Die Nacht war unruhig. Wobei – ich habe geschlafen. Aber Frau G. berichtet nicht nur vom Strassenlärm und Hundegekläffe, sondern auch davon, dass die halbe Nacht Haschisch-Händlern um uns herum schlichen. Und sie kein Auga habe zu tun können. Wie dem auch sei; nach einer heissen Dusche und einem heissen Kaffee verlassen wir zeitig unseren Schlafplatz.
Nach dem Bergpass geht die Strasse nicht etwa bergab, sondern der Krete entlang. Immer so auf 1‘600 Meter Höhe. Zedernwälder und Millionen von Kurven. Vereinzelt stehen noch Haschisch-Winker am Strassenrand, aber das Ärgste scheint vorüber zu sein.
Gegen Mittag erreichen wir Ain-Aisha. Die Berge und die Wälder sind nun hinter uns. Die Hügel sind jetzt sonnenverbrannt und gelbbraun wie Omeletten. Wir fahren auf einer kleinen Nebenstrasse quer hinüber in Richtung Taza. Obwohl unsere Strasse auf der Landkarte bloss ein dünner grauer Strich ist, ist sie doch asphaltiert. Zumindest mehrheitlich.
Kaum Häuser und so gut wie kein Verkehr. An einer Weggabelung setzen wir uns in ein Strassenlokal und geniessen den kühlen Schatten und den süssen Tee. Die Dorfstrasse ist wie ausgestorben, wohl grad Siesta.
Ich dachte die Hügel würden nun flacher, aber das Gegenteil ist der Fall. Es geht hinauf und hinab und hinauf. Wie auf einer Achterbahn. Dann aufs Mal eine ruppige Geröllpiste steil hinunter und über ein Bachbett ans andere Ufer. Nach wenigen Kilometern noch einmal ein Flusstal. Wieder eine lange steinige Abfahrt und dann einige hundert Meter übers Geröll ans andere Ufer.
Die Gegend ist so schön, dass wir beschliessen gleich hier zu übernachten (N34.4337, W4.4345). Im Schatten unseres Möbelwagens lässt sich gut lesen. Ein lauer Wind und manchmal etwas Vogelgezwitscher. In der Ferne schreit ein Esel. Sonst nichts. Schön hier.
Wie aus dem Nichts taucht ein Mann auf und schenkt uns Granatäpfel Trauben und Erdnüsse. Er hat ganz in der Nähe einen Garten, den wir erst sehen, als er uns zeigt wo. Wir dachten es sei ein Gestrüpp.
Es war schon lange dunkel, als die Polizei vorfuhr. Ein rundlicher Beamter sorgte sich um unsere Sicherheit hier draussen in der Wildnis. Deshalb notierte er alle Angaben aus unseren Pässen, ergänzte sie mit den Namen unserer Eltern und Grosseltern und einigen weiteren markanten Vorkommnisse unseres Daseins. Dann versprach er, er garantiere persönlich für unsere Sicherheit und verschwand dann munter winkend in der Dunkelheit.
In Zentralasien wäre der am Morgen wieder da gewesen und hätte die Hand aufgehalten fürs Bewachen.
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