9. November 2018

Tunesien: Sahara wir kommen...

5 Ksar Ghilane. Schon kurz nach Sonnenaufgang dümpeln wir wie die Flusspferde im warmen Wasser des Oasen-Teiches. Wir sind ganz alleine hier und über der Wasserfläche bilden sich kleine Nebelschwaden. Wunderbar – und ein wenig wie Niedertemperaturgaren.

Ich will unbedingt die alten Festung Ksar Ghilane besuchen. Das einstige römische Kastell Tisavar bildete vor fast 2'000 Jahren den südlichsten Stützpunkt des Limes, des römischen Verteidigungswalls gegen die Barbaren. Die Ruine (n33.0086, e9.6162) liegt auf dem einzigen Hügel weit und breit; und mitten in den Sanddünen.
Wir geniessen die schier endlosen Sanddünen rund herum. Jetzt im Morgenlicht sind sie richtig schön goldigorange.

Zufuss ist es mir zu weit da hinaus, deswegen mieten wir uns zwei Quad. An sich sind das lächerliche Gefährte, doch damit reiten wir fast mühelos über die Sanddünen. Früher, mit unseren Sahara-Fahrzeugen war das jeweils eine ganz schöne Plackerei. Denn unterwegs liegen lauter kleine, weiche und heimtückische Dünen im Weg herum.
Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges gab es hier sogar Kämpfe. Früher lag beim Ksar sogar noch eine rostige Panzerkanone herum - doch jetzt ist sie weg. Aber im Dorf erinnert noch ein Denkmal an die Truppen des französischen Generals Leclerc de Hauteclocque.

Am Nachmittag verlassen wir Ksar Ghilane und fahren nach Norden. Die einstige Pipelinepiste ist zwar längst asphaltiert, doch der Belag ist über grosse Strecken weg und wir fahren auf einer staubigen Kiespiste. Wir rollen mit 90 km/h gemütlich dahin. Unterwegs machen wir im legendären Café Bir Soltane (n33.2937, e9.7337) eine Teepause. Zu meinen Sahara-Zeiten war das ein ganz wichtiger Etappenort und jeder Wüstenfahrer klebte hier seine Visitenkarte an die Wände. Jetzt ist es hier nur noch schäbig und schläfrig.

Gegen Abend haben wir die 150 Kilometer Wüstenfahrt hinter uns und erreichen Douz. Morgen ist hier der grosse Wochenmarkt; und da wollen wir natürlich unbedingt dabei sein. Auf dem Marktplatz haben bereits die ersten Händler ihre Stände aufgebaut. Meterhoch türmen sich die Waren: Kleider, Waschmittel, Werkzeug...

Heute wohnen wir mitten im „Hotel 20 Mars“ mitten im Stadtzentrum. Das Hotel ist herrlich altmodisch und spottbillig. Im Innenhof blüht der Hibiskus und bald sind hier auch die Mandarinen reif. Wir bekommen ein rustikales Zimmer auf der Dachterrasse. Von hier oben sehen wir auf den Markplatz hinüber. Hinter den Palmen geht die Sonne unter. So schööön.

8. November 2018

Tunesien: mein Navi ist tot

4. Ksar Ghilane. Gestern ist unser Navi ganz plötzlich ausgegangen. Das Display wurde brandschwarz - und blieb es auch trotz meiner Wiederbelebungsmassnahmen.
An sich wäre das nicht soo schlimm, aber ausgerechnet jetzt, wo wir auf der Piste nach Ksar Ghilane fahren wollen. Und die altmodische Papier-Landkarte ist da auch keine Hilfe, da hier die meisten Pisten falsch oder gar nicht eingezeichnet sind.

Zum Glück war ich früher so oft in dieser Gegend unterwegs, dass ich mich immer noch an viele Pisten und Abzweigungen erinnern kann.

In Ksar Ghilane versuche ich herauszufinden, ob mein Navi wirklich kaputt ist oder ob es vielleicht bloss keinen Strom bekommt? Ein Franzose leiht mir dazu sein Datenkabel.
«Ich bring’s dir in einer Stunde zurück». Er meint nur «lass dir Zeit, ich fahr nicht weg, mein Land Rover hat einen Getriebeschaden!» Im Vergleich dazu habe ich ja richtig Glück...
Wie es ausschaut liegts nicht am Kabel oder Stecker; sondern am Navi selber. Blöd - ich versuche jetzt mal, ob ichs reparieren kann? Kaputter kanns ja nicht mehr werden...

7. November 2018

Tunesien: ins schreckliche Paradies

3 Tataouine. Einkaufen, tanken und dann geht’s auch schon los in die Wüste. Wir fahren nach Chenini (n32.9120, e10.2636). Wie ein Sahnehäubchen thront die Moschee zuoberst auf dem Bergrücken. Und von da oben geniessen wir einen einzigartigen Rundblick über das karge Bergland rund herum.

