6. März 2013

Marokko: mitten übers Mittelmeer fähren

So eine fünfzig-Stunden-Fahrt mit einer Autofähre ist vor allem eines – lang. Ich mag das, denn ausser essen und schlafen gibt es wenig zu tun. Also mache ich einen Schiffsrundgang. Als ich auf dem Oberdeck die Rettungsboote hängen sehe, denke ich erst, unser Schiff ist wohl trächtig!

Unsere Kabine hat die Nummer 7108 und wieder diesen blaugepunkteten Teppich. An der Wand hängt ein sehr grosses und sehr hässliches Bild. Hätte nicht "sehr gross" oder "sehr hässlich" ausgereicht, damit es nicht gestohlen wirt!
Wir haben drei Betten, allerdings ist eines davon hochgeklappt. Dann noch eine Nasszelle. Sie wird ihrem Namen voll und ganz gerecht; sie ist vor allem eine Zelle - und Lyonerwurst-fabig.

Am Mittag esse ich vegetarisch; Pommes mit Majo. Draussen vor dem Fenster schleicht der Horizont vorbei. Auch die Sonne schleicht sich davon und es kommen trübgraue Wolken. Und dann die Wellen! Unsere „M/F Fantastic“ schaukelt auf und ab; bis Raja kotzt.

Kurz nach Mitternacht landen wir in Barcelona. Die Schaukelei ist vorerst vorbei. Ich esse ein Käsebrot und schaue fröstelnd in die Nacht hinaus. Viele Lichter haben sie hier in Barcelona, auch bunte. Und der Hafen ist um die Zeit auch noch auf. Gut.
Dann fröstelt es mich und ich gehe schlafen.

5. März 2013

Marokko: ein Schiff wird kommen

Der Regen ist vorbei, dafür hat der Sturmwind nochmal deutlich zugelegt. Ich kenne mich da nicht so genau aus, aber ich würde sagen, mindestens Windstärke 19; oder 119? Oder noch mehr.

Punkt zwölf sind wir am Hafen. Den geforderten Papierkram haben wir schnell erledigt, jetzt fehlt bloss noch der eine Stempel vom Zoll. Der Schalter ist geöffnet und die Kolonne ganz kurz. Gut. Aber das Computersystem ist abgestürzt - nichts geht mehr. Waaarten.
Um halb zwei ist auch das geschafft und es geht weiter. Zum Auto-Röntgen.

Kurz nach drei kommt unser Schiff um die Ecke gefahren. Es hat sichtlich Mühe anzulegen, der starke Wind drückt es immer wieder vom Pier weg. Mehr als eine Stunde mühen sie sich ab. Mit Winden und zwei Schleppern ziehen und schieben sie es in Position. Die Laderampe schrammt dabei über den Beton und macht abscheuliche Geräusche.

Um vier hätten wir losfahren sollen. Nun beginnt aber zuerst einmal der Ablad. Mit dem Fahrplan wird das heute wohl etwas knäpplich.

Gegen Abend sind dann endlich alle ausgeladen und wir fahren aufs Schiff. Unsere Kabine ist im siebten Stock und hat wieder Meerblick.

Lange nach dem Nachtessen, ich liege schon längst im Bett, fahren wir los. Die fünfstündige Verspätung holen wir aber bestimmt wieder auf, wir haben ja Rückenwind.

4. März 2013

Marokko: Plastiktüte oder Kuchen

Wir sind wieder da, wo wir ganz am Anfang unserer Reise auch schon mal waren; bei der Herkules-Grotte. Es ist windig, grau und regnet Niesel. Nicht schön. Ich stehe früh auf, lümmle auf dem Campingplatz herum und tue wenig Sinnhaftes.

Der Atlantik schlägt hohe Wellen – na gut, was soll er auch sonst tun bei dem Wetter? Sonst ist nicht viel los. Also setze ich mich in ein Café und schreibe etwas. Aber worüber; ist ja nix los hier?

Vom unliebsamen Vorfall heute Morgen vielleicht: Öhm - die Klobrille war gerissen und hat mich in die Schwarte gebissen. Und als ich dann so da sitze, stelle ich fest, dass da kein Arschwisch ist! Ich suchte alle meine Hosentaschen ab – aber kein Papier. Bloss eine eine Plastiktüte mit krümligem Kuchen von gestern. Womit sollte ich jetzt abwischen - mit der Plastiktüte oder dem Kuchen?

Nach dem Mittag regnet es sehr schräg. Als er um drei etwas nachlässt, machen wir einen Ausflug an das nahe „Cap Spartel“. Der alte Leuchtturm dort steht stumm auf seiner Klippe. Früher hat er mit seinem Licht die Schiffe angelockt, jetzt nur noch ein paar Touristen.
Dann beginnt es wieder zu regnen und wir fahren zurück.

