Zaun umgeben. Nicht einfach da hineinzukommen, denke ich. Der Zufall und mein friedfertiges Erscheinungsbild ermöglichen es mir dennoch. Ich schlendere genüsslich übers Gelände. Die Bäume bewerfen mich mit buntem Laub, irgendwo bellt ein Köter; herrlich schön hier.

Von vielen Fahrgeschäften sind nur noch die Fundamente und einige Hinweisschilder übrig. Andere wiederum stehen noch komplett da. Fast betriebsbereit, einzig der schulterhohe Rasen müsst mal wieder geschnitten werden.
Vor der Go-Cart-Bahn hat’s neulich gebrannt. Und von der Park-Eisenbahn sind nur noch ein paar Schienen übrig, die Züge sind weg. Eigentlich schade, ich wäre gerne eine Runde mitgefahren.

Wer Greenland auch einmal anschauen möchte, muss sich sputen; man plant den Abriss. Dies allerdings schon seit mehreren Jahren.

9. November 2013

Italien: weiter geht's ...

Demnächst geht’s hier weiter mit meiner November-Norditalen-Reise. Zuerst will ich mir aber noch einige Sachen anschauen gehen

Ganz besondere Orte; wenn ich sie denn finden tue.

Wer mag, kann bis dahin bei der Frau G. ihrem Blog unsere BahnOst-Reise lesen. Odr so ...

8. November 2013

Italien: die klebrige Sonnenstube

Es ist ein nebligtrüb hier im Tessin; 6 Grad und Regen. Irgendwie habe ich mir die Sonnenstube der Schweiz anders vorgestellt. Wenigstens blässt mir aus der Heizung ein wenig Karibik entgegen. Hinter Chiasso sind die Berge und die Schweiz zu Ende. Und die Regenwolken auch. Sonne und blauer Himmel.
Die Autobahn zieht pfeilgerade gegen Süden. Auf einmal lauern quer über die Fahrbahn diese gläsernen Kassenhäuschen. Darin hocken übellaunige Geldknechte, die sich ein Vergnügen daraus machen, Sprachunkundige mit unflätigen Schimpfwörtern eindecken. Aber ich hab dich verstanden – du Aff.

Wie immer, mein erster Halt beim "Pavesi"; heute nennt sie sich „Autogrill“. 50-er Jahre Architektur; ein Tempel des Automobilverkehrs. Sinnlos schön. Innen eine Orgie aus braun, orange und hässlich. Ich stelle mich an den Tresen und trinke einen Caffè aus einer winzigen Tasse. Der Kaffee ist stark und der Tresen leicht klebrig.

Ich mag diese Gegend. Die Landschaft ist langweilig flach, und von hier bis Mailand überbaut mit einfältigen Mietskasernen, Industriehallen und Handlungen aller Art. Ein Siedlungsbrei, planlos hingekotzt. Dann fahre ich weg von der Autobahn und über Land. Unter einem grossen Werbeschild mit einem lachenden Sofa steht eine, für die Jahreszeit erstaunlich leichtbekleidete, Gunstgewerblerin. Sie zeigt mir ihre prallen Drüsen, ich nicke anerkennend. Häuser so weit mein Auge reicht; Aglo von Milano. Touristenfreie Zone. Auf einer Kreuzung haben sich zwei Autos getroffen; Totalschaden. Die Insassen stehen bleich am Strassenrand; scheint ihnen peinlich zu sein. Die Autobrösel bedecken die ganze Strasse. Es knirscht beim drüber fahren.
Die Bäume leuchten bunt in der Abendsonne. Wie in einem Fellini-Film. Manchmal gefällt mir Italien...