17. Juni 2012

Baltikum: was Haapsalu?

Haapsalu. Es ist ein grauer und regnerischer Morgen. Nach zwei Hauptstädten brauchen wir etwas Erholung. Was ist da geeigneter als ein Badeort. Also fahren wir nach Haapsalu.

Haapsalu war einst ein weitherum berühmtes Heilbad. Selbst Herr und Frau König kamen hierher zum heilschlammbaden. Heute ist davon wenig mehr übrig geblieben. Haapsalu hat aber nach wie vor ganz gemütlich. Es hat einen sehr schönen Bahnhof. Einzig der fehlende Gleisanschluss ist vielleicht etwas nachteilig für den Zugverkehr. Und sonst? Einen Meteoritenkrater haben sie noch. Der liegt weit im Meer draussen und tief unter Wasser; und das macht ihn nicht unbedingt sehenswerter.
Wir übernachten gleich neben dem Schloss. Jawohl, auch ein solches gibt es hier. Das Schloss ist seit langem frei von Adligen und die Mauern obenrum etwas abgefressen.

Den ganzen Tag über war es trüb. Am Abend reisst mit einem male die Wolkendecke auf und es scheint die Sonne.

Obwohl Strassenschilder immer wieder solche ankündigen, haben wir immer noch keinen Elch gesehen. Solche aus Plüsch und solche in Fleischdosen schon. Aber eben keinen richtige. Nun wollte ich mir schon so eine „Elch-gucken-Tarnkappe“ kaufen. Aber als das Ladenpersonal zu grinsen begann, zweifelte ich ob deren Wirkung auf Elche.

Keine Pistolen und Fahrräder dürfen hinein, Amphibien hingegen schon.

16. Juni 2012

Baltikum: nach Finnland schiffen

Mit dem Schiff ist man in zweieinhalb Stunden in Finnland drüben. Helsinki sieht im Frühsommer hinreissend schön aus. Die Leute sitzen draussen in den Strassencafés und alles blüht und grünt.

Wir schauen uns die weltbekannt Temppeliaukio Kirche an. Und die nagelneue Kampens Kapelle, oval und komplett aus Holz.

Auch die neue Musikhalle, das Parlament und das Museum für zeitgenössische Kunst KISMA.

Den Finnen sagt man ja nach, dass sie zur Schwermut neigen. Diese versuchen sie manchmal mit vergorenen Kaltgetränken zu bekämpfen. Manchmal erfolglos.

Zum Abschluss unseres Helsinki-Ausfluges besuchen wir ein Konzert von Johanna Juhola. Finnischer Tango - aber virtuos, jung und frisch. Unvergesslich schön.
Die Wurst heisst übrigens "A-lk hirvimakkara" und schmeckt gut.

Spätabends bringt uns die Viking Line wieder zurück nach Tallinn. Um halb elf geht die Sonne unter, doch es wird deswegen nicht dunkel. Um Mitternacht kommen wir an. Praktisch, dass wir gleich um die Ecke wohnen.

15. Juni 2012

Baltikum: Tallinn und die gefallene Helden

Tallinn ist die Hauptstadt von Estland und seine ist Altstadt ausgesprochen hübsch. Wir schlendern durch die Gassen und beäugen die schönen Häuser. Naschen hier und da eine Kleinigkeit und fühlen uns hier sofort wohl.

Etwas ausserhalb der Altstadt besuchen wir das mittelalterliche Piritas Kloster. Das Dach und einige Wände sind abhanden gekommen, aber das macht es erst recht reizvoll.

Im Hinterhof eines Museums liegen Denkmäler aus der Sowjetzeit herum; sozusagen ein „Friedhof der Helden“. Einst tapfere Soldaten kuscheln im Gras, Stalin hat Moos um den Mund und Lenin starrt sinnlos ins Gebüsch.

Wir übernachten am Hafen, unmittelbar neben der Tallinner Stadthalle. Ein unglaublich hässliches Betonmonster, das für die olympischen Spiele 1980 gebaut wurde, heute verwahrlost und völlig nutzlos. Vom Dach geniessen wir einen wunderbaren Blick übers Meer.

Auf dem Parkplatz steht eine Frau neben einem roten Daihatsu mit laufendem Motor und weint. Als ob ein Daihatsu nicht schon genug Grund zum Weinen wäre; sie hat sich auch noch ausgeschlossen!

14. Juni 2012

Baltikum: am Zipfel der Roten Armee

So wie Narva der östlichste Punkt unserer Baltikumreise ist, so ist der äusserste Zipfel der Halbinsel Pärispea der nördlichste. Nördlich davon ist nur mehr dieser „Finnische Meerbusen“. Der Anblick hat mich schon ein wenig ernüchtert: Recht viel Meer, sehr wenig Busen. Nur Wasser und Steine.

Auf der Halbinsel wartete einst die Rote Armee auf einen Feind. Überall sehen wir die Hinterlassenschaften der Sowjetarmee. Verfallene Militäranlagen und bemooste Gemäuer. Richtige Geisterdörfer mitten im Wald.

Wer mich ein wenig kennt, ahnt es vermutlich. Tote Häuser ziehen mich magisch an. Erkunden, suchen, stöbern...

Wir streifen durch die Wälder und be-suchen die weitherum verstreuten Anlagen. Frau G. verbirgt geschickt ihre Begeisterung für solche Expeditionen. Ich frage sie: «Gefällts dir?». Sie sagt: «mhm-m»; und schaut mich mitleidvoll an...

Wir übernachten neben einem alte Wachturm, direkt am Meer. Das Wetter hier im Norden ist sehr wechselhaft. Jede Stunde ein anderes. Was noch dazu kommt; es ist fast immer hell. Jedenfalls nie richtig dunkel. Sonnenuntergang ist etwa abends nach zehn.Und um vier morgens sonnte es schon wieder. Nicht unpraktisch.

13. Juni 2012

Baltikum: Narva ist schön hässlich

Schon mehrmals hat man uns gesagt; hier im Baltikum sehe es überall gleich aus. Das stimmt natürlich überhaupt nicht. Wobei - die Landschaft ist schon eher überschaubar. Viele Wälder, viele Felder und ganz wenig Leute.

Der Peipsi See ist gross wie ein Meer. Am anderen Ufer drüben ist Russland. Und am hiesigen Ufer wohnen fast ausschliesslich russischstämmige Esten.

Das Frauenkloster von Kuremäe liegt ganz malerisch auf der einzigen Hügelkuppe weit und breit. Die die russisch-orthodoxe Kirche steht mitten in einem Garten. Darum herum die übrigen Klostergebäude. Bäume, Blumen, Nonnen.

Narva liegt direkt an der Grenze zu Russland. Der Fluss Narva trennt die Stadt vom russischen Iwangorod gegenüber und eine einzige Brücke verbindet die beiden Länder. Allerdings brauchen alle ein Visum und müssen durch strenge Kontrollen.

Links ist die Hermanns Festung in Estland, rechts die Festung Iwangorod in Russland. Russland ist keine zweihundert Meter entfernt, aber für uns unerreichbar.

Irgendwo habe ich gelesen, Narva sei die hässlichste Stadt der EU. Ich kenne hässlichere - aber auch schönere! 

Wir haben/hatten einen wunderschönen Übernachtungsplatz mit Blick auf den Fluss und so. Und dann kamen in der Abenddämmerung, und die ist hier im Norden spät, ein Rudel autovernarrten Jungmänner und übten im Kreis fahren. Wir zügelten drum in ein Wohnquartier. Ohne schönen Ausblick, aber ruhig.