Am Abend schauen wir im Fernsehen Kamelrennen. Manch einer könnte jetzt denken, das sei sicher spannender Rennsport und so. Aber nein! Stundenlang wird über Kamele gefachsimpelt, Kamele abgefilmt und zwischendurch gevolkstanzt. Bloss losrennen tun die Viecher nicht. Nach gut zwei Stunden langeweilen gehe ich schlafen.

3. März 2013

Marokko: Absturz ins Bodenlose

Mein Bauch ist arg verkratzt. Fingertiefe, blutrote Striemen ziehen sich über die Wölbung. Ich bin entstellt, diesen Bikini-Sommer kann ich wohl vergessen.
Das ganze Unheil nahm seinen Anfang mit der Wahl meines Reisegepäcks. Denn ein solches ist für so eine gewagte Marokko-Expedition von entscheidender Bedeutung. Es geht ja schliesslich um nichts Geringeres, als ums Überleben. Da braucht man ein multifunktionales und extrem belastbares Tragsystem. Wenn möglich aus der Raumfahrt-Forschung. Odr so.

«Willst du das haben - Bub», sagte meine Mutti, «sonst werf ich's weg!». Jawohl! DAS war es; mein Expeditionsgepäck. Aus robust verwebten Polyethylenstreifen, enorm viel Fassungsvermögen, wasserdurchlässig und meteoritendicht. Ein „Türkenkoffer“; mein Türkenkoffer.
In diesen schichtete ich nun alle meine Habseligkeiten. Unten die Hosen, dann die Leibchen drauf. Und in die Lücken das Kleinzeug. Auch meine Werbegeschenk-Taschenlampe.
Und genau hier passierte nun das Ungeheuerliche. Irgendwas verschluckte meine Taschenlampe und gab sie auch nicht wieder her. Und deshalb musste ich kürzlich in dieser einen mondlosen Nacht raus. In die Wildnis zum Ausscheiden. In völliger Dunkelheit. Schritt für Schritt tastete ich mit den Füssen den Wüstenboden ab. Aufs Mal spürte ich nur noch Leere unter mir. Augenblicklich begann mein Körper unter der Einwirkung der Gravitation zu fallen. Wieselflink drehte ich mich um die eigene Achse und krallte mich am Geröll fest. Das bremste meinen Absturz ins Bodenlose etwas, allerdings raspelte ich mit meinem Leib über die scharfkantige Klippe. Und dabei fing ich mir am Bauch diese entsetzlichen Schürfungen ein.

Und Schuld - Schuld an der ganzen Misere ist meine Mutti. Die mir diesen albernen Türkenkoffer aufschwatzte. Der meine Taschenlampe verschluckte und mich in den Abgrund tappen liess.

2. März 2013

Marokko: süsse Mädchen und saure Milch

Erst dachte ich unser Mowag habe Heimwehtränen - aber es waren bloss Regentropfen auf der Frontscheibe. Ungeachtet dessen reifeln wir weiter heute nach Norden. Nach Lixus.


In Lixus wohnten einst die Phönizier, dann die Numider und zum Schluss die Römer. Heute ist alles kaputt – seit eineinhalbtausend Jahren nur noch Ruinen. Lixus war damals für sein "Garum" berühmt. Garum ist eine würzige Sauce aus vergohrenem Fisch und war damals bei Römer's sehr beliebt. Die Herstellung stank aber dermassen, dass man die Fabriken ausserhalb der Stadt baute. Heute kann man noch etwa 150 Garum-Becken sehen, eine Zisterne und ein Salzlager. Stinken tut’s nicht mehr.

Am Mittag erfüllte ich mir einen lang gehegten Traum - ich bestellte mir eines der legendären Pommes-Frites-Sandwich. Abgesehen davon, dass leider grad keine Pommes da waren, war es ein tadelloses Pommes-Frites-Sandwich. Und ein wahrer Hochgenuss.

Etwas weiter im Landesinneren schauen wir uns den Steinkreis von M'soura an. Ein hoher Megalith, ein grosser Steinkreis und ein Hügelgrab. Beeindruckend. Und in der Umgebung liegen noch weitere Megalithen herum. Das Hügelgrab wurde allerdings im Rahmen von Forschungsarbeiten komplett zerstört und ist kaum mehr zu erkennen.
Da und dort sitzen Mädchen am Strassenrand und bieten ein milchiges Getränk an; „Laban“. Eine Art Sauermilch, zusätzlich mit geschrotetem Getreide drin. Genau so schmeckt es auch.

Gegen Abend erreichen wir den Stadtrand von Tanger. Als besonders malerisch möchte ich die Gegend nicht bezeichnen, aber hier gibt es diese riesigen Einkaufszenter wie in Frankreich. Also gehen wir einkaufen.

Ich kaufe mir neue Kugelschreiber und etwas Naschwerk. Und ein Sandwich-Kochbuch - in arabisch. Raja kauft den gesamten Vorrat an Dateln; mehr als dreissig Kilo.
Wir übernachten am Strand. Es stürmt und regnet.