30. September 2013

BahnOsten Ungarn: Shopping-Paradies Budapest

Es ist wunderschönes Wetter und man kann sooo viel unternehme in Budapest. Also gehen wir ins „Magyar Műszaki és Közlekedési Múzeum“, das ungarisches Museum für Verkehr und Technik. Ich mag die verstaubte Präsentation. Schwarze Dampflokomotiven und Auto-Preziosen im Dämmerlicht. Dazu eine alte Einschienenbahn und eine angesengte Weltraumkapsel - grossartig

Und jetzt gerade die Sonderausstellung zum ungarischen Sanitärschaffen: Kloschüsseln, Fittinge und Hydranten aus dem letzten und vorletzten Jahrhundert. Ich bin – öööhm – schon ein wenig beeindruckt.
Nach dieser Augenweide fahren mir zurück ins Stadtzentrum. Zum - Männer, jetzt müsst ihr sehr tapfer sein - Shopping. Ich hab‘s versprochen und gehe darum mit Freude mit.

Das WestEnd City Center gleich neben dem Nyugati Bahnhof, ist eines der grössten Einkaufzentren Budapests. Hier soll es sageundschreibe vierhundert Läden geben. Mir gefällt vor allem die Fressmeile im Kellergeschoss. Ich kann nicht anders und bestelle mir bei einem Asiaten scharfes Erdnuss-Hühnchen. Frau G. isst Hühnchen süss-sauer, wobei meines viiiel besser ist.

Es gibt aber rundherum noch vielmehr Shoppinggelegenheiten. Wir flanieren den Schaufenstern entlang. Wir sind ganz entzückt von den feil gehaltenen Waren. Also vor allem Frau G., ich laufe bloss klaglos mit. In einem Schuhgeschäft setzte ich mich ins Kinderparadies und schaue einen Film von einem Kerl mit einem Entenschnabel und einer Rakete auf dem Rücken. Schon verrückt, was es so alles gibt.

Das „Cafe New York“ ist grandios und ganz sicher das schönste in Budapest; vielleicht weltweit. Ich kenne es von früher, aus den 80-er Jahren. Damals war die Fassade aber immer von einem Baugerüst verdeckt, so sehe ich sie heute zum ersten Mal.

In der Innenstadt gibt es unzählige Läden. In der Váci utca gibt es sogar einen, der verkauft das ganze Jahr über Weihnachtsschmuck. Wenn das nicht grossartig ist.

Zum Abschluss gehen wir ich gschwind ins „Café Gerbeaud“, einem der klassischen Kaffeehäuser Budapests. Benannt nach Emil Gerbeaud, einem Schweizer Konditor aus Genf. Ist doch herrlich, so ein Shoppingtag.

29. September 2013

ein Quintett schlichter Eleganz

Bei „Rumänien“ und „Bahnhof-Klo“ blitzen bei manchem so Kopf-Bilder auf. Klebrige Toiletten-Brillen, glitschige Böden und Schmodder. Und genau eine solche Einrichtung wollte ich unbedingt besuchen. Weil‘s so schön grauslig ist und mich an die alten Zeiten erinnert. Aber - solche Toiletten sind selten geworden, anscheinend dem Fortschritt zum Opfer gefallen.

Nach mehreren Fehlversuchen fand ich dann aber doch noch eine. Ich löhnte der hellbraungeschürzten Klofrau das geforderte Eintrittsgeld. Trübes Licht im Vorraum und mir schlägt ein säuerlich beissender Geruch entgegen, so eine Mischung aus Farbverdünner und Hundekadaver. Ganz hinten in der Ecke flüchtete etwas aufgeschrecktes Kleingetier hinter ein Rohr.
Die Räumlichkeit von schlichter Eleganz. Der Boden wolkig gesprenkelt, die Wände mit glasierter Platten gehübscht. Rechterhand zwei Kabinen mit angstweissen Holzwänden. Löcher in der Tür erinnern an die einstmalige Türfalle, rundherum bräunliche Handabdrücke. Drinnen je eine karamellfarbene Kloschüssel. Inseitig streifig gemustert. Der Boden eingesegnet, da und dort klebt Arschwisch. Nebenan steht ein Eimer und ein struppiger Schrupper.
Linkerhand dann ein Quintett von Pissbecken, in unterschiedlichen Grössen und von einem Saum von Gebrauchsspuren umgeben. Qual der Wahl. Also stellte ich mich mittig davor und lasse grosszügig plätschern. Schööön.

Jetzt muss ich aber leider auch sagen - durch meinen Besuch hat sich die eh schon etwas angespannte hygienische Gesamtsituation noch einmal verschlechtert.

