14. November 2012

Berlin: den Adolf tiefergelegt

Ob man will oder nicht, überall stolpern wir über Berlins Vergangenheit. Vor allem über die der DDR und des unrühmlichen Dritte Reiches.
Überall in Berlin stehen Einzelteile der DDR-Grenzmauer herum. Zerschundene Betonwinkel, meist beidseitig grellbunt bemalt. Beidseitig, obwohl damals damals ja gar nicht ging! Dieses hier steht am Leipziger Platz und zeigt ein Bild vom berühmten Thierry Noir.

Unweit vom Holocaust-Mahnmal liegt zwischen einigen Mietskasernen ein öder Parkplatz. Hier befanden sich vor siebzig Jahren das Machtzentrum der Nazis; die Reichskanzlei und der Führerbunker. Und hier verkroch sich gegen Ende des Krieges der Adolf H. Da heiratete er noch gschwind seine Eva - und schoss sich dann ein Loch in den Kopf.

Gleich hinter der Barriere wurden damals die beiden Leiche in aller Eile verscharrt. Das Tausendjährige Reich war zu Ende - nach bloss elf Jahren. Und der Krieg auch. Das hat sich der GröFaZ bestimmt ganz anders vorgestellt.

13. November 2012

Berlin: Mut und Tränen

Die DDR-Grenzmauer dichtete Westberlin rundherum komplett ab. Beton, Stacheldraht und unzählige Grenzer sorgten dafür, dass keine Genossen „rübermachten“. Ein Grenzübertritt war nur an einigen wenigen Orten erlaubt. Der vielleicht wichtigste war beim Bahnhof Friedrichstrasse.

Um den Ansturm der Ein- und Ausreisewilligen besser zu bewältigen, baute man in den frühen sechziger Jahren eine moderne Grenzabfertigungshalle. Ein lichter Pavillon für ein übles Regime. Und weil hier viele Abschieds- und Freudentränen flossen, nannte man ihn schon bald "Tränenpalast".

Heute ist darin ein Museum untergebracht. Etwas kitschig vielleicht, aber ein Exponat hat mir ganz besonders gut gefallen. Eine Ansichtskarte, die ein Stefan Ullmann 1985 nach seiner Flucht seinen in der DDR zurückgebliebenen Angehörigen schickte.

An der Friedrichstrasse steht auch das neue Asisi Panorama „Die Mauer“. Das riesige Rundgemälde ist erst seit wenigen Wochen geöffnet und zeigt einen Blick über die Mauer nach Ostberlin.
Ein Aufseher maulte, wir dürften hier drinnen keine Fotos machen. Der Künstler wolle seine Bilder ja verkaufen! «Schöne Grüsse an den Künstler, das mache ich genau so» sagt Peter und knipst munter weiter.

12. November 2012

Berlin: Grilletta, du hast mich enttäuscht

Da stand es schwarz auf weiss: «Grilletta. Frikadelle aus Schweinefleisch im Brötchen mit Salatauflage und würziger Sosse». Grilletta - jawohl – so eine will ich haben. Ein langgehegter Wunsch geht in Erfüllung! Grilletta; die Ikone der Ost-Küche.

Ich täte jetzt lügen, würde ich behaupten, dass die Grilletta mich zu Jubelgeschrei, Begeisterungssprüngen oder den spontanen Wunsch nach Kinder zeugen, verführt hätte. Gut - vielleicht sind das ja auch etwas zu hohe Erwartungen an einen Fleischklops. Aber! Was mir da serviert wurde, war ein furzgewöhnliches Hacktätschli. Farbe und Konsistenz ähnelte den flachgefahrenen Kröten am Strassenrand. Eingeklemmt in ein bleiches Brötchen mit rötlicher Schmiere, dazu etwas Begleitgrün.
Grilletta, du hast mich enttäuschst. Das nächste mal futtere ich wohl wieder eine Wurst.

10. November 2012

Reisetipp: Spuckerei

Der Reisetipp am Samstag: Auf dem Bus- oder sonstigen Bahnhof achte ich immer drauf, nicht zu nahe den Wagen entlang gehen. Denn in vielen Ländern kauen die Männer Tabak, oder Betelnuss. Und spucken deshalb dauern aus dem Fenster.
Eine feuchte Schleimspur warnt einem vor - zum Glück.
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9. November 2012

Berlin: Erleichterung für alle Pisser

Es heisst „Waidmannslust“ und ist ein Pissoir. Es besteht komplett aus Gusseisen und hat sieben Stehplätze mit einer vollautomatische Spülung. Und die Berliner nennen es liebevoll „Café Achteck“.

Bevor es diese öffentlichen Piss-Häuschen gab, seichte jeder einfach ins Gebüsch. Oder an die Hausmauern. Dementsprechend stank es in den Gassen. Im Kampf gegen diese Wildpinkler wurde um 1880 das „Waidmannslust“ entwickelt und weit über hundertmal aufgebaut. Fortan konnten sich die Berliner stilvoll erleichtern. Die Männer - denn die Frauen mussten sich weiterhin ins Gebüsch kauern.
Heute sind bloss noch eine Handvoll der klassizistischen Pisshäuschen erhalten geblieben. Ich besuchte eines am Senefelderplatz. Grad kürzlich frisch renoviert und rund um die Uhr geöffnet. Hier lässt sich sehr geschmackvoll brünzlen.

8. November 2012

Berlin: das Gewissen aus Stein

Überall trifft man auf Mahnmale. Manche stehen ganz verborgen in einem Aussenquartier, wiederum andere sind mitten im Stadtzentrum. Raumgreifend und monumental, meist etwas aufdringlich.

Jede Opferkategorie bekam ein eigenes Mahnmal: Es gibt solche für Juden, Zigeuner, Schwule, Kommunisten, Behinderte, Kranke, Kriegsgefangene, Freiheitskämpfer, Parlamentarier, Kriegsdienstverweigerer und Deserteure.

Der Star unter den Mahnmalen ist das „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“. Ein riesiges Feld voller grauer Betonelemente. Sinnfrei, scharfkantig und manche leicht geneigt. Ich schlendere zwischen den Klötzen herum und lasse mich ermahnen. Als ich zum Himmel hinauf schaue, bilden die Stelen ein Kreuz. Sonderbar?

Jetzt, wo ich das Mahnmal durchschritten habe, bin ich mir sicher - ich ermorde auch künftig keine Juden.