Die Leute wohnten einst nicht nur auf dem Berg, sondern auch ihm drinnen. In einer solchen Höhle sind heute noch die Resten einer Olivenöl-Mühle mit Kamel-Antrieb zu sehen. Und ganz in der Nähe gab es einst auch eine unterirdische Bäckerei. Heute ist Berg-Chenini aber nahezu unbewohnt, die Leute sind ins Tal umgesiedelt worden.

Von Chenini fahren wir durch ein schönes Flusstal – natürlich eines mit ohne Wasser – nach Westen. Das erste Strassenstück ist asphaltiert, später geht’s dann fünfzehn Kilometer weit auf einer recht gute Piste weiter. Frau G. fährt und so kommen wir zügig voran.
Nach etwa 60 Kilometer erreichen wir südlich von Ksar Ghilane die legendäre Pipeline-Piste. Die führt viele Hundert Kilometer parallel zu den Ölpipelines bis ganz in den Südzipfel Tunesiens hinunter.
Wir fahren aber zuerst etwas nach Norden und denn links hinüber nach Ksar Ghilane (n32.9885, e9.6399). Einst war das eine verträumte Oase am Rand des Sandmeeres. Eine Oase mit einer warmen Quelle zwischen den Palmen. Ein Geheimtipp sozusagen. Später kamen dann immer mehr Touristen hierher und sie bauten einen Zeltplatz und zwei, drei Cafés hin.

Heute ist der Teich von unförmigen Cafés und Souvenirbuden zugebaut. Eine grässliche Kakophonie aus halbfertigen Neubauten und Bauruinen. Natürlich habe ich schon gewusst, dass es nicht mehr ist wie früher, aber so übel hab ich es mir dann doch nicht vorgestellt.
Mit Wehmut denke ich an die unzähligen wundervollen Tage und Nächte, die ich früher hier verbracht habe. Aber die guten alten Zeiten sind hier definitiv vorbei! Schade drum…

In Ksar Ghilane parken wir unseren feuerroten Kleinwagen mitten in eine Gruppe Expeditions-Geländewagen. Ich geniesse die abschätzige Blicke der Abenteurer. Jetzt wo unser Hausfrauen-Auto ihre Fotos ziert, können sie zuhause wohl nur mehr schlecht von ihren verwegenen Fahrt in die Sahara prahlen...
Nachdem am Abend die meisten Ausflügler weggefahren sind, ist Ksar Ghilane wieder ein wenig wie früher. Verträumt und romantisch. Wir sitzen gemütlich am Teich und schauen zu, wie er Mond über den Nachthimmel saust. Dann läuft etwas mit kalten Pfoten läuft über meine Füsse – eine Spitzmaus. So ein herziges Tierli…

Heute wohnen wir in der „Residence La Source“ zwischen dem Teich und den Sanddünen. Hier ist es ruhig und der Patron ist ein sehr netter Kerl.

6. November 2018

Tunesien: unser heisses Auto

2 Houmt Souk. Wir frühstücken im Hotel-Innenhof. Die Kanarienvögel zwitschern in ihren Käfigen und über den Himmel ziehen kleine Wolkenknäuel. Es gibt Dattelkonfitüre, Schmelzkäse und knuspriges Baguette.
Am Vormittag fahren wir zum Flughafen und holen da unser Mietauto ab. Wir bekommen einen feuerroten Skoda. Da ich meinen Führerausweis nicht finde, muss halt Frau G. das Auto mieten. Und deshalb muss sie nun auch fahren – und ich beifahren.

Die Sonne brennt vom Himmel und es ist drückend heiss. Und ausgerechnet heute fahren wir den ganzen Tag genau auf die Sonne zu! Schon nach kurzer Zeit rinnt mir der Schweiss ins Dekolleté. Zuerst geht es quer über die Insel Djerba und dann über den etwa 6 Kilometer langen Damm hinüber aufs Festland. Es hat kaum Verkehr und so kommen wir gut voran.
Mitten auf der Sebkhet el Melah (n33.3963, e10.9158) machen wir Rast und bewundern die schneeweisse Salzebene. Zwei junge Kerle sind mit dem Mofa da und ernten sackweise Salz für ihre Schafe. Es ist richtig heiss und die Sonne blendet wie im Schnee.
Später rollen wir auf der C115 quer über durch die struppige Steppe nach Südwesten.