28. September 2013

BahnOsten Ungarn: ferienwohnen in Budapest

Budapest. Für die nächsten Tage haben wir diesmal kein Hotel, sondern eine Ferienwohnung gemietet. Wir treffen unsere Vermieterin Carlotta von „Art & Design Studio“. Unsere Wohnung befinde sich ganz in der Nähe der Oper, sagt sie. „In der Nähe der Oper“ ist gut – gleich neben der Oper, keine zwanzig Meter davon entfernt entfernt.

Unser Zuhause befindet sich im prunkvollen Innenhof eines herrschaftlichen Stadthauses. In der Eingangshalle gibt’s Blattgold und Stuck in Hülle und Fülle. Unsere Wohnung ist dann aber doch etwas bescheidener. Zweigeschossig und sehr schön eingerichtet. Alles da; Kaffeemaschine, Laptop, Kabelfernsehen und ein Bad mit allem drum und dran. Richtig schön.

Nach einem ersten Nickerchen schlendern wir durch die umliegenden Gassen. Ganz in der Nähe gibt es einige dieser „Ruinen-Kneipen“. Kneipen in Bauruinen oder ausgeräumten Innenhöfen.
Das „AnKER'T“ befindet sich in zwei alten Innenhöfen und ist sehr cool. Ausgehöhlte Rohbauten und eine gemütliche Bar.

„Szimpla Kert“ ist vielleicht die berühmteste der Ruinenkneipen. Früher war hier einmal eine Metallfabrik, heute ein Dutzend Kneipen. Ein unglaubliches Durcheinander von kunstvollem Müll und schrottiger Kunst. Wir trinken ein Mango-Lassi; und ziehen weiter.
Heute machen wir einen Fernsehabend und essen im Bett. Am anderen Morgen habe ich Krümel in den Haaren und anderswo…

27. September 2013

BahnOsten: von Rumänien nach Ungarn schlafen

Gestern Abend wurde es dann doch noch recht spät. Wir sassen vor dem Bahnhof Sighişoara und lauschten den Grillen. Unser Nachtzug nach Budapest hatte zwanzig Minuten Verspätung. Kurz vor elf legten wir dann in Sighişoara ab.
Wir hatten im Liegewagen die beiden mittleren Betten, also mit Fensterblick und Kletterei. Die Betten waren kurz und schmal, dafür aber hart. Dabei müsst ihr wissen; ich bin eher klein, zumindest für mein Körpergewicht. Ich schlief trotzdem prächtig. Gerüchten zufolge unterhielt ich meine Beischläfer mit wohligem Schnarchen. Davon weiss ich aber nichts.

In der Morgendämmerung erreichten wir bei Curtici die rumänische Grenze. Wir geniessen das mit einem einstündigen Stillstand. Als wir weiterfahren, blinzelte grad die Morgensonne über den Horizont. Die Fahrt dauert aber nicht lange, im ungarischen Békészaba ist Lokwechsel angesagt. Dazu stehen wir erneut eine halbe Stunde untätig herum.

Im Speisewagen lassen wir es uns derweilen gut gehen. Es gibt Kaffee und ein Hühner-Sandwich mit sauren Gurken. Mir ist vögeliwohl. Frau G. hingegen ist von der harten Nacht etwas gezeichnet und schwächelt ein wenig. Ausserdem vermute ich, mag sie keine sauren Gurken zum Frühstück.

Kurz nach acht geht es weiter. Ich vermute mit Verspätung, habe aber keinen Fahrplan und weiss es deshalb nicht so genau. Der Zug rauscht über die ungarische Ebene. Mais- und Sonnenblumenfelder bis zum Horizont. Dann stehen wir wieder lange an kleinen Bahnhöfen herum und warten auf nichts. Um 11 Uhr landen wir mit gut einer Stunde Verspätung am Keleti-pu in Budapest. Schön wieder hier zu sein.
Mit der Metro 3 flitzen wir direkt weiter zum Parlament. Hier haben wir einen Termin mit unserer Vermieterin …

EN 472 Sighişoara-Budapest, 11:16 h (ca.12:20 h), 527 km, Liegewagen, 29 Euro

26. September 2013

BahnOsten Rumänien: ichliebedich PennyMarkt

Braşov. Wir haben in unserem Bahnhofhotel wunderbar geschlafen. Die Züge haben wir kaum gehört, nur die Lautsprecherdurchsagen. Die Sache mit dem Frühstück entpuppte sich als unerwartet schwierig. Die Küche ist noch nicht parat; es gibt bloss einen Not-Kaffee.

