3. Juni 2017

Auffahrt-Ausfahrt: Kunst in Neuf Brisach

Neuf Brisach. Es war eine ruhige und lauwarme Sommernacht. Und mich dünkt, dass es auch heute wieder ein heisser Tag werden wird.
Der elsässer Bildhauer Jean-Paul Schwindy hat die alten Festungsgräben mit Tierfiguren vollgekunstet. An jedem der vier Stadttore steht eines; eine Giraffe, ein bissiger Bär, ein erstauntes Nashorn und einen schlapper Elefant.


Die Tiere sind alle riesengross und aus nichts als Heu, Holzlatten und Draht gemacht. Remp'Art 2017 nennt sich diese jährliche Kunstveranstaltung. Die Tiere stehen noch bis in den Herbst; unbedingt anschauen gehen.

2. Juni 2017

Auffahrt-Ausfahrt: Tod und Verderben im Eisenbahntunnel

Ganz in der Nähe des Col de Bussang-Tunnel finden sich heute die Überbleibsel des Urbès-Eisenbahntunnel. Mit seinen 8,3 Kilometer Länge wäre er damals der längste Tunnel Frankreichs geworden. Doch Probleme mit dem Grundwasser und der Finanzierung beendeten 1935 das Vorhaben. Bis dahin war etwa die Hälfte des Tunnels ausgebrochen.
Heute kann man davon noch einige Eisenbahnbrücken sehen, die nutzlos in der Gegend herum stehen.

Gegen Ende des 2. Weltkrieges nutzten die deutschen Besatzer die Tunnel-Ruine als unterirdische Fabrik. Zweitausend KZ-Häftlingen aus dem KZ Natzweiler-Struthof mussten den Tunnel für unterirdische Rüstungsproduktion ausbauen und die Maschinen aufstellen. Mehr als fünfzig Häftlingen starben dabei an den unmenschlichen Bedingungen oder wurden umgebracht. Anschliessend produzierte Daimler-Benz hier für kurze Zeit Flugzeugteile.

Der Tunneleingang verbirgt sich heute hinter dem Bunker und ist verschlossen. Ich versuche über einen Notausgang hinein zu gelangen; aber der ist auch zu. Überall in der Umgebung finden wir noch Fundamente der einstigen Lagerbaracken und Werkstätten.

Heute wird der innerste Teil des alten Eisenbahntunnels als Trinkwasser-Reservoir genutzt. Hier sammelt man jetzt genau dieses Grundwasser, das einst den Tunnelbau stoppte.

1. Juni 2017

Elsass: Auffahrt-Ausfahrt: der halbe Tunnel von Bussang

Gestern erkundeten wir ja den mittelalterlichen Tunnel zum Schloss Wildenstein. Heute ist ein anderer alter Tunnel dran, denn solche gibt es hier in der Gegend grad einige. Am  „Col de Bussang“ gibt es gleich zwei. Den nie fertig gebauten Eisenbahntunnel mögen einige vielleicht schon kennen. Doch direkt unterhalb der Passhöhe gibt es auch noch einen alten Strassentunnel. Kaum bekannt und schon fast vergessen.

Um den Pferdefuhrwerken das letzte steile Strassenstück zu ersparen, baute man 1840 einen 250 Meter lange Tunnel. Dreissig Jahre später kam dann das Elsass zu Deutschland und der Tunnel wurde zur Grenzstation zwischen den beiden Ländern.
Das änderte sich erst am Ende des Zweiten Weltkrieges. Um den anrückenden alliierten Truppen den Weg zu erschweren, sprengte die Wehrmacht 1944 den damals schon hundertjährigen Tunnel. Doch es nütze nichts; das Elsass ging wieder an Frankreich - und der Tunnel war nun definitiv kaputt.

Heute führt die neue Strasse oben über den Pass und vom Tunnel sind nur noch das Ost-Portal (n47.8897, e6.8988) und die Hälfte der Tunnelröhre übrig. Ein mächtiger Schuttkegel beendet meine Erkundungstour.

31. Mai 2017

Auffahrt-Ausfahrt: das grüne Elsass

Lac de Kruth-Wildenstein. Hoch über uns hockt das Château de Wildenstein auf einer Felsnase. Da wollen wir hinauf; das wollen wir uns ansehen.
Der Weg windet sich durch den angenehm schattigen Wald. Es geht stetig bergauf; etwa 150 Höhenmeter insgesamt sollen es sein. Man sieht gut, dass der Weg schon viele hundert Jahre alt ist. Mancherorts haben sie damals, damit die Pferde nicht ausrutschen, extra Trittstufen aus den Fels gehauen.

Kurz vor dem Gipfel kommen wir an die alte Toranlage des Schlosses. Hinter dem ersten Tor führte damals eine Brücke über den Burggraben. Jetzt nicht mehr; wir müssen durch den Graben kraxeln. Danach kommen wir zum zweiten Burgtor und gleich dahinter geht der Weg durch einen Tunnel zum dritten und letzten Tor.