Irgendwann nach dem Mittag erreichen wir Tataouine. Tataouine ist eine recht grosse Stadt mit vielen Leuten und vollen Strassen. Wir setzen uns in ein Lokal und trinken eiskalte Limonade. Die anwesenden Männer sind verblüfft, dass ich mich von meiner Frau ins Café chauffieren lasse.
Nach einem kleinen Rundgang über den Markt und einigen Einkäufen fahren wir noch einmal hinaus in die Gluthitze. Wir schauen uns in Ksar Ouled Soltan (n32.7884, e10.5149) die grossartige Speicherburg an. Hier haben früher die halbnomadisch lebenden Bauern ihre Vorräte eingelagert. Jede Familie besass eine oder mehrere solcher „Waben“ und während sie mit ihren Tieren monatelang in der Wüste umher zogen, schaute ein Wächter, dass nichts weg kommt.

Heute werden diese Speicherburgen bloss noch von Touristen benutzt. Und ab und zu dienen sie als Film-Kulisse. Wer sich die alten Star Wars Filme anschaut, sieht darin auch Ksar Ouled Soltan.

Auf dem Heimweg schauen wir auch noch in Ksour Jlidet (n32.8980, e10.5252) vorbei. Hier stehen gleich drei solcher Speicherburgen nah beieinander. Doch inzwischen sind leider dunkle Wolken aufgezogen und das Fotolicht ist dahin. Ach, was soll’s? Es ist trotzdem schön hier.

Heute übernachten wir im „Hôtel Dakyanus“ etwas ausserhalb von Tataouine. Es hat drei Sterne und einen sehr schönen Garten mit Dattelpalmen und einem hellblauen Pool.
Am Abend kommen mächtige dunkelgraue Wolken. Es schaut nach Regen und Sandsturm aus. Nicht gut für unser Reiseprogramm, denn morgen möchten wir in die Sanddünen fahren.

5. November 2018

Tunesien: im leeren Ferienflieger nach Djerba

1 Djerba. Vor einer halben Stunde ist die Sonne untergegangen und jetzt leuchtet der Vollmond durch die Dattelpalme. Im Café sind fast alle Plätze besetzt. Die Männer spielen Karten und Domino. Wir setzen uns in die Familienecke und bestellen zwei „Boga Cidre“. Ein lauer Abendwind streicht durch die Hibiskus-Büsche. Wir sind angekommen - in „meinem“ Tunesien.

Die ist meine 26. Reise nach Tunesien – öööhm - ja, ich hab sie extra gezählt! Heute ist es aber das erste Mal, dass ich hinfliege, denn bis jetzt war ich jedesmal mit dem eigenen Auto hier.

Der Hinflug mit der Edelweiss Air war sehr angenehm, aber auch etwas eigenartig. Denn es war der letzte Badeferien-Charterflug der diesjährigen Saison. Deshalb war der Flug ausserordentlich preiswert – und weil das Flugzeug nur hinflog um die letzten Badegäste nachhause zu bringen - war es gähnend leer. Unser Airbus hatte 176 Sitzplätze, aber nur 26 Passagiere. Sowas von angenehm.
Und heute hat sich mein Verdacht erneut bestätigt: Dass ich so ungern fliege liegt weder an den engen Flugzeugen, noch an mir. Es liegt einzig an den anderen Leuten.

Wir wohnen im „Hotel Erriadh“ mitten in der Altstadt von Houmt Souk. Es liegt etwas versteckt in einer Seitengasse. Aber an der Strassenecke sagt ein Ladenbesitzer im vorbeigehen «noch zwanzig Meter, und dann rechts». Dabei haben wir gar nicht nach dem Weg gefragt und er weiss eigentlich auch nicht wo wir hinwollen! Aber er hat Recht. Da ist es, unser Hotel.
Die Zimmer sind um einen zauberhaften Innenhof gruppiert. Weissgekalkte Mauerbögen, hellblaue Türen und überall diese bunten, arabischen Kacheln. Und die Wirtsleute sind auch ganz nett und sehr hilfsbereit.

Taxifahren geht in Tunesien ganz einfach – einsteigen und Fahrziel nennen und schon geht’s los. Vorher den Fahrpreis aushandeln tun nämlich nur Anfänger und Narren, denn alle Taxis fahren mit Taximeter. Die Fahrt ins Stadtzentrum kostet etwa 5 tunesische Dinar. Dazu kommen noch 1 Dinar für jedes Gepäckstück und 3 Dinar Flughafen-Zuschlag. Alles zusammen kostet dann etwa 10 Dinar oder 3 Euro.
Der Taxifahrer erzählt uns, dass die Taxifahrer Anfang November erneut für bessere Fahrpreise streiken würden. Der letzte Streik habe ihnen schon mal einen etwas höheren Tarif gebracht, aber es reiche immer noch nur knapp zum Leben.