Pünktlich um 8:40 fährt unser Zug los. Fünf, sechs Wagen und eine der üblichen rotweissen E-Lok vorne dran. Heute reisen wir 1. Klasse. Das hört sich jetzt aber wesentlich besser an, als es sich anfühlt. Ein betagter Grossraumwagen mit betonharten Polstern.

Die Strecke ist recht malerisch, zwischen den Täler sind Hügel. Ab und zu mit einer mittelalterliche Burg obendrauf. Dann wieder Tümpel und Morgennebel.
Ein Teil der Bahnstrecke ist wegen Bauarbeiten gesperrt, was uns eine halbe Stunde Verspätung einbringt. Sighişoara erreichen wir deshalb erst gegen halb zwölf.

Die Altstadt von Sighişoara liegt auf einem Hügel und ist sehr, seeehr malerisch. Mittelalterliche Häuser und wehrhafte Türme. Wir steigen bis ganz hinauf zur Bergkirche. Viel Gotik und nebenan ein Friedhof voller uralter Grabsteine.

Da wir den ganzen Tag hier sind, haben wir reichlich Zeit. Schon wieder Pizza, dann Limonenkuchen mit Meringue. Dann lesen und dösen auf einer Parkbank. Die Sonne lässt das bunte Herbstlaub leuchten. Herrlich schön hier.

Am Abend schlendern wir zurück zum Bahnhof. Hier warten wir auf den Nachtzug nach Budapest. Noch sind es vier Stunden bis zur Abfahrt. Wir setzen uns deshalb ins Bahnhof-Café und trinken welchen. Da spricht mich eine zahnlose Frau an: Sie könne deutsch sprechen; «ichliebedich, aufwidersehen» und «PennyMarkt» ist ihr kompletter Wortschatz. Unser Gespräch ist dementsprechend eher kurz und fruchtlos.

IR 1745 Braşov–Sighişoara, 2:22 h (2:45 h), 128 km, 1.Klasse, 9.60 Euro

25. September 2013

BahnOsten Rumänien: Berg und Tal und Brasov

Bereits um 8:42 fahren wir aus dem Bahnhof Bukarest-Nord. Der Zug kam aus Constanţa und fährt uns nun nach Braşov. Fünf ganz moderne Grossraumwagen und eine rot-weisse Coca-Cola Elektrolok. Der Zug ist fast voll. Er fährt schnell und ist sehr bequem.

Auf dem letzten Stück vor Braşov wird die Strecke bergig. Eine Gegend wie in den Schweizer Alpen; Wälder und Berge. Die Gipfel mit dem ersten Schnee überzuckerte. Wir schlängeln uns durch ein enges Tal aufwärts und dann drüben wieder hinunter.

Auf die Minute pünktlich erreichen wir kurz nach elf Braşov. Unser heutiges Hotel befindet sich direkt im Bahnhofsgebäude. Es nennt sich „Elegance Expresse“ und als ich es buchte, schaute das Bewertungsmännchen sehr ernst. Ein einziger Kommentar, und der warnte eindringlich davor, hier zu nächtigen. Und auf dem Hotel-Werbebild sah es so aus, als ob das Nachttischli brenne.
So arg ist es aber dann aber nicht. Ganz im Gegenteil: Ganz nett, neu und deutlich besser als einige der Bisherigen. Und unser Zimmer liegt direkt oberhalb vom Gleis 1.

Eigentlich wollten wir ja als erstes auf den Tâmpa, den Hausberg von Braşov. Aber ausgerechnet heute fährt die Seilbahn nicht, Revision. Also erkunden wir die Altstadt.

Die Leute flanieren durch die Gassen und die Strassencafés sind üppig voll. Wir schlendern ein wenig umher, bestaunen die schönen Fassaden und Plätze. Dann sehe ich, wie jemand eine Pizza isst; und will ich auch eine.

Die „schwarze Kirche“ ist das bekannteste Bauwerk der Stadt und die grösste Gotische in ganz Rumänien. Und wegen Bauarbeiten geschlossen. Gleich dahinter befindet sich eine schmale Gasse,so schmal, dass ich mich problemlos beidseits abstützen kann.

Den Abend verbringen wir im Hotel. Frau G. liest und ich stehe am Fenster und schaue den Zügen nach. In der Gaststube unter uns spielt Tanzmusik. Ab und zu ertönt eine Lautsprecherdurchsage. Jeweils von einem Weihnachtslied eingeleitet; klingGlöcklein-klingeling. Gemütlich hier.

IR 1582 Bukarest–Brasov, 166 km, 2:40 h, 2.Klasse, ca. 8.10 Euro