4. Juli 2017

nach Prag: grauselig schöner Osten

Deštné. Auf der Seilbahnbaustelle baggern sie schon wieder. Wir geniessen den lauen Sommermorgen und frühstücken erste einmal ausgiebig.
Die Landschaft hier im polnisch-tschechischen Grenzgebiet erinnert uns stark an den Schwarzwald. Einfach mit noch mehr Wald und mit ganz ohne Touristen. Ein kümmerlicher Bach bildet die eigentliche Grenze. Wir hüpfen hin und her und schauen den Vermessern zu. Es ist richtig romantisch hier ‒ und auch ein wenig am Arsch der Welt.

Wir brummen durch die Hügellandschaft. In den wenigen Dörfern stehen alte verwitterte Holzhäuser; und alle sind schwarz weiss gestreift.

Unterwegs kommen wir beim „Kostel sv. Mikuláše“ in Veliny (n50.0715, e16.0531) vorbei. Die Klostergebäude sind komplett aus Holz gebaut. Die Fugen zwischen den Pflöcklingen haben sie sorgsam mit Lehm abgedichtet, was eben dieses schwarzweisses Streifenmuster ergibt.

Es ist um die 35°C heiss. Wir fahren zu Eisenbahnmuseum am Bahnhof Pardubice-Rosice nad Labem (n50.0448, e15.7434) und wollen dort zumindest etwas Kühles trinken. Es ist dann aber bloss ein ausgedörrter Vorstadtbahnhof ohne Kiosk. Und im Museum stehen genau zwei alte Triebwagen und ein Bauzug. Sonst ist hier nichts als Ödnis und Tristesse.

Überall stehen am Strassenrand kleine Kioske, manchmal sind es auch bloss Bretterkisten oder ein Loch in der Wand, mit der Aufschrift „Zmrzlina“. Da gibt es leckere Eiscreme und eiskalte Limonaden. Bei dieser Gluthitze sind das wahre Lebensretter-Stationen.
Da wir eh grad in der Nähe sind, schauen wir uns am Stadtrand von Kuta Horá das berühmte Beinhaus von Sedlec (n49.9628, e15.2878) an. Hier werden die Knochen von vielen zehntausend Pest- und Kriegsopfern aufbewahrt. Aber nicht einfach gestapelt, sondern zu richtigen Kunstwerken dekoriert. Girlanden aus Oberarmen, Schädel als Kerzenständer und ein Kronleuchter aus allen Knochen des Skelettes. Grausig schön.

Gegen Abend fahren wir wieder weiter. Immer auf den kleinen Nebenstrassen mitten durchs Nirgendwo. Getreidefelder bis zum Horizont. Überhaupt kein Verkehr. Wir sehen Hasen, Rehe und Fasanen ‒ mitten auf der Strasse.

Hier im fruchtbaren Flachland ist es nicht einfach einen schönen, ruhigen und schattigen Übernachtungsplatz zu finden. Eher zufällig sehen wir einen Wegweiser zur Burgruine „Sion“. Wir fahren hin und finden statt der Burgruine einen perfekten Übernachtungsplatz (n49.8888, e15.2126). Die Burg Sion ist weitherum völlig unbekannt, selbst wir haben sie noch nie gesehen, denn sie versteckt sich im dichten Gestrüpp.
Am späten Abend hat es immer noch schwüle 30°C.

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