Vom einstigen Château de Wildenstein (n47.9489, e6.9595) sind heute nur noch Mauerstümpfe und Steinhaufen übrig. Doch man kann noch gut die beiden Türme, den Pferdestall und die achteckigen Burgkapelle erkennen.
Und von hier oben haben wir einen grossartigen Rundumblick. Bewaldete Berge soweit wir sehen können. Und tief unter uns der See und ganz einsam unser Möbelwagen.

Am Nachmittag fahren wir direkt vom See hinauf zur Vogesen-Kammstrasse (n47.9232, e7.0299). Hier oben verlief viele Jahrzehnte lang die Deutsch-Französische Grenze. Und deswegen tobten hier oben mehrere schreckliche Kriege. Überall sehen wir die Gedenksteine und Totenkreuze.
Doch heute sind hier oben unzählige Motorräder und Wohnmobile unterwegs und die Gasthäuser platzen fast vor lauter Besuchern. Nix für uns. Wir fahren auf der Routes des Crêtes ein ganz kurzes Stück nach Norden, zweigen rechts ab (n47.9429, e7.0206) und rollen hinunter ins elsässische Münstertal.
Wir müssen doch ganz dringend einkaufen. Und ich brauche meinen Nachmittagsschlaf.

Gegen Abend reifeln wir an Colmar vorbei und hinaus ins Rheintal. Heute wollen wir in Neuf Brisach übernachten. Hier sind wir ja und wir beide mögen das eigen- und einzigartigartige Städtchen.
Auf den ersten Blick wirkt die alte Festungsstadt Neuf Brisach (n48.0178, e7.5283) vielleicht etwas streng. Doch wer genauer hinschaut und sich ein wenig mit der Stadtarchitektur befasst, merkt schnell, was für eine interessanteste und spannendste Stadt das ist.

30. Mai 2017

Auffahrt-Ausfahrt: kurz an die Mosel

Am letzten Donnerstag war ja Feiertag, weswegen wir dachten; fahren wir zuerst ins Elsass zum Einkaufen, denn die Franzosen haben bestimmt Werktag und arbeiten. Aber nein, alles zu. In Altkirch hatte einzig ein kleiner türkischer Supermarkt auf und wir kauften Proviant für die nächsten vierundzwanzig Stunden.

In Hitzbach bei Altkirch schauen wir uns das Château de Reinach an (n47.5982, e7.2241). Das Schloss ist zwar hübsch, doch nichts Besonderes. Und es scheint schon seit vielen Jahren unbemannt zu sein.
Was aber sehr schön ist, ist der Schlosspark nebenan. Wir flanieren durchs Grünzeug. Überhängenden Bäume und verträumte Schilfteiche. Mittendrin finden wir noch einen uralten Eiskeller; fast genauso einen wie letztes Jahr im Iran. Der unterirdische Bau wurde früher mit Wintereis gefüllt und dann im Sommer als Eisspender genutzt.

Auf Nebenstrassen schlängelnden wir nordwärts. Irgendwo ist die Strasse wegen eines Dorffestes gesperrt. Wir folgen brav der Umleitung und treffen zwei, drei Dörfer später prompt aufs nächste Dorffest. Wieder ist alles gesperrt, wieder Umleitung. Und einige Dörfer weiter noch einmal. Und so weiter.
Also nehmen wir die Abkürzung über den Ballon d’Alsace. Die Strasse von Osten her den Berg hinauf ist grossartig. Sie ist eng und kurvig; und sie geht durch einen schönen Laubwald. Unterwegs kommen wir am Lac d’Alfeld vorbei. Überall sitzen Leute am Ufer und kokeln Fleisch und einige ganz Mutigen baden im frühlingsfrostigen Wasser.
Nach dem Pass brummen wir gemütlich ins Tal hinunter - und dann gleich wieder bergauf bis zum Col de Bussang. Der Pass ist nicht hoch, eigentlich ist er bloss auf einem Hügel oben, aber gleich unterhalb von der Passhöhe ist die Quelle der Mosel (n47.8895, e6.8927).

Weiter talabwärts mag die Mosel ja ein mächtiger Strom sein, doch hier oben ist sie bloss ein plätschender Bach in einer Ziegenweide.
Die eigentliche Quelle wurde schon vor vielen Jahren touristisch aufgewertet. Die Mosel gurgelt hier als kümmerliches Rinnsal aus einer Mauer. Für einen Moment kann ich sie sogar stauen. Hoffentlich hat mich keiner gesehen. Nicht dass ich noch Ärger bekomme, weil weiter unten die Moselschiffe plötzlichen wegen einem ruckartigen Wassermangel im Schlamm aufliegen.

Wir übernachten am Lac de Kruth-Wildenstein (n47.9541, e6.9611). Der kleine See ist ganz hübsch und unser Übernachtungsplatz auch.